Protocol of the Session on November 26, 2015

Deshalb war das eine Steuererhöhung, die wirklich geräusch los durchging, weil die Wirtschaft gesagt hat: Ja, das brauchen wir. Auch die jungen Familien sowie die Städte und Gemein den haben es begrüßt. Aber, wie gesagt, wenn Sie etwa mit dieser politischen Schwerpunktsetzung nicht einverstanden sind, können Sie jederzeit Anträge stellen. Das haben Sie im Übrigen nicht gemacht.

(Abg. Dieter Hillebrand CDU: Milchmädchenrech nung!)

Jetzt haben Sie ein Werbeprojekt ausgegraben.

(Zuruf von der CDU)

Gut, darüber kann man streiten. Aber das sind gemessen an dem Gesamthaushaltsvolumen eher Peanuts, die Sie in den Mittelpunkt stellen.

(Abg. Klaus Herrmann CDU: Aber Millionen für die Gemeinschaftsschulen!)

Über die Millionen für die Gemeinschaftsschulen reden wir noch einmal im Ausschuss. Das dauert jetzt zu lange. Im Aus schuss stellen wir einmal gegenüber: Was kostet ein Werkre alschüler, den Sie uns hinterlassen haben? Nicht wir haben ihn geschaffen, sondern Sie haben ihn uns hinterlassen. Dann schauen wir mal nach.

(Abg. Karl Klein CDU: Wollt ihr den nicht mehr?)

Den verteidigen Sie bis zum heutigen Tag.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Ja!)

Wenn Sie über Kosten reden, sprechen wir einmal darüber. Dann werden Sie sehen, dass es sich da nichts schenkt.

(Abg. Klaus Herrmann CDU: 200 Millionen € Mehr ausgaben!)

Wie geht es weiter? Seit dieser Koalition gilt das strucksche Gesetz: Ein Haushalt kommt aus dem Landtag nie so heraus, wie er eingebracht wird. Deshalb wird es Veränderungen ge ben, beispielsweise wegen des furchtbaren Terroranschlags in Paris, der uns zwingt, die Sicherheitslage neu in den Blick zu nehmen. Da werden wir fundierte Vorschläge machen, die we gen der Kürze der Zeit noch nicht vorliegen.

Das ist natürlich aus der Opposition heraus, Herr Kollege Wolf, leicht gesagt: 70 Stellen mehr für den Verfassungs

schutz. Ich frage mich: Warum nicht 80? Das ist auch eine runde Zahl.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Wäre besser! – Zu ruf des Abg. Klaus Herrmann CDU)

Oder 110? Da gibt es, Herr Zimmermann, eine nach oben of fene Richterskala. Deshalb haben wir uns zusammen mit den Fachleuten im Ministerium und in den Sicherheitsorganen die Mühe gemacht, im Einzelnen begründete Vorschläge für die Nachtragsberatung einzubringen, die nächsten Donnerstag im Ausschuss stattfinden wird. Ich hoffe, an dieser Stelle Ihre Un terstützung für die sehr begründete Stärkung unserer Sicher heitsorgane in den verschiedenen Bereichen, die aus der sach lichen Betrachtung heraus notwendig ist, zu haben, ohne ei ne pauschale runde Ziffer in den Raum zu stellen.

Wir kennen die Forderung nach 1 500 zusätzlichen Polizis ten. Die wird überall erhoben. Ich bin gespannt, was Sie im Nachtrag verlangen – vielleicht 1 500. Die FDP/DVP weist darauf hin, 1 000 verlangt zu haben.

(Heiterkeit bei den Grünen)

Damit konnte die CDU nicht zufrieden sein, weil sie selbst einmal 1 000 gestrichen hat.

(Vereinzelt Heiterkeit)

Das wäre ein bisschen blöd und nichts Neues, wenn 1 000 ge gen 1 000 stehen, also 500 dazu. Aber die kann man nicht schnitzen. Ich bin gespannt, wie Sie das lösen wollen.

(Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Was machen wir? Wir schaffen neue Stellen im Nichtvollzugs bereich. Das entlastet den Vollzugsbereich und bringt tatsäch lich mehr Sicherheit, weil die Polizei im Vollzug stärker prä sent ist. Wir werden uns im Nachtrag natürlich auch mit der Frage beispielswiese der Wiederbesetzungssperre bei den Ta rifangestellten bei der Polizei beschäftigen, um auch da eine Reserve zu haben.

Sie sehen also: Wir gehen verantwortungsbewusst mit den Fi nanzen um. Wir gehen auch verantwortungsbewusst mit den Herausforderungen um, und wir gehen verantwortungsbe wusst mit der Zukunftsgestaltung um: Unterstützung der Wirt schaft und der Gesellschaft in einem sehr wichtigen Bereich. Das wurde schon gesagt: 30 Millionen € zur Stärkung digita ler Entwicklungen in der Wirtschaft. Für die Gesellschaft grei fen wir aber auch den Kommunen unter die Arme, konkret beim Umgang mit den neuen Möglichkeiten, die die Digita lisierung bietet. Auch da sind wir partnerschaftlich unterwegs.

Insgesamt liegt also schon jetzt ein sehr stimmiges Paket vor. Es wird durch die Beratungen noch runder. Ich glaube, am En de können alle in Baden-Württemberg zufrieden sein, dass zum Auslauf dieser Koalition – – Nein, nicht „Auslauf“.

(Heiterkeit – Beifall des Abg. Andreas Deuschle CDU – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Ein freud scher Versprecher!)

In Baden-Württemberg können alle zufrieden sein, dass zum Ende dieser Legislaturperiode und mit Blick auf eine weitere

Fortsetzung dieser Koalition die richtigen Weichen gestellt und gute Grundlagen geschaffen wurden. Deshalb gehen wir guten Mutes in die anstehenden Haushaltsberatungen.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Für die FDP/DVP-Frak tion erteile ich Herrn Abg. Dr. Rülke das Wort.

Herr Präsident, lie be Kolleginnen und Kollegen! Kollege Schmiedel hat es auf den Punkt gebracht: Diese Koalition läuft aus. Das wird auch bei der Finanzpolitik dieser auslaufenden Koalition deutlich.

Was – spätestens am heutigen Tag – auch ausläuft, ist eines der schamlosesten Märchen, das Sie in den letzten viereinhalb Jahren verbreitet haben, nämlich das Märchen von der Erb last. Sie haben immer behauptet, die alte Landesregierung hät te einen desolaten Haushalt hinterlassen,

(Zuruf der Abg. Edith Sitzmann GRÜNE)

eine strukturelle Unterfinanzierung mit einem Volumen von 2,5 Milliarden €, und Sie brauchten mindestens bis zum Jahr 2020, um überhaupt nur in die Nähe einer Nullneuverschul dung zu kommen. Dies alles sei die Schuld der alten Landes regierung.

Jetzt plötzlich stellen wir fest – das haben wir Ihnen immer gesagt –: Sie haben gewaltige Rücklagen in diesem Haushalt. Sie haben zusätzliche Verschuldungsrechte, Sie können jetzt einen Nachtragshaushalt mit einem Volumen in Milliardenhö he im Grunde aus der Portokasse zahlen.

(Zurufe der Abg. Edith Sitzmann GRÜNE und Claus Schmiedel SPD)

Gleichzeitig erklärt der Finanzminister: „Die geplante Neu verschuldung ist nicht notwendig, und das ist alles unsere Sparleistung.“

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Ja, sicher!)

Dabei haben Sie überhaupt nirgends gespart. Die Einzigen, bei denen Sie gespart haben, sind die Beamten.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Das ist der einzige Punkt, bei dem Sie gespart haben. Überall haben Sie das Geld mit vollen Händen ausgegeben. Der Kol lege Wolf hat Ihnen ja die Zahlen vorgerechnet.

(Zuruf des Abg. Claus Schmiedel SPD)

Sie haben das Haushaltsvolumen innerhalb kurzer Zeit fast um ein Drittel aufgebläht.

(Zuruf der Abg. Edith Sitzmann GRÜNE)

Sie haben märchenhafte Steuermehreinnahmen. In dieser Si tuation erklären Sie, Sie hätten einen desolaten Haushalt über nommen. Der Finanzminister und die Redner der Koalition haben diese Aussage am heutigen Tag nicht wiederholt. Sie wissen ganz genau, warum, und das ist auch gut so.

Nach der jüngsten Steuerschätzung ergeben sich Steuermehr einnahmen in Höhe von 769 bzw. 1 060 Millionen €, von de nen in den kommunalen Finanzausgleich anteilig 294 bzw. 286 Millionen € abfließen und zu denen eine Entlastung im Länderfinanzausgleich für 2015 in Höhe von 480 Millionen € hinzukommt.

Allerdings sind dabei auch 263 bzw. 480 Millionen € aus dem durch das Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz geänderten Umsatzsteueranteil der Länder veranschlagt, die inhaltlich eher als Zuschuss des Bundes zu den Aufwendungen für Auf nahme und Unterbringung von Flüchtlingen zu werten sind. Diese Beträge werden ab 2016 nachträglich spitz abgerech net.

Die zusätzlichen Einnahmen und die Entlastungen beim Län derfinanzausgleich erlauben es problemlos, auf die seither noch veranschlagte Nettokreditaufnahme 2015 in Höhe von 780 Millionen € zu verzichten. Das ist das, was wir Ihnen schon immer gesagt hatten. Eigene Anstrengungen des Lan des sind hierzu nicht erforderlich, und sie sind auch nirgends zu erkennen. Sie sparen nirgends, sondern Sie geben immer nur Geld aus.

Ferner werden im Einzelplan 12 – Allgemeine Finanzverwal tung – 50 Millionen € für 2015 und 929 Millionen € für 2016 aus Überschüssen der Vorjahre vereinnahmt. 91 Millionen € werden der Rücklage für Haushaltsrisiken zugeführt. Das ist wieder einmal die Haushaltstrickserei bei Ihnen. Einerseits entnehmen Sie der Rücklage gewaltige Beträge, und damit dies nicht so auffällt, wird an einer anderen Stelle wieder et was der Rücklage zugeführt.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Jeder Haushälter ist froh, wenn er eine Rücklage hat! – Zuruf der Abg. Edith Sitzmann GRÜNE)