Protocol of the Session on December 11, 2014

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Für die Fraktion der FDP/ DVP erteile ich das Wort Herrn Abg. Haußmann.

Sehr geehrte Frau Prä sidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Themenfelder des Sozialministeriums und deren finanzielle Abbildungen im Einzelplan 09 ziehen sich über den gesamten Zeitraum von der Wiege bis zur Bahre. Hier sind sämtliche Lebenslagen der Bürgerinnen und Bürger im Land betroffen. Der Gesamthaus halt hat pro Jahr ein Volumen von 1,4 Milliarden €. Deutlich über 50 % davon betreffen die Bereiche der Gesundheitspfle ge, der Landeskrankenhausförderung und der Jugendhilfe. Das sind die größten Blöcke.

Insbesondere in den Bereichen der Hilfen für Menschen mit Behinderungen, der Wohlfahrtspflege, des bürgerschaftlichen Engagements, der Jugend- und Familienhilfe, der Förderung der Chancengleichheit von Frauen und Männern sowie der Gesundheitspflege gibt es erhebliche Zuwendungen an Drit te.

In diesem Zusammenhang können wir feststellen, dass es in Baden-Württemberg ein breites Engagement von ehrenamt lich und hauptamtlich Tätigen im Bereich der Sozialpolitik und der sozialen Felder gibt. Ich möchte an dieser Stelle all den Menschen, die ihren Beitrag dazu leisten und sich für die Menschen hier in Baden-Württemberg einsetzen, ein herzli ches Dankeschön sagen.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und des Abg. Rainer Hinderer SPD)

Danken möchte ich auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbei tern des Sozialministeriums, die es immer wieder mit unseren Anträgen und Anfragen zu tun haben und diese in der Regel umfangreich beantworten. Auch dafür ein herzliches Danke schön.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Ich komme zum größten Bereich – dieser wurde auch schon von meinen Vorrednern aufgegriffen –, nämlich zur Landes krankenhausförderung. Über ein Drittel des Haushaltsvolu mens des Sozialministeriums fließt in die Landeskrankenhaus förderung. Kollege Klenk hat schon darauf hingewiesen, dass der Zauber des Anfangs den Mühen der Ebenen ein Stück weit gewichen ist.

Ich möchte jetzt eine andere Rechnung aufmachen. Sie haben sich dafür gelobt, dass Sie die Förderung um 31 % aufgestockt haben. Kollege Klenk hat auf die Zahl von 600 Millionen € bzw. auf die angekündigte Verdopplung der Förderung ver wiesen. Dann wären es deutlich mehr als die 660 Millionen €, die in den Wahlprogrammen stehen. Wenn Sie die 337 Milli onen €, die 2010 für die Förderung aufgewendet wurden, als Grundlage nehmen und die Förderung, die bis 2010 im Be reich der Pflegeheime stattfand, mit 50 Millionen € dazurech nen

(Abg. Thomas Poreski GRÜNE: Ach! Was ist das denn? – Zuruf der Ministerin Katrin Altpeter)

und zudem bedenken, dass die Steuereinnahmen seit 2010 um 35 % gestiegen sind, dann müssten Sie im Grunde genommen mit mindestens 516 Millionen € im Jahr fördern.

(Lachen der Abg. Thomas Poreski GRÜNE und Rai ner Hinderer SPD)

Da fehlen 70 Millionen € pro Jahr. Man kann es auch so rech nen. Dann wären Sie ziemlich nah an der Zahl, die Sie im Wahlprogramm genannt haben. Sie sehen: Es ist immer eine Frage der Betrachtungsweise.

(Abg. Thomas Poreski GRÜNE: Das ist exotisch! – Abg. Manfred Lucha GRÜNE: Es zählt nur, was no minell ankommt!)

Insofern gäbe es noch genügend Potenziale. – Das ist der ei ne Punkt.

Der andere Punkt ist, dass wir wissen, wie sich die Kranken hauslandschaft in Baden-Württemberg in den letzten 30 Jah ren verändert hat. Es gibt 30 % weniger Krankenhäuser. Die Anzahl der Betten in den Krankenhäusern beträgt inzwischen 57 600; das sind 18 % weniger als vor 30 Jahren. Wir stehen in diesem Bereich also vor großen Herausforderungen.

Wir haben das in einem Antrag aufgegriffen, der am 8. Mai Gegenstand einer großen öffentlichen Anhörung hier im Land tag von Baden-Württemberg war.

Die FDP/DVP-Landtagsfraktion hat daraufhin im Juli dieses Jahres einen Zehnpunkteplan vorgestellt, der aufzeigt, wie man die Krankenhausplanung, die Krankenhausförderung in

Baden-Württemberg aufgreifen kann, indem man die Themen Wettbewerb, Qualitätsorientierung, Transparenz, „Wahlfrei heit der Patientinnen und Patienten“ und Versorgungssicher heit sowie Förderkriterien, die nachvollziehbar sind und die auch trägerübergreifenden Wettbewerb ermöglichen, in den Mittelpunkt stellt.

Insofern waren wir doch ein wenig verwundert, als die Sozi alministerin am 7. November in der „Stuttgarter Zeitung“ in einem großen Interview zur Situation der Krankenhäuser ge sagt hat – ich darf zitieren – :

Krankenhäuser brauchen eine gewisse Größe und Pati entenzahl, um Qualität erbringen zu können. Deshalb braucht es Fusionen und Kooperationen. …

Ich bin froh, dass sich die großen Aktiengesellschaften im Land noch nicht breitmachen konnten …

Die große Aktiengesellschaft ist in erster Linie ihrer Ren dite verpflichtet und ihren Aktionären.

(Abg. Manfred Lucha GRÜNE: Ganz genau! So sieht es aus! Helios und die Übernahme! – Ministerin Ka trin Altpeter: So sieht es aus!)

Jetzt kann man sich auf unterschiedliche Art und Weise die sem Thema widmen. Ich frage mich aber, ob sich die Sozial ministerin des Landes nicht stärker nach objektiven Kriterien als nach persönlichen Emotionen richten sollte.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Manfred Lucha GRÜNE: Alles emotionslos! – Zuruf des Abg. Tho mas Poreski GRÜNE)

Vor dem Hintergrund, dass die Landeskrankenhausplanung im nächsten Jahr 135 Millionen € für private Kliniken enthält, wäre ich als Sozialminister durchaus vorsichtiger mit solchen pauschalen Aussagen. Denn wir wollen trägerübergreifend Wettbewerb gewährleisten und die Vielfalt halten; das ist das, was uns in Baden-Württemberg auch in den vergangenen Jahr zehnten sehr gut gelungen ist.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Wir haben eine Vielzahl von Vorschlägen gemacht, die auch aus dem Gesundheitsdialog in Baden-Württemberg resultie ren. Wir haben vorgeschlagen. ein Expertengremium einzu beziehen. Wir haben vorgeschlagen, ein Controlling zu imple mentieren. Wir haben sektorenübergreifende Versorgungskon zepte auch für den ländlichen Raum vorgeschlagen

(Abg. Manfred Lucha GRÜNE: Wir machen es jetzt!)

Wir haben vorgeschlagen, das Thema der Sicherstellungszu schläge für Krankenhäuser aufzunehmen und einen ganzheit lichen Ansatz auch im Bereich der Notfallversorgung und der Universitätskliniken aufzunehmen.

Wir freuen uns, wenn wir in den Ergebnissen der Bund-Län der-Arbeitsgruppe, die Bundesgesundheitsminister Gröhe ein berufen hat, viele Dinge wiederfinden,

(Abg. Manfred Lucha GRÜNE: Viele Strukturfeh ler!)

die wir auch in unseren Zehnpunkteplan eingestellt haben. Ich nenne nur die Themen Qualität, Sicherstellungszuschläge, Notfallversorgung und auch die Einbeziehung der Universi tätskliniken.

Das heißt aber, dass man landespolitisch vor der Aufgabe steht, auch die Qualitätskriterien zu definieren. Das wird eine Aufgabe sein, die sich auch das Land Baden-Württemberg auf die Fahne schreiben muss.

Ein weiteres Thema wird sein, wie sich das Land bei der Ko finanzierung einbringt, wenn es um die Umstrukturierung von Kliniken geht. Der Bund stellt 500 Millionen € bereit, aber nur dann, wenn das Land zu gleichen Anteilen in die Finan zierung geht. Das wird auch ein Thema sein, das für die Lan deskrankenhausplanung und für die Fortführung wichtig ist.

Wir freuen uns auf jeden Fall, dass Sie auch aufgrund unse rer Initiative jetzt Mittel für ein Modellprojekt in Höhe von jeweils 500 000 € für 2015 und 2016 in den Haushalt einge stellt haben. Dies entspricht ein Stück weit den Ergebnissen der Anhörung, und dafür sagen wir auch an dieser Stelle ein herzliches Dankeschön.

Ich komme noch zu anderen Bereichen. Im Bericht des Sozi alministeriums zum Haushalt heißt es zu den Themen Pflege und Seniorenpolitik:

Im Zentrum stehen die Ziele, die aktive soziale Teilhabe Älterer in der Gesellschaft so lange wie möglich zu erhal ten und die Potenziale des Alters zu erkennen, zu fördern und wertzuschätzen.

Wir haben vor einigen Monaten einen Antrag zum Thema „Häusliche Pflege“ eingebracht. Denn wir wissen von den Fraueninformationszentren, wie groß die Problematik im Be reich der häuslichen Pflege mit prekären Beschäftigungsver hältnissen ist. Wir haben deswegen den Vorschlag gemacht, ein 24-Stunden-Hausbetreuungsmodell einzuführen, es von Baden-Württemberg aus auf Bundesebene zumindest mit zu initiieren bzw. anzuregen. In Österreich gibt es dazu seit eini gen Jahren ein Modell, das sehr gut funktioniert. Wir wundern uns, dass man einerseits immer wieder beklagt, dass es pre käre Arbeitsverhältnisse gibt, dass das Sozialministerium an dererseits aber in diesem Bereich offensichtlich nicht aktiv werden möchte.

Sie haben das WTPG angesprochen, Herr Lucha und Herr Hinderer. Wir vermissen dort ganz klar den Mut, zu sagen: Wir wollen die Doppelprüfungen des Medizinischen Diens tes der Krankenkassen und der Heimaufsichten konkret ange hen

(Abg. Manfred Lucha GRÜNE: Das haben wir doch nicht in der Hand! Das wissen Sie doch!)

und uns stärker engagieren.

(Abg. Manfred Lucha GRÜNE: SGB V! Kennen Sie das? Bundesrecht!)

Jetzt warten wir erst einmal zwei Jahre die Ergebnisse des WTPG ab. Dann werden wir sehen, ob die Impulse das zeiti gen, was Sie sich erhoffen, oder ob die Hürden womöglich

doch zu hoch gelegt worden sind. Wir werden das relativ schnell erkennen.

(Abg. Manfred Lucha GRÜNE: Jetzt schon!)

Sie können allerdings bei den Ermessensspielräumen der Lan desheimbauverordnung tätig werden. Es gibt eine Übergangs frist, was die Einzelzimmerpflicht anbelangt. Ich kann Ihnen nur empfehlen, die Ermessensspielräume gut zu nutzen. Sonst besteht die Gefahr, dass Sie wieder über eine Pflegeheimför derung nachdenken müssen, wenn es zu einer Unterversor gung bei den stationären Pflegeplätzen kommt.

Insofern hätten wir uns schon gewünscht, dass man das Mo dellprojekt für das Betriebskonzept für Einrichtungen der Al tenpflege, für das Sie jetzt Mittel in den Haushalt aufgenom men haben, zumindest in die Arbeit der Enquetekommission mit einfließen lässt,

(Abg. Manfred Lucha GRÜNE: Das haben wir ge macht!)