Protocol of the Session on October 1, 2015

Das Wort für die CDUFraktion erteile ich Herrn Abg. Dr. Löffler.

Herr Präsident, liebe Kol leginnen und Kollegen! Klare Ansage: Niemand soll ein Ge schäftsmodell auf Ausbeutung betreiben. Das ist unethisch, unchristlich und entspricht nicht dem Unternehmerbild, das wir, die CDU, haben.

Es mag Ausnahmen geben, aber flächendeckend ist der ge setzliche Mindestlohn für das Handwerk und für den Mittel stand in unserem Land kein Problem – eher für den Finanz- und Wirtschaftsminister. Wenn wir beide auf Reisen sind, ver hält er sich aufgeschlossener und weniger sozialdemokratisch. Ohne Leni Breymaiers Fuchtel ist er viel entspannter.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP)

Vor einem Jahr war ich mit ihm in Myanmar, dem Land der Pagoden und goldenen Dächer. Dort besuchten wir eine Fab rikhalle, so groß wie ein halbes Fußballfeld, wo in schwüler Luft, wie an einer Perlenschnur gereiht, Hunderte junge Frau en mit apathischen Gesichtern für ein schwäbisches Textilun ternehmen an Nähmaschinen arbeiteten. Auch der Minister versuchte sich an einer Nähmaschine an einem Strickmuster. 33 Cent pro Stunde bekommen die Frauen, sagte man uns. 33 Cent für ein 5-€-Wegwerf-T-Shirt beim Discounter – der Minister fand es toll.

(Abg. Rita Haller-Haid SPD: Das ist dort der Min destlohn!)

33 Cent, das ist mehr, als ein Praktikant im Kultusministeri um bekommt.

(Heiterkeit bei der FDP/DVP)

Dieser Tage waren wir in Persien, im Iran, in Teheran und Is fahan,

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Du kommst aber herum, mein Lieber! – Abg. Walter Heiler SPD: Sie kommen aber herum! – Abg. Rita Haller-Haid SPD: Toll, wenn man im Wirtschaftsausschuss ist!)

ein wunderbares Land mit gastfreundlichen Menschen, jahr zehntelang berüchtigt als „Achse des Bösen“ und isoliert we gen des Embargos. Jetzt baut der Iran seine Nuklearanlagen ab und löst sich von den Fesseln der Sanktionen. Das Land ist reich an Öl und Gas, hat aber eine Arbeitslosenquote von 25 %. Mit dem Segen der Mullahs werden jetzt Investoren ins Land gebeten. Deutsche Unternehmer sind besonders begehrt. Sieben Freihandelszonen errichtet der Iran. Ausländische In vestoren sind dort 20 Jahre lang von der Einkommen- und der Körperschaftsteuer befreit.

(Abg. Wilhelm Halder GRÜNE: Was ist das Thema?)

Seit 1968, seit den Zeiten des Schahs, besteht ein Doppelbe steuerungsabkommen mit Deutschland. Kapital und Profit können unbeschränkt zurückgeführt werden. Der deutsche Fiskus kann die Hand nicht aufhalten – ein Steuerparadies, at traktiver als die Kaimaninseln. In diesen Freihandelszonen gibt es kein Arbeitsrecht.

(Abg. Nikolaos Sakellariou SPD: Wir sind aber beim Mindestlohn in Deutschland!)

Ein promovierter Ingenieur ist dort mit 500 Dollar monatlich sehr gut bedient.

Wir besuchten eine Firma, die Glaswaren herstellt. Ihre Ma schinen waren schon zu Kaiser Wilhelms Zeiten veraltet. In der Fabrikhalle herrschte unerträglicher Lärm, überall Feuer und Rauch wie bei Dantes „Inferno“.

(Abg. Walter Heiler SPD: Thema! Tagesordnung! – Zuruf des Abg. Nikolaos Sakellariou SPD)

Unvorstellbar, welchen Arbeitsbedingungen die Arbeiter dort ausgesetzt sind. Der deutsche Mindestlohn – ein Traum.

(Zuruf des Abg. Nikolaos Sakellariou SPD)

Der Minister lässt träumen.

(Zuruf: Thema!)

Er will, dass baden-württembergische Unternehmen dort mit finanzieller Unterstützung der L-Bank investieren. So sieht sie aus, die ethische Wirtschaftspolitik der Sozialdemokraten.

Mindestlohn – ein Exportschlager. Der grüne OB Salomon in Freiburg pflastert mit Basaltsteinen aus Vietnam, gehämmert auf dem Rücken von Kindern, den Platz um die Unibibliothek und die Alte Synagoge. Kinderarbeit ist billiger als Mindest lohn in den Steinbrüchen des Schwarzwalds.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Export schlager!)

Das ist das neoliberale Gesicht der grünen Wirtschaftspartei.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Abg. Bärbl Mielich GRÜNE: Oh Mann, Mann, Mann! Unglaublich!)

„Gutes Geld für gute Arbeit“ ist für mich eine Frage der Men schenwürde. Da bin ich gar nicht weit weg von den Sozialde mokraten. Aber ich verdächtige den Mittelstand nicht des kol lektiven Lohndumpings. Die Mittelständler in unserem Land brauchen keinen betreuten Mindestlohn. Sie brauchen keine gesamtgesellschaftliche „Betriebsrats-Nanny“, die mit einer Mindestlohnmeldeverordnung und einer Mindestlohndoku mentationspflichtenverordnung adipöse Amtsschimmel aus dem Gestüt Nahles in die Betriebe jagt.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP)

Diese bürokratischen Durchführungsverordnungen entziehen sich der parlamentarischen Kontrolle. Sie waren im Bund nie von der CDU gewollt, Kollege Reith. Schlimmer noch: Der Unternehmer haftet als Bürge für den Mindestlohn in seiner Subunternehmerkette – ein unkalkulierbares Risiko und ein immenser bürokratischer Aufwand.

(Zuruf der Ministerin Katrin Altpeter)

92 % der mittelständischen Unternehmen klagen über Büro kratiebelastung, sagt eine Emnid-Studie. Offenbar sind Ihnen diese Klagen gleichgültig.

(Abg. Wolfgang Raufelder GRÜNE: Ach Gott!)

Diese Woche war ich bei einem Bäckerbetrieb in meinem Wahlkreis, einem Familienunternehmen in dritter Generation. Der Inhaber war sehr betroffen. Der Zoll, in Uniform und be waffnet, kam zu Besuch, legte den Betrieb lahm und vernahm die Mitarbeiter – ohne Ergebnis. Der Bäcker fühlte sich wie ein Schwerverbrecher.

(Zuruf von den Grünen: Oje!)

Er lässt seinen Dank ausrichten für Umsatzverlust und Imageschaden.

(Zuruf der Abg. Sandra Boser GRÜNE)

Ich bin ein empathischer Mensch und habe Gefühl für grünrotes Misstrauen – Mitleid.

(Abg. Walter Heiler SPD: Gefühl wie ein Ochse!)

Nicht der betreute Mittelständler darf das Leitbild der Politik sein, sondern der mündige Unternehmer mit seinen freien Ent scheidungen muss es sein.

(Zuruf der Abg. Sandra Boser GRÜNE)

Die Landesregierung redet viel über Gerechtigkeit und Ver teilen, aber nie darüber, wie die Leistungsfähigkeit der Wirt schaft erhöht werden soll. Keines der Gesetze, die Sie in den letzten viereinhalb Jahren verabschiedet haben, war ein poli tisches Signal für mehr Investitionen, für mehr Wachstum und mehr Beschäftigung.

(Abg. Nikolaos Sakellariou SPD: Es ist halt nur so gekommen!)

Planwirtschaft, Bürokratie und Belastung, das sind die Mar kenzeichen Ihrer Politik.

(Abg. Nikolaos Sakellariou SPD: Deswegen haben wir so eine niedrige Arbeitslosenquote!)

Papst Franziskus sagt in seiner Lehrschrift Evangelii Gaudi um: Wir brauchen

... die edle Arbeit eines Unternehmers, der fähig ist, die Güter dieser Welt zu mehren und für alle zugänglicher zu machen, um damit dem Gemeinwohl zu dienen.

Es sind nicht der Staat und die Politik, die Arbeitsplätze und Wohlstand schaffen, sondern Menschen, es sind Unternehmer. Also muss man deren Eigenverantwortung fördern und darf sie nicht durch Bürokratie bevormunden und blockieren.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Letzteres aber ist grün-rote Politik.

(Zuruf des Abg. Nikolaos Sakellariou SPD)

Es verwundert nicht, dass immer mehr junge Menschen nicht selbstständig werden wollen. Etwas zu unternehmen ist sus pekt, etwas zu unterlassen wünschenswert.