Protocol of the Session on October 8, 2014

Kollegin Lindlohr hat es schon angesprochen: Wir wollen zu sätzlichen Wohnraum schaffen. Aber da, wo der Markt nicht in der Lage ist, faire Bedingungen zwischen Angebot und Nachfrage zu schaffen, sind letzten Endes ordnungsrechtliche Maßnahmen notwendig. Deswegen müssen wir uns hier breit aufstellen und dürfen uns nicht nur auf die Angebotsseite fo kussieren.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Kollegin Lindlohr hat auch diesen Punkt schon angesprochen: Wir setzen auf eine Ausweitung des Angebots. Sie hat auch die Entwicklung der Zahl der fertiggestellten Wohnungen in Baden-Württemberg angesprochen: 2013 waren es im Ver gleich zu 2008 fast 50 % mehr.

Ich möchte in diesem Zusammenhang auch ganz gezielt auf die frei finanzierten Kreditprogramme der L-Bank des Lan des verweisen, die nicht direkt vom Land gefördert worden sind. Auch da haben wir im letzten Jahr ein Plus von 50 % verzeichnet. Jetzt sind wir bei 2,2 Milliarden € Kreditvolu men. Das zeigt, dass wir hier in Baden-Württemberg richtig aufgestellt sind.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Ich bin dem Kollegen Wald dankbar dafür, dass er auch dar gestellt hat, welche wichtigen Maßnahmen die schwarz-rote Bundesregierung ergreift.

Aber auch hier in Baden-Württemberg geht vieles voran. Ich verweise auf das Landeswohnraumförderungsprogramm. Zum einen haben wir – darin sind wir uns über alle Fraktionsgren zen hinweg einig – den sozialen Wohnungsbau im Eigentums bereich entsprechend weiterentwickelt. Das sind zwar nur ein zelne Stellschrauben, aber hier im Haus herrscht die Grund übereinstimmung, dass das Programm gut läuft.

Zum anderen haben wir, nachdem das entsprechende Pro gramm von der schwarz-gelben Vorgängerregierung mehr oder weniger komplett abgebrochen wurde, auch den sozia len Mietwohnungsbau hier in Baden-Württemberg wieder zum Laufen gebracht. Zugegeben, 2012 gab es noch Schwie rigkeiten, aber 2013 sind die enorm hohen Programmmittel in einer Größenordnung von 40 Millionen € auch abgerufen wor den. Insofern war das ein ganz großer Meilenstein, den wir nicht kleinreden sollten.

Des Weiteren haben wir in unserem Landeswohnraumförde rungsprogramm auch andere innovative Elemente massiv ge stärkt. Auch hierüber herrscht großer Konsens im Haus, z. B. was die Förderung von energetischen Modernisierungen und des barrierefreien Umbaus zugunsten von Wohnungseigentü

mergemeinschaften angeht. Auch da verzeichnen wir laut ei ner Pressemitteilung der L-Bank eine dreifache Erhöhung des Kreditvolumens. Auch dieser Programmbestandteil läuft her vorragend. Wir sind also auf dem richtigen Weg. Daher bin ich auch guter Dinge, was die Unterstützung des Erwerbs von Genossenschaftsanteilen angeht, den wir neu in das Landes wohnraumförderungsprogramm 2014 aufgenommen haben.

(Abg. Tobias Wald CDU: 20 Anträge!)

Ein Element ist mir besonders wichtig, das schon lange Zeit im Landeswohnraumförderungsprogramm steht: Das ist der Erwerb von Miet- und Belegungsrechten bei entsprechender Einhaltung der Regeln des sozialen Wohnungsbaus. Das steht schon lange im Programm.

Was noch gefehlt hat, ist ein entsprechendes Berechnungstool, das dem zugrunde liegt. Ich vernehme im Augenblick aus dem MFW, dass man in dieser Angelegenheit sehr weit sei und dass dieses Tool bald fertig sei. Ich glaube, dass wir auf diese Wei se neuen Schwung in den sozialen Wohnungsbau bringen kön nen. Ich weiß, in Karlsruhe liegt ein Antrag der Unterneh mensgruppe VOLKSWOHNUNG vor; dabei geht es um 15 bis 20 Wohneinheiten. Es gibt zurzeit auch einige wenige pri vate Eigentümer, die ihre Wohnungen anbieten können.

Obwohl es zurzeit nur eine zweistellige Anzahl ist, bin ich überzeugt: Wenn dies alles läuft – vielleicht kann der Minis ter gleich noch etwas zum aktuellen Sachstand ausführen –, dann haben wir einen nächsten ganz zentralen Baustein im Landeswohnraumförderungsprogramm, der dafür sorgen wird, dass Wohnungen nicht nur gebaut werden, sondern für die Menschen auch bezahlbar bleiben.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Ich hatte es vorhin schon angesprochen: Man braucht natürlich auch ordnungsrechtliche Elemente. Denn Wohnraum muss be zahlbar sein, und zwar nicht nur für Besserverdienende. Des halb ist die Mietpreisbremse ein richtiges Instrument. Deshalb ist es auch völlig richtig, dass wir – die Bedenken des Kolle gen Wald dagegen kann ich nicht nachvollziehen – an dieser Stelle eingreifen.

Welche Situation finden wir denn in Großstädten vor? In Ba den-Württemberg ist es zwar auch schlimm, wie Kollegin Lindlohr am Beispiel Freiburg aufgezeigt hat, aber wir haben hier noch lange nicht die Probleme, wie wir sie in Städten wie Münster, Berlin und Hamburg kennen, in denen die Neuver mietungsmieten im Mittel zum Teil um 30 oder 40 % höher liegen. Das heißt, in der Spitze liegen sie zum Teil um 70, 80 oder 90 % höher. Das sind Mieten, die niemand, der einen neuen Job in diesen Städten sucht, zahlen kann. Deswegen gilt es, hier nachzusteuern und die notwendigen ordnungsrechtli chen Maßnahmen nicht zu blockieren.

Wir sind der Auffassung, dass es ein sehr solides Gesetz ist. Es orientiert sich interessanterweise auch von seiner Struktur her genau an der Kappungsgrenzenregelung, die in der ver gangenen Legislaturperiode auf Bundesebene zusammen mit der FDP beschlossen worden ist. Das sind genau die gleichen bürokratischen Elemente. Man kann jetzt dagegen sein – ich bin nicht dagegen –, aber ich verstehe nicht, wie Sie, wenn Sie auf der einen Seite die Regelung bei der Kappungsgren ze richtig finden und mit beschließen, auf der anderen Seite

die gleiche Regelung bei der Mietpreisbremse als bürokra tisch bezeichnen können. Das ist keine Linie.

Ich glaube, die Große Koalition auf Bundesebene und auch die grün-rote Landesregierung hier in Baden-Württemberg ha ben eine klare Linie. Sie setzen das um, was der Wohnungs markt braucht. Deswegen bin ich der Überzeugung: Wir sind bei allem, was man im Einzelnen vielleicht noch nachsteuern kann, auf einem richtigen und guten Weg für die Menschen in diesem Land, damit sie Wohnungen finden und diese auch bezahlen können.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Für die Landesregierung spricht Herr Minister für Finanzen und Wirtschaft Dr. Nils Schmid.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, lie be Kolleginnen und Kollegen! Den „Tag des Mieters“ gibt es meines Wissens noch nicht, aber ich glaube, der 23. Septem ber wäre ein ganz guter Kandidat. Denn an diesem Tag hat sich die Große Koalition in Berlin auf die Mietpreisbremse geeinigt und damit auch für uns in Baden-Württemberg den Weg frei gemacht, dem Wohnungsmangel entschiedener zu begegnen, gerade wenn es um bestehenden Wohnraum geht.

Ich bin schon etwas erstaunt, Kollege Wald, dass ausgerech net die CDU Baden-Württemberg jetzt hier gegen die Miet preisbremse argumentiert. Ich muss schon fragen: Regieren wir in Berlin jetzt gemeinsam oder nicht?

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Ja! Wo ist denn die Ko alitionstreue?)

Haben wir das jetzt gemeinsam beschlossen oder nicht? Hat Bundeskanzlerin Merkel damit einen Bundestagswahlkampf bestritten oder nicht?

Deshalb sage ich einmal eines, liebe Kolleginnen und Kolle gen von der CDU: Es geht nicht an, auf der einen Seite die Er höhung der Städtebauförderung durch die der SPD angehö rende Bundesbauministerin Hendricks und die der SPD ange hörende Staatssekretärin Rita Schwarzelühr-Sutter aus BadenWürttemberg zu bejubeln

(Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Ja!)

und sich dann auf der anderen Seite, wenn es um die Miet preisbremse geht, aus der Verantwortung zu stehlen.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Für mich ist das nur ein weiterer Beleg dafür, dass die CDU Baden-Württemberg nicht nur in der Wohnungspolitik völlig ohne Kompass ist. Sie wissen nicht, was Sie tun, Sie wissen nicht um die Nöte der Mieterinnen und Mieter in Baden-Würt temberg, die in einer der renditeträchtigsten Gegenden Deutsch lands wohnen, wie aus dem jüngsten Marktreport für studen tisches Wohnen, erstellt von CBRE in Zusammenarbeit mit der Technischen Universität Dresden, hervorgeht. Fünf der ersten 20 Städte, was die Rendite für studentisches Wohnen anbelangt, liegen in Baden-Württemberg. Das sind unsere be

kannten Hochschulstädte. Wenn Sie, die CDU Baden-Würt temberg, dann die Einführung der Mietpreisbremse sabotie ren,

(Zuruf des Abg. Tobias Wald CDU)

dann lassen Sie Mieterinnen und Mieter, Familien und Stu dierende im Stich, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Glocke des Präsidenten)

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwi schenfrage des Kollegen Wald?

Ja.

Herr Minister, Sie haben seit einem Jahr die Möglichkeit, die Kappungsgrenze durch eine entspre chende Verordnung einzuführen. Sie haben angekündigt, die Sache unverzüglich anzugehen und diese Verordnung zu er lassen. Bis heute ist jedoch nichts geschehen.

Das ist genau das gleiche Thema wie bei der Mietpreisbrem se: Die rechtlichen Rahmenbedingungen sind in Baden-Würt temberg sehr schwierig.

Meine Frage lautet: Warum haben Sie die Kappungsgrenze in Baden-Württemberg bis heute nicht eingeführt?

Schlicht und ergreifend deshalb, Herr Kollege Wald, weil wir die aktuellen Zensusdaten einarbeiten müssen. Denn es gibt in der Tat – das hat Herr Kollege Haußmann angemerkt – ei ne Reihe von Klageankündigungen. Ich als Minister dieses Landes habe natürlich ein Interesse, dass wir für die Einfüh rung dieser Instrumente rechtssichere Gebietskulissen schaf fen.

Sie, Kollege Wald, müssen sich einmal entscheiden, ob Sie uns dafür kritisieren wollen, dass wir noch nichts gemacht ha ben, weder die Kappungsgrenze noch die Mietpreisbremse einführen konnten.

(Zuruf des Abg. Peter Hauk CDU)

Wollen Sie dieses Instrument jetzt haben oder nicht? Sie müs sen sich einmal entscheiden. Sie können nicht gleichzeitig Kritik daran üben, dass wir noch nicht gehandelt haben, und die Einführung der Mietpreisbremse ablehnen. Das passt nicht zusammen. Sie sind völlig ohne Kompass in der Wohnungs politik des Landes Baden-Württemberg.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Für die Landesregierung gehört beides zusammen: das Prob lem des fehlenden neuen Wohnraums, aber eben auch das Pro blem, dass bestehender Wohnraum bezahlbar bleiben muss. Die ganze Aktuelle Debatte zeigt, dass Sie eher auf Getöse setzen und die Grundlogik dieser Wohnungspolitik nicht ver standen haben. Denn es ist eigentlich ganz einfach. Eine zeit gemäße Wohnungspolitik muss drei Dinge leisten: Erstens muss sie für mehr bezahlbaren Wohnraum sorgen, zweitens muss sie bestehenden Wohnraum sichern, und drittens muss sie – das gehört ganz eng dazu – in diesem bestehenden Wohn raum, soweit es irgendwie geht, die Mieten für die Familien

bezahlbar halten. Da gibt es gar keinen künstlichen Wider spruch.

Deshalb ist es richtig, was Olaf Scholz in Hamburg gesagt hat: „Das beste Mittel für bezahlbare Mieten ist, mehr Wohnun gen zu bauen.“ Das macht er in Hamburg, aber in Hamburg werden auch eine Kappungsgrenze und eine Mietpreisbrem se eingeführt, meine sehr verehrten Damen und Herren, weil er die Mieterinnen und Mieter sofort schützen will. Beides ge hört untrennbar zusammen. Beides machen auch wir, die Lan desregierung von Baden-Württemberg.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Wenn es einen Widerspruch in der Wohnungspolitik gibt, lie be Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP/DVP, dann liegt er in Ihrer Politik: Sie reden nämlich jetzt mit großer Be geisterung von der Notwendigkeit, zusätzlichen Wohnraum zu schaffen, Sie nehmen sogar das wunderschöne Wort „so ziale Mietwohnraumförderung“ in den Mund, aber in Ihrer Regierungszeit haben Sie null Komma null eigene Mittel ein gestellt, sondern sich darauf beschränkt, die Bundesmittel wei terzuleiten. Sie haben die Mittel für den sozialen Wohnungs bau zurückgefahren; wir haben sie erhöht. Sie haben nur da rüber geredet; wir haben gehandelt, meine sehr verehrten Da men und Herren.