Protocol of the Session on December 11, 2014

(Abg. Manfred Lucha GRÜNE: Das haben wir ge macht!)

damit Dinge nicht nebeneinander her entwickelt werden. Man sollte es gemeinsam mit der Enquetekommission entwickeln.

(Abg. Manfred Lucha GRÜNE: Spricht ja nichts da gegen!)

Ich will noch eine kurze Information meinerseits zum Bereich der Behindertenpolitik geben. Auch hier stehen wir im Be reich des Konversionsprozesses vor einer großen Herausfor derung. Es ist wichtig, hier eine Evaluation durchzuführen, damit wir die Träger von Komplexeinrichtungen im Prozess der Dezentralisierung nicht überfordern.

Zum Landes-Behindertengleichstellungsgesetz werde ich in der nächsten Woche noch etwas sagen. Denn hier haben Sie vor, die Arbeit haupt- und ehrenamtlich tätiger Behinderten beauftragter zu vergüten und die Mittel dafür aus den Mitteln für die Projekte zur Umsetzung der Inklusion zu nehmen. Das werden wir in der nächsten Woche noch einmal darstellen.

Sie schreiben in Ihrem Bericht:

Generationengerechtigkeit soll dabei zu einem wichtigen Maßstab bei der Beurteilung sämtlicher sozialpolitischer Handlungsfelder werden.

Ich halte es ebenfalls für wichtig, dass wir nicht vergessen, dass Sie diesen Haushalt auch mit rund 800 Millionen € Schul den finanzieren. Wir müssen mit Blick auf die nachfolgenden Generationen, auf die Generationengerechtigkeit darüber nach denken, was wirklich zwingend notwendig ist und was wir in frage stellen sollten; dazu gehören sicherlich hauptamtlich tä tige Behindertenbeauftragte.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Manfred Lucha GRÜNE: Uli Noll würde sich im Grabe umdrehen!)

Für die Landesregierung darf ich Frau Sozialministerin Altpeter das Wort erteilen.

Sehr geehrte Frau Präsi dentin, liebe Kolleginnen und liebe Kollegen! Meine sehr ge

schätzten Herren von der Opposition aus dem Sozialbereich, ich habe Sie seither im Sozialausschuss und in allen Beratun gen im Landtag – insbesondere bei Gesetzesvorhaben, die wir gemeinsam auf den Weg gebracht haben; oft gab es große Zu stimmung, manchmal sogar Einstimmigkeit – als ganz ver nünftige Menschen erlebt. Wenn man aber heute Nachmittag Ihren Einlassungen zur Sozialpolitik zugehört hat, könnte man meinen, dass Sie Sozialpolitik – insbesondere im Land – als die gute Tante verstehen, die am Sonntagnachmittag zwischen 14:00 und 16:00 Uhr mit einer Tüte Bonbons vorbeikommt und sie verteilt, und das war es dann.

Wir aber verstehen Sozialpolitik anders. Wir verstehen unter Sozialpolitik Maßnahmen zur Sicherung und Förderung der Daseinsvorsorge für die Menschen im Land. Wir verstehen Sozialpolitik nicht zuletzt als Teilhabepolitik für alle gesell schaftlichen Bereiche. Ich möchte noch einen Schritt weiter gehen. Es geht nicht nur um Teilhabe, sondern es geht um „Ganzhabe“, um ein volles Dabeisein bei allem.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Ich finde, wir können heute auch auf einiges zurückblicken. Wir haben bereits im letzten Doppelhaushalt einen großen Beitrag zur Haushaltskonsolidierung erbracht. Wir wissen, dass unser Spielraum insgesamt nicht sehr groß ist, dass die Mittel für die Bedarfe knapp kalkuliert sind. Wir haben es auch mit Mehrausgaben zu tun, überwiegend im Bereich der gesetzlichen Leistungen.

Aber wir können auch neue Impulse geben: Jährlich 2,5 Mil lionen € für die kommunalen Frauenbeauftragten, weitere Gel der – über 1 Million € – zur Fortsetzung des Landesarbeits marktprogramms, 700 000 € – damit eine Vervierfachung – für die Investitionen in der Wohnungslosenhilfe, 500 000 € für Projekte zur Alkoholprävention, 500 000 € für den Akti onsplan „Für Akzeptanz & gleiche Rechte“, die gleiche Sum me auch für den Aktionsplan „Gegen Gewalt an Frauen“.

Da geht es nicht darum, sonntagnachmittags ein Bonbon an die Bedürftigen zu verteilen. Vielmehr geht es darum, dass der Wohnungslose von dort drüben endlich ein Heim findet, dass er die Möglichkeit hat, an einem Arbeitsmarktprogramm teil zunehmen und vielleicht auch wieder auf den ersten Arbeits markt zu kommen. Da geht es darum, dass die Gesundheits versorgung über das Land hinweg für alle ordentlich und gut ist. Es geht auch darum, dass die Versorgung der alten Men schen im Land, wenn sie hilfebedürftig werden, und die Ver sorgung der psychisch kranken Menschen im Land gewähr leistet sind und weiter ausgebaut werden.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Mit dem Landesprogramm „Gute und sichere Arbeit“ sind wir 2012 in der Arbeitsmarktpolitik neue Wege gegangen. Ein zentrales Element ist der Passiv-Aktiv-Tausch. Dieses Modell läuft in Baden-Württemberg sehr erfolgreich. Wir wünschen uns, dass das auf der Bundesebene ein Regelelement wird, dass wir vom Modellcharakter wegkommen. Es muss das We sen der Arbeitsmarktpolitik sein, Arbeit und nicht Arbeitslo sigkeit zu finanzieren. Auch das ist Teilhabe.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Ich werde mich deshalb weiter dafür einsetzen, dass der Bund unser Erfolgsmodell in Gänze umsetzt.

Landesweit sind die Plätze komplett ausgebucht. Über 700 langzeitarbeitslose Menschen sind nach langen Jahren der Ar beitslosigkeit wieder in Arbeit. Ich denke, das ist nicht nur ein wunderbarer Erfolg für 700 ehemals langzeitarbeitslose Men schen, sondern auch für ihre Familien, die aus dem Bezug über die Bedarfsgemeinschaft herauskommen. Diesen Erfolg möch ten wir gern fortsetzen.

Ich freue mich auch, dass die assistierte Ausbildung, die ei nen Teil unseres Landesarbeitsmarktprogramms bildet, mitt lerweile so eine Wirkung erzielt hat, dass der Bund die assis tierte Ausbildung über die Bundesagentur für Arbeit zukünf tig vollumfänglich fördern wird, dass das also zum Regelan gebot in der ganzen Bundesrepublik wird. Auch hier war Ba den-Württemberg Vorreiter, und auch hier haben wir bewie sen, dass wir mit dem sinnvollen Einsatz von Mitteln und von Personal Menschen zu einer Ausbildung, zu einer Qualifika tion bringen können, denen man das vielleicht vorher nicht zugetraut hat. Denn es ist unser Ziel, Baden-Württemberg zu einem Musterland für gute Arbeit zu machen. Da ist auch der Bereich der Arbeitslosen und der Beschäftigungspolitik ein ganz wichtiger Teil.

Ein weiterer wichtiger Baustein ist das Bündnis für Arbeit und Gesundheit. Denn vor dem Hintergrund des demografischen Wandels und des Fachkräftemangels wird das Thema Gesund heitsmanagement in Zukunft wichtiger sein als je zuvor. Denn Gesundheit ist in diesem Kontext genauso wichtig wie Bil dung geworden.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sozialpolitik aber auf den Arbeitsmarkt zu beschränken wäre in der Tat etwas zu kurz gegriffen. Deshalb möchte ich noch auf weitere Be reiche – Sie haben sie auch angesprochen – eingehen: das The ma Pflege, das Thema „Innovative Wohnformen“.

Der demografische Wandel erfordert zunehmend Unterstüt zung für Menschen, die auf Hilfe angewiesen sind. Er erfor dert aber auch innovative Wohn- und Versorgungsstrukturen. Denn genauso vielfältig, wie es Lebensstile und Bedürfnisse sind, soll auch unsere Versorgungslandschaft für Menschen im Alter und mit Pflegebedarf gestaltet sein. Mit dem Wohn-, Teilhabe- und Pflegegesetz haben wir die Grundlage dafür ge schaffen.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Wir bauen die ambulante Pflegestruktur aus, und wir ermög lichen mit dem ordnungsrechtlichen Instrument des Wohn-, Teilhabe- und Pflegegesetzes, dass Menschen wohnortnah in kleineren Einheiten leben können, dort, wo sie immer zu Hau se waren, und auch mit den Menschen, mit denen sie gern le ben wollen.

Es gab im Vorfeld zu diesem Gesetz jede Menge Diskussio nen. Es war der Untergang der Pflegelandschaft vorausgesagt. Es wurde auch oft gesagt, man benötige eigentlich gar keine Regelungen, es würde schon alles so gemacht usw. usf. Das Wohn-, Teilhabe- und Pflegegesetz ist am 31. Mai dieses Jah res in Kraft getreten. Ich muss Ihnen erzählen, was ich in den Kommunen erlebe, in den Gemeinden im Land, in denen ganz unterschiedliche Wohnformen entstehen: Dort gibt es selbst organisierte Wohngemeinschaften, aber auch trägerorganisier

te Wohngemeinschaften, in denen man bemüht ist, auch bür gerschaftliches Engagement in die Versorgungslandschaft ein zubeziehen. Das alles spricht dafür, dass wir recht gehabt ha ben und dass wir mit diesem Gesetz auf dem richtigen Weg sind.

Eines sei auch noch gesagt: Wir haben damit ein Gesetz ge macht für die Menschen, die später in diesen Wohnformen le ben, und nicht für die Menschen, die mit solchen Wohnfor men Geld verdienen wollen.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Lassen Sie mich zum Thema Inklusion kommen. Wenn wir von Inklusion reden, dann geht es im Wesentlichen um Teil habe; es geht ums Dabeisein, es geht darum, dass Leben mit einer Behinderung ganz normal dazugehört, dass es nichts Ausgrenzendes ist, sondern dass Menschen mit einer Behin derung den gleichen Anspruch auf Teilhabe haben. Deshalb haben wir im Bereich der Inklusion ganz vielfältige Prozesse vorangebracht. Das sind keine kleinen Räder, die wir da dre hen.

Das ist zum einen die Konversion der großen Behindertenein richtungen, weil wir gesagt haben, wir wollen, dass Behinde rung dazugehört und die Menschen deshalb auch in Wohn vierteln wohnen und nicht in der großen Behinderteneinrich tung auf dem Berg, so wie man das früher – bestimmt auch aus guten, fürsorglichen Gründen – gemacht hat. Hier ist mit dem Gültstein-Prozess ein Prozess im Gang, der vieles von dem, was heute in Bezug auf den Abzug von Truppen unter dem Stichwort Konversion diskutiert wird, weit in den Schat ten stellt und der unsere Landschaft im Bereich der Einrich tungen für Menschen mit Behinderung erheblich umwälzt.

Zudem haben wir mit Ihrer Zustimmung, zumindest der von Ihnen signalisierten Zustimmung, das Landes-Behinderten gleichstellungsgesetz mit der Förderung der kommunalen Be hindertenbeauftragten auf den Weg gebracht. Denn wir sagen: Die Kommune ist am nächsten an den Menschen dran; dort brauchen sie einen Ansprechpartner, dort geht es darum, kon kret Barrierefreiheit sowohl in den Steinen als auch in den Köpfen umzusetzen.

Ich sage nicht ohne Stolz, dass die verpflichtende Einführung der kommunalen Behindertenbeauftragten auf der Ebene der Stadt- und der Landkreise bundesweit einzigartig ist, dass Ba den-Württemberg auch hier ein Vorbild dafür ist, wie eine in klusive Gesellschaft gestaltet werden kann.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Auch wurde das erste Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz für Baden-Württemberg im November im Landtag fraktionsüber greifend beschlossen. Es tritt zum 1. Januar 2015 in Kraft. Ich freue mich, dass für die Umsetzung des Gesetzes 1 Million € zur Verfügung stehen. Denn es ist ein wichtiger Schritt, um auch in der Psychiatrie die Inklusion voranzutreiben, um auch psychisch kranke Menschen am Leben in der Gemeinde, in der Kommune teilhaben zu lassen.

Es ist mir wichtig, dass diese Menschen im Land flächende ckend, bedarfsgerecht und qualitativ hochwertig mit psychi atrischen Angeboten versorgt werden – nicht zuletzt auch dann, wenn sie stationäre Hilfe brauchen, in unseren Zentren für Psychiatrie. Ich freue mich, dass auch hier im Jahr 2015

ein Betrag aus der Sanierungsrücklage zur Verfügung steht, um Investitionen in unsere Zentren für Psychiatrie vornehmen und notwendige Sanierungen zur Substanzerhaltung, aber auch zur Weiterentwicklung durchführen zu können.

Wenn wir von Sozialpolitik reden, dann kann es nicht nur um alte und kranke Menschen gehen, sondern dann geht es auch um die Zukunft, dann geht es auch um die Kinder und die Ju gendlichen. Wir haben deshalb den „Zukunftsplan Jugend“ auf den Weg gebracht, um in einer gemeinsamen Vereinba rung mit den Jugendverbänden die Angebote und die Struk turen im Jugendbereich weiter zu fördern. Aus dem Doppel haushalt 2015/2016 stehen hierfür Haushaltsmittel in Höhe von je 3 Millionen € zusätzlich zur Verfügung. Damit sollen innovative Projekte, Maßnahmen und Modellvorhaben aus al len Bereichen des „Zukunftsplans Jugend“ gefördert und wei terentwickelt werden.

Ich möchte noch ein weiteres Thema ansprechen: Wenn wir von Jugendlichen reden und wenn wir davon reden, was ei gentlich die Aufgabe der Sozialpolitik in einem modern ge stalteten Sozialwesen ist, dann kann das nicht gehen, ohne das Thema Schulsozialarbeit anzusprechen. Als wir den Sonder ausschuss „Konsequenzen aus dem Amoklauf in Winnenden und Wendlingen“ in der letzten Legislaturperiode hatten, war es wichtig, zu gemeinsamen Empfehlungen und Maßnahmen zu kommen. Aber da war es ein Minderheitsvotum der dama ligen Opposition, die Schulsozialarbeit wieder zu finanzieren. Sie haben damals nicht mitgemacht, weil Sie gesagt haben, die Finanzierung von Schulsozialarbeit sei eine rein kommu nale Aufgabe, das sollten halt die machen, die irgendwo Pro bleme haben, als Land sehe man sich hier nicht in der Pflicht.

Wir sind wieder in die Finanzierung der Schulsozialarbeit ein gestiegen, weil uns die Kinder wichtig sind, weil es uns wich tig ist, die Gegenwart und die Zukunft gemeinsam mit den Kindern und Jugendlichen in unserem Land zu gestalten, und weil wir Schulsozialarbeit nicht als ein Angebot verstehen wollen, das man dort vorhält, wo man Probleme oder soziale Verwerfungen vermutet. Schulsozialarbeit muss ganz selbst verständlich zum Aufwachsen eines Kindes dazugehören, weil Schule mehr ist als die Vermittlung von Bildung, weil man in der Schule auch das Leben lernt. Da hilft Schulsozialarbeit und trägt ihren Teil dazu bei.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Jetzt lassen Sie mich etwas zu den Krankenhäusern sagen. Da kann ich mich nur wundern, dass hier aus meinem Interview in der „Stuttgarter Zeitung“ zitiert wird, in dem ich deutlich gemacht habe, was die Politik des Landes ist. Ich habe gesagt, dass es die Politik des Landes ist, der Wille und der unbeding te Ansatz, dass wir die Krankenhauslandschaft und damit die Versorgungsstruktur im Land steuern und so auch zu einer flä chendeckenden Versorgung beitragen, dass die Gesundheits versorgung von Menschen, die ein Krankenhaus aufsuchen müssen, nicht der Rendite einer großen Aktiengesellschaft ge schuldet sein darf, sondern in erster Linie das Wohl der Pati entinnen und Patienten im Land im Fokus haben muss. Ich dachte, lieber Herr Haußmann, das sei eigentlich klar und sei eigentlich der Grundkonsens in unseren Veranstaltungen hier.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Glocke der Präsidentin)

Frau Ministerin, gestat ten Sie eine Zwischenfrage des Abg. Haußmann?

Nein. Denn Sie brauchen Ihre Zwischenfrage gar nicht zu stellen, ich werde sie mit dem nächsten Satz beantworten, lieber Herr Haußmann.

(Heiterkeit bei der SPD – Abg. Manfred Lucha GRÜ NE: Super!)