Herr Präsident, meine Da men und Herren! Heute beraten wir in erster Lesung das Um weltverwaltungsgesetz, ein Gesetz zur Vereinheitlichung des Umweltverwaltungsrechts und zur Stärkung der Bürger- und Öffentlichkeitsbeteiligung. Das ist, wie Sie schon gehört ha ben, eine ziemlich trockene Materie. Aber man muss genau er hinschauen, was das Gesetz bewirken soll.
Der Herr Minister hat schon darauf hingewiesen, dass wir in einer Vielzahl von Fachgesetzen Umweltbelange regeln und dass wir das Ganze in einem Gesetz zusammenführen wollen. Eine Doppelung von Regelungen in manchen Gesetzen lässt sich nicht verhindern. Diese Situation haben wir nicht nur im Umweltrecht, sondern in vielen anderen Rechtsbereichen auch. Das gilt eben für die Materie insgesamt. Aber ich glau be, es ist aller Ehren wert, dass hier die Sachverhalte verständ licher und handhabbarer geregelt werden, und das ist eine gu te Aktion des Umweltministeriums.
Im Kern geht es um landesrechtliche Regelungen zur Umwelt verträglichkeitsprüfung, zur strategischen Umweltprüfung, zum Umweltinformationsrecht und zum Umweltverwaltungs recht, und andere, kleinere Zuständigkeits- und Gebührenre gelungen kommen hinzu.
Die vorliegende Gesetzesnovelle zielt darauf ab, verschiede ne Regelungen aus Fachgesetzen zusammenzuführen. Das soll – es wurde schon gesagt – übersichtlich, schlank sein und auch für den juristischen Laien verständlich dargestellt werden.
Ich habe einmal in den Gesetzentwurf hineingeschaut. Ich bin nicht gerade ein juristischer Laie auf diesem Gebiet, aber auch nicht der ganz große Spezialist. Man kann aus dem Gesetz entwurf doch einiges in ganz vereinfachter Form herauslesen und muss auch nicht – ich denke nur einmal an die vielen Bür gerinitiativen – x Gesetze zur Hand haben und daraufhin durchschauen, wo man aktiv werden kann. Man schaut ein mal in das Umweltverwaltungsgesetz und findet darin entwe der schon die Lösung oder Verweise auf andere Gesetze. Ich glaube, das ist eigentlich der Sinn des Ganzen, und das ist hier gelungen.
Die Gesetzesnovelle sieht auch – das ist ein ganz wichtiger Punkt – mehr Bürgerfreundlichkeit, die Öffentlichkeitsbetei ligung, eine verbesserte Informationskultur und mehr Trans parenz von Verwaltungshandeln vor. Ich glaube, das ist wirk lich sehr wichtig.
Wenn Sie einmal an größere Projekte oder an Großprojekte in Ihrer Umgebung denken, stellen Sie fest: Hätte man die Be völkerung doch schon frühzeitig informiert, was kommen soll! Ich denke jetzt nur einmal an meine Gegend. Da gibt es Hoch wasserprojekte am Rhein, z. B. den Polder Elzmündung. Da bei hat man ganz am Anfang große Fehler gemacht. Das Land hat einfach gesagt: „Wir bauen dort jetzt irgendetwas.“ Das war vor vielen Jahren. Inzwischen hat sich die Informations politik deutlich verbessert – sicherlich auch durch die neue Führung des Umweltministeriums. Aber in den frühen An fangsjahren war es immer so: Der Staat sagt: „Wir machen da etwas, und ihr müsst es schlucken.“ Da, so meine ich, hätte man vieles verhindern können – Gerichtsverhandlungen, Pro zesse usw. Ich glaube, bei solchen Projekten ist das in Rede stehende Gesetz genau das Richtige. Hätte man es früher schon gehabt, wäre man heute wahrscheinlich weiter.
Gerade die Verstärkung der Informationspflicht der informa tionspflichtigen Stellen, also der Behörden, und das aktive Be reitstellen der Umweltdaten sind ganz neue Sachverhalte, die nicht hoch genug zu bewerten sind.
Das gilt auch für die Tatsache, dass man für die Übermittlung von Umweltinformationen, die keinen erheblichen Arbeits aufwand verursachen, auf Gebühren verzichtet. Aus eigener Berufserfahrung weiß ich: Manchmal dauert die Erstellung des Gebührenbescheids länger als die Zurverfügungstellung der Umweltdaten, was man per Klick am Laptop oder am Computer macht, und das andere dauert dann noch einen hal ben Tag. Es kommt also sicherlich auch für die Behörden zu einer Verwaltungsvereinfachung.
Die Mediationsgespräche wurden bereits erwähnt. Meines Er achtens sind diese sehr wichtig. Das können wir immer wie der sehen. Es geht mir dabei gar nicht um das große Beispiel Stuttgart 21. Es geht um mittelgroße Projekte, die es überall gibt, sei es von staatlichen Stellen, der öffentlichen Hand, oder sei es von Privatunternehmen. Die Bevölkerung sollte objek tiv darüber informiert werden, was ansteht, wenn beispiels weise Unternehmen ihre Werkshallen erheblich vergrößern möchten. Hierbei kam es in der Vergangenheit häufig zu Un mut. Daher sind Mediationsgespräche eine wirklich gute Sa che.
Ich komme zum Schluss: Auch die öffentliche Hand will selbstverständlich mit gutem Beispiel vorangehen. Sie will ei ne nachhaltige und ressourcenschonende Entwicklung för dern. Das steht der öffentlichen Hand – dem Land oder den Kommunen – gut zu Gesicht. Ich glaube, das ist ein wichti ger Punkt, der hervorgehoben werden sollte. Ich wünsche uns gute Beratungen im Ausschuss.
Vielen Dank, Herr Präsident. Ein Marathon wäre mir jetzt aber zu lang. Ich bin eher eine Halb marathoni.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Da men und Herren! Lieber Kollege Lusche, das Bessere ist der Feind des Guten. Natürlich hat sich das alte Gesetz bewährt. Man kann es aber noch besser machen.
Ich bin schon davon überzeugt, dass sich gerade bei Großpro jekten – Kollege Marwein hat einen Polder angesprochen; ich spreche nun ein Geothermieprojekt, auch in der Rheinebene, an, das allerdings nicht unter das Landesrecht, sondern unter das Bundesrecht fällt – zeigt, wie wichtig es ist, Nachbarge meinden und Bürgerinnen und Bürger frühzeitig einzubezie hen. Macht man dies nicht, führt dies zu Spekulationen über Dinge, die es gibt oder auch nicht gibt. In der Regel verfesti gen sich diese Spekulationen, sodass dann Behauptungen auf gestellt werden, die nicht mehr zurückgenommen werden kön nen. Es werden Ängste geschürt, es entstehen Konflikte. Das ist für ein großes Projekt dann die größte Last. Man bekommt dies nie wieder aus der Welt. Deswegen sind meines Erach tens eine frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit und der Bürgerinnen und Bürger sowie das Informationsrecht der Bür gerinnen und Bürger gerade für Großprojekte ganz wesent lich.
Gibt es dann doch einmal einen Konflikt, führt das gute Inst rument der Mediation dazu, dass sich alle Beteiligten an ei nen Tisch setzen, wo dann moderiert vorgegangen wird.
Ich bin davon überzeugt, dass wir gerade für die Infrastruk turprojekte, die in Baden-Württemberg noch ausstehen – die Straßenbauprojekte, die Schienenbauprojekte, die Polder im Rahmen des Integrierten Rheinprogramms –, dieses Gesetz brauchen. Das Gesetz vereinfacht, es ist praktisch, es ist gut. Deswegen geht es in die richtige Richtung.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Grün-Rot und die FDP/ DVP-Fraktion haben etwas gemeinsam:
Beide wollen ein Informationsfreiheitsgesetz. Auf Seite 78 Ih res Koalitionsvertrags steht – ich darf mit Zustimmung des Präsidenten zitieren –:
In einem umfassenden Informationsfreiheitsgesetz wer den wir gesetzliche Regelungen treffen, damit Bürgerin nen und Bürger unter Beachtung des Datenschutzes grundsätzlich freien Zugang zu den bei den öffentlichen Verwaltungen vorhandenen Informationen haben.
Auch wir wollen so ein Informationsfreiheitsgesetz. Aus die sem Grund haben wir im vergangenen Jahr den Entwurf eines Informationsfreiheitsgesetzes für Baden-Württemberg einge bracht. Am 12. Juni 2013 wurde dieser Gesetzentwurf hier von Grün-Rot in der zweiten Lesung abgelehnt. Die Begrün dung lautete wie immer: schlechtes Timing, handwerklich nicht gut gemacht und nicht weitgehend genug.
Deshalb werden wir noch in diesem Jahr – das hat auch bereits Herr Innenminister Gall gesagt – den Entwurf ei nes Informationsfreiheitsgesetzes vorlegen. Aus meiner Sicht ist unser Entwurf, der weiter gehend ist als Ihrer, der richtige Entwurf. Ihrer ist sehr kurz gesprungen. Das werden wir auch noch einmal klarstellen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist über ein Jahr her. Der Gesetzentwurf liegt bis heute nicht vor. Leider ist Kollege Salomon – ich sehe ihn gerade nicht – nicht da. Ent weder er hat etwas falsch verstanden und den Mund zu voll genommen, oder Herr Minister Gall hat ihm Märchen erzählt. Klar ist auf jeden Fall: An dieser Stelle werden Sie Ihren ei genen Worten nicht gerecht.
Am 19. März dieses Jahres haben wir über die Umsetzung des Umweltinformationsgesetzes debattiert. Auch damals habe ich Sie auf das in Ihrem Koalitionsvertrag angekündigte In formationsfreiheitsgesetz hingewiesen. Herr Minister Unter
steller hat damals geantwortet – wie Kollege Lusche vorhin bereits erwähnt hat –, dass wir noch vor der parlamentarischen Sommerpause mit einem entsprechenden Gesetzentwurf rech nen könnten. Herr Minister, für Sie gilt offensichtlich das Gleiche wie für den Kollegen Salomon:
Entweder Sie haben irgendetwas falsch verstanden und den Mund zu voll genommen, oder aber Herr Minister Gall hat Ih nen etwas erzählt, was offensichtlich ein Märchen war. Denn ich stelle heute die Frage: Wo ist denn die Vorlage eines In formationsfreiheitsgesetzes geblieben? Bitte kommen Sie mir jetzt nicht mit den paar Eckpunkten, die veröffentlicht wur den. Selbst der Journalistenverband Netzwerk Recherche hat diese Eckpunkte als völlig ungenügend kritisiert.
Schauen wir doch einmal, was Herr Minister Gall selbst ge sagt hat. Da möchte ich nochmals aus der Plenardebatte vom 12. Juni 2013 – auch das ist wieder über ein Jahr her – zitie ren:
Grün-Rot und das von mir geführte Haus haben den An spruch, ein Gesetz vorzulegen, das durchdacht ist, das den Erwartungen der Bürgerinnen und Bürger entspricht, das aber auch Rücksicht auf die Praktikabilität im Alltag nimmt. Mit diesem Gesetzentwurf können Sie in Kürze rechnen.
(Minister Franz Untersteller: Sagen Sie doch einmal etwas zu dem vorliegenden Gesetzentwurf! Es geht um etwas anderes! Ist das so schwer zu begreifen?)
Jetzt würde ich gern Minister Gall fragen, was er eigentlich unter „in Kürze“ versteht. Er ist leider nicht da. Ich hätte jetzt auch gern den Ministerpräsidenten dazu gefragt. Aber mögli cherweise haben Sie eine Scheu vor Ihren eigenen Worten. Die Tatsache, dass Herr Minister Untersteller gerade beinahe „platzt“, zeigt, dass ich recht habe, meine sehr geehrten Da men und Herren.
Im Anschluss gern. – Klar ist auf jeden Fall, dass es nicht die FDP/DVP-Fraktion war, die damals mit ihrem Gesetzentwurf zu kurz gesprungen ist, sondern dass Sie zu kurz springen. Denn das, was wir heute in der ersten Lesung vor uns haben, ist eine abgespeckte Öko variante des Informationsfreiheitsgesetzes.
Sehr geehrte Frau Kollegin Rolland: Ja, das Bessere ist der Feind des Guten. Ich stelle aber die Frage: Warum machen Sie das Bessere nicht gleich von vornherein?
Nun zum vorliegenden Gesetzentwurf: Wir wollen, auch wenn er unseres Erachtens zu kurz gesprungen ist – wie gesagt, wir wollen ein umfassendes Informationsfreiheitsgesetz –, nicht alles von vornherein schlechtreden.
Prinzipiell enthält der Gesetzentwurf nämlich begrüßenswer te Ziele: die Stärkung der Bürgerbeteiligung und die Verein heitlichung des Umweltverwaltungsrechts.
Bei einigen Punkten haben wir eine gewisse Skepsis, die wir gern in die Beratung im Ausschuss mitnehmen wollen. Ein Punkt ist die Vereinheitlichung des Umweltverwaltungsrechts. Das meiste ist Bundesrecht. Hier sind die Grenzen des Lan desgesetzgebers eng gesteckt.