Protocol of the Session on November 25, 2015

Wir kommen zur

S c h l u s s a b s t i m m u n g

Wer dem Gesetz im Ganzen zustimmt, den bitte ich, sich zu erheben. – Gegenprobe? – Stimmenthaltungen? – Damit ist dem Gesetz einstimmig zugestimmt worden.

Somit ist Punkt 9 der Tagesordnung erledigt.

Ich rufe Punkt 10 der Tagesordnung auf:

Zweite Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz zur Änderung des Landesbeamtengesetzes und anderer Vorschriften – Drucksache 15/7552

Beschlussempfehlung und Bericht des Innenausschusses – Drucksache 15/7660

Berichterstatter: Abg. Thomas Blenke

Meine Damen und Herren, das Präsidium hat für die Allge meine Aussprache eine Redezeit von fünf Minuten je Frakti on festgelegt.

In der Allgemeinen Aussprache erteile ich für die CDU-Frak tion Herrn Abg. Blenke das Wort.

Frau Präsidentin, werte Kolle ginnen und Kollegen! Ein leistungsfähiger öffentlicher Dienst ist unverzichtbar für das gute Funktionieren eines Staatswe sens. Die Herausforderungen an den öffentlichen Dienst wer

den auch – aber nicht nur – durch die Herausforderungen auf grund des Zustroms der Flüchtlinge stets größer. Ich möchte für die CDU-Fraktion ausdrücklich gleich zu Beginn feststel len: Wir schätzen die qualitativ hochwertige Arbeit und die Einsatzbereitschaft der Bediensteten im öffentlichen Dienst des Landes Baden-Württemberg außerordentlich.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP sowie der Abg. Jürgen Filius GRÜNE und Rosa Grünstein SPD)

Der demografische Wandel macht auch vor dem öffentlichen Dienst nicht halt. Wir haben eine hohe Zahl von Pensionie rungen und dementsprechend auch Bedarf an entsprechenden Neueinstellungen.

Mit diesem Gesetzentwurf zur Änderung des Landesbeamten gesetzes, der nun vorliegt, schaffen Sie die Möglichkeit der freiwilligen Dienstverlängerung für Beamte, die eigentlich ih re Altersgrenze erreicht haben, und zwar bis zum 70. Lebens jahr. Die Beamten, die dies in Anspruch nehmen, bekommen neben ihrem Gehalt dafür einen Bonus von 10 %. Diesen Grundansatz, diese Intention des Gesetzes, halten wir aus drücklich für richtig. Das ist der richtige Weg, den Sie da ge hen, der Weg einer freiwilligen Mehrarbeit über die Alters grenze hinaus. Es ist im Grunde auch schlüssig in der Fortset zung dessen, was der frühere Ministerpräsident Günther Oet tinger mit Lebensarbeitszeitkonten eingeführt hat. Deswegen ausdrücklich die Zusage, Herr Minister: Wir tragen den An satz Ihres Gesetzes ausdrücklich mit.

Auch die anderen Punkte im Gesetz – ich habe sie in der Ers ten Beratung bereits angesprochen –, wie z. B. die Wiederab senkung der Sonderaltersgrenze für Feuerwehreinsatzbeam te, sind in Ordnung. Auch hier sind wir mit dabei.

An zwei Stellen ist Ihr Gesetzesvorhaben allerdings sehr man gelhaft, und zwar nicht nur in formaler Hinsicht, sondern auch in seinen inhaltlichen Auswirkungen. Das macht es uns trotz der inhaltlichen Übereinstimmung schwer, den Regelungen insgesamt zuzustimmen.

Das eine – ich habe es in der Ersten Beratung hier im Plenum und auch bereits im Innenausschuss angesprochen –: Mit der Änderung des Landesbeamtengesetzes schaffen Sie am Ende des Berufslebens eine Verlängerungsmöglichkeit mit einem Bonus von 10 % auf das Gehalt derjenigen, die verlängern. Gleichzeitig behalten Sie aber die Absenkung der Eingangs besoldung am Anfang des Berufslebens bei. Sie haben aber zu Recht das Ziel, den Personalkörper aufrechtzuerhalten, sprich den Erfahrungsschatz älterer Beamter zu erhalten und neue Beamte heranzuführen. Nun führt dies dazu, dass Sie sa gen: Ja, wir gewähren den Älteren, die verlängern, eine Bo nuszahlung, und die Jungen, die einsteigen, bekommen weni ger. Die Älteren 10 % mehr, die Jungen 8 % weniger. Das ist der große Widerspruch in Ihrem Gesetz. Sie schaffen damit eine Regelung, die praktisch dazu führt, dass die Jungen mit einer Absenkung ihrer Eingangsbesoldung einen Bonus für die Älteren finanzieren. Das ist nicht gerecht. Das können wir nicht mittragen.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Dr. Ulrich Goll FDP/DVP)

Das Zweite kam in der Anhörung der Verbände – kommuna le Landesverbände, Gewerkschaften, Beamtenbund – im In

nenausschuss zutage, und das ist auch nicht ohne. Wir haben jetzt eine Änderung des Landesbeamtengesetzes mit ebendie ser Regelung der Verlängerungsmöglichkeit plus 10 % Bonus, und parallel – das haben wir erst im Innenausschuss erfahren – hat die Landesregierung einen zweiten Gesetzentwurf „in der Pipeline“, nämlich eine Änderung des Landesbeamtenver sorgungsgesetzes, das für bereits Pensionierte die Möglich keit schafft, sich in bestimmten Fällen reaktivieren zu lassen. Doch die bekommen dann nicht einen Zuschlag von 10 %, sondern ihre volle Pension plus das volle Gehalt. Im Ergeb nis wären das bis zu 171,75 % des früheren Gehalts, während es nach dem Gesetz, das wir heute beschließen, 110 % sind.

Das ist bedenklich. Das sind bedenkliche Regelungen, die ei nander widersprechen. Ich rechne es Ihnen hoch an, Herr Mi nister, dass Sie im Innenausschuss auch anerkannt haben: Hoppla, das haben wir nicht gesehen. Wenn ich sehe, dass al lein heute und morgen auf den Tagesordnungen des Plenums zehn Gesetzentwürfe aus dem Hause des Innenministeriums stehen, dann verstehe ich das. Da kann man schon einmal den Überblick verlieren. Aber, meine Damen und Herren, Sie re geln – halten Sie sich das bitte vor Augen – zeitgleich zwei sich sehr überschneidende Sachverhalte mit unterschiedlicher Rechtsfolge. Das geht nicht. Das können Sie so nicht machen. Es ist schade, dass jetzt in einem so wichtigen Punkt so schlam pig gearbeitet wurde.

Deswegen werden wir uns bei diesem Gesetz, obwohl wir der Grundintention Ihres Gesetzentwurfs zustimmen, am Ende der Stimme enthalten – es sei denn, Sie würden unserem Än derungsantrag zustimmen. Ich glaube, Sie selbst würden es gern. Es wäre sehr vernünftig. Wir werden es Ihnen hoch an rechnen. Mit unserem Änderungsantrag begehren wir näm lich, die Absenkung der Eingangsbesoldung bei den jungen Beamten wieder rückgängig zu machen. Mit einer Zustim mung zu diesem Änderungsantrag wäre die Schieflage in Ih rem Gesetzentwurf beseitigt.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Für die Fraktion GRÜ NE erteile ich das Wort Herrn Abg. Sckerl.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Gesetz zur Änderung des Landesbeamtengesetzes und anderer Vorschriften enthält vier Regelungsbereiche, die alle miteinander wichtig sind und die für sich begründen, warum wir Ihnen diesen Gesetzent wurf vorlegen.

Wir kehren – das ist uns sehr, sehr wichtig – bei der Berufs feuerwehr zur alten Regelaltersgrenze – Vollendung des 60. Lebensjahrs – und zur Möglichkeit für Feuerwehrbeam te, freiwillig bis zur Vollendung des 63. Lebensjahrs zu arbei ten, zurück. Wir korrigieren damit bei der Berufsfeuerwehr das schwarz-gelbe Dienstrechtsreformgesetz des Jahres 2010. Dieses Dienstrechtsreformgesetz war im Bereich der Feuer wehren ein schwerwiegender Fehler. Das sehen Sie ja mittler weile auch so. Es gibt ausreichend Belege, medizinische Un tersuchungen dazu, wie sehr der anstrengende Beruf des Be rufsfeuerwehrmanns bzw. der Berufsfeuerwehrfrau die Men schen beansprucht. Deswegen ist diese Regelung der Rück

kehr zu den früheren Altersgrenzen dringend veranlasst. Wir machen das mit diesem Gesetz, und das ist auch gut so, mei ne Damen und Herren.

Wir tragen den Erfordernissen des öffentlichen Dienstes mit stetig neuen Herausforderungen, die wir uns nicht suchen, aber denen wir auch nicht ausweichen können und wollen, da durch Rechnung, dass wir die Arbeitszeit auf freiwilliger Ba sis bis zum 70. Lebensjahr – das ist ja ein stolzes Alter: mitt lerweile bis zum 70. Lebensjahr – verlängern.

(Zuruf von der CDU: Die Grünen werden auch älter!)

Natürlich – das ist aufgrund dieser langen Zeitspanne folge richtig – knüpfen wir die Verlängerung an das dienstliche In teresse. Ich glaube nicht, dass das zu gravierenden Nachtei len im Alltag für Beschäftigte bei uns führen wird. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es, wenn es entsprechende Anträge, Ersuchen der Beschäftigten gibt, so schwerwiegende dienst liche Erfordernisse geben soll, die dagegen sprechen. Da müsste schon etwas außerordentlich Wichtiges vorliegen, als dass wir es uns leisten könnten, auf verdiente, bewährte Kräf te, die z. B. viele Jahre bei uns im Dienst gewesen sind, zu verzichten. Also, das wird sich auf einer sehr vernünftigen, le benswirklichen Praxis einspielen.

Herr Kollege Blenke, Sie dürfen dieses Gesetz und das zwei te von Ihnen genannte – sich derzeit im Gesetzgebungsver fahren befindende – Gesetz zur Reaktivierung von bereits pen sionierten Beamtinnen und Beamten nicht vermischen. Es gibt auch überhaupt keinen Anlass,

(Abg. Dieter Hillebrand CDU: Eine einheitliche Be trachtungsweise!)

von Widersprüchlichkeiten oder gar entgegengesetzter Rechts systematik zu sprechen.

Im einen Fall, bei der freiwilligen Weiterarbeit, handelt es sich um Beamtinnen und Beamte, die noch im aktiven Dienst sind und eine Verlängerung wollen.

Im anderen Fall sind es ehemalige Beamtinnen und Beamte, die wir aufgrund besonderer Notlagen – Stichwort Flücht lingsunterbringung/Flüchtlingsbetreuung – zur Erledigung ho heitlicher Aufgaben aus dem Ruhestand zurückholen und sie reaktivieren. Es sollen Anreize geschaffen werden, dass sie uns für eine gewisse Zeit bei der Erledigung staatlicher Tätig keiten unterstützen.

Man sollte also nicht Äpfel mit Birnen vergleichen. Das sind zwei ganz unterschiedliche Regelkreise. Es ist gerechtfertigt, die beiden so, wie es in den beiden Gesetzentwürfen vorgese hen ist, zu regeln. Das ist sehr wohl begründet, und das ma chen wir auch.

Die Neuregelungen sind auch notwendig. Wir brauchen so wohl für die freiwillige Weiterarbeit als auch für die begrenz te Rückkehroption unsere aktiven Beamtinnen und Beamten, auch wenn sie älter sind. Das ist überhaupt keine Frage.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Was die Absenkung der Eingangsbesoldung anbetrifft, ist zu sagen: Diese gilt schon länger, und auch Sie haben die Ein

gangsbesoldung abgesenkt, und zwar im Jahr 2008 um 4 %. Das vergessen Sie oft. Auch Sie haben das aufgrund der Haus haltserfordernisse getan. Wir haben das ja nicht getan, um die Beamtinnen und Beamten zu ärgern oder vor den Kopf zu sto ßen, sondern vielmehr deshalb, weil es tatsächlich klare Haus haltserfordernisse dafür gab.

Die Absenkung ist auch nicht für die Ewigkeit festgeschrie ben. Das ist keine Frage. Wir haben Ihnen im Rahmen der Ausschussberatung zugesagt, dass wir in den nächsten Mona ten die Wirkungsweise kritisch überprüfen. Die Behauptun gen, die Sie immer wieder erheben, wir hätten im öffentlichen Dienst bereits erhebliche Einstellungsprobleme, wir hätten er hebliche Probleme, qualifiziertes Personal zu finden, treffen jedoch nicht zu. Der öffentliche Dienst in Baden-Württem berg ist auch durch eine Vielzahl sonstiger Maßnahmen in der Lage, attraktiv zu sein: Beispiele sind familienfreundliche Ge staltung, Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Weiterbil dungsmöglichkeiten und Ähnliches.

(Zuruf des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU)

In der Summe drückt dieser Gesetzentwurf unser Angebot für einen fortgesetzt attraktiven öffentlichen Dienst in einer gu ten Weise aus, und deshalb bitte ich Sie um Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf.

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Für die SPD-Fraktion er teile ich das Wort Herrn Abg. Nelius.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein attraktiver und zukunftsfähiger öffentlicher Dienst muss uns allen am Herzen liegen. Deshalb werbe ich für die SPD-Frak tion mit Nachdruck um Zustimmung zu diesem Gesetzent wurf.

Ich möchte nicht die Ausführungen meiner Vorredner wieder holen, jedoch noch einmal darauf hinweisen, dass das wesent liche Ziel des Gesetzentwurfs in der Weiterentwicklung und Modernisierung des öffentlichen Dienstrechts liegt. Neben der freiwilligen Weiterarbeit und der besonderen Altersgrenze für die Beamtinnen und Beamten des Einsatzdienstes der Feuer wehr sollen eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Be ruf für Beamtinnen und Beamte möglich sein, die natürlich auch bei der Betreuung pflegebedürftiger Angehöriger beson ders gefordert sind, sowie Verbesserungen des Laufbahnrechts im mittleren Dienst ermöglicht werden.

Weil es im Beitrag von Herrn Blenke angeklungen ist und si cher nachher auch im Beitrag des Abgeordneten der FDP/DVP anklingen wird, ist es mir ein wichtiges Anliegen, im Zusam menhang mit der Weiterentwicklung des Landesbeamtenge setzes zwischen zwei Regelungsbereichen klar zu unterschei den: einerseits der freiwilligen Weiterarbeit von aktiven Be amtinnen und Beamten und andererseits der Öffnung der Hin zuverdienstgrenze für sich bereits im Ruhestand befindliche Beamtinnen und Beamte.