Protocol of the Session on December 12, 2014

Richtig abenteuerlich wird es dann beim Griff nach den EnBW-Aktien. Ein Verkauf ginge zurzeit nur unter dem Markt wert. In der Summe hätten wir also Milliardenverluste statt Mil liardeneinnahmen. Das ist der Finanzierungsvorschlag der FDP, die uns immer lautstark kritisiert. Sie spucken in Haushaltsde batten gern große Töne. Das, was die FDP diesmal hinlegt, ist eine finanzpolitische Geisterfahrt, Herr Rülke.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Abg. Sascha Binder SPD: Ja! Das ist richtig!)

Beim staatlichen Hochbau hat die Koalition im Finanz- und Wirtschaftsausschuss große Anstrengungen unternommen, große Änderungen gemacht. Zusammen mit einer Reihe von Investitionen in einigen Fachressorts entstand ein großes Sa nierungs- und Investitionspaket. Damit stemmt die Landesre gierung den größten Bauhaushalt in der Landesgeschichte. Damit werden Schulden abgebaut. Denn ein Abbau des Sa nierungsstaus ist ein Abbau der impliziten Verschuldung. Da mit wird wirtschaftlich sinnvoll gehandelt, denn ein Sanie rungsstau ist teurer als die Zinsen am Kreditmarkt.

Meine Damen und Herren, unser Haushalt ist nicht „auf Kan te“ genäht. Ein Doppelhaushalt ist schwer zu kalkulieren. Vie le Risiken liegen in der Zukunft verborgen: die Tariferhöhun gen, die Entwicklung bei den Flüchtlingszahlen, Gerichtsent scheidungen – um nur einiges zu nennen. Jedes Unternehmen müsste für diese Dinge Rückstellungen bilden. Wir machen das auch. Wir bilden eine Rücklage. Und das alles ergibt ei nen soliden und robusten Haushalt. Das politische Credo „In vestieren, Sanieren und Konsolidieren“ wird beispielhaft um gesetzt.

Ich komme noch zur mittelfristigen Finanzplanung; sie schreibt den Doppelhaushalt bis 2018 fort. Ich verkenne nicht, dass bei der mittelfristigen Finanzplanung noch Handlungsbedarf ge geben ist. Wir müssen die Konsolidierung weiterführen. Ich glaube, es ist einfach ehrlich, zu sagen: Für 2017 und 2018 gibt es noch Kreditermächtigungen, wenn wir nicht weiter sparen können. Das zeugt von Ehrlichkeit. Aber bei einem ehr geizigen Finanzminister – das hat er ja schon öfter erklärt –

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Behauptet!)

bin ich mir sicher, dass er das in den Griff bekommt.

Der Finanzplan 2020 zeigt – nach einer Nettonull im Jahr 2019 – schon auf, dass es möglich ist, Schulden zu tilgen. Wir tilgen dann ab 2020 die alten Schuldenberge.

Die SPD-Fraktion stimmt diesen Einzelplänen 06 und 12 zu.

Bevor ich nun zum Schluss komme, möchte ich nicht versäu men, mich bei den zahlreichen Beamtinnen und Beamten in den Ministerien zu bedanken, die mit viel Akribie und Fleiß zum Gelingen der Haushaltsberatungen beigetragen haben. Ihre Vorarbeit für die politischen Entscheidungen war sehr gut und von hoher fachlicher Qualität. Und ganz wichtig: Sie ha ben es dem Finanzminister ermöglicht, dass er diesen Dop pelhaushalt, wie man es von der grün-roten Landesregierung gewohnt ist, noch rechtzeitig im alten Jahr vorlegen kann.

Mein Dank gilt auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Landtagsverwaltung für die hervorragende Arbeit wäh rend der Beratungen im Ausschuss, aber auch hier im Plenum.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Für die FDP/DVP-Frak tion erteile ich Herrn Abg. Dr. Rülke das Wort.

Herr Präsident, lie be Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Maier – wo ist er denn? da hinten hat er sich versteckt –, wenn Sie sagen, die Landesstiftung heranzuziehen, um Dinge im Land BadenWürttemberg zu finanzieren, sei eine finanzpolitische Geis terfahrt,

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Da hat er recht!)

dann darf ich Sie einmal fragen, warum Ihre eigene Fraktion, die SPD, das früher ständig beantragt hat.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU)

Herr Kollege Schmiedel, Amnesie oder schon Demenz? Das haben Sie doch früher ständig selbst beantragt.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Das ist der übliche Op positionstrick!)

Ach so, das haben Sie nur in der Opposition für richtig ge halten, nicht in der Regierungsverantwortung.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Das macht doch jeder in der Opposition!)

Na ja, gut. Aber wir halten immerhin fest: Der Kollege Schmiedel gesteht zu, dass die SPD-Fraktion zu Oppositions zeiten auf einem Geisterfahrtkurs gewesen ist.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Nein!)

Das können wir für das Protokoll festhalten, meine Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Apropos finanzpolitische Geisterfahrt, Herr Kollege Maier: Sie haben ja von Konsolidierungserfolgen dieser Landesre gierung gesprochen. Jetzt schauen wir uns einmal diese „Kon solidierungserfolge“ an. Ausweislich einer Landtagsanfrage ist die Rede von 1,532 Milliarden €, davon 442 Millionen € für allgemeine Einsparungen beim Personal – von der Strei chung vermögenswirksamer Leistungen über diverse Einspar maßnahmen bei der Beihilfe bis zur Absenkung der Besol dung in den Eingangsämtern ab A 9. Also: Den öffentlichen Dienst – das kann man sagen; das ist auf Dauer angelegt – ha ben Sie mit 442 Millionen € zur Ader gelassen. Das ist etwa ein Drittel dessen, was Sie sich als angebliche Konsolidie rungserfolge gutschreiben.

Davor könnte man ja Respekt haben, wenn jetzt als Nächstes Einsparmaßnahmen bei den Sachausgaben des Landes folgen würden, auch in der Größenordnung von 400 bis 500 Millio nen €. Aber weit gefehlt. Der nächstgrößere Posten ist mit dau erhaft 300 Millionen € der Vorwegabzug im kommunalen Fi nanzausgleich. Dies kann man für falsch oder richtig halten – eine eigenständige Einsparmaßnahme ist es jedenfalls nicht.

Der drittgrößte Posten, 272 Millionen €, ist für einen für struk turell erklärten Teil der Steuermehreinnahmen im Land im Umfang spekulativ, jedenfalls keinesfalls auf das eigenstän dige Handeln des Landes zurückzuführen. Damit liegt dieser Posten in der gleichen Kategorie wie der viertgrößte Posten, nämlich Zinsminderausgaben im kalkulierten Umfang von 185 Millionen €.

Bei sämtlichen Einsparposten – bis auf den ersten –, die hö her liegen als 100 Millionen €, handelt es sich um Leistungen, die überhaupt nichts mit der Landesregierung zu tun haben.

Die dreistelligen Größenordnungen können wir jetzt hinter uns lassen. Aber auch danach folgen erst einmal Einnahme positionen: 68 Millionen € aus Vermietung und Verpachtung, 66 Millionen € Mehreinnahmen aus Ausschüttungen der LBBW, 54 Millionen € aus einer sogenannten Limitabsenkung im Zusammenhang mit dem Haushalt 2013/2014, quasi einer verewigten globalen Minderausgabe. Dann kommt die erste konkrete Maßnahme, nämlich 42 Millionen € aus der Abschaf fung des Landeserziehungsgelds.

Auch die Konsolidierungsmaßnahmen bei der Planaufstellung der Haushaltsjahre 2015/2016 sind von eher zweifelhaftem Wert. Denn im Jahr 2015 entfallen 292 Millionen € von 393 Millionen € im Gesamthaushalt auf den Einzelplan 12, also auf die Allgemeine Finanzverwaltung, und nicht auf Ressort einsparungen. 2016 sollen es dann 415 Millionen € von 568 Millionen € sein.

In einer wirklich ehrlichen Bilanz zur Haushaltskonsolidie rung wäre dann, statt immer wahrheitswidrig zu behaupten,

die Vorgängerregierung hätte einen ruinierten Haushalt hin terlassen, einmal ehrlich zu bilanzieren, was Sie denn auf den Haushalt draufgelegt haben: Jahr für Jahr kontinuierlich mehr. Diese Landesregierung hat, statt eine Fortsetzung des Kurses der Haushaltskonsolidierung mit inhaltlich neuen Akzenten zu kombinieren, den Konsolidierungspfad – allen gegenteili gen verbalen Bekundungen zum Trotz – ganz grundsätzlich verlassen. Sie haben die Haushalte von Anfang an expansiv ausgestaltet: 2011 plus 5,2 %, 2012 plus 5,7 %, 2013 plus 4,8 %. Damit wurden natürlich auch Fakten geschaffen, die nicht so schnell rückgängig zu machen sind – ganz abgesehen davon, dass Zeit verschenkt worden ist, die bei Rekordsteu ereinnahmen für eine konsequente und ehrliche, wirkliche Konsolidierung des Haushalts hätte genutzt werden können. Aber genau das haben Sie eben nicht getan, meine Damen und Herren.

Eine kurze Übersicht von Projekten, bei denen Grün-Rot mit Wirkung auf den Haushalt neue Akzente gesetzt hat, zeigt zu gleich auch deren Fragwürdigkeit: Verzicht auf 170 Millionen € an Studiengebühren, 160 Millionen € in der Endstufe des Pro jekts „Freiwilliges Lebensarbeitszeitkonto“, das 1 480-StellenEinsparprogramm, neue Personalstellen in großem Umfang in den Ministerien, insbesondere in den neu geschaffenen Mi nisterien für Verkehr und Infrastruktur sowie für Integration. Das Prestigeprojekt Gemeinschaftsschule wird gegenüber an deren Schulen chronisch bevorzugt – das haben wir heute Morgen in der Debatte herausgearbeitet –, es gibt unsinnige und teure Doppelstrukturen im Bereich von G 8 und G 9 so wie eine unsinnige und regional unausgewogene Polizeire form – da werden Millionen und Abermillionen Euro zum Fenster hinausgeschmissen.

Unter dem Signum einer neuen Beteiligungskultur wird viel Geld ausgegeben; der Filderdialog ist nur ein Beispiel. Geeig nete Beteiligungsstrukturen und eine vernünftige Umsetzung der Ergebnisse von Beteiligungsprozessen bleiben aber Man gelware. Schließlich die Schaffung eines Nationalparks – auch ein teures Unterfangen –, gegen den Willen der Betroffenen, also wahrlich auch kein eindrucksvolles Beispiel für Regie rungskunst.

(Zuruf des Abg. Thomas Marwein GRÜNE)

Schon diese kurze Aufstellung zeigt deutlich: Die angebliche Erblast, von der Vertreter der grün-roten Koalition fortwäh rend sprechen, wenn von Haushaltskonsolidierungen die Re de ist, war immer schon die Erblast Ihrer eigenen Beschlüsse und Maßnahmen aus den letzten drei Jahren.

(Beifall bei der FDP/DVP und des Abg. Karl-Wil helm Röhm CDU)

Diese Politik, die ohne ein klares Ziel und ohne ein klares Konzept daherkommt, entspricht einer Finanzplanung, die nicht weiß, wohin sie will: 768 Millionen € Nettokreditauf nahme im Jahr 2015 – damit Sie dann 2016 einen Volksbeglü ckungswahlkampf machen können. Die Nettonull im Jahr 2016 als einmaliges Ereignis zwischen den Schulden 2015 und 2017 – damit man sich im Wahlkampf auf die Schulter klopfen und erklären kann: In diesem Jahr machen wir aber keine neuen Schulden.

490 Millionen € und 250 Millionen € neue Schulden in den Jahren 2017 und 2018. War da nicht einmal ein Ministerprä

sident, der erklärt hat, er mache den ausgeglichenen Haushalt 2016 nur dann mit, wenn – ich habe es gestern oder vorges tern mehrfach zitiert – es nicht nur 2016, sondern ab 2016 möglich ist? So viel zur Ehrlichkeit dieser Landesregierung.

Dann gibt es 2019 wieder eine Null und 2020 – das ist der Hö hepunkt der Veranstaltung – die Ankündigung einer Nettotil gung von 300 Millionen €, die aber als Voraussetzung mit sich bringt, dass die 400 Millionen € an Steuermehreinnahmen auf grund einer Steuererhöhung, die der Finanzminister vor der Bundestagswahl da hineingeschrieben hat und deren Vollzug keine Bundesregierung je angekündigt hat, schon eingerech net sind. Wenn Sie ehrlich wären und diese Summe wieder herausstreichen würden, dann können Sie im Jahr 2020 nicht 300 Millionen € tilgen, sondern müssen 100 Millionen € neue Schulden aufnehmen, meine Damen und Herren. So ist die Realität.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Das, was mit dem Finanzplan 2020 einmal beabsichtigt war, nämlich Pfade der Berechenbarkeit zu legen und zugleich ein Mehr an Transparenz zu schaffen, wird deutlich verfehlt. Je de Zahl, die im Finanzplan 2020 am Ende steht, dokumentiert die Beliebigkeit und Ziellosigkeit dieser Planung.

Beliebigkeit und Intransparenz zeichnen auch Ihren Umgang mit den verschiedenen, im Einzelplan 12 veranschlagten Sam meltiteln aus. Die Summe von 269 Millionen € beinhaltete die Rücklage für Sanierungs- und Erhaltungsmaßnahmen – so sah es der Haushaltsentwurf vor –, gebunden für Maßnahmen des Hochbaus, des Straßenverkehrs, des ÖPNV und der Zentren für Psychiatrie. Jetzt sind es 46 Millionen € mehr, entnommen aus der Rücklage für Haushaltsrisiken und versehen mit einer festen Verteilung: 115 Millionen € für Landesstraßen – ein schließlich Radwegen an Landesstraßen –, 30 Millionen € für den ÖPNV auf Schiene und Straße, 10 Millionen € für die Zentren für Psychiatrie und 160 Millionen € für den staatli chen Hochbau.

Neben dem Mehr an Klarheit, wie viel Geld in welche Berei che fließen soll, lässt sich so gleichzeitig der Eindruck erwe cken, es würde mehr Geld ausgegeben, z. B. für Ortsumfah rungen, für den Erhalt von Landesstraßen oder für den ÖPNV. Das ist aber im Wesentlichen nicht der Fall; die Mittel wer den lediglich hin und her geschoben, aus der einen Rücklage in die andere und aus einer unspezifizierten Form in eine spe zifizierte Form der Veranschlagung.

Ähnlich ist es bei der Rücklage für Haushaltsrisiken und schließlich bei den Einnahmen aus Überschüssen der Vorjah re. Das ist offenbar die Restausgleichskasse für Ihre grün-ro ten Prestigeprojekte, die Sie anders nicht mehr darstellen kön nen: 22,6 Millionen € „Spitzausgleich“ für den Haushalt – ne ben der Finanzierung dessen, was mit den kommunalen Lan desverbänden in der gemeinsamen Finanzkommission verab redet worden war.

Meine Damen und Herren, Sie erwarten wohl nicht ernsthaft, dass die Opposition diesem Machwerk von Haushalt zustimmt. Wir können auch dem Staatshaushaltsgesetz nicht zustimmen,

(Zuruf des Abg. Claus Schmiedel SPD)

im Wesentlichen wegen des überzogenen Volumens des Plan werks und der für 2015 veranschlagten Nettokreditaufnahme. Wir lehnen das Haushaltsgesetz ab, vor allem wegen der in Artikel 2 enthaltenen Erhöhung des Wasserentnahmeentgelts.