(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Karl Zimmermann CDU: Ohne die Grünen ginge es aber besser!)
Das Erste: Lieber Herr Sakellariou, wenn das alles so ist, wie Sie es geschildert haben, wenn fürchterliche Dinge passieren, wenn fürchterliche Zustände hier im Land gegeben sind, dann sage ich Ihnen: Dann bringen Sie Ihren Innenminister dazu, das abzustellen. Es ist Ihre Partei, die den Innenminister stellt.
(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Seit vier Jahren!)
Nur – das haben sie offensichtlich nicht verstanden –: Mich interessiert gar nicht, ob nach diesem schwammigen Zuord nungskriterium ein Rocker verantwortlich war oder kein Ro cker, sondern ich hätte es gern überhaupt abgestellt. Aber das hat natürlich auch der Innenminister absichtlich missverstan den. Es war ja zu rechnen mit dieser geistigen Flughöhe, die er liebt, dass er so tut, als hätte ich – –
(Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Bodenlose Arro ganz! – Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Was war das denn jetzt?)
Klar. Sie sagen zu mir noch viel nettere Sachen. Deswegen deute ich jetzt einmal an, was ich manchmal denke und nicht immer sage, aber jetzt halt einmal.
Sie haben natürlich schon so getan, wie wenn ich nichts da gegen hätte, dass Rocker Waffen hätten. So ein Blödsinn! Ich habe darauf hingewiesen, wie schwer es ist, heute legal eine Waffenbesitzkarte zu bekommen, und dass der Personenkreis, über den wir hier reden, das wahrscheinlich gar nicht auf le galem Weg versucht. Allerdings muss man sagen: Bei den Or ganisationen, die so breit im Waffenhandel tätig sein sollen, wurde halt dieses Jahr – ich kann ja nichts dafür – insgesamt im Stuttgarter Raum, glaube ich, eine Schreckschusspistole gefunden.
Da liegt natürlich der Gedanke schon nahe, dass es ein biss chen ein Ablenkungsmanöver ist – gerade zur Ablenkung von den Herausforderungen, die ja bestehen. Die Menschen be wegt in der Tat die Einbruchskriminalität, die Wohnungsein brüche, an denen z. B. die sogenannten Rocker – wer immer das sein mag – überhaupt nicht beteiligt sind.
Das ist das, was wir rüberbringen wollen. Wir helfen Ihnen bei dem Ausschnitt, den Sie heute thematisiert haben, fragen uns aber: Warum reden Sie nur von einem Ausschnitt?
Warum reden Sie nicht vom ganzen Phänomen der Krimina lität? Da setzt unser Verdacht an, dass Sie verdecken wollen, dass Sie nicht überall so erfolgreich sind, wie Sie uns weis machen wollen.
Meine Damen und Herren, es lie gen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist die Aktu elle Debatte beendet und Punkt 1 der Tagesordnung erledigt.
Aktuelle Debatte – Was denn nun, Herr Kretschmann? – Unterstützt der Ministerpräsident seinen Finanzminister bei der Erbschaftsteuerreform oder nicht? – beantragt von der Fraktion der FDP/DVP
Meine Damen und Herren, das Präsidium hat für die Aktuel le Debatte eine Gesamtredezeit von 40 Minuten festgelegt. Darauf wird die Redezeit der Regierung nicht angerechnet. Für die einleitenden Erklärungen der Fraktionen und für die Rednerinnen und Redner in der zweiten Runde gilt jeweils ei ne Redezeit von fünf Minuten. Ich darf die Mitglieder der Landesregierung bitten, sich ebenfalls an den vorgegebenen Redezeitrahmen zu halten.
Herr Präsident, lie be Kolleginnen und Kollegen! Das Bundesverfassungsgericht hat am 17. Dezember 2014 die aktuell gültigen Verschonungs regeln für Betriebsvermögen bei der Erbschaftsteuer als zu pauschal verworfen. Das heißt, es ist notwendig, dass der Bun desgesetzgeber zu einer gesetzlichen Neuregelung kommt.
Bundesfinanzminister Schäuble hat dann anschließend vorge schlagen, bei 20 Millionen € Betriebsvermögen eine Verscho nungsgrenze einzuziehen und oberhalb dieser Verschonungs grenze zu einer individuellen Bedürfnisprüfung zu gelangen.
20 Millionen € Betriebsvermögen ist vergleichsweise wenig. Der baden-württembergische Mittelstand, insbesondere viele familiengeführte mittelständische Unternehmen in BadenWürttemberg – diese sind ein zentraler Stützpfeiler unseres wirtschaftlichen Wohlstands –, sind von diesen Plänen des Bundesfinanzministers bedroht. Das muss man in dieser Deut lichkeit formulieren. Selten gab es in der baden-württember
gischen Wirtschaft, selten gab es im baden-württembergischen Mittelstand eine derartige Alarmstimmung. Denn auf der ei nen Seite droht über die Bedürfnisprüfung ein Bürokratie monster, und auf der anderen Seite sind viele Betriebsüberga ben, ist der Generationswechsel in vielen familiengeführten Unternehmen gefährdet, wenn diese Pläne des Bundesfinanz ministers so umgesetzt werden.
Der Präsident des Landesverbands der Baden-Württembergi schen Industrie, Koch, hat das so formuliert, dass die badenwürttembergische Industrie vor einem Ausverkauf der Unter nehmen stehe, dass möglicherweise eine Tür aufgehe für aus ländische Investoren, wenn es so umgesetzt würde. Ähnlich äußert sich IHK-Präsident Dr. Kulitz, ähnlich äußert sich Herr Dr. Wolf von Südwestmetall, ähnlich äußert sich das Hand werk, ähnlich äußert sich Professor Hennerkes von der Stif tung Familienunternehmen.
Die Stiftung Familienunternehmen hat ein Alternativkonzept vorgelegt, das die individuelle Bedürfnisprüfung erst ab 120 Millionen € zum Tragen bringen möchte. Auch der Finanzmi nister des Landes Baden-Württemberg – ich würdige das an dieser Stelle ausdrücklich – hat mit seinem Vorschlag, diese Grenze bei 100 Millionen € anzusetzen, einen produktiven Beitrag geleistet. Ich denke, dass wir einen deutlichen Schritt vorankommen würden, wenn man von den von Schäuble vor geschlagenen 20 Millionen € auf die von Hennerkes vorge schlagenen 120 Millionen € oder zumindest auf die von un serem Finanzminister vorgeschlagenen 100 Millionen € kä me.
Das Problem ist allerdings, Herr Schmid, dass Sie offensicht lich in Ihrer eigenen Partei da relativ wenig Rückhalt haben.
Hannelore Kraft, Ministerpräsidentin von Nordrhein-Westfa len, hat erklärt, sie finde die Pläne von Herrn Schäuble gut. Ich verweise auch auf die Haltung Ihrer Bundestagsfraktion, Kollege Schmiedel. Hierzu darf ich mit Erlaubnis des Präsi denten eine Aussage von Fraktionsvize Poß, zuständig für Fi nanz- und Steuerpolitik, im SPIEGEL zitieren:
„Die SPD muss aufpassen, dass sie bei dem Thema nicht eine große Chance verpasst“, sagt Fraktionsvize Joachim Poß. Mit der Erbschaftsteuer könnten Ungleichheiten in der Gesellschaft am wirksamsten bekämpft werden.
Ziel einer verfassungskonformen Neuregelung muss es sein, dass die Erbschaftsteuer wieder einen deutlich hö heren Ertrag erbringt.
Noch diffuser wird dann das Bild innerhalb der Landesregie rung. Zunächst einmal ist ja der Eindruck entstanden, der Fi nanzminister spreche für die Landesregierung, das Ganze sei
mit dem Ministerpräsidenten so abgestimmt. Das berühmte Umfeld – das hört man ja bei solchen Diskussionen dann im mer wieder – des Finanzministers lässt verbreiten, das sei auch so gewesen; der Ministerpräsident habe diese Pläne abgeseg net. Dann allerdings haben sich die grünen Fundamentalisten aus Berlin gemeldet und haben offensichtlich erklärt: „Diese Pläne können wir so nicht mittragen;
das gefährdet den Klassenkampf, wenn wir solche Pläne ab segnen.“ Dann erklärt der Regierungssprecher in der „taz“ am 13. März 2015, über eine 100-Millionen-€-Freigrenze gebe es in der Landesregierung keine Verständigung. Also wieder zu rückrudern.
Jetzt hat wahrscheinlich der baden-württembergische Mittel stand, jetzt haben wahrscheinlich auch die Wählerinnen und Wähler in Baden-Württemberg das berechtigte Ansinnen, von Ihnen, Herr Ministerpräsident Kretschmann, zu erfahren, wie denn jetzt Ihre Position ist. Irgendwo dazwischen, nicht? Auf der einen Seite geben Sie ja neuerdings den Wirtschaftsver steher. Deshalb wäre es schon sinnvoll, zu sagen: „Jawohl, ich unterstütze meinen Finanzminister bei einer mittelstands freundlichen Lösung.“ Auf der anderen Seite wollen Sie aber auch den Fundamentalisten Ihrer grünen Partei in Berlin nicht in den Rücken fallen. Deshalb eiern Sie zwischen diesen bei den Positionen hin und her.
Bei der Regierungspressekonferenz am 24. März haben Sie dann erklärt, Sie könnten nicht in Details gehen.
Besonders schön war der Satz – ich darf ihn zitieren, Herr Prä sident –: „Ich kann kein Bild wie Picasso malen – und wenn Sie mich prügeln würden.“
Herr Ministerpräsident, es handelt sich um einen relativ ein fachen Sachverhalt. Da brauchen Sie kein Bild wie Picasso zu malen. Ich halte es auch für bedenklich, wenn der Regierungs chef eines Landes sich selbst die intellektuellen Fähigkeiten abspricht, über einen solchen Sachverhalt zu urteilen.