Protocol of the Session on March 11, 2015

(Oh-Rufe – Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Sehr gu ter Vorschlag, Herr Kollege! – Abg. Friedlinde Gurr- Hirsch CDU: Jetzt sind wir eingeschafft!)

Wir haben im November 2012 das Landesglücksspielgesetz mit großer Mehrheit hier verabschiedet. Dieses Gesetz hat ei ne klare ordnungspolitische Zielrichtung. Einerseits soll das Gesetz dem Bedürfnis nach Glücksspiel nachkommen und es in legale Bahnen lenken, andererseits soll es Spielsucht ein dämmen.

Wir haben damals diesem Gesetz zugestimmt. Allerdings ha ben wir schon 2012 auf die rechtlichen Mängel hingewiesen, insbesondere was § 51, die Übergangsregelung, betrifft. Schon damals vertraten wir die Auffassung, dass Teile dieses Para grafen nicht haltbar sind. Dem hat der Staatsgerichtshof zu gesprochen, und er hat es genauso gesehen. Das hat aber nichts mit Hellseherei zu tun, wie sie von den Regierungsfrak tionen in der ersten Lesung dem Kollegen Hollenbach unter stellt wurde, sondern es hat etwas damit zu tun, dass wir un ser gesundes Rechtsempfinden eingeschaltet haben –

(Zurufe der Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE und Florian Wahl SPD)

im Gegensatz zu den handwerklichen Fehlern, die die Regie rung gemacht hat.

Der Staatsgerichtshof hat zu Recht bemängelt, dass der Be treiber einer Spielhalle erst im Jahr 2017 erfährt, ob sein Be trieb Bestand hat. Der Hof hat darauf hingewiesen, dass dies für die Disposition der Spielhallenbetreiber zu spät ist. Diese Gesetzesänderung, die jetzt ansteht, ermöglicht es, dass jeder Spielhallenbetreiber rechtzeitig weiß, ob und gegebenenfalls wann er seinen Betrieb schließen muss.

Lassen Sie mich jedoch insgesamt noch einmal auf das Urteil des Staatsgerichtshofs eingehen. Der Staatsgerichtshof hat über eine ganze Reihe von Beschwerdepunkten entschieden. Es ging um das Verbot der Mehrfachkonzession, das Mindest abstandsgebot, das Abstandsgebot zu Kinder- und Jugendein richtungen und die Pflicht zur Erstellung eines Sozialkonzepts. Diese Punkte hat er zurückgewiesen. Er hat sie allerdings nicht inhaltlich entschieden. Ich gehe davon aus, dass noch manche Frage in diesem Gesamtkomplex rechtlich entschie den wird, und zwar im Hinblick auf den Verwaltungsvollzug.

Hinsichtlich des Stichtags für den Beginn der Übergangszeit von ein bis fünf Jahren verpflichtet der Staatsgerichtshof die Landesregierung, sich mit den anderen Bundesländern zu ei nigen, dass dieser Stichtag verändert wird, und zwar bis En de 2015.

Die im Glücksspielstaatsvertrag geregelte Dauer der Über gangszeit ist zwar verfassungsgemäß, der im Vertrag gewähl te Stichtag verstößt aber gegen die Eigentumsgarantie und ge gen den Grundsatz des Vertrauensschutzes. Wir werden bis Ende 2015 noch weitere Änderungen vornehmen müssen.

Insgesamt stimmt die CDU-Fraktion der vorliegenden Ände rung des Landesglücksspielgesetzes zu. Wir gehen allerdings davon aus, dass wir uns weiterhin mit diesem Gesetz befas sen müssen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Für die Fraktion GRÜ NE erteile ich Herrn Abg. Frey das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Mit dem Landesglücksspielgesetz konnten wir im Jahr 2012 einen Meilenstein in Sachen Prävention im Glücks spielbereich setzen. Dank der grundsätzlichen Abstandsrege lung von 500 m sorgen wir mit Erfolg dafür, dass Spielhallen ausreichend weit von Kinder- und Jugendeinrichtungen ent fernt sind. Das Gesetz schützt nicht nur Kinder und Jugendli che, sondern auch Spieler, die in vielen Kommunen und Ge meinden des Landes allzu leicht in Glücksspieleinrichtungen hängen bleiben, weil die Dichte dieser Einrichtungen dort zu groß wurde.

Dabei wissen wir, dass gerade von Spielautomaten ein erhöh tes Suchtpotenzial ausgeht, wenn sie leicht und häufig verfüg bar sind. Die von uns eingebrachte Abstandsregelung, Herr Kößler, trägt also mit dem obligatorischen Sozialkonzept maß geblich zur Prävention bei.

Ich glaube, ich habe Sie vorhin nicht ganz richtig verstanden. Sie haben gesagt, das Gericht habe die Klagen hinsichtlich Mehrfachkonzession und Mindestabstand für die Spielhallen zwar zurückgewiesen, aber nicht inhaltlich geprüft. Das fin de ich schon ein bisschen abenteuerlich.

(Zuruf des Abg. Joachim Kößler CDU)

Der Staatsgerichtshof hat ganz eindeutig gesagt, diese Rege lungen im Glücksspieländerungsstaatsvertrag seien verfas sungsgemäß, und hat lediglich zwei Punkte beanstandet. Ei nen davon behandeln wir heute. An diese Frist – das haben Sie erläutert – gehen wir jetzt heran. Die Vorverlegung vom 28. Februar 2017 auf den 29. Februar 2016 wird heute vorge nommen. Einen Nutzen haben davon einerseits die unteren Verwaltungsbehörden und andererseits die Betreiber von Spielhallen, weil sie früher Bescheid wissen. Das Entschei dende ist aber – –

(Glocke des Präsidenten)

Kollege Frey, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abg. Kößler?

Ja, bitte.

Obwohl ja alle zustim men wollen. – Ich sage es nur; aber bitte.

Ja, wenn Sie wollen, bitte.

Ich habe eine kurze Frage und eine kurze Anmerkung. – Dass der Staatsgerichtshof Be schwerden zurückgewiesen hat, heißt doch nicht, dass wir im Verwaltungsvollzug keine Schwierigkeiten bekommen wer den, wenn die entsprechenden Betreiber klagen. Das war der Hintergrund meiner Ausführungen. Jetzt ist die Frage: Sehen Sie hier keine Probleme für die Zukunft? Sehen Sie nicht auch, dass es vor den Verwaltungsgerichten noch gewaltige Probleme geben kann?

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Das ist doch klar! Natürlich!)

Natürlich. Das ist halt der Unter schied zu Schiedsgerichten, dass man hier eine öffentliche Klagemöglichkeit hat. Das ist im Rahmen der Demokratie möglich, und dieser Situation sehen wir mit Gelassenheit ent gegen. Diese Situation hätten wir bei Schiedsgerichtsklagen, wie sie beispielsweise in den Verhandlungen zu TTIP disku tiert werden, nicht.

Das Entscheidende ist aber, dass unser Landesglücksspielge setz nicht nur hier in Baden-Württemberg, sondern auch bun desweit für Maßstäbe gesorgt hat. Eine Sorge möchte ich Ih nen hier auch mitteilen, nämlich dass wir auf Bundesebene in dieser Hinsicht in eine Sackgasse laufen bzw. dass unser gu tes Gesetz unterlaufen wird. Denn dort hatte man im Jahr 2006 die Spielverordnung, die Regelungen zu Automaten in Gast stätten enthält, so novelliert, dass zwischen 2006 und 2010 insgesamt 12 240 Glücksspielkonzessionen erteilt wurden. Das ist ein Anstieg von 20,1 % innerhalb von vier Jahren. Doch nicht nur die Zahl der Konzessionen, sondern in der Konsequenz auch das pathologische Glücksspiel stiegen so stark an, dass sich die Anzahl der Selbsthilfegruppen für Spiel süchtige auf 206 fast verdoppelt hat.

Nachdem man sich im Bundesrat im Mai 2013 in dieser Sa che mehrheitlich für eine Verschärfung ausgesprochen hatte, wurde im Bundesgesetzblatt die Verordnung vom 4. Novem ber 2014 zur Änderung der Spielverordnung veröffentlicht. Darin ist nicht mehr von der ursprünglich vorgesehenen Re duzierung auf einen Spielautomaten pro Gaststätte, sondern von zwei Spielautomaten pro Gaststätte die Rede. Das heißt, wenn es so kommt, wie es auf Bundesebene geplant ist, müs sen wir befürchten, dass in Zukunft eine Verlagerung in Gast stätten stattfindet. Dem müssen wir entgegenwirken.

Selbst der Deutsche Städtetag hat sich im Mai 2013 für ein Verbot von Spielautomaten in Gaststätten eingesetzt. Hinter diese Forderung sollten wir uns eigentlich stellen.

Wir stimmen der Gesetzesänderung natürlich zu und wün schen uns, dass die Sperrdateiregelung noch in diesem Jahr fristgerecht der Legislative vorgelegt wird.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Für die SPD-Fraktion erteile ich Herrn Abg. Wahl das Wort.

Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Worüber haben wir heute zu entscheiden? Es geht letztendlich nur um eine Datumsänderung, allerdings bei einem Gesetz, bei dem wichtig war, dass wir es beschlossen haben, bei einem Gesetz, das wichtig war für die Kommunen, die wir von zu vielen Spielstätten an einem Ort befreien, und das wichtig war für den Jugendschutz und die Suchtpräventi on.

Ich denke, da darf man jetzt nicht schwarzmalen, sondern man muss auch einmal berücksichtigen, dass uns der Staatsge richtshof hinsichtlich des Mindestabstands, des Abstands zu Kinder- und Jugendeinrichtungen sowie des Verbots der Mehr fachkonzession recht gegeben hat.

Lediglich bei Einzelregelungen gibt es Änderungsbedarf; in dieser Hinsicht ist den Beschwerdeführern recht gegeben wor den. Diesem Änderungsbedarf kommen wir nach. Im vorlie genden Änderungsgesetz wird nun die Antragsfrist des Er laubnisantrags vom 28. Februar 2017 auf den 29. Februar 2016 vorverlegt. Damit schaffen wir zu einem deutlich frühe ren Zeitpunkt Klarheit. Ich denke, das ist für alle Beteiligten gut. Wir haben dieses Gesetz schon ausführlich debattiert, und es ist schön, dass es so viel Zustimmung erhält.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grünen)

Für die Fraktion der FDP/DVP erteile ich Herrn Abg. Professor Dr. Goll das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolle ginnen und Kollegen! Ich glaube, es ist noch aus der damali gen Debatte bekannt, dass wir schon das zugrunde liegende Gesetz für ein schlechtes Gesetz halten. Ich will nicht noch einmal die ganze Diskussion aufmachen. Deswegen nenne ich nur noch einmal die zwei großen Überschriften, die uns dazu bewogen haben, schon dieses Gesetz, das jetzt nachgebessert wird, abzulehnen.

Erstes Stichwort: Wir halten die Strangulierung des gewerb lichen privaten Glücksspiels, nur um mit dem staatlichen Mo nopol weiter ungestört Geld verdienen zu können, für nicht richtig. Das ist für uns doppelbödig und wirtschaftsfeindlich.

Zweiter Punkt: Wir teilen keinesfalls den Optimismus, dass durch dieses Gesetz etwas besser wird, was die Spielsucht an belangt. Es ist in der heutigen Zeit vielmehr für jeden offen kundig, was geschehen wird, nämlich eine Verlagerung des Spiels aus einem sichtbaren Bereich in einen schlechter sicht baren Bereich, sprich von den jetzt vorhandenen Spielstätten in das Internet, wo es dreimal schwerer zu kontrollieren ist, weil es vornehmlich vom Ausland aus veranstaltet wird. Wo da der Vorteil in Sachen Prävention liegen soll, muss mir erst einmal jemand erzählen; denn jeder, der sich mit Medienpä dagogik auseinandersetzt, weiß, dass gerade dieser Bereich, in den wir das Spiel jetzt hineindrängen werden, natürlich am schwersten zu packen ist. Dieses Gesetz ist unserer Meinung nach also ein schlechtes Gesetz.

Dieses schlechte Gesetz muss nun repariert werden. Es hat übrigens – das sage ich deshalb, weil dazu unterschiedliche Angaben gemacht wurden – laut Staatsgerichtshof drei Feh ler. Kürzlich hatten wir ja eine Debatte zu einem anderen Ge setz, in der festgehalten wurde, dass ein von der früheren Re gierung gemachtes Gesetz einen Fehler hatte. Wir stellen al so fest: Die Fehlerzahl hat sich jetzt auf drei erhöht. Das ist eine Erhöhung um 200 %, was die Fehlerhaftigkeit von Ge setzen angeht. Einer dieser Fehler – wohlgemerkt, nur einer – wird jetzt halbherzig und zögerlich repariert.

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Nichts Halbherzi ges, Herr Kollege! Das ist ein ordentliches Gesetz!)

Bei der Reparatur des Fehlers wird wiederum die schlechtes te Variante für die gewerblichen Anbieter gewählt. Sie führen ja selbst auf dem Deckblatt Ihres Gesetzentwurfs aus, es hät te auch eine Alternative gegeben, die für die privaten Veran stalter freundlicher gewesen wäre. Die wollen Sie aber nicht wählen. Sie werden sich nicht wundern, dass die liberale Frak tion den Verbesserungsversuch vor diesem Hintergrund ab lehnen wird.

Danke schön.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Für die Landesregie rung erteile ich Herrn Staatssekretär Hofelich das Wort.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren! Am 5. Februar haben wir Ihnen den Entwurf zur Änderung des Landesglücksspielgesetzes vorgelegt. Der Staatsgerichthof hatte uns aufgegeben, die Antragsfrist nach § 51 Absatz 4 Satz 3 des Landesglücksspielgesetzes bis zum 31. März 2015 neu zu regeln. Es mag sich um eine marginale Änderung han deln, aber es ist eine wichtige Änderung. Es geht um die Frist, innerhalb der Spielhallenbetreiber mit Bestandsschutz bis zum 30. Juni 2017 einen Antrag auf Erteilung einer Erlaubnis nach neuem Recht stellen müssen. Diese Frist soll nun um ein Jahr vorverlegt werden, vom 28. Februar 2017 auf den 29. Febru ar 2016. Davon war heute die Rede.

Nach der Beratung im Ausschuss für Finanzen und Wirtschaft am 26. Februar zeichnet sich erfreulicherweise eine breite Zu stimmung zu der Änderung ab.

Ich muss schon sagen, Herr Professor Goll: Schlechte Geset ze werden wir vielleicht wirklich beraten können, wenn es um die Bewährungshilfe und anderes geht. Aber bei den Begriff lichkeiten sollte man ein bisschen aufpassen. In diesem Zu sammenhang von wirtschaftsfeindlich zu sprechen halte ich – auch aus wirtschaftsethischer Sicht – für reichlich überzo gen.