Protocol of the Session on November 26, 2015

Mehr habe ich dazu in der Flüchtlingsfrage überhaupt nicht gesagt.

(Zurufe – Unruhe)

Das habe ich auch auf dem Gemeindetag gesagt: Wir verhan deln immer auf Augenhöhe mit den Gemeinden. Es gibt kei nen einzigen Punkt in der Flüchtlingsfrage, in dem wir ohne Konsens mit den Kommunen aus Verhandlungen herausge gangen wären; keinen einzigen Punkt.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Das zeigt: Wir ziehen mit den Kommunen an einem Strang. Das gilt auch bezüglich der Flüchtlingspauschalen, bei denen wir dem Wunsch, dass wir eine Spitzabrechnung machen, nach wiederholten Bitten aufgrund der großen Krise und des Aufwuchses schließlich und endlich auch nachgekommen sind.

Es kann also gar keine Rede davon sein, dass wir mit den Kommunen da nicht ordentlich verhandeln. Wir machen das im gemeinsamen Interesse, wir sind letztlich für dieselbe Bür gerschaft zuständig und für dieselben Probleme verantwort lich. Und ich habe gesagt, dass die Kommunen und das Land, soweit es in ihren eigenen Machtbereichen steht, die Dinge bisher gut und ordentlich gelöst haben. Alles andere entsprä che nicht den Tatsachen.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Herr Ministerpräsident, gestatten Sie zwei Zwischenfragen?

Bitte schön, Herr Kollege Mül ler. – Dann folgt Kollege Lusche.

Herr Ministerpräsident, ich bitte um Nachsicht, wenn ich jetzt auf einen Satz zurückkommen muss, der am Anfang Ihrer Ausführungen stand. Es hat jetzt einfach ein bisschen gedauert, bis ich meine Zwischenfrage stellen kann.

Sie sagten, wenn Sie selbstgerecht wären, dann hätten Sie kei ne Kompromisse gemacht, dann hätten Sie sich nur an dem orientiert, was Ihrer eigenen Überzeugung entspricht. Könn ten Sie bitte darstellen, was bei den Kompromissen, die Sie geschlossen haben, in die Abteilung „dahinter stehe ich inhalt lich“ gehört und was in die Abteilung dessen gehört, was Sie nur aus Kompromissgründen akzeptiert haben?

(Beifall bei der CDU – Lachen bei der SPD)

Genau das wer de ich nicht machen.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Lachen bei der CDU und der FDP/DVP)

Hinter den Kompromissen, die ich und die Landesregierung schließen, stehen wir, und diese werden in ihrer Gesamtheit in der Öffentlichkeit vertreten. Alles andere untergräbt die Kompromisse.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Karl Zimmermann CDU: Transparenz!)

Kollege Lusche, bitte.

Vielen Dank, Herr Ministerpräsi dent, dass Sie die Frage zulassen. – Ich möchte noch einmal auf Ihre vorige Ausführung, in der Sie meiner Erinnerung nach von Gerichtsverfahren und zwei Wochen gesprochen haben, zurückkommen.

(Zuruf von der SPD: Nein! – Minister Franz Unter steller: Er hat es doch klargestellt!)

Jetzt hat ja der Kollege Schmiedel vorhin erläutert, dass die eigentliche Problematik wegen des BAMF aus seiner Sicht zahlenmäßig noch gar nicht bei den Verwaltungsgerichten an gekommen sei. Ist Ihnen bekannt, wie lang aktuell – jetzt schon – die Dauer der Eilverfahren und der Hauptsachever fahren ist, obwohl die Situation dort noch gar nicht angekom men ist – es gibt nämlich eine Antwort des Kollegen Stickel berger aus dem Sommer dieses Jahres –, und glauben Sie wirklich, dass Sie mit den von Ihnen vorgesehenen 16 Stellen dieses beschriebene Ziel erreichen können?

Ja, das glauben wir, sonst hätten wir es ja nicht so beschlossen.

(Heiterkeit und Beifall bei den Grünen)

Und wenn dies nicht ausreicht, muss man nachsteuern.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: So ist es!)

Das ist ganz üblich.

(Abg. Guido Wolf CDU: Meine Herren!)

Aber verstehen Sie: So, wie Sie das machen, können Sie es ja als Opposition tun. Aber Sie müssten auch einmal sagen, wie Sie all die Ziele, die Sie haben, unter einen Hut bringen. Bei dem, was Sie so innerhalb von vier Wochen alles fordern,

(Zuruf: Unglaublich!)

haben Sie doch überhaupt keinerlei Anmutung,

(Abg. Guido Wolf CDU: Selbstverständlich!)

wie Sie das alles aus dem Haushalt finanzieren wollen. Das geht bei Ihnen immer nur nach der Devise: Viel hilft viel.

Das machen wir nicht.

(Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Wir prüfen die Dinge genau und stellen passgenau das Perso nal und die Sachmittel, die benötigt werden, zur Verfügung. Darauf können Sie sich verlassen.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Drittens – „Das Boot ist nie voll“ –: Ich habe das in einem kla ren Zusammenhang gesagt, nämlich: Das Boot ist bezüglich des Asylrechts nie voll,

(Abg. Winfried Mack CDU: Nein! Das haben Sie so nicht gesagt!)

weil Grundrechte quantitativ nicht begrenzt sind.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Ich habe nicht gesagt und auch nicht gemeint, dass Deutsch land beliebig viele Zuwanderer aufnehmen kann. Das habe ich noch nie behauptet. Das ist im Übrigen dieselbe Aussage wie die der Bundeskanzlerin: Grundrechte haben keine Ober grenze. Das ist auch dieselbe Aussage wie die von Herrn de Maizière: Grundrechte sind nicht quantitativ beschränkt. Et was anderes heißt diese Aussage nicht, und etwas anderes ha be ich auch nicht gesagt. Aber ich meine, man muss halt da mit leben, dass Sätze aus dem Zusammenhang gerissen wer den.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen – Glocke des Präsidenten)

Herr Ministerpräsident, gestatten Sie weitere Zwischenfragen?

Ich möchte zum Schluss noch einmal Folgendes sagen.

Also nein.

Die Fragen, die wir beantworten müssen, was jetzt die Begrenzung der Zahl der Flüchtlinge betrifft, können wir nur auf zweierlei Weise beantworten. Sie wollen den reinen Weg der Abschottung ge hen.

(Zurufe von der CDU: Nein! – Abg. Klaus Herrmann CDU: Jetzt verdrehen Sie es!)

Ich glaube, dass dieser Weg nicht erfolgreich ist. Deswegen haben wir verhandelt, etwa mit den sicheren Herkunftslän dern, dass zugleich ein Ausbildungs- und Beschäftigungskor ridor für die Menschen aus dem Balkan, die hier arbeiten wol len und sich hier ausbilden lassen wollen, geschaffen wird. Wir, die Landesregierung, hatten gestern ein Gespräch mit dem Ministerpräsidenten aus dem Kosovo. Ich hatte im ver gangenen Jahr Gespräche mit weiteren drei Ministerpräsiden ten aus dem Westbalkan.

Wir werden das Problem nur lösen, wenn wir nicht nur rest riktive Maßnahmen ergreifen, sondern wenn wir den Ländern auch eine Perspektive eröffnen. Deswegen führen wir mit den Ländern Gespräche, wie wir sie bei einer wirtschaftlichen Ent wicklung unterstützen können. Das ist gestern wieder erfolgt. Die zuständigen Minister reisen dorthin, um das mit ihnen zu besprechen, aber auch um Aufklärungsarbeit zu betreiben, dass der Weg über das Asylrecht für sie eine Sackgasse ist.

Deswegen haben wir beschlossen, dass in diesen Korridor nur der kann, der es zwei Jahre lang nicht über das Asyl versucht hat. Es ist richtig, das in dieser Kombination zu machen. Das gilt ganz generell. Wir müssen uns immer auch um die Flucht ursachen und die Ursachen von Zuwanderung kümmern. Dass wir angesichts der bestehenden Situation auch restriktive Maßnahmen ergreifen müssen, ist ganz unbestritten, und das tun wir auch; aber wir versuchen den Menschen immer auch Perspektiven zu eröffnen.

Das gilt auch für die Sicherung der Außengrenze, Herr Frak tionsvorsitzender Rülke. Natürlich müssen wir die Außengren ze stärker sichern,