Protocol of the Session on December 17, 2015

Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich eröffne die 147. Sitzung des 15. Landtags von Baden-Württemberg.

Urlaub für heute habe ich Herrn Abg. Jägel erteilt.

Krankgemeldet sind Herr Abg. Bayer, Herr Abg. Fritz, Herr Abg. Hitzler, Herr Abg. Lusche und Herr Abg. Dr. Rösler.

Aus dienstlichen Gründen entschuldigt haben sich ganztägig Frau Ministerin Krebs, Herr Minister Friedrich, Herr Minis ter Dr. Schmid und Herr Abg. Dr. Reinhart.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Mitglie der der Regierung, bevor wir in die Tagesordnung eintreten, darf ich Sie auf Folgendes hinweisen: Amnesty International führt seit einigen Jahren einen sogenannten Briefmarathon durch. Dabei schreiben weltweit Menschen zahlreiche Appell briefe zugunsten von Opfern von Menschenrechtsverletzun gen.

Von 10 bis 16 Uhr ist Amnesty International heute bei uns zu Gast und informiert am Rande der Plenarsitzung über seine Arbeit allgemein sowie über drei Einzelfälle ganz speziell, für die Sie sich heute einsetzen können. Sie haben die Möglich keit, vorbereitete Appellbriefe, die draußen ausgelegt sind, zu unterschreiben oder Ihre persönlichen Briefe abzugeben. Ei ne entsprechende Box steht bereit, in die Sie die Schreiben einwerfen können.

Aufgrund von Diktaturen und Missachtung von Gesetzen ge schehen auf der Welt schreckliche Dinge, und viele Menschen werden verfolgt, weil sie für Menschenrechte oder Religions freiheit kämpfen. Es ist Pflicht von Demokratinnen und De mokraten, sich für diese Menschen zu engagieren. Deshalb bitte ich Sie, sich zahlreich an der Aktion zu beteiligen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten aller Fraktionen)

Wir treten in die Tagesordnung ein.

Ich rufe Punkt 1 der Tagesordnung auf:

Aktuelle Debatte – Offen, vielfältig, innovativ – Grün-Rot schafft neue Spielräume für Kunst und Kultur im ganzen Land – beantragt von der Fraktion GRÜNE

Meine Damen und Herren, das Präsidium hat für die Aktuel le Debatte eine Gesamtredezeit von 40 Minuten festgelegt. Darauf wird die Redezeit der Regierung nicht angerechnet. Für die einleitenden Erklärungen der Fraktionen und für die

Rednerinnen und Redner in der zweiten Runde gilt jeweils ei ne Redezeit von fünf Minuten. Ich darf die Mitglieder der Landesregierung bitten, sich ebenfalls an den vorgegebenen Redezeitrahmen zu halten.

Das Wort für die Fraktion GRÜNE erhält Frau Fraktionsvor sitzende Sitzmann.

Herr Präsident, liebe Kolle ginnen und Kollegen! Kunst und Kultur stiften Identität. Sie bieten einerseits Orientierung, schaffen andererseits Freiräu me für Neues und Unkonventionelles. Kultur macht die Viel falt unserer Gesellschaft nicht nur sichtbar, sondern auch er lebbar.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen)

Auch die Frage, wie wir zukünftig leben wollen, ist eine kul turelle Frage, und deshalb ist Kulturpolitik immer auch geleb te Gesellschaftspolitik.

Das konnten wir Grünen auch am vergangenen Wochenende bei unserem Parteitag erleben. Wir hatten am Ende des Par teitags das Projekt „Zuflucht Kultur“, den sogenannten Flücht lingschor unter der Leitung von Cornelia Lanz eingeladen. Das war ein sehr ergreifender Auftritt. Dieser Chor von Men schen, die aus verschiedenen Ländern geflohen sind, konnte uns in ein paar wenigen Stücken und Auftritten so vieles na hebringen.

Es war wirklich berührend und ergreifend, es ist unter die Haut gegangen, es geht mir noch nach. So hat z. B. ein Schauspie ler zu Mozartklängen das Thema „Schlaflosigkeit und Alb träume“ szenisch dargestellt, Albträume, die durch sein vor heriges Leben und durch die Flucht entstanden sind. All das, meine Damen und Herren, zeigt: Kultur gibt eine Stimme, sie ist Podium für Geschichte, sie ist Mittler, Aufklärer und Frie densprojekt.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Weil uns allen – der Landtagsfraktion GRÜNE, der SPDLandtagsfraktion und dieser Regierung – Kunst und Kultur so wichtig sind, haben wir in dieser Legislaturperiode neue Spiel räume geschaffen. Für uns ist die sogenannte „freiwillige Auf gabe“ der Kunst- und Kulturförderung unverzichtbar für eine lebendige Gesellschaft. Deshalb werden wir alles tun, um un sere hervorragende Kulturlandschaft in Baden-Württemberg, die vielfältig, innovativ und offen ist, auch in Zukunft zu er halten.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Wir haben zentrale Elemente der Kunstkonzeption „Kultur 2020“ umsetzen können. Wir haben durch einen Aufwuchs der Mittel um 3 % finanziell neue Spielräume geschaffen. Da mit haben wir auf der einen Seite für eine bessere Grundfinan zierung und auf der anderen Seite für bessere Arbeitsbedin gungen gesorgt. Sie wissen, für Kunst- und Kulturschaffende sind die Arbeitsbedingungen und das Einkommen oft prekär, und auch deshalb war uns diese Erhöhung der Mittel sehr wichtig. Ich kann Ihnen zusagen: Wir werden auch in Zukunft eine Politik machen, die Kunst und Kultur in unserem Land stärkt.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Lassen Sie mich ein paar Beispiele nennen. Endlich – nach vielen Jahren, in denen diese Finanzierung nur versprochen, aber dieses Versprechen immer gebrochen wurde – haben wir bei der Soziokultur die 2:1-Finanzierung durchgesetzt, meine Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Damit wird eine gute Grundlage für die vielen soziokulturel len Zentren im Land geschaffen, und damit war es auch mög lich, neue soziokulturelle Zentren z. B. in Reutlingen, Geis lingen, Schorndorf oder Rastatt in die Förderung aufzuneh men. Meine Damen und Herren, ganz wichtig ist – das zeigt die Soziokultur, in der sehr viele Ehrenamtliche aktiv sind –: Das gilt besonders auch für die Amateurtheater und Amateur musik im ganzen Land.

Es geht auf der einen Seite darum, dass Besucherinnen und Besucher in Museen, im Konzert, im Theater Kunst und Kul tur erleben können, aber es geht eben auch darum, aktiv zu fördern, wenn Menschen Kunst und Kultur selbst machen und sich einbringen. Das gilt selbstverständlich für Amateurmu sik, Amateurtheater, Musikschulen und Jugendkunstschulen sowie alle übrigen Einrichtungen der kulturellen Bildung. Oh ne diesen wichtigen Baustein unserer Kulturlandschaft wäre Baden-Württemberg wahrlich arm dran. Deshalb werden wir uns auch in Zukunft für diesen Bereich starkmachen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Meine Damen und Herren, ein letzter Punkt, den ich hier auf greifen möchte: Gerade haben neue Vergaben aus Mitteln des Innovationsfonds Kunst stattgefunden, den wir 2011 neu auf gelegt haben. Grundfinanzierung und Verlässlichkeit sind wichtig, aber wir müssen auch Fenster öffnen für neue Pro jekte, für neue Initiativen, für neue Themenfelder, die sich in unserer Gesellschaft auftun. Wir können heute sagen, dass sich dieser Innovationsfonds wirklich bewährt hat. Wir haben ge rade wieder 30 Vorhaben fördern können, die sich mit Inter kultur sowie Integration und Partizipation von Flüchtlingen beschäftigen. Das ist ein wichtiger Baustein und ein sehr wichtiger Erfolg, den wir hier sehen. 30 Projekte allein in die ser Förderrunde, das zeigt: Die Kunst- und Kulturszene in Ba den-Württemberg ist vielfältig, offen und innovativ, und das wird auch in Zukunft so bleiben.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Für die CDU-Fraktion erhält die Kollegin Kurtz das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, mei ne sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Sie haben die heutige Debatte mit der jüngsten Be willigungstranche aus Mitteln Ihres Innovationsfonds Kultur begründet. Ich darf daran erinnern, dass wir die Idee für einen Innovationsfonds Kultur in der letzten Legislaturperiode ge meinsam in die Kunstkonzeption hineingeschrieben haben. Die Kunstkonzeption stammt noch aus einer Zeit, in der hier im Hause hinsichtlich der Kultur zwischen allen Fraktionen ein weitgehender Konsens herrschte.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Die derzeitige Landesregierung hat dann 2012 diesen soge nannten Innovationsfonds Kultur aufgelegt. Anfangs gab es drei Programmlinien, mittlerweile gibt es davon fünf. Der In novationsfonds hat sich zu einer Art Bauchladen entwickelt. Es werden also nicht nur innovative Kunst- und Kulturprojek te gefördert, sondern auch Projekte zur kulturellen Bildung, Kunst und Kultur für den ländlichen Raum, die Interkultur und jetzt auch Kulturprojekte zur Integration und Partizipati on von Flüchtlingen. Insgesamt scheint es sich um eine Art „Tuttifrutti“-Fonds zu handeln.

(Vereinzelt Heiterkeit)

Damit kann alles und nichts gefördert werden. Interessant ist für uns vor allem, was nicht gefördert wird. Denn für uns wird ganz offensichtlich: Es geht Ihnen gar nicht so sehr um die Kunst selbst, meine Damen und Herren. Bei Ihnen wird Kunst förderung für bestimmte gesellschaftliche Zwecke eingesetzt.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP)

Kunst muss herhalten als Instrument der Sozialarbeit, der In tegration, der Partizipation usw.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Was haben Sie denn da gegen?)

Sie verlangen von der Kunst, dass sie nützlich ist. Kunst soll nützlich sein für die von Ihnen gewünschten gesellschaftli chen Anpassungsprozesse. Wir können das auch der Über schrift zu der Pressemitteilung des Ministeriums am 14. De zember 2015 entnehmen. Da sagte der Staatssekretär – ich zi tiere –:

Kunst und Kultur... sind wichtige Handlungsfelder im Bereich der Integration.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Dr. Kai Schmidt-Eisenlohr GRÜNE: Ja!)

Sie ermöglichen eine produktive Problematisierung von Reizthemen und geben uns die Möglichkeit, eine reflek tierte Auseinandersetzung um den besten Weg oder das beste Ziel zu führen.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Ist die CDU dagegen?)

Ich darf hier für die CDU noch einmal ganz deutlich betonen: Die Kunst ist frei,

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen – Zuruf des Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD)

sie darf nicht instrumentalisiert werden, und sei es für noch so ehrenwerte Ziele, meine Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Frau Sitzmann hat es eben angesprochen. Ihre Ziele sehen Sie wohl am ehesten bei den soziokulturellen Zentren realisiert. Die werden von Ihnen nämlich