Protocol of the Session on July 27, 2011

Wir hatten intensiv über eine ganze Reihe von Anträgen dis kutiert, und zwar auch über Anträge, denen man große Sym pathie entgegenbringen kann, z. B. zu den betrieblichen Aus bildungszentren. Wir möchten aber hier nicht mit der Gieß kanne vorgehen. Das ist nur ein Nachtrag, und Ziel dieses Nachtrags ist es, Schwerpunkte zu setzen, nicht den ganzen Haushalt anders zu gestalten. Dieser Aufgaben nehmen wir uns 2012 mit dem regulären Haushalt an.

Sanieren, Nettokreditaufnahme vermindern – das sind die gro ßen Aufgaben. Hier stellt sich die Frage nach der Wirtschaft lichkeit. Sie wurde von der Opposition verneint. Ich sage ein fach: Wenn wir uns zeitnah und rechtzeitig um unser Landes vermögen kümmern, rechtzeitig reparieren, dann ist das das größte Sparprogramm, das wir auflegen können.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Mit diesen Sanierungen können wir auch die Betriebskosten senken.

(Zuruf von der SPD: Richtig!)

Wir werden energetische Sanierungen betreiben und dadurch große Vorteile bei den laufenden Kosten erhalten. Auch das ist ein gutes, wichtiges Sparprogramm.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grünen – Zuruf von der SPD: Sehr richtig!)

Durch die Verringerung der Nettokreditaufnahme wird die Zinslast gesenkt. Wir können liquide Mittel aus den Steuer mehreinnahmen zur Altlastentilgung, zur Altschuldentilgung einsetzen und damit auch die Haushaltssituation verbessern.

Der nächste Punkt, der angezweifelt wird, ist die Frage der Rechtmäßigkeit des Vierten Nachtragshaushalts. Wir bewe gen uns dabei in einem Spannungsfeld und müssen fragen: Wie weit senken wir die Nettokreditaufnahme? Ist eine Rück lage zulässig? Schulden, meine Damen und Herren, sind eine Last für die Zukunft. Das sehen wir alle in diesem Haus so.

(Abg. Peter Hauk CDU: Warum machen Sie sie dann?)

Aber der Vermögensverzehr ist eine ebenso große Last für die Zukunft. Auch diesem Thema müssen wir uns widmen.

(Beifall bei der SPD und den Grünen – Abg. Claus Schmiedel SPD: So sieht es aus!)

Als politisch Verantwortliche müssen wir beide Problemfel der ernst nehmen; wir müssen Lösungen suchen und diese in die Tat umsetzen. Mit den Steuermehreinnahmen haben wir einen Spielraum bekommen, der uns hilft, die Arbeit für bei de Lösungsansätze in Angriff zu nehmen, nämlich die Rück führung der Nettokreditaufnahme und den Abbau des Sanie rungsstaus.

Meine Damen und Herren, uns als politisch Verantwortlichen darf dieser Handlungsspielraum nicht genommen werden. Wir können uns nicht die Möglichkeit verbauen lassen, hier rich tige Entscheidungen für die Zukunft zu treffen.

Ich zitiere aus der Stellungnahme zum Antrag der Fraktion der SPD, Drucksache 14/6223. Der verehrte Kollege Herr Stä chele ließ mitteilen:

Schuldenbegrenzungsregeln dürfen die Handlungsfähig keit des Haushaltsgesetzgebers nicht über die Maßen ein schränken.

(Oh-Rufe von der SPD – Wo ist er denn, der Herr Stä chele?)

Da sind wir uns also einig.

(Abg. Peter Hauk CDU: Das sagte die Exekutive!)

Das Zweite ist die Rechtmäßigkeit im Lichte der Landeshaus haltsordnung. Die Landeshaushaltsordnung enthält verschie dene Regelungen; wir haben schon ausführlich davon gehört. Ich zitiere in diesem Zusammenhang wiederum aus der Drucksache 14/6223:

Für die aktuelle Haushaltssituation gilt somit: Zwar greift die Regelung nach § 18 Abs. 3 Nr. 1 LHO nur im Jahr 2010; eine Nettokreditaufnahme ist jedoch gemäß § 18 Abs. 3 Nr. 2 LHO zur Bewältigung der Folgen der Finanz markt- und Wirtschaftskrise auch in den Jahren 2011, 2012 und 2013 zulässig.

Das sagte der damalige Finanzminister Stächele.

(Beifall bei der SPD und den Grünen – Abg. Ingo Rust SPD: Aha! Na so was! – Zuruf von der SPD: Sehr gutes Zitat!)

Meine Damen und Herren, nehmen Sie es uns ab: Wir sind bemüht, diese Nettokreditaufnahme in den Griff zu bekom men. Die eingebrachte Vorlage eines Nachtragshaushalts ist ein erster Schritt. Wir sind bemüht, und deshalb brauchen wir auch den Spielraum, die bestehenden riesigen Deckungslü cken für das Jahr 2012 und die folgenden Jahre, die in der Fi nanzplanung sichtbar werden, zu schließen, und zwar vorsich tig und nachhaltig, so, wie es ein guter Kaufmann macht. Ich werbe daher um Zustimmung zu diesem Vierten Nachtrags haushalt.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und den Grünen – Abg. Andre as Stoch SPD: Sehr gut!)

Für die Fraktion der FDP/DVP erteile ich Herrn Abg. Dr. Rülke das Wort.

Herr Präsident, lie be Kolleginnen und Kollegen! Es ist, glaube ich, in diesem Haus unstrittig, dass die Vorgängerregierung davon ausging, im Jahr 2011 810 Millionen € neue Schulden zu machen. Dass Sie jetzt „nur noch“ 560 Millionen € neue Schulden machen,

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Das ist eine Leistung!)

ist, Herr Schmiedel, etwas, was Sie uns bereits seit Wochen als große Leistung der neuen Koalition und vielleicht sogar auch noch als Sparanstrengung zu verkaufen versuchen, in der Hoffnung, dass die Menschen draußen mit einem nicht allzu hohen Intelligenzquotienten gesegnet sein mögen. Das ist die Hoffnung, die Sie in diesem Zusammenhang hegen.

Es ist jedoch nicht abzustreiten, dass der Nettobetrag von 1 Milliarde € an Steuermehreinnahmen, die Ihnen die MaiSteuerschätzung in die Kassen gespült hat, eben kein Sparbei trag ist. Wahrscheinlich werden nicht einmal Sie für Ihre ei gene Wirtschaftspolitik vorausschauend in Anspruch nehmen, dass wir diese Steuermehreinnahmen hatten.

Meine Damen und Herren, es ist doch klar erkennbar: Wenn man ausgehend von 810 Millionen € neuen Schulden 1 008 Millionen € Steuermehreinnahmen hat, kann man die Null neuverschuldung schaffen und hat noch immer 200 Millio nen € zur Verfügung, um, wie der Finanzminister formuliert hat, Duftmarken zu setzen. Das machen Sie aber nicht. Sie bleiben bei einer Neuverschuldung von 560 Millionen €, um eben 560 Millionen € für Ihre Rücklage zu haben.

Frau Aras, an dieser Stelle haben Sie schon einen etwas ei gentümlichen Eigenkapitalbegriff, wenn Sie davon ausgehen,

dass man 560 Millionen € Schulden als Eigenkapital betrach ten kann.

(Abg. Muhterem Aras GRÜNE: Das sind keine Rück lagen! Das gehört zum Eigenkapital!)

Es gibt eine ganze Reihe von Maßnahmen in diesem Nach tragshaushalt, die durchaus nachvollziehbar sind. An der ei nen oder anderen Stelle haben wir Änderungsanträge einge bracht, die zu moderaten Mehrausgaben geführt haben. Wir haben allerdings an jeder Stelle auch deutlich gemacht, wie wir diese Mehrausgaben gegenfinanzieren würden. Herr Kol lege Herrmann war noch etwas großzügiger als wir. Beispiels weise wollte die CDU-Fraktion 3 Millionen € mehr an Un wetterhilfen für die Landwirtschaft, wir wollten nur 2 Milli onen € mehr. Ich meine, Ihnen hätte schon gut angestanden, wenn Sie bei diesen Änderungsanträgen mitgegangen wären.

(Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE: Die hat doch der Kollege Bullinger im Ausschuss selbst zurückgezo gen!)

Darüber, was Kollege Bullinger zurückgezogen hat oder nicht, kann bei Gelegenheit vielleicht Kollege Bullinger spre chen.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Im Aus schuss!)

Jedenfalls war es nicht meine Fraktion.

(Abg. Andreas Stoch SPD: Sprechen Sie nicht mehr miteinander? Bei sieben Leuten sollte das möglich sein! – Weitere Zurufe von den Grünen und der SPD)

Auch die CDU-Fraktion ist überzeugt, dass diese Unwetter hilfen durchaus sinnvoll sind. Ich finde es schon bemerkens wert, mit welcher Verbitterung Sie gegen die Landwirtschaft streiten

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und der CDU)

und wie es Sie offensichtlich ärgert, wenn man etwas für die Landwirtschaft tun möchte.

Dasselbe gilt für die überbetrieblichen Ausbildungsstätten. Wir haben beantragt, 500 000 € mehr für die überbetriebli chen Ausbildungsstätten in den Nachtragshaushalt einzustel len. Wenn ich es richtig weiß, ist das der Wille des Handwerks, der auch in ihre Fraktionen hineingetragen worden ist. Das Ganze wurde im Finanzausschuss abgelehnt. Man muss den Interessenvertretungen des Handwerks deutlich sagen, dass die neue Regierungsmehrheit nicht bereit ist, etwas für das Handwerk und für die überbetrieblichen Ausbildungsstätten zu tun.

(Oh-Rufe von der SPD – Glocke des Präsidenten)

Herr Abg. Dr. Rülke, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Dr. Rösler?

Bitte, Herr Abgeordne ter.

Herr Kollege Rülke, sind Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass der erste Termin, den der Herr Landwirtschaftsminister überhaupt wahrgenommen hat, genau zu dem von Ihnen vorher erwähnten Thema war und dass er u. a. auch deswegen den nennenswerten Betrag von 7 Millionen € eingesetzt hat, der nach allem, was wir wis sen – dem haben Sie auch im Agrarausschuss im Grundsatz nicht widersprochen –, ausreicht, um diese Schäden in einem angemessenen Maß auszugleichen?

Herr Kollege Rös ler, es mag sein, dass der Minister der Auffassung ist, dass die ser Betrag angemessen sei. Wir sind der Auffassung, dass ein höherer Betrag angemessen ist.