Protocol of the Session on July 15, 2015

(Zuruf des Abg. Guido Wolf CDU)

Ja, das ist ein schwieriger Begriff, aber dieser ist durchaus bekannt, Kollege Wolf.

(Abg. Guido Wolf CDU: Danke!)

Wir wollen eine eigene Finanzsäule, die nur die Pflegekosten abbildet, um deutlich zu machen, dass in den Krankenhäusern keine Refinanzierung durch den Abbau von Pflegestellen mehr stattfindet. Unsere Antwort muss eine gute Betriebskostenfi nanzierung sein, die auch einen großen Schwerpunkt auf die Pflege setzt.

(Beifall bei den Grünen)

Sie haben gesagt, Kollege Haußmann, was wir alles im Land gemacht haben. Ich möchte noch einmal deutlich sagen, dass uns dieses Krankenhausstrukturgesetz wirklich nicht hilft. Das, was wir machen wollen, geht deutlich darüber hinaus. Wir machen genau das, was dringend geboten ist. Wir gehen in eine ganz klare Strukturplanung. Wir gehen in eine verbind liche Krankenhausplanung. Wir haben ein Modellprojekt auf gelegt, das genau untersuchen soll: Was braucht es, welche Kriterien müssen erarbeitet werden, damit wir eine Kranken hausplanung auf den Weg bringen, die für das Land tauglich ist und die über die eigentliche Krankenhausplanung hinaus eine Gesundheitsplanung darstellt? Diese müsste genau das erreichen, was Sie alle fordern, wofür Sie aber hier nie aktiv werden.

Wir wollen die Sektoren überwinden, wir müssen den ambu lanten und den stationären Bereich besser miteinander verzah nen. Wir müssen auch viel stärker in die Vernetzung und Ver zahnung aller Gesundheitsberufe gehen. Es reicht doch nicht mehr, allein auf die Krankenhäuser sowie die Ärztinnen und Ärzte zu setzen. Wir haben auch kompetent ausgebildete Phy siotherapeuten, Hebammen, Pflegekräfte, Ergotherapeuten usw. All diese Kompetenzen müssen wir bündeln und zusam menbringen und in ein Versorgungssystem einbringen, das in der Fläche funktioniert. Nur so kann es gehen. Das werden wir auf den Weg bringen. Dazu haben wir uns jetzt auf den Weg gemacht, und das werden wir in der nächsten Legislatur periode fortsetzen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Manfred Lucha GRÜ NE: Sehr gut!)

Das Wort für die SPD-Fraktion erteile ich dem Kollegen Hinderer.

Herr Präsident, werte Kollegin nen und Kollegen! Herr Haußmann, die FDP/DVP hat uns die se Aktuelle Debatte beschert. Sie haben schon darauf hinge wiesen, dass wir uns nicht zum ersten Mal über das Kranken hausstrukturgesetz unterhalten. Ich werte diese Aktuelle De

batte einmal als Ihren Beitrag zur Effizienzsteigerung im Ge sundheitswesen, zumindest was das Nutzen von Redebaustei nen anbelangt. Verschiedene Teile haben wir ja schon letzte Woche bei der Mitgliederversammlung der BWKG gehört.

Ich fange einmal mit dem Positiven an. Herr Haußmann hat gesagt – wenn ich zitieren darf, Herr Präsident –, viele Haus aufgaben seien erledigt. Das ist richtig. Wir freuen uns über dieses Lob. Die grün-rote Landesregierung mit unserer Sozi alministerin hat die Hausaufgaben gut erledigt. Ich nenne nur die Steigerung um 35 % bei den Krankenhausinvestitionen. Das ist ein Wort. Das hilft uns. Ein erheblicher Teil des An tragsstaus konnte abgebaut werden.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Abg. Claus Schmiedel SPD: So ist es!)

Herr Haußmann, schauen wir einmal, was Sie gemacht hät ten. Wir haben einmal in Ihr Regierungsprogramm 2011 bis 2016 – Sie regieren ja nicht, aber Sie hatten es vor –

(Zuruf des Abg. Claus Schmiedel SPD)

geschaut. Dort steht u. a. drin, Sie wollten mittelfristig für ei ne geordnete Überführung in eine monistische Krankenhaus finanzierung eintreten.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Oh! – Abg. Florian Wahl SPD: Was?)

Wenn das der Fall wäre, hätten wir überhaupt keine Hausauf gaben mehr zu machen. Dann hätten wir nämlich gar nichts mehr mitzureden. Insofern bekennen wir uns ganz klar zur du alen Krankenhausfinanzierung. Wir stehen für eine gute, ver lässliche Krankenhausplanung und dafür, dass wir auch die erforderlichen Investitionsmittel zur Verfügung stellen.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Nun ja, Sie müssen auf ein bundespolitisches Thema zurück greifen. Insofern gehen wir einfach einmal davon aus, dass Sie mit den aktuellen gesundheitspolitischen Themen im Land zufrieden sind. Darüber freuen wir uns.

Was das Krankenhausstrukturgesetz anbelangt, sind wir uns, glaube ich, alle einig, dass es Korrekturen bedarf. Es bleibt aus unserer Sicht auch hinter den Eckpunkten der Bund-Län der-Arbeitsgruppe zurück; das ist richtig.

An dieser Stelle noch einmal der Hinweis: Die permanente Kritik, dass die Ministerin nicht in der Arbeitsgruppe vertre ten ist, geht doch völlig in die falsche Richtung. Darum geht es doch nicht. Gesetze werden nicht in Arbeitsgruppen ge macht, sondern im Bundestag unter Beteiligung des Bundes rats. Da ist unsere Ministerin aktiv geworden, und zwar schon letztes Jahr. Denn sie war es, die die geplante Übergangsre gelung zum Versorgungszuschlag gestoppt hat. Dieser wäre sonst nämlich schon viel früher weggefallen. Dass dies nicht geschehen ist, war ihr zu verdanken.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Unsere Ministerin war es, die die Anträge zu dem Gesetzent wurf in den Bundesrat eingebracht hat, und zwar mit Erfolg – zumindest zum größten Teil.

Richtig ist, dass eine Reform, die uns in Baden-Württemberg mit unserer sehr gut aufgestellten Krankenhauslandschaft un term Strich ein Minus von 60 Millionen € oder, umgerechnet in Pflegekräften, den Wegfall von 1 000 Stellen beschert, kein gutes Gesetz bzw. noch kein gutes Gesetz ist. Das gilt auch – das sage ich dazu –, wenn perspektivisch eine verbesserte Fi nanzierung über die Qualitätszuschläge zugesagt wird, für die es aber derzeit noch keine Kriterien gibt; diese sind noch nicht vereinbart und auch vom Bundesgesundheitsminister noch nicht durchgerechnet worden. Wenn mit dieser Versprechung für die Zukunft eine Kürzung für die Gegenwart einhergeht, dann muss einfach noch nachgebessert werden. Deshalb ist es gut, dass unsere Ministerin die entsprechenden Änderungsan träge in den Bundesrat eingebracht hat. Wir unterstützen die se Forderungen nachdrücklich.

So ist es u. a. auch gelungen, dass die Mehrheit der Länder bereits im Gesundheitsausschuss des Bundesrats die im Ent wurf des Krankenhausstrukturgesetzes geplante Form von Se lektivverträgen ablehnt. Wir sind nicht grundsätzlich gegen Selektivverträge, aber die Länder müssen an dieser Stelle ein Mitbestimmungsrecht haben; es muss verhindert werden, dass solche Verträge zu einer Rosinenpickerei führen. Es ist auch gut, dass der Antrag zum geforderten Wegfall des Versor gungszuschlags eine Mehrheit gefunden hat und der Versor gungszuschlag in den Landesbasisfallwert zu überführen ist. Auch das ist ein wichtiger Punkt, an dem das Gesetz noch ein mal nachjustiert werden muss.

Das Gesetz ist aber nicht insgesamt schlecht. Es gibt durch aus auch positive Elemente, und darauf ist auch an dieser Stel le hinzuweisen. Wir unterstützen ausdrücklich den geplanten Strukturfonds, mit dem Umstrukturierungsprozesse in der Krankenhausversorgung mit 500 Millionen € gefördert wer den sollen; eine Kofinanzierung in gleicher Höhe durch die Länder wird gefordert. Wir sind bereit, diese Kofinanzierungs mittel zur Verfügung zu stellen; allerdings muss der Struktur fonds auch für längerfristige Umstrukturierungsprozesse nutz bar sein.

Wir unterstützen auch das Pflegestellenförderprogramm mit 7 000 neuen Pflegekräften am Bett. Das ist die richtige Rich tung, aber es reicht nicht aus, Herr Haußmann. Insofern be grüßen wir es, dass die SPD, allen voran auch unsere gesund heitspolitische Sprecherin Hilde Mattheis, eine Verdopplung dieses Programms gefordert hat. Das ist die richtige Richtung, aber ich sage auch dazu: Es reicht noch nicht aus, um den Wegfall des Versorgungszuschlags zu kompensieren. Insofern muss noch nachgebessert werden. Wir müssen schauen, dass Baden-Württemberg mit seiner gut aufgestellten Kranken hauslandschaft nicht zu kurz kommt, und dafür sollten wir ge meinsam eintreten.

Ich schaue jetzt noch einmal nach rechts: Herr Teufel, der Bundesgesundheitsminister hat Ihr Parteibuch, und Sie haben ja aus Baden-Württemberg auch eine Staatssekretärin an der richtigen Stelle sitzen. Insofern: Lasst uns gemeinsam dafür kämpfen, dass hier noch einmal Nachbesserungen stattfinden. Dann sind wir auf einem guten Weg.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Das Wort für die Landesregie rung erteile ich Frau Sozialministerin Altpeter.

Herr Präsident, liebe Kol leginnen und Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Her ren! Lassen Sie mich zunächst einmal eines festhalten: Ba den-Württemberg hat eine gut ausgebaute und qualitativ hoch wertige Krankenhausversorgung, und darauf sind wir stolz. Wir sind stolz auf die Gesundheitsversorgung und insbeson dere auf die Krankenhäuser in unserem Land, die sich im Ge gensatz zu denen in anderen Bundesländern zu großen Teilen in öffentlicher Trägerschaft befinden und die nicht großen Ak tiengesellschaften zur Rosinenpickerei vorgeworfen wurden.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

In kaum einem anderen Bundesland steht den Bürgerinnen und Bürgern eine so gut ausgebaute und qualitativ hochwer tige Krankenhausversorgung zur Verfügung. Das sage ich nicht so dahin, weil es gerade lustig ist und weil die FDP/DVP eine Aktuelle Debatte beantragt hat. Das ist vielmehr ganz klar mit Zahlen zu belegen. Seit Jahren ist in Baden-Württemberg die Verweildauer im Krankenhaus am niedrigsten. Das heißt, bei uns werden die geringsten Berechnungstage erbracht. Zu dem sind in Baden-Württemberg die Krankenhausbehand lungskosten pro Einwohner mit deutlichem Abstand am nied rigsten. Hinzu kommt: Baden-Württemberg steht als eines der wenigen Länder, die das tun, zu seiner vollen Verantwortung bezüglich der Investitionskostenförderung und damit auch der Steuerung für die Krankenhauslandschaft im Land.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Ich muss dann schon einmal sagen, dass es 2011 einen Inves titionsstau von 1,4 Milliarden € gab, welche Krankenhäuser in der Zeit vor 2011 gefördert wurden und dass man, um sei nen Wahlkreis zu bedienen, z. B. auch Krankenhäuser mit 30 Betten gefördert hat. Deswegen haben wir es uns zur Aufga be gemacht, bei den Investitionen in Baden-Württemberg auf zuholen, um unserer Verantwortung für die Investitionen ge recht zu werden. So stellen wir allein im Haushalt 2015/2016 fast 1 Milliarde € an Investitionsmitteln für die Krankenhaus finanzierung zur Verfügung. Das bedeutet eine Steigerung um 35 %, und – mit Verlaub, meine sehr geehrten Damen und Herren – da muss Baden-Württemberg alles Mögliche tun, aber sich sicher nicht verstecken.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

In diesem Zusammenhang darf es dann schon verwundern, wenn von der Opposition bemängelt wird, die zuständige Mi nisterin sei nicht Mitglied der Bund-Länder-AG zur Neustruk turierung der Krankenhäuser gewesen. Lieber Herr Hauß mann, Sie haben ja nicht einmal die Chance, dort Mitglied zu sein, weil Sie auf Bundesebene schon gar nicht mehr vertre ten sind. Deswegen wäre ich da schon etwas vorsichtig.

(Abg. Thaddäus Kunzmann CDU: Das ist doch pri mitiv! – Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP: Mehr fällt Ihnen dazu nicht ein? – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Das ist ein Armutszeugnis!)

Jetzt reden wir einmal über „primitiv“, und dann reden wir einmal darüber, wer von der CDU aus Baden-Württemberg in

der Bund-Länder-AG vertreten war. Haben Sie ein Wort aus den Mündern der der CDU angehörenden Mitglieder des Ge sundheitsausschusses aus Baden-Württemberg, die in der Bund-Länder-AG waren, gehört, wie sich die Strukturreform auf Baden-Württemberg auswirkt? Kein Wort.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Mit wem regieren Sie in Berlin? – Zuruf des Abg. Helmut Rau CDU)

Haben Sie ein Wort von der zuständigen Staatssekretärin im Bundesgesundheitsministerium, die aus Baden-Württemberg kommt, gehört? Kein Wort. Deswegen, meine sehr geehrten Damen und Herren, wäre ich mit Bewertungen diesbezüglich lieber einmal zurückhaltend.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Ich setze mich beim Bund seit Jahren für eine verbesserte Be triebskostenfinanzierung der Krankenhäuser ein, weil wir trotz einer guten Krankenhausstruktur, trotz guter Ausgangslage für unsere Krankenhäuser in Baden-Württemberg bei 45 % aller Krankenhäuser in den letzten Jahren keine schwarzen Zahlen geschrieben haben. Es ist identifiziert, dass das an der Be triebskostenfinanzierung liegt. Deswegen habe ich mich schon vor zwei Jahren dafür eingesetzt, dass der Versorgungszu schlag verlängert wird, um den Krankenhäusern zu helfen, und habe mich im Übrigen auch durchgesetzt.

Deswegen mache ich mich zusammen mit den Regierungs fraktionen weiterhin dafür stark, dass der Versorgungszu schlag beibehalten wird und dass er in den Landesbasisfall wert eingeht. Deswegen habe ich am letzten Freitag im Bun desrat die entsprechenden Anträge gestellt. Weil wir in Ba den-Württemberg nicht ganz so naiv daherkommen, wie man cher jetzt zu unterstellen versucht, haben wir für diese Anträ ge auch eine deutliche Mehrheit bekommen; im Übrigen auch mit der Zustimmung von Ländern, die zuvor mitverhandelt haben, weil nämlich manche, wenn sie es sich genau anschau en, auf einmal auf ein anderes Ergebnis kommen.

Was im Krankenhausstrukturgesetz angeboten ist – das Pfle gestellenförderprogramm, das kommen soll, und auch das Wegfallen der doppelten Degression –, wird für Baden-Würt temberg nicht die Summen aufwiegen, die durch den Wegfall des Versorgungszuschlags wegfallen. Deswegen plädiere und werbe ich dafür, dass der Versorgungszuschlag weiterhin er halten bleibt, damit die Krankenhäuser in Baden-Württem berg eine verbesserte Finanzausstattung haben und damit vor allem mehr Pflegende an den Betten arbeiten können und dort nicht ein weiterer Personalabbau stattfindet. Denn das, was im Moment bei Streichung des Versorgungszuschlags vorgese hen ist, würde bedeuten, dass den Krankenhäusern pro Jahr 60 Millionen € entzogen werden. Das entspricht 1 000 Pfle gestellen. Wenn man das, was im Pflegestellenförderpro gramm steht, umwandelt, wird man ganz eindeutig zu dem Ergebnis kommen, dass das Pflegestellenförderprogramm nicht kompensieren kann, was durch den Wegfall des Versor gungszuschlags entfällt.

Aus diesem Grund ist es wichtig, dass diesen Anträgen im Bundesrat zugestimmt wurde. Es ist auch wichtig – das sei vielleicht noch gesagt –, dass in der Antwort der zuständigen Staatssekretärin aus dem Bundesgesundheitsministerium ge

sagt wurde: Jawohl, alles stimmt noch nicht – gut, dass sie draufgekommen ist –, die Bund-Länder-Arbeitsgruppe soll weiter tagen, und man wird sich dieser Sache noch einmal an nehmen.