Dafür gibt es viele Belege. Da wird im Grunde wörtlich die Begründung der Parkschützer gegen dieses Projekt übernom men.
Es werden die Bäume erwähnt, die gefällt werden, nicht aber die, die aufgeforstet werden. Letztere werden unterschlagen.
Angeblich – so dieser Gesetzentwurf – hätten sich in Bezug auf Stuttgart 21 die Mehrheitsverhältnisse im Land geändert. So wird ständig argumentiert. Wo haben sich denn die Mehr heitsverhältnisse zu Stuttgart 21 in diesem Parlament verän dert? Vor der Wahl gab es eine breite Mehrheit dreier Frakti onen in diesem Parlament für Stuttgart 21. Nach der Wahl gibt es noch immer eine breite Mehrheit von drei Fraktionen für dieses Projekt. Wo hat sich denn da die Mehrheit verändert? Wo, meine Damen und Herren?
Sie streuen der Bevölkerung auch an dieser Stelle wieder Sand in die Augen: Täuschen, tarnen, tricksen – das ist Ihre Regie rungsmaxime.
Es gibt auch keine außerordentlichen Gründe; diese liegen nicht vor. So hat beispielsweise niemand verlangt, den Lan desanteil von aktuell 824 Millionen €, am Ende vielleicht 931 Millionen €, aufzustocken. Diese Forderung hat niemand er hoben. Also gibt es auch keine Gründe für eine außerordent liche Kündigung.
Sie betreiben mit diesem Verfahren im Grunde die zynische Pervertierung der Behauptung, Sie seien eine Bürgerregie rung. Das ist eine abgekartete Schauveranstaltung. Das Par lament wird hier für ein Verfahren missbraucht, das Sie in Hin terzimmern festgelegt haben.
Das Abstimmungsverhalten des Parlaments wird präjudiziert. Sie gehen in die Öffentlichkeit und erklären, es werde eine Volksabstimmung geben, denn das Parlament habe zunächst einmal so und so abzustimmen. Anschließend habe dann min destens ein Drittel des Parlaments die Volksabstimmung zu beantragen.
(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Das ist nicht der Geist der Verfassung! – Abg. Claus Schmiedel SPD: So steht es in der Verfassung!)
Nein, so steht es nicht in der Verfassung. Darin steht nicht, was das Parlament zu tun hat. In der Verfassung steht besten falls, dass das Parlament es tun kann.
Aber so ist es hier nicht. Denn die Regierung verkündet: Wir haben uns auf eine Volkabstimmung geeinigt. Dann kommen Sie mit Ihrem verqueren Verfahren.
(Abg. Dr. Gisela Splett GRÜNE: Sie können dem Ge setz zustimmen! – Zuruf von den Grünen: Stimmen Sie doch zu!)
Sie versprechen eine Volksabstimmung und erwarten ein be stimmtes Verhalten des Parlaments. Das ist Ihre Kultur des Gehörtwerdens, das ist Ihr Ernstnehmen des Parlaments.
Nein, Sie täuschen, tricksen und tarnen und wollen die Bevöl kerung hinters Licht führen, meine Damen und Herren.
Das ist das, was Sie tun: ein unwürdiges Schauspiel, das das Parlament, die Demokratie und den Rechtsstaat beschädigt.
Vor diesem Hintergrund – Kollege Hauk hat es auch schon angesprochen – wäre es durchaus angemessen, dieses Verfah ren juristisch zu hinterfragen.
Wir haben uns nach langen Diskussionen genauso wie die CDU-Fraktion dagegen entschieden, vor Gericht zu ziehen, um dieses Verfahren vor Gericht anzuhalten. Denn klar ist, dass uns sonst in der Öffentlichkeit – so, wie es in Stuttgart der Fall gewesen ist – vorgeworfen würde, wir würden die Be völkerung davon abhalten, nun ein Votum abzugeben.
Sie haben sicher recht, Herr Kollege Schmiedel: Niemand weiß, wie die Bevölkerung entscheidet. Dem wollen wir auch nicht vorgreifen. Das ist überhaupt keine Frage. Ich persön lich bin der Meinung, dass die Argumente für Stuttgart 21, insbesondere aber auch die Argumente gegen dieses Gesetz so schlagkräftig sind, dass sich im Grunde keine Bevölke rungsmehrheit für so etwas finden kann.
Deshalb habe ich die Hoffnung, dass dieses Gesetz dann von der Bevölkerung beerdigt wird. Es ist wahrscheinlich besser, die Bevölkerung beerdigt es, als wenn irgendein Gericht dies tun würde.
Aber man muss der Bevölkerung auch in aller Deutlichkeit sagen, dass selbst dann, wenn es gelingt, dieses Gesetz – sei es im Parlament oder sei es durch eine Volksabstimmung – in Kraft zu setzen, dieses Gesetz am Ende ohnehin noch einmal einer juristischen Überprüfung unterzogen würde. Denn die Bahn hätte nicht nur das Recht, sondern aus wohlverstande nem Eigeninteresse und aus dem Interesse des Gemeinwohls heraus sogar die Pflicht, das, was Sie der Bevölkerung vorle gen wollen, noch einmal juristisch zu überprüfen. Insofern würde dann spätestens vor Gericht dieses Machwerk, das Sie in dieses Haus eingebracht haben, gestoppt werden.
Auch ist es ein Missbrauch des Instruments der Volksabstim mung, wenn Sie der Bevölkerung einreden wollen, sie würde eine Entscheidung treffen können, die sie in Wahrheit gar nicht treffen kann. Es geht nicht darum, die Bevölkerung ein zubinden, es geht auch nicht um mehr Demokratie, sondern es geht um einen Formelkompromiss, damit Sie Ihre Koaliti onsscheinehe aufrechterhalten können. Das ist der wahre Grund für dieses Verfahren.
Dieses Verfahren – ganz egal, wie es ausgeht – schädigt das Ansehen des Landes Baden-Württemberg. Ich hoffe sehr – das wäre das bestmögliche Signal –, dass sich die Bevölke rung in aller Deutlichkeit zu Stuttgart 21 bekennt. Denn es geht nicht nur um einen Bahnhof, es geht nicht nur um die Auseinandersetzungen hier im Parlament, es geht nicht nur um die Frage, ob eine grün-rote Landesregierung schon nach einem halben Jahr wieder auseinanderfällt,
sondern es geht auch um die Zukunftsfähigkeit des Landes Baden-Württemberg. Darum geht es und darum, dass mit die sem ganzen Verfahren deutlich wird, dass die Grünen in die sem Parlament isoliert sind als diejenigen, die die Zukunfts fähigkeit des Landes Baden-Württemberg aufs Spiel setzen.
Diese Verantwortung haben wenigstens Sie von den Sozial demokraten erkannt. Ich hoffe sehr, dass Sie den Beitrag da zu leisten, dass die Grünen mit diesem Projekt, die Zukunfts fähigkeit unseres Landes zu beenden, scheitern. Dieses Land muss eine Zukunft haben – trotz dieser Landesregierung, mei ne Damen und Herren.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Ich darf im Rahmen der Sondersitzung einige rechtliche Fragen erörtern, die in dieser Debatte bisher eine Rolle gespielt ha ben.
Zwei Bemerkungen vorweg: Herr Kollege Hauk, Sie haben davon gesprochen, die Landesregierung und die beiden Re gierungsfraktionen würden dieses Gesetz durchpeitschen. Da kenne ich ganz andere Verhältnisse.
Es waren Sie mit Ihrer Fraktion, mit Ihrem Koalitionspartner und der Vorgängerregierung, die sozusagen zwischen Mitter nacht und Morgengrauen ein Milliardenprojekt durchge peitscht haben, und das noch am Landtag vorbei.
(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: War das auch ein Ge setz? – Glocke des Präsidenten)