Protocol of the Session on December 10, 2014

Ja, natürlich. Der Druck für Sie war doch übermächtig. Sie mussten am Ende zumindest in finanzpolitischer Hinsicht et was vorweisen, weil Sie nicht nur als Schuldenminister – wenn alle anderen keine mehr sind – in die Geschichte einge hen wollten.

Das reicht aber nicht aus. Die Nullneuverschuldung ist bereits im Jahr 2015 möglich, und im Jahr 2014 genauso. Deshalb wollen wir die Nullneuverschuldung jetzt. Denn die Steuer einnahmen ermöglichen dies.

Ihr Doppelhaushalt 2015/2016 weist einerseits eine hohe Neu verschuldung aus, nämlich in Höhe von 768 Millionen €, an dererseits ebenso hohe Zuführungen in Rücklagen, sehr hohe Rücklagen für eventuelle Mehrausgaben und Globaltitel mit sehr hohen Mehrausgaben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Aufgabe der Po litik ist es, die Zukunft zu gestalten. Dazu gehört es auch, ei nen Haushalt aufzustellen, der Zukunft möglich macht. Des halb sollte der Kern unserer Arbeit nicht im Streit, sondern ei gentlich in der Mühe liegen, eine gemeinsame Lösung für ei nen schuldenfreien Haushalt zu finden.

Wir können Sie nur auffordern: Nehmen Sie Abstand von Ih rer Schuldenpolitik, kehren Sie ein auf den Weg der Konsoli dierung. Unser Vorschlag: Die Nettokreditaufnahme von 768 Millionen € kann auf null zurückgeführt werden, wenn ers tens die Zuführung in die Rücklage für Haushaltsrisiken um 400 Millionen € abgesenkt wird und wenn zweitens die glo bale Mehrausgabe für Personalausgaben und anderes um 368 Millionen € abgeschmolzen wird. Die entsprechenden Anträ ge der CDU-Landtagsfraktion liegen Ihnen bereits vor.

Die Aufnahme neuer Schulden zum Aufbau von unbestimm ten Rücklagen ist völlig kontraproduktiv und entmachtet – aber das wollen Sie ja in Kauf nehmen – das Parlament. Denn der Gesetzgeber ist der Geldgeber des Finanzministers – nicht Pauschalen, die wir der Landesregierung hinwerfen nach dem Motto: Bedient euch, wenn es euch opportun erscheint.

Die CDU-Landtagsfraktion zeigt mit ihrem Haushaltskonzept auf, dass einerseits die Nullneuverschuldung 2015 erreichbar ist und andererseits hinreichend Spielraum im Haushalt be steht, um Haushaltsrisiken und Personalkostensteigerungen abdecken zu können. Deshalb: Handeln Sie jetzt!

Bisher kürzen Sie bestehende Ansätze im Haushalt, um sich dann kurze Zeit später für eine angeblich hohe Mittelsteige rung feiern zu lassen. So ist das etwa beim Landesstraßenbau geschehen, und so ist das auch bei den Musikhochschulen ge schehen. Erst kürzen Sie um 5 Millionen €, dann kommen am Ende von Gesprächen – nach einem einjährigen Diskurs – zig Millionen Euro mehr heraus.

(Zuruf des Abg. Claus Schmiedel SPD)

Probleme schütten Sie einfach mit dem Geld des Steuerzah lers zu, das Ihnen durch die gute Konjunktur in den Schoß

fällt. Sie vergessen dabei aber, dass dieses Geld von heute in naher Zukunft wohl nicht mehr in diesem Umfang zur Verfü gung stehen wird.

Der demografische Wandel wird eine enorme Aufgabenver schiebung mit sich bringen, die von immer weniger Steuer zahlern bewältigt werden muss. Deshalb ist es ein Gebot der Stunde, die Staatsquote zu verringern. Sie aber blähen den Haushalt auf. Innerhalb von drei Jahren haben Sie es ge schafft, das Haushaltsvolumen von damals 35 Milliarden € auf heute über 44 Milliarden € aufzublasen. Das ist rund ein Drittel mehr.

Dieses deutliche Plus an Mehrausgaben ist ein Armutszeug nis und auch ein Beleg dafür, dass Sie nicht fähig sind, Schwerpunkte zu setzen, wie es eigentlich die Aufgabe einer Landesregierung wäre.

Ein wichtiger Schwerpunkt, Herr Finanz- und Wirtschaftsmi nister, wäre z. B. die Wirtschaftspolitik. Doch diese findet in Baden-Württemberg gar nicht statt. Dabei ist eine florierende Wirtschaft die Grundlage für unseren künftigen Wohlstand. Denn nur sie generiert hohe Einnahmen.

Die Grünen wollen sich neuerdings sogar als Wirtschaftspar tei darstellen. Aber schauen Sie sich doch einmal an, welche krassen Folgen das Landespersonalvertretungsgesetz oder der geplante Bildungsurlaub für die Wirtschaft haben, welche krassen Folgen es für Baden-Württemberg hat, wenn 120 Mil lionen € Bundesmittel für die Infrastruktur nicht abgerufen werden,

(Zuruf der Abg. Muhterem Aras GRÜNE)

wie das die Wirtschaft belastet, meine Damen und Herren. Das ist ein offener Angriff auf die Wirtschaft und die Unterneh men im Land.

(Beifall bei der CDU – Zurufe von den Grünen)

Die Landesbauordnung bringt wieder zahlreiche grün-rote Be vormundungen, die ebenfalls eine schwere Hypothek für die Wirtschaft und für private Bauherren darstellen. Vom angeb lich neu und frisch aufgefundenen Freiheitsbegriff der Grü nen will man da schon nichts mehr wissen. Freiheit ja, aber nur die Freiheit, wie sie Ihnen von den Grünen gefällt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, eine Bemerkung noch zum Thema Eingangsbesoldung. Mit dem Landesbesol dungsgesetz vom 9. November 2010 wurde die Eingangsbe soldung zum 1. Januar 2011 abgesenkt. Das war noch eine Maßnahme der alten Regierungskoalition. Dann wurde die Eingangsbesoldung durch das Haushaltsbegleitgesetz 2013/14 von Grün-Rot noch einmal abgesenkt, nämlich um 8 %. Heu te ist festzustellen: Die Attraktivität des öffentlichen Dienstes als Arbeitgeber hat hierdurch massiv gelitten.

(Zuruf der Abg. Muhterem Aras GRÜNE)

Wir haben heute eine andere Situation als noch vor fünf Jah ren. Ihr muss man Rechnung tragen.

Gerade vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels muss auch der öffentliche Dienst viel mehr an Attraktivität gewin nen. Der Grundsatz der Bestenauslese nach Artikel 33 des Grundgesetzes steht ebenfalls einer Absenkung der Eingangs

besoldung entgegen. Bewerberinnen und Bewerber mit den besten Abschlüssen werden nämlich bei einer wenig attrakti ven Eingangsbesoldung ihre Karriere eher in der Privatwirt schaft als im öffentlichen Dienst beginnen. Der demografi sche Wandel wird in naher Zukunft zu einer hohen Fluktuati on im öffentlichen Dienst führen. Wir fordern Sie deshalb auf, diese Kürzung der Eingangsbesoldung umgehend rückgängig zu machen.

(Beifall bei der CDU sowie Abgeordneten der FDP/ DVP – Zuruf der Abg. Muhterem Aras GRÜNE)

Nur so kann das Land wieder ein attraktiver Arbeitgeber für junge Menschen werden.

Die Landesregierung hat die Einsparungen durch die zum 1. Januar 2013 vorgenommene nochmalige Absenkung der Eingangsbesoldung für die Besoldungsgruppen A 11 und hö her sowie für die erstmalige Einbeziehung der Besoldungs gruppen A 9 und A 10 in der Begründung des Haushaltsbe gleitgesetzes 2013/14 auf 55 Millionen € angesetzt. Es ist da von auszugehen, dass die reine Absenkung der Besoldung strukturelle Einsparungen – so hieß es jedenfalls im Finanz ausschuss – von rund 50 Millionen € ausmacht. Eine Abschaf fung der weiteren Absenkung der Eingangsbesoldung verur sacht Mehrkosten in gleicher Höhe.

Wir haben deshalb einen Antrag eingereicht, der hier hoffent lich auch beschlossen werden wird, wenn Sie einsichtig sind. Eine sofortige Abschaffung der Absenkung der Eingangsbe soldung wäre wünschenswert. Die Abschaffung soll aber un seres Erachtens in zwei Schritten erfolgen, um den Landes haushalt nicht auf einmal zu stark zu belasten. Der erste Schritt zum 1. Januar 2015 sollte darin bestehen, dass die Ab senkung der Eingangsbesoldung für die niedrigeren Besol dungsgruppen A 9 und A 10 von 4 auf 0 % herabgesetzt wird. Die Absenkung der Eingangsbesoldung für die Besoldungs gruppen A 11 und höher soll von 8 auf 4 % herabgesetzt wer den. Für neu eingestellte Beamtinnen und Beamte soll die Ab senkung nur noch ein Jahr gelten. Ab 2016 entfällt dann die Absenkung der Eingangsbesoldung vollständig.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ein schlüssiger An trag mit einem schlüssigen Deckungskonzept ist ein Zeugnis dafür, wie Oppositionsarbeit schlüssig und kraftvoll geleistet werden kann.

(Beifall bei der CDU)

Ihre Haushaltspolitik hingegen ist ein Armutszeugnis für Ih re eigene Politik. Statt Entschuldung Verschuldung,

(Zuruf von der SPD: Was?)

statt Schwerpunktsetzung Gießkanne, statt Zukunftschancen schwere Hypotheken für die nachkommenden Generationen. Sie versäumen es, wichtige Weichenstellungen vorzunehmen, und verteilen viel lieber das vom Steuerzahler hart erwirt schaftete Geld unter Ihrer Klientel für vermeintliche Wohlta ten. Doch damit ist am Ende niemandem geholfen, außer ver meintlich Ihnen selbst. Aber ich bin sicher, die Bürgerinnen und Bürger durchschauen Ihr durchsichtiges Spiel.

Am schwersten jedoch wiegt die Tatsache, dass Sie mit die sem Haushalt für unsere Kinder und Enkel einen schweren

Rucksack packen, während Sie selbst derzeit mit leichtem po litischen Gepäck angenehm durch die Lande reisen. Wir sind weiterhin zu einer konstruktiven Arbeit bereit. Nehmen Sie dieses Angebot an! Und ich sage es noch einmal: Nullneuver schuldung heute, Nullneuverschuldung jetzt!

(Anhaltender Beifall bei der CDU – Beifall des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP)

Das Wort für die Frakti on GRÜNE erteile ich Frau Abg. Sitzmann.

Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Mein Fazit der Haushaltsberatungen, die wir geführt haben, lautet ganz anders als Ihres, Herr Kol lege Hauk. Mein Fazit ist: Sie klopfen nur starke Sprüche, wir von Grün-Rot dagegen haben starke Konzepte, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Im Geld ausgeben! – Zurufe von der CDU)

Und ich kann Ihnen auch belegen, dass die Politik der grünroten Regierung erfolgreich ist. Wenn ich selbst Ihnen das sa ge, dann glauben Sie es mir vielleicht nicht.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Nicht bloß vielleicht nicht!)

Es gibt eine Vielzahl von unabhängigen Institutionen, die do kumentieren, dass wir gute Konzepte haben und dass wir sie auch umgesetzt haben und Baden-Württemberg deshalb in vielen Bereichen sehr gut dasteht.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Nehmen wir einmal Punkt 1, das Thema Kinderbetreuung. Das Thema Kinderbetreuung war uns von Grün-Rot von An fang an sehr wichtig. Deswegen haben wir mit den Kommu nen den Pakt für Familien geschlossen und haben es so er möglicht, dass die Anzahl der Plätze für die Betreuung von Kindern unter drei Jahren mittlerweile auf fast 80 000 ange stiegen ist, meine Damen und Herren.

Aber bei uns geht es nicht nur um Quantität – um die Frage, wie viele Plätze wir haben –, sondern bei uns besteht auch ei ne gute Qualität. Das beweist der Ländermonitor der Bertels mann Stiftung zur Kinderbetreuung aus diesem Jahr. Darin heißt es: Baden-Württemberg hat im U-3-Bereich bundesweit den zweitbesten Personalschlüssel, und bei Kindern im Alter zwischen drei und sechs Jahren liegt Baden-Württemberg mit einem Schlüssel von 1 : 8 sehr nahe an den Empfehlungen der Bertelsmann Stiftung, die 1 : 7,5 empfiehlt. Baden-Württem berg schneidet hervorragend ab

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

in Bezug auf die Quantität, aber auch bei der Qualität.

Es gibt weitere Belege. Nehmen Sie die Daten des Statisti schen Bundesamts. Danach landet Baden-Württemberg bei den Ausgaben für Forschung und Entwicklung auf Platz 1, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Zurufe: Ui!)

Wir sind für die Zukunft hervorragend aufgestellt.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Schon mal was von Erblast gehört?)