Kolleginnen und Kollegen, noch viel mehr verbirgt sich hin ter diesem historischen 10-Milliarden-€-Bildungshaushalt: Verdopplung der Fördermittel für die allgemeine Weiterbil dung – Volkshochschulen, kirchliche Bildungsträger und vie le mehr profitieren –, Anstieg der Privatschulfinanzierung auf 78,7 % pro Kopf nach dem Bruttokostenmodell – Sie erinnern sich: unter Ihrer Regierung wollten diese Schulen noch gegen Sie klagen –, Ausbau der Vorbereitungsklassen für Flüchtlin ge im Umfang von 25 Millionen €, Ausbau der Sprachförde rung. Dies alles zeigt: Wir sind auf einem guten Weg und bie ten konkrete politische Lösungen zu realen Problemen im Land.
Manche haben uns durchaus vorgeworfen, wir hätten zu viel auf einmal angefangen. Aber ich antworte immer: Was hätten wir denn von der CDU-Erblast liegen lassen sollen?
Etwa die Frage der Bildungsgerechtigkeit in einem Land, in dem der Bertelsmann Stiftung zufolge im Jahr 2010 die El tern mit durchschnittlich 131 € im Monat die höchsten Nach hilfekosten in ganz Deutschland hatten, in einem Land, in dem Arbeiterkinder deutlich schlechtere Chancen auf den Besuch eines Gymnasiums und auf ein Studium hatten als Kinder von Akademikern?
Herr Wacker, Sie haben uns deutschlandweit auf den Spitzen platz in puncto ungerechte Bildungschancen geführt. Das war Ihre Abschlussbilanz unter Schwarz-Gelb.
Oder hätten wir uns bei den Ganztagsschulen zurückhalten sollen, die unter Schwarz-Gelb seit 1968 zum Dauermodell versuch abgewertet waren,
was zur Folge hatte, dass Baden-Württemberg aufgrund christ demokratischer Verschlafenheit bundesweit auf dem vorletz ten Platz verharrte? Oder gar bei der Qualitätsfrage, obwohl unser Land beim IQB-Ländervergleich nach Ablauf Ihrer Re gierungszeit nur noch Mittelmaß bei den Naturwissenschaf ten war und gleichzeitig vor dem Regierungswechsel die Zahl der Krankheitsvertretungsstellen auf einem im bundesweiten Vergleich niedrigen Stand war? Oder gar bei der Frage der Fi nanzen, unserem eigentlichen Thema heute, wo Sie als schwarzgelbe Lehman Brothers der Bildungspolitik
(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Sie sind ein Ver zweiflungstäter! – Zuruf des Abg. Helmut Walter Rüeck CDU)
und z. B. die letzte Klassenteilersenkung nur bis zum 31. De zember 2012 finanziert war? Meine Kolleginnen und Kolle gen, der Regierungswechsel kam 2011 gerade noch rechtzei tig.
Kollege Wacker, dass Sie nicht rechnen können, haben Sie heute mit Ihrem Mythos „Sachkostenbeiträge für Schulen“ noch einmal unterstrichen.
Was sich nämlich gerade an dieser Stelle dahinter verbirgt, ist das Phänomen der Fixkostendegression. Ich kann es Ihnen nachher gern noch bilateral erläutern. Es bedeutet: Kleinere Einheiten haben vergleichsweise größere Fixkosten. Die Kos ten für den Hausmeister an einer kleineren Schule schlagen bei den Kosten pro Schüler deutlich stärker durch, als wenn die Kosten des Hausmeisters auf eine deutlich größere Anzahl von Schülerinnen und Schülern umzulegen sind. Das ist das Phänomen der Fixkostendegression. Das ist auch die Begrün dung dafür, warum die in der Regel noch kleineren Gemein schaftsschulen höhere Sachkostenbeiträge erhalten. Wir wis sen aber jetzt bereits – –
Die Kerschensteiner-Gemeinschaftsschule im Mannheimer Norden hatte im letzten Jahr ihrer Zeit als Werkrealschule 33 Schüler in der fünften Klasse, im ersten Jahr als Gemein schaftsschule waren es 67 Schüler, mittlerweile sind es über 90 Schüler. Es ist logisch – auch wenn Sie es nicht verstehen wollen –, dass sich die Sachkostenbeiträge in der Relation über die Zeit reduzieren werden.
(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Wie sie verteilt werden, ist ungerecht!)
Kolleginnen und Kollegen, langweilig wird es uns aber auch in den kommenden Jahren sicherlich nicht, gilt es doch, sämt liche Reformen in der Praxis nachhaltig zu verankern und die Rückmeldungen einzuarbeiten. Wer nach diesem notwendi gen systemrelevanten Update für die Zukunft unserer Bil dungslandschaft nach 2016 alles wieder umkrempeln will, zeigt, dass er weiter im Gestern verharrt und den Weg zur Macht ausschließlich über die Verunsicherung von Lehrkräf ten und Familien sucht. Die CDU lehnt bereits das Gesprächs angebot über einen Schulfrieden ab.
Damit zeigt sich aber, dass die CDU vor einer Befriedung der Bildungspolitik Angst hat und somit willentlich die Interes sen von Wirtschaft, Eltern und Kommunen ignoriert. Sie stel len Parteiegoismus über die Interessen der Menschen in un serem Land.
Ich bin deshalb sehr zuversichtlich, dass Grün-Rot seine Zu kunftspolitik auch nach 2016 weiterverfolgen und die ge wünschte Sicherheit und Stabilität vermitteln wird.
Wir stehen für Vorfahrt für Bildung und unterstützen daher den vorliegenden Kultusetat. 10 Milliarden € für Bildung – darauf sind wir stolz.
Herr Präsident, liebe Kol leginnen und Kollegen! Frau Boser, was Grüne vom Hand werk tatsächlich halten, das hat uns Ihr Bundesvorsitzender Cem Özdemir vor Kurzem im „Deutschlandfunk“ gesagt. Er sagte:
... hätten meine Eltern versucht, mit mir radebrechend Deutsch zu reden, wäre das Ergebnis gewesen, dass ich ganz sicher nicht Parteivorsitzender... geworden wäre oder Bundestagsabgeordneter, sondern dann wäre ich ir gendwie Kfz-Mechaniker oder sonst was geworden.
Das halten Grüne vom Handwerk. Ich finde das reichlich ab fällig. Für uns fängt das Menschsein nicht erst mit dem Abi tur an, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Erinnern Sie sich eigentlich noch an die Zahl 11 600? Mit die ser Zahl wollte seinerzeit der Ministerpräsident einen Rekord beim Lehrerstellensparen aufstellen. Nun hätte man bei einem Ministerpräsidenten eigentlich vermuten können, dass diese Zahl auf einer fundierten Bedarfserhebung beruht. Aber die se Mühe hat sich unser Ministerpräsident nicht gemacht. Er nahm einfach die Lehrerstellen, die die CDU-FDP/DVP-Vor gängerregierung im Haushalt mit k.w.-Vermerken versehen hatte, nämlich 8 055, addierte die 3 500 für die Klassenteiler senkung verwendeten Stellen und rundete auf. Fertig war die magische Zahl 11 600,
Nun ist gegen Sparbemühungen grundsätzlich nichts einzu wenden, und wenn Schülerzahlen sinken, werden im Umkehr schluss möglicherweise nicht mehr so viele Lehrerstellen be nötigt wie zuvor.
Aber zugleich hatte sich so etwas wie ein politischer Konsens herausgebildet, dass die frei werdenden Lehrerstellen eine Chance darstellen – eine Chance, längst fällige Qualitätsver besserungen im Bildungswesen vorzunehmen: beispielswei se die Verbesserung der allgemeinen Unterrichtsversorgung, der weitere Ganztagsausbau oder die Einrichtung von Inklu sionsangeboten. All dies war aber in der einfachen kretsch mannschen Additionsrechnung nicht enthalten.
Es war schon bemerkenswert, wie hartnäckig die grün-rote Regierung die Mahnungen der FDP/DVP-Fraktion ignorier te.