Protocol of the Session on November 12, 2014

Die erforderlichen Gutachten der Professoren Feld, Kube und Seiler liegen vor. Darauf können Sie zurückgreifen. Aus der Vergangenheit gibt es viele Anknüpfungspunkte, so beispiels weise auch den Vorschlag, einen Schuldentilgungsfonds für die Länder einzurichten. Dabei geht es aber wohlgemerkt nicht um Deutschland-Bonds, sondern um die Möglichkeit, dass die Länder sich vom Volumen her ergänzen und vielleicht in späteren Zeiten, wenn die Zinsen wieder höher sind, durch das Gesamtvolumen davon profitieren können.

In anderen Bundesländern gibt es bereits entsprechende Über legungen. Ihre saarländische Kollegin hat erklärt, wenn diese Möglichkeit der Schuldentilgung nicht erreicht werde, sehe sie nur noch die Möglichkeit der Zusammenlegung von Län dern. Das wäre für das Saarland oder manches andere Bun desland sicherlich sinnvoll.

Es wird also deutlich, wie notwendig es ist, dass allmählich etwas passiert. Davon hören wir allerdings nichts. Zumindest in der Haushaltsdebatte wurde nichts vorgetragen.

Ein weiteres wichtiges Thema ist der öffentliche Dienst. Herr Minister, dieses Thema tauchte in Ihrer Rede überhaupt nicht auf – wahrscheinlich deshalb nicht, weil Sie gegenüber den Beamten wegen der Absenkung der Eingangsbesoldung ein schlechtes Gewissen haben. Stattdessen finden wir in Ihrer Rede Selbstlob hinsichtlich der Bildungspolitik, jedoch kein Wort des Dankes an die Lehrerinnen und Lehrer, die jeden Tag an den Schulen des Landes Baden-Württemberg einen guten Job machen. Auch das hätte Ihnen gut zu Gesicht gestanden.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Herr Kollege Schmiedel, Sie haben uns vorgeworfen, wir hät ten 8 000 Lehrerstellen abbauen wollen. Wer hat denn die Zahl 11 600 in die Landschaft geworfen? Das waren doch nicht wir.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Die existiert doch nicht mehr!)

Ja, sie existiert nicht mehr. Sie hat aber lange genug exis tiert.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Nein, die gab es nie!)

„Niemand hat die Absicht, 11 600 Lehrerstellen abzubau en.“ Ja, ja, so etwas kennen wir, meine Damen und Herren.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Sie haben doch selbst 8 000 abbauen wollen!)

Wir haben von Anfang an gesagt, dies sei ein falsches Kon zept. Wir haben den Abbau der 11 600 Stellen immer für falsch gehalten.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Sie haben doch die 8 000 selbst hineingeschrieben!)

Es besteht ein Unterschied zwischen 8 000 und 11 600. Wenn man nun sagt: „8 000 Stellen sind zu viel, deshalb schla gen wir 11 600 Stellen vor“, dann ist das eine Gagalogik, Herr Kollege Schmiedel.

(Heiterkeit und Beifall bei der FDP/DVP und Abge ordneten der CDU)

Was machen Sie denn für eine Politik? Sie haben ein falsches Konzept durch gar kein Konzept ersetzt. Nun weiß man über haupt nicht mehr, in welche Richtung es geht. Es gibt keine Zahlen mehr. Es gibt keine Maßstäbe, weil Sie sich nicht ei nig sind. Was dieses Parlament erwarten könnte, Herr Minis ter, fehlt jedenfalls: Es fehlt ein nachvollziehbarer Zusammen hang zwischen der Bildungspolitik und den dafür erforderli chen Stellen.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Das haben wir doch! Das steht doch im Haushalt drin!)

Ja, dann legen Sie es auf den Tisch.

Sie feiern sich für Pensionsrückstellungen und verschweigen dabei, dass die Beamten das meiste dabei durch einen gesetz lich verordneten Gehaltsabzug selbst erbringen.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Genau! So ist es!)

Wenn Sie sich für diese Großtat feiern, verschweigen Sie da bei – es ist richtig, dass wir auch nicht mehr geleistet haben –, dass Sie pro Beamten lediglich 6 000 € im Jahr einstellen. Bei den Privatschulen hingegen verlangen Sie quasi als Er satz für die Staatslehrer 13 000 € im Jahr. Das ist die Realität.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Genau! – Zuruf des Abg. Claus Schmiedel SPD)

Das ist die Fairness, die Sie im Umgang mit den privaten Schulen anwenden, meine Damen und Herren. Das ist die Re alität und nicht Ihre Sonntagsreden.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Eine schlichte Selbstverständlichkeit kommt Ihnen nicht über die Lippen.

Sie haben sich auch heftig gefeiert für das, was Sie in der Flüchtlingspolitik angeblich auf den Weg gebracht haben. Im Sinne des Konnexitätsprinzips wäre es aber eine Selbstver ständlichkeit, den Kommunen zu sagen: Wir gewähren einen vollständigen Kostenersatz für die Leistungen der Stadt- und Landkreise für die Flüchtlingsaufnahme. Wo ist hier das Kon nexitätsprinzip?

(Zuruf des Ministers Dr. Nils Schmid)

Sie sagen: „Das können wir uns nicht leisten.“ Okay, aber dann sollten Sie sich nicht für angebliche Jahrhundertleistun gen in der Flüchtlingspolitik feiern, meine Damen und Her ren.

Sie kündigen Stellenhebungen bei der Polizei an. Was ist ei gentlich mit der versprochenen zweigeteilten Laufbahn? Die se haben Sie doch immer versprochen. Das waren Ihre politi schen Versprechen.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Nicht alles geht sofort!)

Herr Minister, ich habe ein gewisses Verständnis dafür, dass die verkorkste Polizeireform Ihres Kollegen Innenministers in Ihren Ausführungen keinen Raum einnimmt. Ich gebe zu, ich hätte dieses Thema als Finanzminister wahrscheinlich auch vermieden.

(Heiterkeit bei der FDP/DVP und der CDU – Zuruf des Ministers Reinhold Gall)

Bitte? Herr Minister, ich habe Sie nicht verstanden.

(Minister Reinhold Gall: Sie haben relativ wenig Ah nung von der Reform! – Abg. Martin Rivoir SPD: Autos in blau!)

Ich weiß, dass Sie wie Speedy Gonzales sofort aus dem Sitz springen, wenn das Wort „Polizeireform“ fällt. Dafür habe ich Verständnis, Herr Minister.

(Zurufe von der SPD)

Wäre ich als Innenminister an Ihrer Stelle, dann würde mir beim Fallen des Stichworts Polizeireform auch sofort der Blut druck auf 320 schießen.

(Minister Reinhold Gall: 110 reicht!)

Dafür habe ich volles Verständnis, Herr Minister.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Zuruf des Ministers Reinhold Gall)

Wir werden während der Haushaltsberatungen konkrete Vor schläge machen; beispielsweise werden wir die Wiederein führung der Studiengebühren als nachlaufende Studiengebüh ren beantragen.

Meine Damen und Herren, wir müssen für die Infrastruktur wesentlich mehr tun, nicht nur im Straßenbau, aber auch im Straßenbau. Hier muss man den Verkehrsminister zwingen, Straßen zu bauen, indem man seinen Haushalt so ausstattet, dass er gar nicht anders kann. Dabei wollen wir ihm helfen, meine Damen und Herren.

(Heiterkeit bei der FDP/DVP und der CDU – Lachen bei den Grünen und der SPD – Zuruf der Abg. Edith Sitzmann GRÜNE)

Wir werden den Vorschlag machen, für die Infrastruktur, und zwar nicht nur für den Straßenbau, sondern – Minister Bon de kann sich hier freuen – auch für den Ausbau der digitalen Infrastruktur, ein Sonderprogramm in Höhe von 1 Milliarde € zur Verfügung zu stellen. Diese Mittel sollen in einen Fonds kommen. 200 Millionen € sollen dann pro Jahr abgearbeitet werden. Wir werden auch sagen, woher wir die Milliarde neh men. Wir wollen nämlich eine Umfinanzierung von konsum tiven Ausgaben hin zu Investitionen – Investitionen in die In frastruktur.

Es wurde vorhin – ich glaube, von Herrn Kollegen Hauk – zu Recht gesagt, Infrastrukturförderung sei auch Wirtschaftspo litik. Das ist wichtig für die Zukunft unseres Landes BadenWürttemberg, und wir werden in den Haushaltsberatungen sehr konkrete Vorschläge machen, wie wir uns das vorstellen. Ich bin gespannt, was Sie dazu zu sagen haben.

Meine Damen und Herren, was Ihre Haushaltspolitik angeht, möchte ich mit einem Zitat aus der Eingangsrede des Finanz ministers schließen und ihm recht geben. Herr Minister, Sie haben gesagt:

Die besten Zeiten unseres Landes liegen noch vor uns.

Da haben Sie recht – allerdings erst, wenn diese Regierung Geschichte ist, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU)

Für die Landesregierung erteile ich Herrn Minister Dr. Schmid das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist schon be merkenswert: Wir führen eine wirklich lange Haushaltsdebat te, in der allein der CDU-Vertreter über eine Stunde geredet hat.