Protocol of the Session on March 11, 2015

(Unruhe)

Wenn Sie wie so oft sagen, dass die anderen Schuld seien und nicht die Regierung, dann möchte ich das nochmals klarstel len.

(Glocke des Präsidenten)

Herr Kollege Traub, ge statten Sie eine Zwischenfrage?

Ja, lieber Herr Präsident, meine Re dezeit ist um.

Nein, ich habe Sie ge fragt, ob Sie eine Zwischenfrage zulassen.

Nein, weil unser Antrag schon von 2012 ist; der Herr Minister hat es vorhin bestätigt. – Ich blei be dabei: Ihre regionale Schulentwicklung ist ein Schulschlie ßungsprogramm.

Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

Wir kommen zur geschäftsordnungsmäßigen Behandlung des Antrags Drucksache 15/2190 (Geänderte Fassung).

Abschnitt I des Antrags ist ein Berichtsteil und kann für erle digt erklärt werden.

Die Fraktion der CDU hat signalisiert, auf die Abstimmung über die Abschnitte II und III des Antrags zu verzichten. Da mit können Abschnitt II und Abschnitt III auch für erledigt er klärt werden.

(Vereinzelt Beifall)

Tagesordnungspunkt 8 ist erledigt.

Ich rufe Punkt 9 der Tagesordnung auf:

Große Anfrage der Fraktion der CDU und Antwort der Landesregierung – Aktuelle Bildungsforschung belegt: Guter Unterricht braucht gute Lehrer – und keine bloßen Lernbegleiter – Drucksache 15/3500

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Präsidium hat eine Re dezeit von fünf Minuten je Fraktion und für das Schlusswort der die Große Anfrage stellenden Fraktion eine zusätzliche Redezeit von fünf Minuten festgelegt.

Für die CDU-Fraktion erteile ich das Wort Herrn Abg. Wa cker.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Jetzt kommt Laichin gen II!)

Sehr geehrter Herr Präsident, lie be Kolleginnen und Kollegen! Zweifelsohne haben wir viel fach leidenschaftlich hier im Hohen Haus über Schulstruktu ren diskutiert. Ich möchte mich heute mit meiner Rede auf den Kern des Geschehens konzentrieren, nämlich den Unterricht an sich.

Im Unterricht findet Qualitätsentwicklung statt. Wenn ein gu ter Unterricht gelingt, dann wird letztlich auch der Bildungs erfolg eines Kindes vorgezeichnet. Ich möchte hier Herrn Pro fessor Trautwein von der Universität Tübingen zitieren, der hierzu festgestellt hat, dass man die Bedeutung der Schul struktur nicht überschätzen sollte.

Vielmehr muss man massive Anstrengungen unternehmen, um leistungsschwächere Schüler besser zu fördern. Dazu braucht es gute, frühe Diagnostik von Defiziten schon im Kindergarten, aber auch andauernd danach. Zudem be nötigen diese Kinder gezielte Förderung innerhalb der Klasse und in zusätzlichen Fördergruppen.

Ein Zitat aus der „Südwest Presse“ vom 24. Juli 2013.

Meine Damen und Herren, jeder von uns kann auf seine Er fahrungen zurückblicken. Wir alle haben sehr gute Lehrkräf te, motivierte Lehrkräfte erlebt. Die Lehrkräfte sind in der Tat der Schlüssel dafür, ob ein guter Unterricht zum Wohle der Kinder gelingen kann.

Deswegen zitiere ich an dieser Stelle John Hattie. Wenn wir – damit beziehe ich jetzt die Kolleginnen und Kollegen Bil dungspolitiker aller Fraktionen ein – Veranstaltungen vor Ort durchführen, wird immer wieder dieser Name genannt. Er ist derjenige, der eine Metastudie zu dem angesprochenen The ma veröffentlichte. John Hattie hat in seiner Studie Folgendes bestätigt: Er stellte fest, dass insbesondere ein ausschließlich offener Unterricht sowie das jahrgangsübergreifende Lernen ganz offensichtlich keine geeignete Grundlage für einen er folgreichen Unterricht sind. Er kann in solchen Unterrichts formen auch keine Steigerung des Lernerfolgs feststellen.

Meine Damen und Herren, diese Aussage bestätigt auch das, was wir, die CDU-Fraktion, immer gesagt haben: Ein gesun der Methodenmix, eine pädagogische Vielfalt machen im Grunde einen erfolgreichen Unterricht aus. Für mich ist sein Befund bemerkenswert, da sich keinerlei empirische Belege dafür finden lassen, dass sich das Lernen der Schülerinnen und Schüler bei solchen offenen Unterrichtskonzepten in irgend einer Art und Weise verbessern würde.

John Hatties Ausführungen und Schlüsse erweisen sich durch aus als repräsentativ. In seine Untersuchungen waren u. a. die Daten von 250 Millionen Schülerinnen und Schüler einbezo gen. Er liefert damit die umfangreichste Darstellung weltwei ter Bildungsforschung.

Deswegen, meine Damen und Herren, ist es für uns eben nicht verständlich – das haben wir auch in vielen Debatten hier er lebt –, dass Sie hier einen Gegensatz aufbauen. Sie propagie ren immer wieder die offenen Unterrichtsformen, die integra tiven Unterrichtsformen, aber der Frontalunterricht ist offen sichtlich für Sie ein Feindbild. Das ist genau das, was John Hattie widerlegt hat. Ein guter Frontalunterricht kann, wenn es den Lehrkräften gelingt, die Schülerinnen und Schüler ak tiv einzubeziehen, durchaus auch ein erfolgreiches Unter richtsinstrument sein.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Jawohl!)

Damit arbeite ich mich auch zum Kern vor: Professor Bohl von der Universität Tübingen, der zunächst einmal von der GEW beauftragt wurde, ein Gutachten über die Gemeinschafts schule zu erstellen – zu einem Zeitpunkt, als es die Gemein schaftsschule noch gar nicht gab –, der aber auch vom Kul tusministerium beauftragt wurde, beginnt allmählich, auch aufgrund der Erkenntnisse von John Hattie, kritische Fragen bezüglich der Umsetzung der Gemeinschaftsschule zu stellen.

Meine Damen und Herren, um das auch deutlich zu sagen: Hattie hat eindeutig belegt, dass es nicht genügt, wenn ein Lehrer lediglich die Lernumgebung gestaltet oder als bloßer Lernbegleiter eingesetzt wird.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Viel zu wenig! – Abg. Rita Haller-Haid SPD: Wer macht das denn?)

Es reicht eben nicht aus, wenn sogenannte Lernateliers, Ein zelarbeitsplätze, zusätzliche Räume geschaffen werden,

(Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Sie haben die Ge meinschaftsschule bis heute nicht verstanden!)

sprich wenn viele Millionen Euro des Schulträgers in Beton gesteckt werden und gleichzeitig eine Schulart mit der Aus stattung von Lernbegleitern massiv bevorzugt wird.

Folgt man dem wissenschaftlichen Rat, dann sollte sich eine gute Lehrerin bzw. ein guter Lehrer komplett anders verhal ten, als Sie sich einen Lernbegleiter vorstellen. Er sollte sich als Regisseur verstehen, der zu jeder Zeit seinen Unterricht steuern kann und dabei seinen Schülern über die gesamte Un terrichtsstunde klarmachen kann, was er von ihnen verlangt und worauf es ankommt.

Leider, meine Damen und Herren, gibt es in der Gemeinschafts schule andere Regeln. Sie schreiben den Gemeinschaftsschu len eben vor, nach welchem pädagogischen Konzept sie un terrichten sollen.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Genau!)

Es ist schon einmal interessant, genau hinzuhören, wie sich jetzt auch Gemeinschaftsschulen sehen. Lieber Kollege FulstBlei, wir führen ja sehr häufig einen konstruktiven Gesprächs dialog. Aber es ist interessant, dass wir gerade aus den Star terschulen der Gemeinschaftsschulen hören, dass man sich durchaus wünscht, ab Jahrgangsstufe 7 auch nach äußeren Dif ferenzierungsangeboten zu unterrichten.

(Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Der Beleg fehlt!)

Das ist genau das, was auch Professor Bohl in einem Inter view der „Schwäbischen Zeitung“ vom 2. Februar 2015 an mahnt – da darf ich zitieren –, indem er empfiehlt, dass den Gemeinschaftsschulen genau diese Möglichkeit eingeräumt wird, in späteren Jahrgangsklassen nach äußeren Differenzie rungsformen zu unterrichten.

Meine Damen und Herren, Sie gängeln darüber hinaus sogar Ihre eigene Schulart. Lassen Sie den Schulen diese Freiheit, damit sie eine vernünftige pädagogische Entwicklung nehmen können, so, wie wir, die CDU-Fraktion, das im Hinblick auf ein differenziertes Bildungswesen auch bereits mehrfach an gemahnt haben.

(Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Sie nehmen eine sehr vernünftige pädagogische Entwicklung! Das merkt man an den Antworten der Eltern!)

Jetzt darf ich noch einmal aus dem Interview mit Professor Trautwein in der „Südwest Presse“ vom 24. Juli 2013 zitie ren:

Man hat anfangs die Gemeinschaftsschule stark an eine bestimmte Unterrichtsphilosophie gekoppelt, an die nicht alle glauben: die sehr starke Betonung des selbstverant wortlichen Lernens, bei dem Lehrer zu „Lernbegleitern“ werden. Die meisten Länder mit Gemeinschaftsschulen verzichten darauf, allen Schulen eine solche Lehrphilo sophie überzustülpen.

... eine starke Fixierung auf eine Methode hat sich bis lang noch immer als Irrweg erwiesen.

Für guten Unterricht kommt es darauf an, dass er anre gend und gut strukturiert ist, sodass sich Schüler aktiv denkend möglichst lange und intensiv mit dem Stoff be schäftigen. Ein klug gewählter Methoden-Mix hat sich da bei als förderlich erwiesen – ein enges Korsett eher nicht.

So Professor Ulrich Trautwein aus Tübingen.

Deswegen möchte ich vier Thesen in den Raum stellen.

Erstens: Die Gemeinschaftsschule mit ihren ausschließlich of fenen Unterrichtsformen lässt die Schülerinnen und Schüler in vielerlei Hinsicht in Ungewissheit und allein zurück.