(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. An dreas Schwarz GRÜNE: Falsch! – Abg. Siegfried Lehmann GRÜNE meldet sich. – Glocke des Präsi denten)
Derzeit, Herr Ministerpräsident, sa gen Sie gar nichts. Sie sprechen nicht mit dem Parlament. Sie sprechen darüber auch nicht mit den Bürgerinnen und Bür gern – jedenfalls ist davon nichts in der Zeitung zu lesen.
Wir wollen aber heute von Ihnen, Herr Ministerpräsident, auch eine klare Position hören. Wir wollen wissen, ob Sie das Er gebnis der Volksabstimmung uneingeschränkt akzeptieren. Wir wollen, dass Sie den Menschen endlich reinen Wein ein schenken.
Wir wollen wissen, ob Sie sich auf der Basis des Demokra tieprinzips – auf dieser Basis sind Sie auch gewählt worden – auch zu Recht und Verfassung bekennen und auch ein Ergeb nis akzeptieren würden, das Ihren Vorstellungen nicht ent spricht. Was tun Sie, wenn eine Mehrheit der Bevölkerung ge gen Ihr Gesetzeswerk stimmt? Was tun Sie, wenn das nötige Zustimmungsquorum nicht erreicht wird? Derzeit untersagen Sie es Ihrem Koalitionspartner, seine Position zu S 21 vor der Volksabstimmung kundzutun.
(Abg. Claus Schmiedel SPD: Was? – Abg. Andreas Stoch SPD: Das sehen wir nicht so! – Abg. Dr. Fried rich Bullinger FDP/DVP: Sehr peinlich! – Abg. Karl- Wilhelm Röhm CDU zur SPD: Einen Maulkorb habt ihr bekommen! – Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Die Politik des Zumauerns! – Zuruf der Abg. Edith Sitzmann GRÜNE)
Das war ein Machtwort des Ministerpräsidenten; so war es überall zu lesen. Ich kann nur das zitieren, was in der Zeitung steht. Der SPD-Landesvorstand hat sich dem auch gebeugt. Ihre Partei, Herr Ministerpräsident, bekennt sich dagegen öf fentlich zu einem Bündnis, u. a. mit den extremistischen Lin ken.
Dann sagen Sie noch entschuldigend, das sei nicht so proble matisch; denn es sei eine Partei, die nicht im Landtag vertre ten ist.
(Lachen bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. An dreas Schwarz GRÜNE: So ist es! – Abg. Jörg Fritz GRÜNE: Worüber wir alle miteinander froh sind!)
Meine sehr verehrten Damen und Herren, da kann ich nur sa gen: Wenn Sie, die Sie auf der Basis des Demokratieprinzips gewählt worden sind und in dieses Amt gekommen sind, ein Bündnis mit anderen gesellschaftlichen Gruppierungen und unter Parteien, die mit einer hohen Zustimmungsquote von der Bevölkerung in diesen Landtag gewählt worden sind, nicht akzeptieren, wohl aber ein Bündnis mit extremistischen Par teien, die nicht im Landtag vertreten sind, dann frage ich Sie: Wo ist Ihr Demokratieverständnis?
Vorgestern erklärten die Partner im Bündnis gegen S 21 – so gar Ihr Landesvorsitzender – bei einer Pressekonferenz, dass man die Situation neu bewerten müsse, wenn das Quorum nicht erreicht werde. Manche sprechen auch davon, dass der Protest weitergehen werde, egal, wie die Abstimmung aus geht.
Wenn das Gesetz heute abgelehnt wird und wir dann auf An trag einer Minderheit im Parlament – vielleicht auch einer Mehrheit; das weiß ich nicht – in eine Volksabstimmung ein treten,
dann tun wir dies nach unseren geltenden Gesetzen und ent lang unserer Verfassung. Jetzt haben Sie, Herr Ministerpräsi dent, die Chance, Ihre Position zu den eben gestellten Fragen darzulegen.
Sie sprechen in der Summe von Kündigungen, wo es kein Kündigungsrecht gibt. Wohl deshalb ist in der Gesetzesbe gründung zu lesen:
Der Regelungsgehalt des Gesetzentwurfs verzichtet be wusst darauf, einen konkreten Kündigungsgrund festzu legen.
Meine Damen und Herren, das ist die Klarheit, Wahrheit und Transparenz, die zumindest die Grünen beim Regierungsan tritt immer verkündet haben: Die Bürgerinnen und Bürger werden gar nicht auf einen bestehenden Kündigungsgrund verwiesen, in der Hoffnung, dass sie am Ende gar nicht genau wissen, worüber sie eigentlich abstimmen, weil Sie stets sug gerieren, dass es um die Frage „Stuttgart 21, ja oder nein?“ geht. Letztendlich läuft es doch darauf hinaus, dass die Men schen die Hand zum Vertragsbruch heben sollen.
Meine Damen und Herren, wir werden die Zeit bis zur Volks abstimmung nutzen. Wir werden sie nutzen, um Transparenz zu schaffen und auch ein Stück weit für mehr Demokratie zu sorgen.
(Oh-Rufe von den Grünen – Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Aha! – Abg. Muhterem Aras GRÜNE: Wir helfen gern!)
Sie werden die Zeit nutzen, um zu provozieren. Sie werden die Zeit nutzen, um die Menschen zu provozieren.
(Zuruf von den Grünen: Das macht doch die CDU! – Abg. Edith Sitzmann GRÜNE: Wir werden mit Ar gumenten überzeugen, Herr Kollege!)
Sie werden die Zeit nutzen, um neue Gerüchte, falsche Tatsa chen und Schauermärchen in die Welt zu setzen, um den Men schen Sand in die Augen zu streuen. Sie sind nicht darauf aus, die Situation zu befrieden, sondern darauf, neue Wut und Kra walle zu produzieren. Der Kern, weshalb wir uns für die Volksabstimmung ausgesprochen haben, weshalb wir den Weg mitgehen, liegt darin, dass diese Koalition nicht fähig sein wird, dieses Land und dieses Projekt S 21 am Ende zu befrie den. Vielmehr wird in der Tat – so sehen wir das auch – nur das Volk das Thema befrieden können. Aber Sie sollten in der Frage der grundsätzlichen und unbeschränkten Anerkennung auch des verfassungsrechtlichen Ergebnisses einer solchen Volksabstimmung bereits heute einen klaren Beitrag dazu leis ten.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir werden klar sa gen: Zu diesem Gesetz kann es nach dem Weg, wie es zustan de kam – der Inhalt ist bedenklich –, letztlich nur ein klares Nein geben. Es kann nur ein Nein geben zu diesem Weg, zum Vertragsbruch,
Deshalb bitten wir alle wahlberechtigten Menschen in BadenWürttemberg: Nutzen Sie Ihr Stimmrecht. Gehen Sie am 27. No vember zur Abstimmung, und sorgen Sie an diesem Tag mit Ihrer Stimme für eine klare Entscheidung.
(Anhaltender lebhafter Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Mit ihrem Nein! – Abg. Siegfried Lehmann GRÜNE steht an einem Saalmikrofon.)
Aber es ist die freie Entscheidung des Redners, inwieweit er eine Frage noch zulässt. Kollege Lehmann, ich bitte das zu beachten.
(Abg. Klaus Herrmann CDU zu den Grünen: Euer Minister lässt es doch auch nicht zu! – Zuruf der Abg. Tanja Gönner CDU – Unruhe)
Sehr geehrter Herr Präsi dent, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich kam mir gera de vor wie in einem Landestheater und nicht wie im Landtag, Herr Hauk.