Protocol of the Session on June 26, 2014

(Zurufe von der CDU)

Ich erinnere daran, wie Sie im Zusammenhang mit Stuttgart 21 von dieser Stelle aus geredet haben, als Sie noch in der Op position waren: „Mehrheit ist nicht Wahrheit“ usw. Das ha ben Sie damals für sich in Anspruch genommen. Wenn Sie jetzt von Regierungsseite aus erklären, der Opposition sei je des Mittel recht, wenn man einen Regierungsbeschluss kriti siert, Herr Kollege Sckerl, dann wirft das schon ein bezeich nendes Licht auf Ihr Demokratieverständnis.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU – Zuruf des Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE)

Die Debatte am heutigen Tag hat schon weitergeführt. Denn zunächst einmal, am Anfang, hieß es von den Rednern der Re gierungskoalition: „Was will denn die CDU überhaupt mit die ser Debatte? Es hat doch niemand

(Zuruf des Abg. Thomas Blenke CDU)

auch nur im Entferntesten vor, beim Landesamt für Verfas sungsschutz irgendetwas zu ändern. Niemand hat die Absicht, beim Landesamt für Verfassungsschutz irgendwelche Stellen abzubauen.“

Der Konsens geht also zumindest so weit, dass sich alle dazu bekannt haben, zu sagen: Wir wollen das Landesamt nicht ab

schaffen. Der Innenminister hat erklärt – ich darf zitieren ‑, der Verfassungsschutz sei ein bewährtes „Frühwarnsystem“. Damit endet der Konsens jedoch schon. Denn auch der Innen minister hat am heutigen Tag erklärt, der Sparkurs der Lan desregierung gelte für alle Bereiche, auch für das Landesamt für Verfassungsschutz.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Das ist doch selbstver ständlich! Was ist dann das Neue?)

Gut, aber das wollen wir doch einmal festhalten, Herr Kol lege Schmiedel. Es ist auch das Recht der Landesregierung, zu sagen: Wir stellen das auf den Prüfstand, und – wie der In nenminister es erklärt hat – am Ende werden wir bei der Auf stellung des Haushalts sagen, ob es zu einem Stellenabbau kommt und, wenn ja, in welchem Ausmaß.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Genau!)

Aber dann darf man doch wohl am heutigen Tag in dieser De batte feststellen: Das Landesamt für Verfassungsschutz und dessen Stellenzahl stehen zur Disposition,

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Alles steht zur Dispo sition!)

und es ist durchaus denkbar, dass genau dieser Stellenabbau erfolgt, von dem die Kollegin Sitzmann gesprochen hat und gegen den der Innenminister sich in der Vergangenheit erheb lich gewehrt hat. Er hat seine Position am heutigen Tag ver ändert. Der Innenminister hat sich der Kollegin Sitzmann an geschlossen und erklärt, es könne durchaus sein, dass es zu diesem Stellenabbau kommt. Das ist das Ergebnis dieser De batte.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Ich glaube, es ist schon wichtig, dass die Öffentlichkeit das weiß. Außerdem ist es, glaube ich, wichtig, dass die Mitarbei ter des Landesamts für Verfassungsschutz das wissen.

Dann würden wir von Ihnen erwarten, dass Sie diese Aufga benkritik auch vor den Augen der Öffentlichkeit vornehmen. Zudem würden wir uns wünschen, dass Sie sagen, wo Sie spa ren wollen und welche Aufgaben Sie abbauen wollen. Was soll nicht mehr beobachtet werden? Ist es der Rechtsextremis mus? Ist es der Linksextremismus? Ist es der Salafismus? Oder ist es der Bereich der Wirtschaftsspionage durch die NSA usw.? Diese Antworten stehen aus, und sowohl die Öffentlich keit als auch das Parlament als auch die Mitarbeiter des Lan desamts haben jedes Recht, das von Ihnen zu erfahren.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Da mit ist die Aktuelle Debatte beendet.

Bevor ich Tagesordnungspunkt 2 aufrufe, möchte ich noch er wähnen, dass einige Abgeordnete laufend danach gefragt ha ben, wie lange die heutige Sitzung dauern wird. Das ist auch verständlich.

(Heiterkeit – Zuruf der Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU)

Ich möchte darauf hinweisen, dass die Planung vorsieht, dass wir gegen 16:30 Uhr, spätestens jedoch um 16:45 Uhr mit un serer heutigen Tagesordnung fertig wären, wenn alle Abge ordneten mitarbeiten und uns das Geschäft erleichtern. Natür lich ist auch eine Mittagspause von einer Stunde und 15 Mi nuten vorgesehen. Somit ist alles geregelt. Das wollte ich nur zur Beruhigung sagen. Wenn wir bis dahin nicht fertig sind, müssen wir alle uns zwangsweise um 18:00 Uhr das Spiel hier auf der Leinwand angucken.

(Vereinzelt Beifall – Unruhe)

Die Alternative, bis spätestens 16:30 Uhr bzw. 16:45 Uhr fer tig zu sein, ist besser.

Ich rufe Punkt 2 der Tagesordnung auf:

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft zu der Mitteilung der Landesregierung vom 13. Mai 2014 – Entwurf des In tegrierten Energie- und Klimaschutzkonzepts BadenWürttemberg (IEKK) – Drucksachen 15/5186, 15/5264

Berichterstatter: Abg. Paul Nemeth

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Präsidium hat für die Aussprache eine Redezeit von fünf Minuten je Fraktion fest gelegt.

Die CDU-Fraktion und die Fraktion GRÜNE haben verein bart, dass die Reihenfolge der Fraktionsredner verändert wird, sodass ich zu diesem Tagesordnungspunkt zuerst den Redner der Fraktion GRÜNE aufrufe.

Ich erteile Herrn Abg. Dr. Murschel das Wort.

Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Guten Morgen! Wir arbeiten na türlich alle mit, um diesen ambitionierten Zeitplan einhalten zu können. Denn heute Abend passieren wichtige Dinge, die uns alle interessieren.

So viel Zeit muss jedoch sein, um das Thema Klimaschutz bzw. das Thema „Integriertes Energie- und Klimaschutzkon zept“ noch einmal in seiner Bedeutung darzustellen und zu würdigen.

Im letzten Jahr haben wir das Klimaschutzgesetz verabschie det. In diesem Klimaschutzgesetz haben wir einen Rahmen vorgegeben, wie Baden-Württemberg seiner Verpflichtung nachkommen bzw. seinen Beitrag zum Klimaschutz und zur Verringerung des Ausstoßes von Treibhausgasen leisten kann. Wir haben uns ambitionierte Ziele gesetzt. Denn wir haben gesagt: Reduktion der Treibhausgase um 25 % bis 2020 und um 90 % bis zum Jahr 2050. Wie wir das umsetzen wollen, steht ebenfalls im Klimaschutzgesetz. Dort steht nämlich, dass wir ein Maßnahmenpaket beschließen, das quasi die Umset zungsstrategie beinhaltet. Genau das ist der Punkt, über den wir heute diskutieren.

Das IEKK – ein etwas sperriger Name – ist ein Baukastensys tem der Möglichkeiten. Dieser enthält rund 110 breit disku tierte Maßnahmen, die in den Einzelressorts im Laufe der Jah re – deswegen auch „integriert“ – umzusetzen sind. Darin sind Ziele enthalten und werden Richtungen vorgegeben, jedoch

sind zu den einzelnen Punkten keine Verpflichtungen genannt. Das ist auch gut so. Deswegen kann ich den vorliegenden Fraktionsantrag, lieber Herr Kollege Nemeth, überhaupt nicht verstehen. Ich kann nachvollziehen, dass Sie sagen, es sei al les sehr vage. Genau das ist die Vorgabe, die sinnvoll ist und nachher die Umsetzung überhaupt erst ermöglicht.

Welches sind unsere energie- und klimapolitischen Ziele? Ers tens eine sichere Versorgung, gar keine Frage. Das war immer ein Bestandteil. Die Kostensicherheit ist ein weiterer Aspekt. Die Kosten dürfen nicht aus dem Ruder laufen. Diese Diskus sion gibt es bundesweit. Wir wollen eine regionale Wertschöp fung durch mehr Dezentralität im Bereich der Energie errei chen. Wir wollen das Bürgerengagement stärken, fördern und einbinden und mit diesen ganzen Rahmenbedingungen letzt endlich auch den Klimaschutz voranbringen.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Welches sind unsere Instrumente? Einsparungen und Effizi enz, erneuerbare Energien – ganz klar –, eine Modernisierung der Infrastruktur – das sind wichtige Punkte –, Forschung und Entwicklung sowie Beteiligung und Dialog. Wir haben uns die verschiedenen Handlungsfelder vorgenommen. Diese fin den Sie alle in dem IEKK wieder. Der Bereich Strom ist eben falls wichtig. Ich nenne einmal so etwas wie „Raus aus dem Atom“. Dabei handelt es sich um einen Konsens; deshalb müssten Sie eigentlich mitmachen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU. Des Weiteren sollen erneuerbare Energien ausgebaut werden.

(Abg. Paul Nemeth CDU: Was ist daran neu?)

Wir haben die Ziele im IEKK genannt. Ich weiß gar nicht, wa rum dort etwas vage sein soll. Wir wollen im Bereich Spei chertechnologien vorankommen und, und, und.

Ein weiterer großer Block ist der Wärmesektor. Dabei hat das Land eine große Vorbildfunktion. Darin geht es um die Sanie rung landeseigener Gebäude. Wir werden an der Novellierung des Erneuerbare-Wärme-Gesetzes arbeiten und dort klarere Zielsetzungen vorgeben. Ich hoffe, Sie ziehen dann wenigs tens in diesem Punkt mit.

Zudem werden wir den Verkehrssektor angehen, der sich im mer deutlicher als ein sehr wichtiger Bereich herausstellt. In diesem Bereich ist Ihnen das IEKK anscheinend nicht zu va ge. In diesem Bereich fordern wir ein Tempolimit auf den Au tobahnen sowie eine Absenkung der innerörtlichen Regelge schwindigkeit. Das fällt natürlich alles in die Zuständigkeit der Bundesebene, aber wir wollen darauf hinarbeiten. Das geht Ihnen natürlich zu weit. Insofern ist Ihre Argumentation in der Vergangenheit nicht schlüssig, wenn Sie in den Aus schüssen das eine Mal sagen, das IEKK gehe nicht weit ge nug, und das andere Mal sagen, es gehe zu weit. Das kann nicht sein.

Im Bereich der Land- und Forstwirtschaft sowie der Landnut zung – auf ihn entfällt nur ein kleiner Teil der Emissionen – geht es um Stickstoffdüngung, um Emissionen, um Grünland. Aber darin sind auch die ganzen Emissionsbestandteile aus der Tierhaltung enthalten wie z. B. Ammoniak. Weitere The men sind hierbei vor allem noch Stoffströme, insbesondere bei Kläranlagen.

Die Kernelemente dieses IEKK sind die Wirkungsuntersu chungen. Deswegen ist die Begründung des Antrags der CDUFraktion, Herr Nemeth, komplett falsch. Sie sagen, es sei kei ne Kosten-Wirkungs-Analyse enthalten. Genau die wurde dort aber gemacht. Es ist die größte Bürger- bzw. Öffentlichkeits beteiligung durchgeführt worden, die man sich vorstellen kann, und Sie sagen, das hätte man nicht richtig gemacht. Das ist für mich völlig unverständlich.

(Beifall bei den Grünen)

Eine Verbändeanhörung mit über 150 Verbänden: Wo hat es das im Rahmen der Erarbeitung eines Gesetzes schon einmal gegeben? Auch eine strategische Umweltprüfung wurde durch geführt.

Das Thema Klimaschutz ist eine Jahrhundertaufgabe, der sich das Land stellt. Wir werden als Vorbild vorangehen, wir wer den aber auch die Kommunen und die Wirtschaftspartner mit in das Boot nehmen. Denn wir werden alle daran arbeiten müssen. Deswegen lehnen wir den Antrag der CDU-Fraktion ab. Dass es ihn gibt, ist eigentlich schade. Denn im Grunde genommen müssten wir in dieser Hinsicht an einem Strang ziehen.

(Zuruf des Abg. Andreas Glück FDP/DVP)

Das ist doch eine ganz klare Sache. Es geht in die richtige Richtung.

(Beifall bei den Grünen)

Wir werden den Antrag ablehnen. Ich finde den Entschlie ßungsantrag der Fraktion GRÜNE und der Fraktion der SPD, der Ihnen ebenfalls vorliegt, wesentlich besser. Er begrüßt nämlich den Entwurf für ein IEKK. Das sehe ich auch so. Wir gehen voran. Baden-Württemberg ist auch beim Klimaschutz ein Musterländle.