Protocol of the Session on July 24, 2014

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. von Eyb?

Ich bin zwar nur Staatssekretär, aber ich gestatte sie trotzdem.

Entschuldigung, Herr Staatsekretär.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Aber Denkmalminis ter wäre auch gut!)

Herr Staatssekretär, ich möchte Sie fragen, ob Sie Ihre Ausführungen auch nutzen, um auf den Tag des offenen Denkmals hinzuweisen.

Das hätte ich am Schluss gemacht. Sie haben es vorweggenommen, aber ich werde es noch tun.

Neben dem vielen Alltagsgeschäft, das unsere archäologische Denkmalpflege zu bewältigen hat, haben wir natürlich auch regionale Schwerpunkte, Sonderprojekte und Sondergrabun gen, die wir jedes Jahr machen, z. B. im Bereich römischer oder mittelalterlicher Städte, wo wir Sicherungsmaßnahmen vornehmen und auch Forschungsprojekte am Laufen haben.

Wir haben aber auch Großgrabungen, die durch Infrastruktur projekte umgesetzt werden können. Auch darauf haben die Vorredner bereits hingewiesen. Ich möchte als Beispiel das Bahnprojekt Stuttgart–Ulm nennen, ein auch für die Landes denkmalpflege, für die Archäologie wichtiges Projekt, weil wir begleitend zum Bau dieser Bahnstrecke natürlich auch Ausgrabungen vornehmen. Kollege Rivoir hat auf einen durchaus spektakulären Fund hingewiesen – spektakulär nicht aufgrund der Fundstücke, sondern aufgrund der Lage, weil solche Fundstücke dort von den Archäologen eigentlich nicht erwartet wurden und dadurch natürlich auch neue Fragen auf geworfen werden, die durch die weitere Aufarbeitung dieses spektakulären Funds zu beantworten sind.

Heuneburg: Das ist ein Stichwort, das natürlich nicht fehlen darf. In diesem Haus wurde schon vielfach darüber diskutiert. Ich bin – das habe ich schon mehrfach erwähnt – sehr froh und glücklich, dass wir nach jahrelangem Stillstand und der jahrelang offenen Frage, was denn in der Zukunft mit dem Freilichtmuseum passiert, eine Lösung gefunden haben, und zwar im Einvernehmen mit dem Ehrenamt, mit den vor Ort auf der Heuneburg Tätigen.

Wenn unsere Vermutungen stimmen, ist die Heuneburg als Pyrene die älteste Stadt nördlich der Alpen, von einem grie chischen Geschichtsschreiber und Reisenden erstmals erwähnt als einzige Stadt überhaupt nördlich der Alpen. Jetzt möchte ich das berühmte Prädikat einer baden-württembergischen Stadt, die sich „älteste Stadt Deutschlands“ tituliert, ja nicht schmälern, aber die Heuneburg als Pyrene wäre dann tatsäch lich noch älter; sie ist, wenn sie Pyrene ist, tatsächlich die äl teste in einer Karte eingezeichnete Stadt, also die älteste Stadt nördlich der Alpen.

Ein ganz besonderes Projekt der archäologischen Denkmal pflege sind die Pfahlbauten am Bodensee – auch diese möch te ich nicht unerwähnt lassen –, denn es handelt sich dabei um Unterwasserarchäologie. Wir haben tatsächlich auch Taucher im Einsatz, die sich um dieses archäologische Denkmal am Bodensee kümmern, die es erfassen und die dort auch immer wieder – wenn man es so nennen kann – Grabungen durch führen.

Ich bin besonders stolz darauf, dass es uns mit den Pfahlbau ten gelungen ist, ein internationales UNESCO-Welterbe in Ba den-Württemberg zu haben. Denn es ist ein Kooperationspro jekt zwischen Deutschland, der Schweiz, Italien, Frankreich, Slowenien und Österreich. Alle sind an diesem UNESCOWelterbe Pfahlbauten beteiligt. Ich denke, das ist eine groß artige Kooperation, die auch deutlich macht, dass archäologi sche Denkmale natürlich nicht an Grenzen haltmachen. Die Grenzen waren damals eben andere.

Wir werden jetzt gemeinsam daran arbeiten, wie wir, alle die se Länder gemeinsam, dieses archäologische Denkmal, die ses UNESCO-Welterbe entsprechend präsentieren, sodass wir auch international mithalten können, was die Vermittlung die ses Welterbes in der Öffentlichkeit angeht.

Zum Obergermanisch-Raetischen Limes, also der römischen Nordgrenze, dürfen wir im nächsten Jahr ein wunderbares Ju biläum feiern. Er ist seit zehn Jahren UNESCO-Welterbe, ein wichtiges Welterbe. Er war die Nordgrenze des Römischen Reiches. Von seiner Gesamtlänge von 550 km führen 164 km quer durch unser Land.

(Zuruf des Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE)

Also gut: innerhalb Zentraleuropas die Nordgrenze, Herr Kollege Dr. Rösler. Der Hadrianswall war zugegebenermaßen etwas nördlicher. Aber hier auf dem Kontinent war der Ober germanisch-Raetische Limes die Nordgrenze des Römischen Reiches. 164 km davon liegen in Baden-Württemberg. Wir werden auch das erwähnte Jubiläum im nächsten Jahr natür lich gebührend feiern.

Voraussetzung für einen guten Erhalt dieses kulturellen Erbes unseres Landes, meine Damen und Herren, ist natürlich eine gut funktionierende Verwaltung. Da haben wir Verbesserungs bedarf festgestellt. Die Kollegen haben es auch schon ange sprochen. Wir werden mit einer Umorganisation des bisheri gen Landesamts für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart und den drei Außenstellen in den drei anderen Re gierungspräsidien sicherstellen, dass in Zukunft die Denkmal pflege wieder leistungsfähiger wird. Das ist eine hoch spezi alisierte Fachverwaltung, die wir da haben. Sie ist kaum mit anderen Fachverwaltungen vergleichbar.

Deswegen wollen wir mit dem Ansatz „Betreuung aus einem Haus für das ganze Land“ und einem Vor-Ort-Präsidium wie der sicherstellen, dass die Fachlichkeit und die gleichmäßige Anwendung des Denkmalrechts in ganz Baden-Württemberg gewährleistet sind. Wenn wir die Personalausstattung in den einzelnen Regierungspräsidien für die Denkmalpflege, bei spielsweise die Archäologie, betrachten, wird sehr schnell er kennbar, dass wir diese wichtige Aufgabe nicht wie bisher fortführen können. Aufgrund der Ausbildung des Personals wird das so nicht mehr möglich sein.

An dieser Stelle möchte ich meinen ganz besonderen Dank den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Landesamts für Denkmalpflege, Herrn Professor Wolf an der Spitze des Lan desamts für Denkmalpflege, aber auch Herrn Professor Krau se, unserem Landesarchäologen, aussprechen, die unter den gegebenen Bedingungen wirklich hervorragende Arbeit leis ten. Ich danke allen Bediensteten, die jeden Tag für unser kul turelles Erbe im Land arbeiten.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Ich möchte wie meine Vorredner auch den vielen Ehrenamt lichen danken, die uns in der Landesdenkmalpflege unterstüt zen. Herr Kollege Herrmann, es sind leider nicht Tausende – das wäre schön –, aber durchaus ein paar Hundert. Es ist groß artig, was dort geleistet wird, etwa bei der Erfassung der Kleindenkmale bei uns im Land, wo wir ohne die Ehrenamt lichen diesen immensen Aufwand beispielsweise bei histori schen Grenzsteinen oder auch Kruzifixen nicht leisten könn ten.

Ich möchte auch an die vielen ehrenamtlichen Grabungshel fer erinnern. Auch ich gehe einmal im Jahr ehrenamtlich auf Grabung. Das letzte Mal war ich bei einer Ausgrabung eines römischen Tempels in Neuenstadt am Kocher, wo neben mir ein 85-Jähriger kniete und mit mir gemeinsam mit Spächtel chen und Pinsel die Scherben gereinigt hat, und das mit vol ler Überzeugung. Er macht das seit Jahrzehnten. Das ist wirk lich ein großartiges ehrenamtliches Engagement, das auch die Grabungshelfer im Sommer bei entsprechenden Temperatu ren leisten. Also herzlichen Dank allen, die sich ehrenamtlich für unsere Landesdenkmalpflege engagieren.

(Beifall bei den Grünen und der SPD sowie Abgeord neten der CDU)

Ich danke auch den Gesellschaften und Fördervereinen für Ar chäologie in Baden und in Württemberg und Hohenzollern. Das sind hervorragende Organisationen, die sich seit vielen Jahrzehnten um unser kulturelles Erbe im Land bemühen. Sie sammeln Spenden, setzen sich für Projekte vor Ort ein und bringen durch ihre Publikationen auch die Wissenschaftlich keit voran. Durch Fördermittel finanzieren sie auch For schungsprojekte. Auch das sind hervorragende Einrichtungen, die uns in der Denkmalpflege, vor allem in der archäologi schen Denkmalpflege, hervorragend unterstützen.

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich danke Ihnen für Ihre Unterstützung und für das Lob, das die Landesdenkmalpflege auch in dieser heutigen Debatte er fahren hat. Ich freue mich, dass ein so breiter Konsens besteht, dass wir dieses kulturelle Erbe bewahren müssen. Denn wenn wir das einige Jahre oder Jahrzehnte nicht tun würden, wären

die Funde für immer verloren. Das ist der Unterschied zu vie len anderen Bereichen. Sind solche Funde einmal verloren, ist dieses kulturelle Erbe tatsächlich auf Dauer verloren.

Ich darf Sie einladen, gemeinsam mit mir für dieses kulturel le Erbe zu werben. Die Fachkollegen und die Abgeordneten der betroffenen Wahlkreise haben alle von mir eine Einladung zur Denkmalreise 2014 bekommen, bei der wir vier Tage lang im ganzen Land für die Belange der Denkmalpflege, der Bau denkmalpflege und der archäologischen Denkmalpflege wer ben. Werben Sie mit dafür, und besuchen Sie vor allem am Tag des offenen Denkmals – er findet immer am zweiten Wo chenende im September statt; das kann man sich gut merken – die vielen, vielen offenen Denkmale, die an diesem Tag ge öffnet werden: archäologische Denkmale wie Baudenkmale, Burgen, Schlösser, Klöster, aber auch andere spannende Denk male wie z. B. ehemalige Bunkerstätten, Synagogen, die wie der aufgemacht werden. Besuchen Sie diese, und zeigen Sie auch den Ehrenamtlichen, die dort aktiv sind, dass wir, die Landespolitik, bzw. Sie, die Landtagsabgeordneten, Interesse daran haben.

Ich darf Sie auch einladen: Wir werden wie jedes Jahr die ar chäologischen Ausgrabungen in Baden-Württemberg in ei nem Buch veröffentlichen,

(Der Redner hält ein Buch mit dem Titel „Archäolo gische Ausgrabungen in Baden-Württemberg 2013“ hoch.)

einem Buch aus dem Theiss-Verlag aus einer Reihe, die es seit vielen Jahren gibt. Ein Großteil der archäologischen Ausgra bungen, die in Baden-Württemberg gemacht werden, werden darin veröffentlicht und der Öffentlichkeit präsentiert. Das ist ein spannendes Buch für alle, die sich für die Geschichte un seres Landes interessieren.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit und für die breite Unterstützung der Landesdenkmalpflege durch dieses Haus.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den Grünen und der SPD sowie Abgeord neten der CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Herr Staatssekretär hat 50 % der Gesamtrede zeit der Fraktionen überschritten.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Das geht auch in die Geschichte ein!)

Genau. – Deshalb können die Fraktionen, wenn gewünscht, zusätzlich drei Minuten Redezeit bekommen. Wird zusätzli che Redezeit gewünscht? –

(Zuruf: Nein! – Abg. Klaus Herrmann CDU: Wir sind weitgehend einig mit dem Staatssekretär und verzich ten!)

Nein. Herzlichen Dank.

Dann kommen wir zur geschäftsordnungsmäßigen Behand lung des Antrags Drucksache 15/4776 (Geänderte Fassung). Der Antrag ist ein reiner Berichtsantrag und kann für erledigt erklärt werden. – Sie stimmen zu. Herzlichen Dank.

Ich rufe Punkt 8 der Tagesordnung auf:

a) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für

Europa und Internationales zu der Mitteilung der Lan desregierung vom 3. Juli 2014 – Bericht über aktuelle europapolitische Themen – Drucksachen 15/5430, 15/5473

Berichterstatterin: Abg. Rita Haller-Haid

b) Antrag der Fraktion GRÜNE und Stellungnahme des

Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst – Zusammenarbeit Baden-Württembergs mit der Schweiz in Forschung und Lehre nach der Annahme der „Masseneinwanderungsinitiative“ – Drucksache 15/4803 (Geänderte Fassung)

Meine Damen und Herren, die Fraktionen haben sich auf fol gende Redezeiten geeinigt: Für die Aussprache zu a und b ste hen insgesamt zehn Minuten je Fraktion zur Verfügung.

Für die Fraktion GRÜNE erteile ich Herrn Abg. Frey das Wort.

(Zuruf: Mister Europa!)

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Lassen Sie mich wenige Punkte zum europapolitischen Bericht der Landesregierung sagen. Zum Antrag der Fraktion GRÜNE wird mein Kollege Schmidt-Ei senlohr in der zweiten Runde weitere Ausführungen machen.

Dieser Bericht der Landesregierung umfasst europapolitisch gesehen eine ganz interessante Zeit mit den Wahlen zum Eu ropäischen Parlament und der Wahl des Kommissionspräsi denten. Die gute Nachricht, die wir aus den europäischen Wahlen mitnehmen, ist, dass die frisch gewählten Rechtspo pulisten es nicht schafften, eine Fraktion zu bilden. Das ist auch für das Parlament erfreulich, weil sie dadurch auch dort nicht gestärkt agieren können. Auch bei den Wahlen der stell vertretenden Vorsitzenden sind sie gescheitert. Insofern ist das sicherlich ein gutes Signal, das hier die Rechtspopulisten be treffend nach draußen ging.

Die schlechte Nachricht ist, dass die Bundeskanzlerin durch ihr Taktieren in der Frage der Präsidentschaft von Herrn Jun cker das Amt des Kommissionspräsidenten, aber auch das Eu ropäische Parlament geschwächt hat. Was machte sie? Sie hat Herrn Juncker bis zum Schluss zappeln lassen, ob sie ihn bei seiner Kandidatur zur Präsidentschaft unterstützt oder nicht, und das, obwohl klar war, dass die Fraktion, die im Europäi schen Parlament die stärkste Fraktion bildet, den zukünftigen Kommissionspräsidenten stellen soll.