Nun kommen wir zum Nachtrag. Liebe Kolleginnen und Kol legen, mit diesem Nachtrag stellen wir wichtige Weichen. Wir übernehmen humanitäre Verantwortung, und wir zeigen Per spektiven auf. Bereits wenige Monate nach der Verabschie dung des Doppelhaushalts 2015/2016 stiegen die Flüchtlings zahlen und damit auch die Kosten. Wir übernehmen humani täre Verantwortung, weil wir die Mittel für eine gute Versor gung der Flüchtlinge bereitstellen. Konkret heißt das, dass wir den Stadt- und Landkreisen höhere Kosten erstatten, dass wir für den Ausbau und die Ausstattung der Erstaufnahmestellen mehr Mittel zur Verfügung stellen, und zwar rund 80 Millio nen €. Konkret heißt das weiter: dezentrale Unterbringung. Sie wissen genauso gut wie wir, dass für eine erfolgreiche und nachhaltige Integration vor allem die dezentrale Unterbrin gung der Flüchtlinge wichtig ist. Dabei unterstützen wir die Kommunen mit einem Programm im Umfang von 30 Millio nen €. Das ist humanitäre Verantwortung. Dazu stehen wir. Wir stehen zu diesen Ausgaben in Höhe von rund 360 Milli onen € in diesem Bereich.
Aber wir zeigen auch Perspektiven in der Bildung auf. Wir in vestieren in die Kinder, in die jungen Menschen in unserem Land. Es geht uns dabei um die bestmögliche Förderung al ler Kinder und nicht um das Bewahren alter Strukturen.
Was machen wir konkret? Wir stärken die Grundschulen mit zusätzlichen 180 Deputaten, weil es auf den Anfang ankommt. Es gilt nämlich: Je früher man in die Bildung investiert, um so besser sind die Mittel angelegt, und man erreicht mit den geringsten Mitteln den besten Effekt, und zwar im Sinne je des einzelnen Kindes und im Sinne unserer Gesellschaft.
Jeder in den Bildungsbereich investierte Euro ist eine Inves tition in die Zukunft, weil das eben den Kindern hilft, später ein selbstbestimmtes Leben zu führen, und weil das zu mehr Bildungsgerechtigkeit führt.
Wir bieten den Realschulen eine Perspektive, weil wir ihnen zusätzlich 325 Deputate geben. Das war bei Ihnen nie der Fall. Damit haben die Realschulen die Möglichkeit, sich in der wandelnden Bildungslandschaft weiterzuentwickeln.
Wir geben auch der Inklusion eine Perspektive und bringen sie voran. Denn Eltern von Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf haben in Zukunft das Recht zu wählen, ob sie ihr Kind in eine Sonderschule oder eine allgemeine Schule schicken wollen. Das sind immerhin 400 Deputate. Damit bringen wir die Inklusion voran, und wir geben den Kindern mit Behinderung und denen ohne Behinderung eine Perspek tive für einen gemeinsamen Unterricht.
Diesen bildungspolitischen Bereich stärken wir mit diesem Nachtragshaushalt mit rund 140 Millionen €. Auch zu diesen Mehrausgaben stehen wir, weil das Land damit vorangebracht wird.
Aber wir geben auch unseren Beschäftigten eine Perspektive. Die Beschäftigten im öffentlichen Dienst leisten eine hervor ragende Arbeit,
egal, ob in den Steuerverwaltungen, in den Laboren der Le bensmittelkontrolleure, in den Klassenzimmern, in den Poli zeistationen, in den Forstverwaltungen oder an den Universi täten. Überall dort leisten die Beschäftigten eine hervorragen de Arbeit. Wir honorieren diese gute Arbeit, indem wir den Tarifabschluss inhaltsgleich übertragen.
Bis einschließlich der Besoldungsgruppe A 9 wird das Tarif ergebnis auch zeitgleich und damit 1 : 1 umgesetzt. Mit Blick auf den Landeshaushalt wird das Tarifergebnis für höhere Be soldungsgruppen, ab der Besoldungsgruppe A 10, mit leich ter zeitlicher Verzögerung, nämlich um vier bzw. acht Mona te, übertragen.
(Abg. Klaus Herrmann CDU: Das trifft alle Lehrer! – Abg. Karl Zimmermann CDU: Staatsanwaltschaf ten, Justiz, überall immer weniger!)
Das ist ein guter Mittelweg zwischen den berechtigten In teressen unserer Beschäftigten und der Konsolidierung des Haushalts.
(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Abg. Klaus Herrmann CDU: Bei 3 Milliarden € Überschuss!)
Für die Attraktivität des öffentlichen Dienstes geht es nicht nur darum, was am Ende des Monats herauskommt, sondern da geht es noch um weitere Aspekte. Es geht da um die Ver einbarkeit von Familie und Beruf, es geht darum, Telearbeits plätze einzurichten – das haben wir gemacht –, es geht dar um, dass Menschen nicht stundenlang von Aalen nach Stutt gart oder sonst wohin unterwegs sind, um in einem geringen Umfang Arbeit zu erledigen. Wenn wir ihnen diese Fahrten ersparen, gewinnen sie Lebensqualität, können sie mehr ar beiten oder auch länger arbeiten.
Aber es geht auch darum, wie es mit den Beförderungen und wie es mit den Stellenhebungen aussieht. Es gibt in unserer Finanzverwaltung, bei der Polizei und in vielen anderen Be hörden Bereiche, in denen Beamte zehn Jahre oder länger auf ihre Beförderung gewartet haben oder, wenn sie befördert worden sind, nicht die entsprechende Bezahlung bekommen haben, weil die entsprechende Stelle nicht frei war oder die Personalausgaben gedeckelt waren. Genau das gehen wir hier mit unserem Antrag an. Wir geben den Beschäftigten eine Per
Eine weitere Perspektive für unsere Beschäftigten ist die Ein führung eines Jobtickets. Damit kommen wir den Wünschen der Beschäftigten nach und leisten einen Beitrag zu einer nachhaltigen und vernünftigen Mobilität. Außerdem unterstüt zen wir damit das Anliegen der Ballungszentren, in denen man massiv daran interessiert ist, die Verkehrsprobleme zu redu zieren.
Meine Damen und Herren, Haushaltsberatungen gelten oft als Sternstunde der Opposition. Das gilt jedoch nicht für diese Opposition, auch nicht für den neuen Fraktionsvorsitzenden der CDU.
Herr Wolf, Sie sind nun fast 100 Tage im Amt und hätten die se Haushaltsberatungen zur Sternstunde der Opposition ma chen können. Aber nein, Fehlanzeige auf der ganzen Linie.
Was haben Sie geliefert? Sie haben in der Ersten Beratung die Notwendigkeit und Richtigkeit des Nachtraghaushalts bestä tigt; Sie haben das, was wir hier vorgelegt haben, inhaltlich quasi bestätigt. Lediglich die Finanzierung haben Sie kriti siert, nicht die Maßnahmen selbst.
Aber bei der Finanzierung gehen Sie nicht mit. Jede seriöse Opposition würde Gegenfinanzierungsvorschläge bringen. Was sind Ihre Gegenfinanzierungsvorschläge? Sie sagen ers tens, Sie wollten die Nettonull – also keine Kredite in Höhe von 768 Millionen € –, und die finanzieren Sie, indem Sie die Haushaltsrücklage auf null senken und indem Sie globale Minderausgaben erhöhen. Jetzt sage ich einmal: Hätten wir auf Sie gehört – das hatten Sie auch in den letzten Haushalts beratungen gebracht – und hätten in der Folge jetzt keine Rücklage, wie könnten wir jetzt mit den gestiegenen Kosten bei den Flüchtlingen zurechtkommen?
(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Mogelpackung! – Abg. Klaus Herrmann CDU: Keine Gutachten zu den Gemeinschaftsschulen und vieles andere mehr! – Glocke der Präsidentin)
Ihre zweite Finanzierungs alternative – ich wiederhole es – ist die Erhöhung der globa len Minderausgaben. Das ist ja das Allerletzte, was man lie fern kann; denn damit drücken Sie sich nämlich vor der kon kreten Entscheidung, wo Sie sparen wollen. Sie setzen auf der einen Seite pauschal einen Betrag fest und sagen, dort sei zu sparen, und drücken sich, wenn es konkret wird. Auf der an deren Seite sagen Sie: „Das, was Grün-Rot vorgelegt hat, ist zu wenig. Wir wollen sogar noch mehr Polizeistellen, noch mehr Lehrerstellen für die Realschulen und vieles mehr.“ Und das alles bei einer Nettonull! Sie müssen sich schon entschei den, was Sie wollen. Seriös ist das nicht.
Mein letzter Punkt bezieht sich auf den Vorwurf der Haus haltsaufblähung um 25 %. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, es trifft zu: Das Haushaltsvolumen ist tatsäch lich sogar um fast 26 % angestiegen. Aber wenn Sie seriös wären, würden Sie sich auch einmal anschauen, wie diese Er höhung zustande kommt.
Ich nenne nur beispielhaft: Tarif- und Besoldungserhöhung 1,1 Milliarden € mehr, Versorgungsausgaben 1 Milliarde € mehr, Zuführung zu Versorgungsrücklage und Versorgungs fonds von fast 340 Millionen € mehr, Länderfinanzausgleich 1 Milliarde € mehr, Gesamtausgaben FAG 3,6 Milliarden € mehr. Allein für diese beispielhaft genannten Positionen kom me ich in der Summe auf 7,5 Milliarden €. Das alles sind Aus gaben, bei denen Sie in der Regel mitgestimmt haben. Oder wollen Sie sagen, Sie seien gegen die Tariferhöhung oder ge gen die Erhöhung der Zuführung zur Versorgungsrücklage und zum Versorgungsfonds oder gegen den Länderfinanzaus gleich? Das sind also alles Ausgaben, die zwangsläufig sind. Damit ist Ihre Feststellung vom Anstieg des Haushaltsvolu mens um 25 % zwar zahlenmäßig richtig, aber inhaltlich falsch.
Wir stehen zu diesen Ausgaben, und wir stehen dazu, dass un sere Beschäftigten vernünftig und fair bezahlt werden.
Sehr geehrte Frau Präsiden tin, Kolleginnen und Kollegen! 1 000 zusätzliche Lehrerstel len für Baden-Württembergs Schulen, Zukunftssicherheit für den Forschungs- und Lehrstandort Baden-Württemberg – Ba den-Württemberg wird seinen humanitären Aufgaben gerecht. Dem heutigen Tag kann man die Überschrift geben: Dem
Land geht es gut, und mit diesem Nachtragshaushalt wird es Baden-Württemberg an vielen Stellen noch besser gehen.