Protocol of the Session on December 10, 2014

Deswegen: Die Kritik, die Sie geleistet haben, können wir nicht nachvollziehen. Das ist eine Fundamentalkritik. Das ist eine Kritik, die auch die verfassungsgemäße Stellung des Rechnungshofs berührt. Der Rechnungshof muss das prüfen dürfen, er muss kritische Fragen stellen dürfen, er muss auch fragen dürfen, ob das Geld für die vergebenen Gutachten ver nünftig aufgewendet wurde oder nicht und was dabei über haupt herausgekommen ist. Das Körting-Gutachten wurde einmal damit begründet, dass man das ganze Verfahren zum Partizipations- und Integrationsgesetz schnell weiterbringen sollte. Bisher haben wir dazu aber keinen Entwurf gesehen.

Noch einmal: Verwechseln Sie die Kritik an Ihrem Ministeri um und Ihrem Amt und der Amtsführung nicht mit einer Kri tik an der Person.

Ich glaube, Sie machen zu wenig aus diesem Integrationsmi nisterium. Ich glaube, Sie können sich nicht durchsetzen in nerhalb der Landesregierung.

(Zurufe von den Grünen)

Deswegen unser Ratschlag: Organisieren Sie den Integrati onsbereich anders, über das Ministerium hinweg. Dement sprechend werden wir, die CDU-Landtagsfraktion, heute auch abstimmen. Wir werden überall da zustimmen, wo es um die Menschen geht.

(Zuruf des Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE)

Dort werden wir der Bereitstellung von Sachmitteln, von Geldmitteln zustimmen. Aber wir werden nicht dieser Grund finanzierung des Integrationsministeriums zustimmen, weil die Organisation falsch ist.

(Beifall bei der CDU sowie der Abg. Andreas Glück und Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

Für die Fraktion GRÜNE spricht der Kollege Lede Abal.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Der ist immer noch nicht integriert, er hat immer noch keine Krawatte an!)

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kol legen! Wir diskutieren den Etat des Integrationsministeriums. Ich will vorab festhalten, wie es auch schon Herr Kollege La sotta getan hat, dass sich innerhalb dieses Jahres die Aufga benstellung oder auch die Wahrnehmung im Ausschuss sehr deutlich verschoben haben, was die Themen angeht.

Ich möchte Herrn Lasotta zumindest für die Worte am Anfang seiner Rede, die Klarstellung und auch die besonnenen Wor te, die er gesprochen hat, ausdrücklich danken.

In der ersten Hälfte dieses Jahres hatten wir im Integrations ausschuss bzw. in der Integrationspolitik vorwiegend noch Themen wie die Anwerbung von Fachkräften, die Zuwande rung aus europäischen Staaten, auch die sogenannte Armuts zuwanderung aus Südosteuropa. Die Schwerpunktsetzung hat sich innerhalb des Jahres 2014 verschoben – trotz der zahlrei chen Flüchtlinge schon im Jahr 2013 und der damals schon absehbaren Tendenz, dass deren Zahl weiter steigen würde.

Diese Themen sind auch weiterhin wichtig, und sie sind auch nicht von der Agenda verschwunden. Wir unterstützen und stärken die kommunalen Strukturen über den Fördertopf für unsere Kommunen mit den Schwerpunkten Elternbeteiligung, Teilhabe und Antidiskriminierung. Aber es gibt auch viele an dere Aufgaben. Zum Thema Berufsanerkennung hat Herr Kol lege Lasotta schon Ausführungen gemacht. Ich möchte das im Übrigen noch einmal unter dem Blickwinkel der anstehenden Aufgaben bei der Aufnahme von Flüchtlingen und deren In tegration in den Arbeitsmarkt ansprechen, weil uns hier noch eine sehr große Aufgabe bevorsteht, gerade auch bei den vie len Personen, die über nahezu keine Dokumente über bishe rige Tätigkeiten, Abschlüsse und Qualifikationen verfügen.

Es gibt noch viele andere Themen, die vom Ministerium ent sprechend bearbeitet worden sind. Ich denke, wir haben beim Thema Islam einen sehr guten Weg eingeschlagen mit der Ein richtung des runden Tisches „Islam“, der uns eine sehr gute, dauerhafte und stabile Gesprächsebene mit islamischen Ver bänden bietet.

Weiter gab es die Auswertung zu den anonymisierten Bewer bungsverfahren, zu denen ein Versuch lief.

Ferner wurde im Laufe des Jahres im Sozialausschuss die Neuregelung des Bestattungsrechts beraten, die nun die Mög lichkeit der Rücksichtnahme im Sinne von religiöser Vielfalt bietet.

Vielfalt ist auch ein Stichwort im Hinblick auf das Partizipa tions- und Integrationsgesetz. Hier ist, auch wenn Herr Lasot ta Abweichendes gesagt hat, schon einiges geschehen. Hier zu wurde auch ein Fachtag durchgeführt, der sich reger Be teiligung von kommunalen Akteuren erfreut hat. Dort sind ganz klare Wünsche, Absichten und Erwartungen von der kommunalen Ebene geäußert worden, die zusammengetragen worden sind. Wir werden jetzt weiter an Eckpunkten und an der Realisierung des Gesetzes arbeiten. Ich denke, das ist ei ne sehr klare Botschaft und auch ein sehr deutliches Signal.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Aber seit Mitte des Jahres steht eben fraglos das Thema „Flucht und Asyl“ im Mittelpunkt der Integrationspolitik, weil sich eben auch dort Fragen nach Arbeit, nach Teilhabe, nach Spracherwerb und nach gesellschaftlicher und kultureller In tegration stellen. Dabei macht es letztlich überhaupt keinen Unterschied, ob es sich um Flüchtlinge oder um Migrantin nen und Migranten handelt.

Sie haben vorhin gesagt, Herr Lasotta, es sei absehbar gewe sen, dass die Zahl der Flüchtlinge stetig zunimmt. Das muss man insofern ein bisschen korrigieren, als die Arbeitsgrund lage für alle staatlichen Stellen in Deutschland, die sich mit Flüchtlingen befassen, die Prognose der Flüchtlingszahlen durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ist.

(Zuruf des Abg. Dr. Bernhard Lasotta CDU)

Das Bundesamt hat innerhalb eines Jahres die Prognose fünf mal erhöht. Ich weiß nicht, inwieweit Sie das absehen konn ten. Ich konnte es in dieser Form nicht absehen.

(Abg. Dr. Bernhard Lasotta CDU: Man muss nur die „Tagesschau“ sehen und die Tageszeitung lesen!)

Ja, aber das ist auch ein bisschen ein Stochern im Nebel. Das kann zutreffen oder auch nicht.

Das Bundesamt gibt die Prognosezahlen heraus. Das ist die Arbeitsgrundlage. Es ist natürlich schon richtig, dass uns die hohe Zahl der Flüchtlinge vor große Aufgaben und strecken weise auch vor Probleme bei der Aufnahme und Unterbrin gung gestellt hat. Aber ich möchte an dieser Stelle der Minis terin und ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Minis terium ausdrücklich danken, die in den letzten Monaten star ke Arbeit geleistet haben und engagiert daran gearbeitet ha ben.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Ich füge an dieser Stelle auch gleich hinzu, dass unser Dank auch all denen gelten sollte, die sich im Bereich der Integra tionspolitik und der Flüchtlingsarbeit, sei es hauptamtlich oder ehrenamtlich, engagieren und dort Flüchtlinge unterstützen,

ihren Alltag zu meistern, Flüchtlinge begleiten und die Integ ration in unsere Gesellschaft ermöglichen.

(Beifall bei den Grünen sowie Abgeordneten der CDU, der SPD und der FDP/DVP)

Es ist richtig, dass wir schneller mehr Kapazitäten im Bereich der Erstaufnahme hätten brauchen können. Bei der Erstauf nahmestelle in Karlsruhe sind auch immer noch Verbesserun gen notwendig. Aber bei der Ausnahmesituation, die im Sep tember bestand, hat sich schon gezeigt, dass das Ministerium über viele Monate Vorarbeiten geleistet hat. Als es dann dar auf ankam, sind auch von der Landesregierung sehr zügig ent sprechende Kapazitäten zur Verfügung gestellt worden, und zwar mit Notunterkünften in Bruchsal und Heidelberg und jetzt auch in relativ kurzer Zeit mit einer neuen Erstaufnah meeinrichtung in Meßstetten. Bei Letzterer muss man aus drücklich auch den Kollegen Pauli erwähnen, der als Landrat diese Maßnahme sehr intensiv begleitet hat und in sehr kur zer Zeit mit einem außergewöhnlichen Engagement einer Kreisverwaltung sehr viel möglich gemacht hat.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD sowie des Abg. Andreas Glück FDP/DVP)

Weitere Standorte sollen folgen. Für Ellwangen, Freiburg und Tübingen gibt es entsprechende Vorbereitungen. Aber an die ser Stelle muss auch noch einmal ein Blick darauf geworfen werden, warum es zu dieser Situation im September gekom men ist. Dabei ist schon bemerkenswert, dass das Problem im Wesentlichen eigentlich in Bayern lag. Denn im September haben wir nicht nur den Anteil an Flüchtlingen aufgenommen, der nach dem Königsteiner Schlüssel auf Baden-Württemberg entfallen wäre, sondern auch den Großteil des Anteils, den ei gentlich Bayern hätte bewältigen müssen. Baden-Württem berg hat eigentlich Seehofers Versagen und Seehofers Nichts tun ausgebadet. Ich glaube, es ist auch ein deutliches Signal, das wir an das Nachbarland senden müssen: Wir helfen gern, wir helfen auch gern aus, aber uns das bayerische Versagen vorzuhalten geht ein bisschen zu weit.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Wo stehen wir aktuell in der Flüchtlingspolitik – nach zwei Asylkompromissen, nach dem Flüchtlingsgipfel von Minis terpräsident Winfried Kretschmann? Die Bundesregierung hat verschiedene das Asylrecht und Flüchtlinge betreffende Ge setze vorgelegt. Da gab es zunächst einmal ein Paket zu si cheren Herkunftsstaaten, zur Reduzierung des Arbeitsverbots auf drei Monate, dem Sie einfach so zugestimmt hätten.

All das klingt zwar relativ gut, ist aber leider auch entspre chend nutzlos. Ministerpräsident Kretschmann und der Lan desregierung ist es gelungen, weitere Verbesserungen bei der Arbeitsaufnahme, der Bewegungsfreiheit und der Versorgung von Flüchtlingen durchzusetzen. Das zieht noch einen Hau fen weiterer Arbeit nach sich, aber für uns besteht wohl die Aussicht, diese Arbeit über eine Neuregelung bei der Gesund heitsversorgung von Flüchtlingen zu krönen. Wenn uns das gelingt, haben wir gute Möglichkeiten, das hier vor Ort zu re geln und eine große Entlastungswirkung für die Kommunen zu erreichen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Noch ein Wort zu den Finanzhilfen der Bundesregierung: 1 Milliarde € sind für die nächsten zwei Jahre in Aussicht ge stellt, wobei die zweiten 500 Millionen € noch mit einem Fra gezeichen versehen sind. Das bedeutet 130 Millionen € für Baden-Württemberg in den nächsten zwei Jahren. Damit kön nen wir hier viel für die Flüchtlingsarbeit tun – mit dem klei nen Wermutstropfen, dass der Bund einen Teil wieder zurück haben möchte und noch kein wirklich gutes Signal gesendet hat. Hier gilt es, weiterzuarbeiten und den Bund weiter in die Pflicht zu nehmen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Für die SPD-Fraktion spricht Kolle ge Kleinböck.

Herr Präsident, liebe Kolle ginnen, liebe Kollegen, meine Damen und Herren! Ich will zu Beginn meiner Ausführungen noch einmal deutlich machen: Der breite Konsens, den die Vorredner angesprochen haben, muss uns bewusst sein und muss uns in der Diskussion zu sammenführen. Wir wissen, dass die Menschen nicht freiwil lig zu uns kommen; vor allem kommen sie nicht zu uns, um unsere Sozialsysteme auszunutzen. Auch das muss an dieser Stelle noch einmal deutlich gesagt werden.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grünen – Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Meine Damen und Herren, wir haben in diesem Jahr in Deutschland bereits über 180 000 Asylbewerber aufgenom men. Wir haben die Zahlen schon gehört: Die ursprüngliche Zahl von 16 000, die für Baden-Württemberg prognostiziert wurde, ist mittlerweile um 10 000 nach oben korrigiert wor den. Das ist eine Aufgabe, eine Herausforderung, der wir uns gemeinsam stellen müssen. Ich denke, wir haben diesen brei ten Konsens bei den Aufgaben und Arbeiten gefunden, die wir auch innerhalb des Integrationsausschusses angegangen sind.

Die politische Unterstützung durch den Bund und das Land ist nicht nur über die Schaffung des Anerkennungsgesetzes von im Ausland erworbenen Bildungsabschlüssen auf den Weg gebracht worden, sondern wir haben auch eine Novelle des Flüchtlingsaufnahmegesetzes auf den Weg gebracht. Denn wir wussten, diese beengenden Quadratmetervorgaben sind menschenunwürdig, und daran müssen wir etwas ändern.

Darüber hinaus haben wir die einmalige Kostenpauschale für die Kommunen von ursprünglich 12 270 € pro Person stufen weise auf 13 972 € im Jahr 2016 angehoben. Die jährliche Er höhung von 1,5 % ist ebenfalls festgelegt.

Auch wenn diese Kostenpauschale auf 18 Monate ausgelegt ist und wir im Gegenzug berücksichtigen, dass die durch schnittliche Dauer des Asylverfahrens bei 15 Monaten liegt, ist von den kommunalen Landesverbänden immer wieder kri tisiert worden, diese Kostenpauschale würde nicht ausreichen. Deshalb haben wir entgegen den Vorgaben im Flüchtlingsauf nahmegesetz zugesagt, die Überprüfung dieser Kostenpau schale vorzuziehen. Das ist gelaufen. Alle tatsächlichen Aus gaben bzw. die anteiligen Kosten für Unterbringung, Gesund heitsversorgung, Sozialbetreuung usw. wurden erhoben. Aber,

meine Damen und Herren von der FDP/DVP, das Ergebnis liegt noch nicht vor. Deshalb können wir Ihrem Entschlie ßungsantrag nicht zustimmen.

(Abg. Andreas Glück FDP/DVP: Das ist sehr trau rig!)

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, die Landeserstaufnahme stelle, die wir seit 2011 mit 900 Plätzen in Karlsruhe hatten, wurde mittlerweile ausgebaut; auch darauf wurde schon viel fach hingewiesen. Wir waren vor Kurzem mit unserem Ar beitskreis in Mannheim, wo die nächste LEA entsteht. Insge samt hat Baden-Württemberg rund 6 000 Plätze zur Verfügung gestellt. Mein ausdrücklicher Dank geht an die Verantwortli chen, die vor Ort die Rahmenbedingungen dafür geschaffen haben, dass auch diese LEA bei der Bevölkerung auf Akzep tanz stößt.

Wir haben eine besondere Aufgabe bei der Verteilung von un begleiteten minderjährigen Flüchtlingen in Baden-Württem berg. Wir haben mit einer ergänzenden Durchführungsverord nung die Voraussetzung dafür geschaffen, dass diese Jugend lichen nach Rücksprache mit den jeweiligen Jugendämtern dezentral zugewiesen werden. Das ist nach meinem Dafürhal ten ein großer Fortschritt. Diese Änderung fand auch die brei te Zustimmung der kommunalen Landesverbände.