Sie haben auch schon einmal gesagt, Herr Wolf, Sie seien für ein Einwanderungsgesetz. Jetzt haben Sie gesagt, Sie seien für ein Zuwanderungsgesetz, aber mit Begrenzung. Es klang so, als ob dieses Gesetz nicht dazu da sein soll, dass Menschen hier bei uns arbeiten können, sondern dafür sorgen soll, dass überhaupt weniger Menschen kommen. Sie müssen sich schon entscheiden. Jetzt wäre der richtige Zeitpunkt, um ein Ein wanderungsgesetz auf den Weg zu bringen, vor allem wenn Sie zur Kenntnis nehmen, was die Wirtschaft zu den Chancen der Zuwanderung sagt. Ich will nicht den Herrn Ministerprä sidenten wiederholen und Herrn Zetsche zitieren. Es gibt vie le andere, die klar sagen, dass es eine große Chance ist. Bei spielsweise spricht Herr Würth davon, dass diese Menschen, die Steuern und Sozialversicherungsbeiträge zahlen, zum Ge lingen unseres Systems beitragen. Gerade in Baden-Württem berg sehen das viele Unternehmer so, die nach Fachkräften suchen. Da hat Herr Würth recht.
Also, meine Damen und Herren: Nehmen Sie die Stimmen aus der Wirtschaft, von Unternehmern und von Gewerkschaf tern, ernst. Stehen Sie nicht länger auf der Bremse, sondern geben Sie Gas, damit wir in Sachen Einwanderungsgesetz weiterkommen. Das ist ganz entscheidend.
Ich will an dieser Stelle noch einmal sagen: Integration heißt, dass wir für jeden die Chance schaffen müssen, dass er seinen Platz in der Gesellschaft und in der Arbeitswelt finden kann. Das ist unser Job; das heißt Integration. Dazu gehören Chan cen auf dem Arbeitsmarkt. Dazu brauchen wir die Grundla gen, die über die Sprache gelegt werden. Wir brauchen eine entsprechende Wohnraumversorgung; darauf komme ich gleich noch zurück. Was wir nicht mehr brauchen, ist diese unsägliche Vorrangprüfung, die es immer noch gibt. Es wird höchste Zeit, sie abzuschaffen. Das wäre ein wichtiges Sig nal, um Arbeitsmarkt und Flüchtlinge endlich zusammenzu bringen.
Wohnungsbau: Wir sind froh, dass auch da erreicht werden konnte, dass der Bund in die Finanzierung einsteigt und 500
Millionen € zur Verfügung stellt. Das klingt natürlich erst ein mal wie eine riesige Summe. Für Baden-Württemberg sind es real 40 Millionen € – die wir im Land sehr gut gebrauchen können. Aber 40 Millionen € sind die Realität. Sie passt nicht zu manchen utopischen Zahlen, die derzeit nachzulesen sind.
Sicherlich werden wir, das Land, auch weiter unseren Beitrag leisten müssen. Wir haben bereits – der Herr Ministerpräsi dent hat es gesagt – 60 Millionen € für den Wohnungsbau zur Verfügung gestellt. Wir haben das soziale Wohnraumförde rungsprogramm deutlich aufgestockt. Wir werden auch wei ter unseren Beitrag leisten. Aber ich sage klipp und klar: Oh ne privates Kapital werden wir es nicht schaffen. Deshalb er warten wir, dass der Bund, dass die Bundesregierung sich be wegt und dass steuerliche Anreize geschaffen werden, um den Wohnungsbau durch Private anzukurbeln, damit wir den Be darf, den wir im Land haben, befriedigen können.
Meine Damen und Herren, wenn es um Wohnungsbau geht, dann sollten wir keine Neiddebatten führen. Wir sollten ein bisschen nachdenken. Klar, wir brauchen schnell viele Woh nungen. Aber wir sollten alles tun, um Fehler der Vergangen heit, die auch zu Gettobildungen geführt haben, nicht zu wie derholen,
Wir müssen uns neue, integrative Konzepte überlegen und die Chancen in diesem Bereich nutzen. Integratives Bauen, inte grative Stadtplanung ist das, was wir für die Zukunft brau chen. Ich bin froh, dass es Mitte Oktober einen Wohnungs baugipfel geben wird, bei dem mit den Akteuren genau diese Fragen besprochen werden sollen. Wir brauchen neue Lösun gen.
Wir Grünen haben eine Projektgruppe zum Flüchtlingsthema, und zwar nicht erst seit gestern, sondern seit Dezember ver gangenen Jahres, die sich wöchentlich mit allen Fragen der Integration intensiv beschäftigt. Wir sind bereits im Gespräch mit der Architektenkammer, dem Städtetag und anderen Ak teuren. Wir leisten gern einen Beitrag, damit wir Wohnungs bau und Stadtentwicklung anders und neu denken.
Klar ist, dass bei diesem Wohnungsbaugipfel auch über mög liche Hemmnisse gesprochen wird. Ich empfehle Ihnen – wenn Sie hier über die Landesbauordnung herziehen –, auf die Internetseite des Ministeriums für Verkehr und Infrastruk tur zu gehen und sich die §§ 38 und 56 der Landesbauordnung anzuschauen, in denen die Ausnahmen beschrieben sind. All diese Ausnahmen bedeuten, dass es jetzt im Bereich Woh nungsbau für Flüchtlinge eine Vielzahl von Ausnahmerege lungen gibt.
Schauen Sie es sich einmal genau an. Wenn es an dem einen oder anderen Punkt noch Hemmnisse geben sollte, werden wir das prüfen und entsprechend handeln. Aber jetzt hier die Be grünung von Häusern anzuführen ist ja einfach ein Treppen witz, Herr Wolf.
Das ist eine Regelung für stark verdichtete Räume ohne Grün flächen in Städten, und die hat einen Sinn, von dem man sich in jedem Sommer – gerade wenn es so heiß ist wie in diesem Jahr – überzeugen kann: Die Begrünung verbessert die klima tischen und die kleinklimatischen Verhältnisse deutlich. Es ist nicht so, dass jetzt jeder sein Dach oder seine Fassade begrü nen muss. Aber es ist trotzdem ein guter und interessanter An satz, der den Menschen, die in dicht bebauten Straßenzügen und Quartieren wohnen, das Leben in heißen Sommern er leichtert.
Dann komme ich zum Thema Sachleistungen. Hier haben Sie wieder einmal einen Popanz aufgebaut. Sie glauben doch nicht im Ernst, dass es einer Familie, die bislang in Aleppo lebte und die einfach abhauen musste, die nicht mehr dort bleiben konnte, die unglaublich viele Risiken in Kauf nahm, um nach Europa zu kommen, um 140 € Taschengeld im Monat in der Erstaufnahme geht.
Da wird wieder vieles miteinander vermischt. Das eine ist die Erstaufnahme. In der Erstaufnahme gilt das Sachleistungs prinzip, und um die individuellen Bedarfe zu decken, gibt es darüber hinaus das Taschengeld. Es gibt übrigens kein Bun desland, das beim Taschengeld ein Sachleistungsprinzip hat. Das gibt es bislang nicht. Mit diesem Taschengeld können z. B. Damenhygieneartikel oder ein Busticket gekauft wer den. Vielleicht wird auch eine Brezel probiert oder eine SIMKarte fürs Handy oder eine Kugel Eis für die Kinder gekauft. Darum geht es beim Taschengeld – um nicht mehr und nicht weniger.
All das in Sachleistungen umzuwandeln halte ich für ein ver waltungs- und verfahrenstechnisch schwieriges Unterfangen. Ich weiß nicht, wie das gehen soll.
Ich weiß auch nicht, wie die Verwaltung, wie die Menschen, die in den Erstaufnahmeeinrichtungen arbeiten, in der jetzi gen Situation, in der es so viele Menschen in der Erstaufnah me gibt, das zusätzlich leisten sollen. Aber die Regierung hat zugesagt, sie wird prüfen, ob es gehen kann, wie es gehen kann, ob es Sinn macht. Wir werden uns dann darüber unter halten und nicht vorher an irgendwelchen Gespensterdebat ten teilnehmen, meine Damen und Herren.
mit vertretbarem Verwaltungsaufwand. Lesen Sie die Be schlüsse einfach durch. Es steht drin, und das wird geprüft. Auch andere Bundesländer werden es prüfen. Wie gesagt, wir halten von der Gewährung von Sachleistungen für jedes ein zelne Produkt des individuellen Bedarfs wenig.
Meine Damen und Herren, jetzt haben Sie immer wieder un seren grünen Oberbürgermeister aus Freiburg zitiert. Ich lese Ihnen jetzt einmal ein Zitat von ihm aus einer Pressemittei lung vor.
Freiburgs Oberbürgermeister... begrüßt mit Nachdruck das auf wirksame Hilfe angelegte Handlungsprogramm der Landesregierung zur Aufnahme von Flüchtlingen.
Seit dem ersten Flüchtlingsgipfel des Ministerpräsiden ten mit den kommunalen Verbänden und weiteren Akteu ren wie Kirchen, sozialen Verbänden und Hilfsorganisa tionen... habe die Landesregierung... effektive Struktu ren für die Aufnahme und Betreuung von Flüchtlingen ge schaffen. Insbesondere die zentrale Koordinierung der einzelnen Ministerien... stelle... eine wirksame Unter stützung dar.
Salomon warnte davor, die Flüchtlingsfrage zum Gegen stand von parteipolitischen Auseinandersetzungen mit Blick auf die Landtagswahl zu machen.