Der Schutz der Sonn- und Feiertage bietet auch Nichtchris tinnen und Nichtchristen die Möglichkeit, innezuhalten und zur Ruhe zu kommen. Gerade in einer sich immer schneller entwickelnden Gesellschaft sehe ich diesen Aspekt als beson ders wichtig an.
Für uns Grüne stellt die Änderung des Feiertagsgesetzes eine wichtige Liberalisierung der strikten Regelungen zum Tanz verbot dar. Wir schaffen damit mehr Freiheit für Bürgerinnen und Bürger, die nach dem kommenden Weihnachtsfest tanzen gehen möchten.
In diesem Sinn hoffe ich auf die Unterstützung der anderen Fraktionen zu den geplanten Änderungen des Feiertagsgeset zes.
(Beifall bei Abgeordneten der Grünen – Abg. Karl Zimmermann CDU: Jetzt können Sie Ihrer Frau den Fortgeschrittenenkurs nicht mehr abschlagen! – Ver einzelt Heiterkeit)
Kollege Zimmermann! Ich bin dran. – Für die SPD-Fraktion erteile ich das Wort Herrn Kol legen Reusch-Frey.
(Abg. Karl Zimmermann CDU zu Abg. Thomas Reusch-Frey SPD: Kommen Sie jetzt aber nicht auch mit dem DEHOGA! – Vereinzelt Heiterkeit)
Sehr geehrter Herr Präsi dent, sehr geehrte Damen und Herren! Wenn es um die Lo ckerung des Tanzverbots an Feiertagen geht, schrecken viele auf und fürchten als Erstes um den Charakter des Karfreitags. Wir können Sie beruhigen; denn es gilt weiterhin: Es gibt kei ne öffentliche Tanzveranstaltung und kein öffentliches Sport event an diesem Tag. Selbstverständlich gilt weiterhin auch: Es gibt kein Autowaschen und keine Treibjagd. Auch sonst sind alle öffentlich bemerkbaren Arbeiten verboten, die die Ruhe dieses Tages beeinträchtigen könnten.
Gerüttelt wird in keiner Weise an der religiösen, kulturellen und sozialen Bedeutung der Sonn- und Feiertage. Das ist uns wichtig. Wir brauchen sie, weil sie das öffentliche Leben prä gen und ganz wesentlich zu der gemeinsamen Wochen- und Jahresstruktur unserer Gesellschaft beitragen. Es ist ein hohes kulturelles Gut, wenn wir gemeinsame Zeiten des Feierns und auch des Trauerns sowie für Unterbrechungen und dazu ha ben, innezuhalten und zur Ruhe zu kommen. Dass dies ge meinsam möglich ist, ist uns wichtig, und das bleibt erhalten.
Sonn- und Feiertage als arbeitsfreie Tage und Zeiten der see lischen Erhebung werden beibehalten. Mit dem Gesetzent wurf lockern wir lediglich das Tanzverbot an einzelnen Fei ertagen. Damit stärken wir deren Besonderheit und Bedeu tung. Das Prinzip „Weniger ist mehr“ hört sich hier aufs Ers te vielleicht etwas widersprüchlich an, leuchtet aber bei ge nauer Betrachtung ein.
Rigorose Regelungen, wie wir sie jetzt haben, die vor allem von Jugendlichen nicht verstanden werden, und Regelungen, die immer weniger Akzeptanz finden, stellen das ganze Tanz
verbot infrage. Damit wird die notwendige Differenzierung hinsichtlich der einzelnen Feiertage verhindert, und es wird schwieriger, die Abstufungen der verschiedenen Feiertage deutlich zu machen. Zwischen Karfreitag und einem anderen Feiertag ist jedoch ein Unterschied.
Dass der Karfreitag in einen 50-stündigen Schutzraum einge bunden ist, ist uns wichtig. Denn dieser Tag erinnert an Fol ter und Gewalt, Leid und Unrecht, bringt dies ins Bewusst sein – angemessen im Zusammenhang mit dem Tod Jesu – und entspricht damit der Tradition unseres christlichen Glau bens. Gründonnerstag und Karsamstag als Eckpfeiler für die Mitte, für den Karfreitag, freizuhalten ist wichtig, damit die Tanzmaschinen auch einmal für längere Zeit abgeschaltet wer den.
(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Lassen Sie tan zen? – Gegenruf des Abg. Peter Hauk CDU: Die Pup pen! – Vereinzelt Heiterkeit – Zuruf: Was ist eine Tanzmaschine?)
(Heiterkeit – Beifall der Abg. Gernot Gruber und Ni kolaos Sakellariou SPD – Zurufe: Ach so! – Abg. Ni kolaos Sakellariou SPD: Szenenapplaus! – Abg. Pe ter Hauk CDU: Sie meinen jetzt nicht den Herz schrittmacher! – Weitere Zurufe)
Auch der Herzschrittmacher. Ich meine, dass die Stim mungsmacher abgeschaltet werden. Darum geht es.
Allerheiligen, dem Buß- und Bettag, dem Volkstrauertag und auch dem Totensonntag werden wir eine Atmung geben,
Jetzt zu einem Punkt, an dem es etwas schwierig wird: das Tanzverbot am Heiligen Abend und am ersten Weihnachtsfei ertag.
Genau. – Obwohl es den Kirchen lieber wäre, wenn alles beim Alten bliebe, können sie mit der Aufhebung des Tanz verbots doch leben
Es sind nicht nur veränderte Bedürfnisse der Jugendlichen und ein verändertes Feierverhalten an Weihnachten ausschlagge
bend für die Veränderung, die wir wollen. Wenn wir das Tanz verbot aufheben, dann passt das auch zur Weihnachtsgeschich te.
Dort ist von der Botschaft des Engels zu hören; da wird vom Engel eine große Freude verkündet, die allem Volk widerfah ren wird,
(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Jawohl! Das passt! – Zuruf von der SPD: Gute Frage! – Zuruf: Nur öf fentliche Tanzveranstaltungen! – Abg. Nikolaos Sa kellariou SPD: Überzeugend begründet! – Zuruf des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU)
Wir können den Staub der vergangenen Zeit berechtigt bei seitewischen und wegblasen, und wir können deutlich ma chen, dass das Tanzen ein Ausdruck der Freude eben auch an Weihnachten ist.
Kollege Reusch-Frey, Kollege Zimmermann wollte eine Zwischenfrage stellen. Die kann ich nicht mehr zulassen, weil Ihre Redezeit überschritten ist. Ich bitte Sie also, zum Ende zu kommen.
Wenn ich noch einen Satz sagen darf: Wenn zu dieser Freude an Weihnachten auch noch der Gesang der Gastronomen und der IHK hinzukommt
und sie sich nach aller Last mit dem Mindestlohn und dem Ar beitszeitgesetz tatsächlich über den Bürokratieabbau und die Vereinfachung durch das Gesetz freuen, dann sollten wir alle fröhlich und gern diesem Gesetz zustimmen.
(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Abg. Nikolaos Sakellariou SPD: Frohlocken! Bra vo! Bravo! – Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)