Protocol of the Session on June 17, 2015

Ich rufe Punkt 3 der Tagesordnung auf:

Zweite Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz zur Neuordnung des Rechts des Naturschutzes und der Landschaftspflege – Drucksache 15/6886 (Ergänz te Fassung)

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz – Drucksache 15/6959

Berichterstatter: Abg. Dr. Patrick Rapp

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Präsidium hat für die Allgemeine Aussprache eine Redezeit von fünf Minuten je Fraktion festgelegt, wobei gestaffelte Redezeiten gelten.

In der Allgemeinen Aussprache erteile ich für die CDU-Frak tion Herrn Abg. Dr. Rapp das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die „heile Welt“ wird sicherlich gleich noch ausführlich beschrieben; daher möch te ich mich zunächst einmal der Realität widmen. Wie immer, wenn es um ein politisches Thema geht, das Emotionen aus löst, gibt es natürlich Gruppierungen, denen die Vorlagen nicht weit genug gehen, und es gibt Gruppierungen, denen ein Ge setzentwurf, wie wir ihn heute abschließend beraten, zu weit geht. Auch neigt man gern dazu, bestimmte Fakten nicht mehr zu betrachten oder Sachverhalte zu überhöhen. Daher ist es heute nötig, nicht nur „heile Welt“ zu spielen, sondern eine differenzierte Betrachtung vorzunehmen.

Vor der Klammer bleibt ein grundsätzlicher Kritikpunkt an diesem Gesetzgebungsverfahren bestehen: Bei der Novelle des Gesetzes – zu der das Land aufgrund einer Neufassung des Bundesnaturschutzgesetzes ohnehin verpflichtet war – ha ben Sie, Herr Bonde, uns Parlamentariern kaum Gelegenheit zu Diskussionen und vertieften Gesprächen mit den Verbän den und Anspruchsgruppen gegeben.

(Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE: Das liegt doch an euch!)

Binnen einer Woche wurde dieses Gesetz hier durch den Land tag gepeitscht.

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Das ist nicht de mokratisch!)

Mögliche Gründe hierfür will ich gar nicht kommentieren. Aber Ihr Vorgehen, Herr Bonde, hat ein erhebliches Optimie rungspotenzial im Hinblick auf parlamentarisches Arbeiten.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Aus Ihrer kurz greifenden Sicht, Herr Bonde, ist jeder, der die ses Gesetz inhaltlich kritisiert, ohnehin ein schlechter Mensch. Ich möchte Sie bitten: Lassen Sie dieses Schwarz-Weiß-Den ken einmal weg. Ich will Ihnen eines mitteilen: Wir, die CDU, halten, wenn wir den Gesetzentwurf betrachten und ihn auf den rein naturschutzfachlichen Teil reduzieren, wenn wir al so die Ausweitung der Mitwirkungsrechte, die Verlängerung von Verfahren, die Eingriffe ins Eigentum von Bürgerinnen und Bürgern sowie die fehlende Balance zwischen Ökologie und Ökonomie

(Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE: Was?)

beiseitelassen, das geplante Gesetz für gut.

(Zuruf des Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE)

Es übernimmt die in Baden-Württemberg ohnehin höheren Standards für Naturschutz und markiert damit im Länderver gleich auch zukünftig eine Spitzenposition – wie es übrigens auch schon zu Zeiten der CDU-geführten Regierung der Fall war.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Dr. Mar kus Rösler GRÜNE: Ein waghalsiger Anspruch! – Zuruf des Abg. Willi Stächele CDU)

Das gilt auch für Elemente, die Sie weiter ausgebaut haben, die aber auch vor Ihrer Regierungszeit schon existiert haben.

Sie werden es nachher sicher noch anführen: Das sind die Landschaftserhaltungsverbände. In einem Fall haben Sie es sogar geschafft – allerdings unter dem Einfluss der SPD –, ei nen praktikablen Weg einzubauen, und zwar im Hinblick auf die Biotopverbände. Auch dafür gebührt Ihnen einigermaßen Applaus.

(Abg. Jutta Schiller CDU: „Einigermaßen“! – Abg. Claus Schmiedel SPD: Und wo bleibt der Applaus? – Vereinzelt Beifall – Abg. Dr. Markus Rösler GRÜ NE: Was soll das heißen? Das waren wir doch ge meinsam!)

Nach wie vor hagelt es bei diesem Gesetz aber berechtigter weise Kritik, und zwar von den kommunalen Landesverbän den. Diese richtet sich gegen die Ausweitungen und die Ver fahrensänderungen im Naturschutzrecht, die für die Landrats ämter jährliche Mehrkosten in Millionenhöhe produzieren. In der Ausschussberatung konnten Sie hierzu keine schlüssige Darlegung geben. Sie haben gesagt, dies werde kompensiert durch Internetangebote. Da muss ich sagen: Außer einer Be hauptung war nicht viel mehr dahinter.

Die Ausweitung der Mitwirkungsrechte führt auch zur Ver längerung von Verfahren, von naturschutzrelevanten Verfah ren, und verhindert an manchen Stellen auch die Entwicklung von entsprechenden Projekten, beispielweise mit Blick auf die Windkraft.

Daher werden wir dieses Gesetz so nicht mittragen. Denn wir sehen keinen naturschutzfachlichen Mehrwert in dieser Vor gehensweise mit der genannten Ausweitung und der entspre chenden Einbindung im Rahmen der dann viel umfangreiche ren Mitwirkungsrechte.

(Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE: Gegen Beteili gung!)

Aber auch hierfür hatten Sie keine schlüssige Erklärung. In teressant ist: Sie begründen dies damit, Herr Bonde, dass mit der Ausweitung von Mitwirkungsrechten eventuelle Folgedis kussionen und möglicherweise anstehende Klagen bei ent sprechenden Verwaltungsverfahren ausbleiben würden. In Ih rer Logik heißt das in der Konsequenz nichts anderes, als dass Sie sich damit auch anmaßen, es allen recht machen zu kön nen. Da muss ich sagen: Das ist eine starke Behauptung, Herr Minister.

Klar ist also, dass dieser Gesetzentwurf Bestandteile enthält, die wir so nicht mittragen. Ein weiteres Beispiel hierfür sind die Eingriffe ins Eigentum. Aber das scheint Ihrer grundsätz lichen Missachtung fremden Eigentums geschuldet zu sein.

(Abg. Edith Sitzmann GRÜNE: Jetzt aber! – Abg. Claus Schmiedel SPD: Was ist das für eine Unterstel lung! – Zuruf: Quatsch!)

Wir haben das erlebt beim neuen Landesjagdgesetz, beim Ge wässerschutz, beim Baurecht, beim Umbruchverbot – inso fern nichts Neues.

Eines hat uns aber erfreut aufmerken lassen: Beim gestrigen Festakt zum 50-jährigen Bestehen des NABU hat der Minis terpräsident gesagt: „Wir wollen beides hinbekommen in Ba den-Württemberg: ein prosperierendes Industrieland“ – eine

Anmerkung von mir hierzu: wir haben auch Mittelstand – „und den Erhalt von Natur erreichen.“

(Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE: Das haben Sie schon beim letzten Mal ausgeführt!)

Herr Bonde, Sie sollten sich überlegen, ob Sie mit diesem Ge setz auf dem richtigen Weg sind.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU – Zuruf der Abg. Andrea Lind lohr GRÜNE)

Für die Fraktion GRÜ NE erteile ich das Wort Herrn Abg. Dr. Rösler.

Sehr geehrter Herr Präsi dent, werte Kolleginnen und Kollegen! Vor einer Woche ha be ich hier an dieser Stelle vom „Dreiklang des Naturschut zes“ gesprochen, von Naturschutzfinanzen, Naturschutzstra tegie und Naturschutzgesetz. Alle drei Bereiche, sowohl die Finanzen als auch die Strategie als auch das Gesetz, gilt es jetzt mit Leben zu füllen. Das ist in diesem Fall durchaus wörtlich zu nehmen. Denn der Kern dessen, worüber wir beim Naturschutz reden, ist lebendig: Es ist die biologische Viel falt; es sind insbesondere Tier- und Pflanzenarten.

Ich zeige Ihnen daher heute an einem ABC der Arten, wie wir dies umsetzen. Natürlich ist unsere Naturschutzstrategie ein gebettet in die Biodiversitätsstrategie des Bundes, eingebet tet in die Ziele der EU und der IUCN. Gern verweisen man che auf die Notwendigkeit von Naturschutz in fernen Ländern, ob für den Tiger in Sibirien oder den Wildesel in der Mongo lei. Das ist alles wichtig. Aber hier und heute geht es um ein ABC der baden-württembergischen Arten: nämlich A wie Ar nika, B wie Bechsteinfledermaus und C wie C-Falter. Wir, Grüne und SPD, beherrschen dieses ABC des Naturschutzes.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Logisch!)

Das zeige ich Ihnen ganz konkret an diesen drei Arten und an dem vorliegenden Gesetzentwurf mit Blick auf einige der Pa ragrafen.

(Abg. Alexander Salomon GRÜNE: Das ganze Al phabet bitte, nicht nur die ersten drei Buchstaben!)

A wie Arnika:

(Der Redner hält ein Bild hoch.)

Für die Arnika haben wir in § 60 ein landesweites Moor schutzkonzept eingefügt. Die Arnika kommt heute überwie gend in Randbereichen von Mooren vor, an der Schwäbischen Alb, im Schwarzwald, im Oberland. Wir haben zudem auch schon gehandelt: Unser Naturschutzminister Bonde hat erst vor fünf Tagen in Bad Wurzach umfangreiche Aktivitäten zum Schutz der Moore und damit zum Schutz von Arten wie der Arnika vorgestellt. Wir haben in der LUBW eine Stelle für Moorschutz geschaffen. Wir haben sechs Modellprojekte zur Renaturierung von Mooren auf den Weg gebracht. Weitere werden folgen, und die Finanzierung haben wir auch schon gesichert. Damit verknüpfen wir erfolgreich die Ziele von Na turschutz und Klimaschutz.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

B wie Bechsteinfledermaus:

(Der Redner hält ein Bild hoch.)

Neu eingefügt haben wir für die Bechsteinfledermaus u. a. fol genden Passus in § 14:

Eingriffe in Natur und Landschaft... können insbesonde re sein...