Protocol of the Session on November 12, 2014

ein Gesetz geschaffen zu haben, das künftig Tierschutz, Na turschutz und Jagd verbindet und dabei das Land für die Zu kunft aufstellt. Deshalb bitte ich Sie um Ihre Zustimmung.

Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grünen)

Für die FDP/DVP-Frak tion erteile ich Herrn Abg. Dr. Bullinger das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Herr Pix, zweieinhalb Jahre Diskussion, und dann so ein elendes, un brauchbares Gesetz – das ist kein Schmuckstück.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU)

All das, was der Kollege gerade aufgezählt hat, hätte ohne Probleme in das bewährte, praxisnahe, bestehende Jagdgesetz integriert bzw. durch Fortschreibung teilweise eingebaut wer den können. Dazu hätten wir all das nicht gebraucht.

Anlässlich der Ersten Beratung des Gesetzentwurfs am Mitt woch, 8. Oktober dieses Jahres, habe ich vorgeschlagen, die dritte Lesung gleich mit zu machen, da ich befürchtete, dass er ohnehin von Grün-Rot durchgewinkt wird. Genau so kam es. Ein Blick in die Beschlussempfehlung zeigt, dass ledig lich eine Handvoll Ergänzungen – die den Gesetzentwurf aber auch nicht akzeptabel machen – nachgeschoben wurden.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Kleinreden!)

Diese kosmetischen Ergänzungen können nicht darüber hin wegtäuschen, dass mit dem vorgelegten neuen Jagd- und Wild tiermanagementgesetz ein gutes, bewährtes und praxisorien tiertes Jagdrecht auf dem Altar von Ideologie und Tier- und Naturschutz geopfert wird, meine Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und der CDU)

Was Sie heute beschließen, ist faktisch die Abschaffung des bewährten Jagdrechts durch die Unterordnung unter das Na tur- und Tierschutzrecht. Gleichzeitig entmündigen Sie, mei ne Damen und Herren von Grün-Rot, das Parlament durch zahlreiche Ermächtigungen des Jagdministeriums und lassen die wichtigsten Entscheidungen nach Ideologie sowie nach Lust und Laune des jeweiligen Jagdministers treffen. Als Par lamentarier frage ich Sie, ob wir als vom Volk gewählte Par lamentarier uns so entmündigen lassen sollten.

(Oh-Rufe von den Grünen)

Der Tierschutz ist seit dem Jahr 2000 in Artikel 3 b der Lan desverfassung verankert und seit 2002 in Artikel 20 a des Grundgesetzes. Mir ist in den letzten zwölf bis 14 Jahren kei ne erfolgreiche Verfassungsklage gegen das Bundes- oder Landesjagdrecht bekannt, in der festgestellt worden wäre, dass dieses Fachrecht gegen die Verfassung verstoßen hätte. Die ses Argument zählt also nicht, Herr Kollege. Bei einer Novel lierung wäre eine Fortschreibung neuer Erkenntnisse und Rechtsempfindungen ohne Probleme möglich gewesen.

Bei der Anhörung zu dem überarbeiteten Gesetzentwurf am Dienstag, 9. Oktober 2014, also einen Tag vor der ersten Le sung, waren alle zwölf gehörten Experten mit dem Ergebnis nicht zufrieden.

Dass natürlich weltfremde Wünsche wie neun Monate Jagdru he oder totales Verbot der Fuchsjagd – wir haben die vielen Mails gesehen – nicht in das neue Jagdgesetz einfließen kön nen, war den seriösen Natur- und Umweltschutzverbänden auch klar.

Das neue Jagdgesetz ist inkonsequent. Denn es verlangt Jagdru he, lässt aber weiterhin Tag und Nacht Jogger bzw. Biker im Wald herumtollen – ohne Rücksicht auf die Natur. Die Wild schadensregelung fehlt völlig. Unzureichend ist auch die Seu chenprävention durch die Neuregelung der Fuchsjagd. Eine Zumutung ist die Bürokratie bei der Fallenjagd. Wo sind die Konsequenzen im Schalenmodell für Biber und Kolkrabe? Bürokratie wurde nicht ab-, sondern aufgebaut.

Das neue Gesetz von Grün-Rot ist voller Ideologien, voller Misstrauen gegen den kundigen Jäger, und vor allem verstößt es eklatant gegen Eigentumsrechte. Das Jagdrecht ist in Deutsch land ein an Grund und Boden gebundenes Eigentumsrecht. Es steht unter dem Schutz von Artikel 14 des Grundgesetzes.

Verbieten, Bevormunden, Vorschreiben, Gängeln – wir Libe ralen haben ein anderes Weltbild von mündigen Bürgern, mei ne Damen und Herren.

(Vereinzelt Beifall)

Dass eine Anpassung an neue Rechtsentwicklungen durch ei ne Fortschreibung des geltenden und bewährten Landesjagd gesetzes voll und ganz genügt hätte, sage nicht nur ich, son dern das wurde auch von allen drei kommunalen Landesver bänden bei der Anhörung bestätigt.

Dass nicht nur der Landesjagdverband, der nicht 300, sondern 30 000 Heger, Pfleger und Jäger vertritt, aufgrund einer Viel zahl von Forderungen, auf die nicht eingegangen wurde, die ses Gesetz ablehnt, sondern dass es auch eine gemeinsame Resolution der beiden Bauernverbände, der Forstkammer, des

Verbands der Jagdgenossenschaften und Eigenjagdbesitzer gegen dieses ideologisch geprägte bürokratische Monster gibt, ist schon bezeichnend, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Werte Kolleginnen und Kollegen, wir von der FDP/DVPLandtagsfraktion lehnen dieses ideologisch orientierte und für die Praxis wenig taugliche Gesetzeswerk ab, weil es die kun digen Jäger und Heger bevormundet und gängelt, weil es Ei geninitiative und Ehrenamt bestraft, weil es keine Wildscha densregelung vorsieht, weil es durch viele Ermächtigungen am Landtag vorbei der Exekutive Tür und Tor öffnet, weil es Bürokratie nicht abbaut, sondern Bürokratie mehrt, weil es für den ländlichen Raum insgesamt schädlich sein wird und weil es die im Grundgesetz verankerten Eigentumsrechte mit Fü ßen tritt.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Werte Kolleginnen und Kollegen, die soeben aufgezählten Ar gumente gegen dieses Gesetzeswerk werden die Mehrheit, Grün-Rot, vermutlich nicht daran hindern, zuzustimmen. Auf gabe des neuen Landtags 2016 wird in den ersten hundert Ta gen sein, dieses praxisuntaugliche Gesetz zu korrigieren.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU – Zurufe: Sehr gut! – Gegenruf des Abg. Claus Schmiedel SPD: Da lachen ja die Hühner!)

Meine Damen und Herren, wir von der FDP/DVP-Fraktion lehnen dieses Gesetz in Gänze ab. Für meine Fraktion bean trage ich namentliche Abstimmung über das Gesetz im Gan zen. Die erforderliche Unterstützung, Herr Präsident, durch fünf Abgeordnete ist gewährleistet.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Für die Landesregierung spricht Herr Minister Bonde.

(Zuruf von der CDU: Er hat es schwer! – Unruhe)

Herr Präsident, meine sehr verehrten Da men und Herren! Heute können wir mit dem Gesetz für das Jagd- und Wildtiermanagement in Baden-Württemberg ein modernes Jagdrecht auf den Weg bringen. Das alte Jagdrecht in Baden-Württemberg stammt aus einer Zeit, bevor sich vie les verändert hat.

Inzwischen haben wir im Grundgesetz das Staatsziel Tier schutz verankert, inzwischen hat die Landesverfassung uns allen einen Auftrag zur Achtung der Tiere als Mitgeschöpfe ins Stammbuch geschrieben. Das europäische und das Bun desnaturschutzrecht haben sich deutlich weiterentwickelt. Das führt dazu, dass wir nun auch im Jagdrecht diese neuen Her ausforderungen angehen müssen, den Umgang mit Wildtie ren in Baden-Württemberg mit einem modernen Gesetz auf Basis der heute geltenden gesellschaftlichen, tierschutz-, na

turschutz- und jagdrechtlichen Vorstellungen weiterzuentwi ckeln.

(Beifall bei den Grünen und des Abg. Claus Schmie del SPD)

Wir passen das Jagdrecht damit den Veränderungen in der Umwelt und der Gesellschaft an. Die Notwendigkeit der Wei terentwicklung des Jagdgesetzes ist doch auch in den Debat ten mit Händen zu greifen. Es gibt in unserer Gesellschaft in zwischen Vorstellungen, die es nicht mehr tragfähig machen, dass beispielsweise Katzen und Hunde frei zum Abschuss ste hen.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Wer macht denn so was, Herr Minister? Mir ist kein Fall bekannt!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, auch der Einsatz von Totschlagfallen ist mit heutigen gesellschaftlichen Vor stellungen zum Tierschutz nicht mehr vereinbar. Deshalb han deln wir mit diesem Gesetzentwurf.

(Beifall bei den Grünen)

Das Gleiche gilt auch bei den notwendigen neuen Regelun gen zur Fütterung, Regelungen, die Auswüchsen hier einen Riegel vorschieben und die sicherstellen, dass Wildtiere ge nau das sind und sein können: Wildtiere.

Mit dem Gesetzentwurf gehen wir an einer Stelle einen neu en Weg, nämlich mit den Elementen des Schalenmodells und des Wildtiermanagements. Das ist ein neuer Kerngedanke des Gesetzes. Damit wollen wir die Zusammenarbeit von Jagd und Naturschutz in Zukunft stärken und herauskommen aus der Diskussion, in der bei unterschiedlichen Interessenlagen über die gleichen Tiere als von „Mein Tier, dein Tier“ gespro chen wird. Wir wollten, dass man hier gemeinsam vorangeht, dass Vertreter von Jagd, Naturschutz und Tierschutz an einem Tisch gemeinsam offen über einen angemessenen Umgang mit Wildtieren diskutieren und dass über das Schalenmodell eine Lösung bewusst im Jagdgesetz erfolgt.

Weil das ein innovativer, neuer Ansatz ist – der übrigens von unterschiedlichen Seiten begrüßt wurde –, sind wir nicht ein fach an eine Fortschreibung des alten Gesetzes herangegan gen, sondern gehen hier einen Weg, von dem wir glauben, dass er ein guter Weg ist, weil er Dinge, die zusammengehören, zu sammenbringt und die Jagd gerade auch in ihrer Hegefunkti on, also auch in ihrer Bedeutung für den Naturschutz, ernst nimmt und mitnimmt.

Weitere Kernziele neben der Stärkung und der Umsetzung der Verfassungsaufträge, die ich angesprochen habe, neben der Berücksichtigung der aktuellen wildökologischen Erkenntnis se hatte ich bereits bei der Einbringung hier vorgestellt. Ich will noch einmal daran erinnern, was im Gesetzentwurf dar über hinaus noch an wichtigen Neuerungen enthalten ist: Um setzung des erfolgreichen Projekts „Rehwildbewirtschaftung ohne behördlichen Abschussplan“, also das Projekt RobA, jetzt auch in der Fläche zu verankern, damit Bürokratie abzu bauen, die notwendige gesetzliche Verankerung des General wildwegeplans vorzunehmen, aber mit der Einführung des Wildtiermonitorings hier auch neue Wege zu gehen.

Ich will schon einmal deutlich sagen: Die vielen Änderungs wünsche vonseiten der Verbände machen deutlich, dass alle Verbesserungen am bisher geltenden Jagdrecht gesehen ha ben. Dass sich jetzt nicht alle damit zufriedengeben, liegt in der Natur eines Kompromisses. Aber es ist ein guter Kompro miss, der die notwendigen Veränderungen praxistauglich um setzt, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Das im Entwurf vorliegende Gesetz wird auch einen Beitrag leisten, die Verbraucherinnen und Verbraucher zu schützen, indem wir Anforderungen an Jagdmunition formulieren. Das ist ein Schritt, den wir übrigens schon zu Beginn der Legisla turperiode für den Staatswald umgesetzt haben. Wir haben da mals, in Einigkeit mit dem Landesjagdverband, angekündigt, mit einer entsprechenden Übergangsfrist dieses Thema auch im Landesjagdgesetz anzugehen. Die Natürlichkeit und die Hochwertigkeit des regionalen Produkts Wildbret stehen da bei für uns im Fokus.

Herr Abg. Reuther, weil Sie die EU-Kommission angespro chen haben, will ich sagen: Die Bemerkung der EU-Kommis sion, die unser Gesetz damit inzwischen notifiziert hat, dass sie Verfahrensanforderungen nach der Chemikalienverord nung REACH sieht, teilen wir nicht. Sie würde übrigens auch bestehende Regelungen wie den Einsatz von Bleischrot an Ge wässern, die schon Bestandteil der heutigen Gesetzgebung sind, betreffen, und es fällt auf, dass die EU-Kommission die se nie kritisiert hat. Das steht auch im Einklang damit, dass wir hier keinen bestimmten Stoff angehen, sondern Gesund heitsgefahren, die von Rückständen ausgehen, zu reduzieren versuchen.

Schließlich, meine sehr verehrten Damen und Herren, zeigen die Diskussionen im Zusammenhang mit der Novellierung von Naturschutz- und Jagdgesetzen in anderen Bundeslän dern, aber auch die Diskussion im Bund über die Anpassung des Bundesjagdgesetzes, dass wir in Deutschland eine gemein same Einschätzung haben. Auch die Diskussion in der Agrar ministerkonferenz und die Aufforderung der Mehrheit der Länder an den Bund, in Sachen Einsatz von Bleimunition und anderen gefährlichen Munitionsarten einzuschreiten, machen deutlich, dass es hier einen Handlungsbedarf gibt.

Erlauben Sie mir, dass ich noch das Thema Ermächtigungen aufgreife. Bereits heute enthält das bisherige Jagdgesetz eine Reihe von Ermächtigungen, auf deren Basis dieses Gesetz schon über Verordnungen der Landesregierung und des Mi nisteriums weiter ausdifferenziert wird. An dieser Struktur ha ben wir nichts verändert. Insofern verstehe ich das Argument, hier würde der Landtag aus dem Spiel genommen, nicht. Kri tisiert wurde beispielsweise die Ermächtigung, dass die Lan desregierung weitere Arten in das Jagdgesetz aufnehmen kann. Diese ist jedoch Bestandteil des alten Gesetzes, das von den jenigen, die darin jetzt eine Entmachtung des Landtags sehen, mit verabschiedet worden ist.