Protocol of the Session on June 10, 2015

Wir haben nicht gehört, welche Position Sie als Fraktionsvor sitzender vertreten oder welche Position die CDU-Landtags fraktion vertritt. Das können Sie gleich darstellen. Aber wenn man sich dafür einsetzt, Diskriminierung zu beenden, ist der erste und beste Schritt, dass der Staat es tut, dass der Staat gleiche Rechte und Pflichten für alle schafft und damit ein Zei chen dafür setzt, dass es keine Ungleichheit und keine Diskri minierung gibt. Das wäre die logische Konsequenz aus Ihren Ausführungen, und wir erwarten, dass Sie dazu Stellung be ziehen, Herr Wolf.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Sie haben Irland angesprochen. Bei der Volksabstimmung in Irland am 23. Mai, also vor wenigen Wochen, haben sich deut lich über 60 % für gleiche Rechte ausgesprochen: Ehe für gleichgeschlechtliche Paare. Aber, meine Damen und Herren, Irland ist dabei nicht das einzige Land auf dieser Welt. Ich nenne Belgien, die Niederlande, Frankreich, Luxemburg, Finnland, Kanada, Südafrika, Spanien, Norwegen, Schweden, Portugal, Island usw. usf. Das, was in all diesen Ländern und nun auch in Irland möglich ist, sollte doch wohl auch in Deutschland endlich möglich werden, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Denn die Ehe für alle nimmt niemandem etwas weg. Sie schränkt niemanden ein, und sie fügt niemandem einen Scha den zu. Warum sollte die Ehe für alle also nicht auch bei uns Realität und Wirklichkeit werden können, meine Damen und Herren?

Selbstverständlich geht es bei der Adoption von Kindern im mer um das Kindeswohl. Das steht ja wohl außer Frage. Das gilt aber unabhängig davon, welches Geschlecht die Eltern haben. Das Kindeswohl steht im Mittelpunkt. Ich weiß nicht, was Sie mit Ihrer Aussage, auf ein Kind, das zu adoptieren sei, kämen sieben Adoptionseltern, eigentlich sagen wollen. Sollen wir die Anzahl der Eltern, die sich für eine Adoption interessieren, einschränken?

(Zuruf von der CDU)

Ich kann nur sagen: Auch das Bundesverfassungsgericht hat zum Adoptionsrecht schon entscheidende Hinweise gegeben. Das Wohl des Kindes steht im Mittelpunkt. Das daran festzu machen, ob ein Paar gleichen Geschlechts ist oder nicht, ist unangebracht und unangemessen.

Lassen Sie mich zum Schluss aus dem SPIEGEL von dieser Woche den katholischen Hochschulpfarrer Burkhard Hose zi tieren:

Homosexuelle Paare, deren Kinder ich getauft habe, zeich nen sich gerade durch eine ausgesprochen werteorientier te Erziehung aus.

Meine Damen und Herren, nehmen Sie diese Position ernst. Sagen Sie, was Sie gegen Diskriminierung tun und wie Ihre Position zur Ehe für alle ist. Wir stehen dazu, wir unterstüt

zen das, und wir begrüßen es sehr, dass die grün-rote Landes regierung im Bundesrat entsprechend aktiv wird.

(Anhaltender Beifall bei den Grünen – Beifall bei Ab geordneten der SPD)

Für die CDU-Fraktion erteile ich dem Kollegen Wolf das Wort.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Sehr verhalten, der Ap plaus!)

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal die Feststellung, dass die Dis kussion nach meiner Wahrnehmung sachlich geblieben ist – zumindest weitgehend. Das dient der Sache und der Thema tik. Dabei bleibe ich. Wenn ich vorher vor „schriller Konfron tation“ gewarnt habe, habe ich das völlig wertfrei getan. Lie be Frau Ministerin, liebe Frau Sitzmann, getroffene Hunde scheinen zu bellen.

(Lachen des Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜ NE)

Ich will überhaupt nicht alles rechtfertigen, was in diesem Zu sammenhang von wem auch immer gesagt worden ist. Ich will mir aber auch nicht anmaßen, darüber zu befinden, welche Demonstration in diesem Land gut ist und welche schlecht.

(Zuruf von der CDU: So ist es!)

Es gibt viele Demonstrationen in diesem Land, deren Inhalte und deren Art der Durchführung ich keineswegs teile. Aber es steht mir nicht zu, darüber zu befinden, welche Demo gut und welche schlecht ist.

(Beifall bei der CDU)

Frau Kollegin Sitzmann, Sie haben auf das Bundesverfas sungsgericht hingewiesen und den sanften oder auch weniger sanften Druck des Bundesverfassungsgerichts im Vorfeld mancher Entscheidung in Berlin beschrieben.

Zum einen hat doch wohl eine Weile lang Rot-Grün in Berlin regiert, und schon damals hätte im Vorfeld einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtsurteils schon das eine oder an dere geregelt werden können. Rot-Grün hat das dennoch nicht getan.

Zum Zweiten ist es, glaube ich, auch Tatsache, dass wir mo mentan mit Union und SPD in Berlin regieren und in der Ko alitionsvereinbarung Maßnahmen beschlossen haben, die kei neswegs das Bundesverfassungsgericht vorgegeben hat, son dern die als politische Entscheidung dieser schwarz-roten Ko alition zu sehen sind.

(Abg. Alexander Salomon GRÜNE: Sagen Sie doch Ihre Meinung!)

Deshalb sind wir in vielen Fragen der Gleichstellung – –

(Zuruf von den Grünen)

Wenn Sie mir Gelegenheit geben, meine Sätze zu Ende zu führen, werden auch Sie sie am Ende verstehen und die Fra ge nicht wiederholen.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Heiterkeit bei der CDU)

Deshalb sind wir in vielen Bereichen dafür, dass Maßnahmen zur Gleichstellung getroffen werden – aber nicht, wenn es um die Adoption geht. Dabei stelle ich überhaupt nicht in Zwei fel, dass auch homosexuelle Menschen für ein Kind Bezugs person sein und Liebe für ein Kind entfalten können. Aber ich bin mit dem großen Teil der Bevölkerung der Überzeugung, dass Kinder immer noch idealerweise bei Vater und Mutter aufwachsen.

(Beifall bei der CDU – Zuruf des Abg. Manfred Lucha GRÜNE)

Moment mal, lieber Herr Kollege Lucha. Jetzt unterstelle ich einmal, Sie gehen in Ihrem Wahlkreis auch in Kindergär ten – man liest davon gelegentlich auch in der Zeitung –, was ich klug finde. Dort reden Sie mit Erzieherinnen. Wenn ich das tue, sagen sie mir jedes Mal: Liebe Politiker, sorgt einmal dafür, dass wir endlich auch Erzieher in unsere Kindergärten bekommen, denn Kinder brauchen weibliche und männliche Bezugspersonen.

(Beifall bei der CDU – Zuruf von den Grünen: Un glaublich! – Weitere Zurufe – Unruhe)

Im rot-grün regierten Hamburg läuft derzeit landesweit eine Werbeaktion, ein Hilferuf der Regierung, plakatiert in allen Stadtbahnen:

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

„Vielfalt, MANN!... werde Erzieher!“

Das heißt, auch dort gibt es die klare Erkenntnis, dass das für ein Kind gut und wichtig ist. Deshalb finde ich es notwendig, dass wir die Diskussion über Fragen des Kindeswohls auch unter diesem Aspekt führen.

(Beifall bei der CDU – Abg. Siegfried Lehmann GRÜNE meldet sich.)

Eine letzte Bemerkung: Liebe Frau Ministerin, ich bin Ihnen dankbar, dass Sie in Ihren Ausführungen auch den Bogen ge spannt haben von der heutigen Debatte, die richtigerweise hier geführt wurde, hin zu den Familien im Land. Ich glaube, es muss auch ein Signal ausgehen: Uns in diesem Hohen Haus ist wichtig: Wie kann Familie in Zukunft gelingen? Was kann Politik tun, damit Familien in Baden-Württemberg gute Rah menbedingungen haben?

(Abg. Edith Sitzmann GRÜNE: Das setzen wir ja um!)

Lassen Sie uns darüber gemeinsam diskutieren und die not wendigen Schritte auf den Weg bringen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Für die SPD-Fraktion erteile ich Herrn Kollegen Schmiedel das Wort.

Herr Präsident, liebe Kollegin nen und Kollegen! Es bleibt, wie es war: Die CDU bewegt sich bei der Frage der Akzeptanz und des Respekts und der

gleichen Rechte für gleichgeschlechtliche Paare, sie bewegt sich jedoch im Schneckentempo.

(Abg. Muhterem Aras GRÜNE: Sehr richtig!)

Ich erinnere noch einmal an die Debatte über die Umsetzung der Lebenspartnerschaften in Baden-Württemberg 2002 in diesem Haus. Da wurden wir noch mit Aussagen konfrontiert wie: Die rot-grüne Bundesregierung stülpe die Gesellschaft in Deutschland um, entwerte die Familien. Herr Kollege Hil lebrand hat gesagt, bei der materiell-rechtlichen Betrachtung gehe ihm das Messer im Sack auf.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Er hatte im merhin noch eines dabei!)

Das war heftig. Das ist jetzt weg. Gott sei Dank.

Aber auch Sie müssen doch konstatieren, dass in der Gesell schaft, nicht zuletzt durch dieses Institut der Lebenspartner schaften, die Diskussion wesentlich weiter gegangen ist und wir heute eine Akzeptanz für gleichgeschlechtliche Partnerin nen und Partner haben, die ganz überwiegend vorhanden ist. Die Ministerin hat zu Recht darauf hingewiesen, dass es in der Gesellschaft natürlich noch Vorurteile gibt. Wenn man an den Wortschatz von Kindern auf dem Schulhof denkt, schwingt das natürlich noch mit. Den Ausspruch „Das ist doch schwul!“ als abwertende Bemerkung, als Floskel gibt es noch.