Protocol of the Session on June 26, 2014

Ich bitte Sie einfach, sich die Zahlen anzuschauen. Dann kom men Sie zum Gegenteil dessen, was Sie hier als Ideologievor wurf konstruieren. Tun Sie es dem baden-württembergischen Wald nicht an, hier weiter eine billige Parteikampagne zu fah ren. Das hat er nicht verdient.

(Beifall bei den Grünen – Glocke des Präsidenten)

Herr Minister, gestat ten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Dr. Rapp?

Ja, bitte.

Bitte, Herr Abg. Dr. Rapp.

Vielen Dank, Herr Minister. – Welche Personalaufbaumaßnahmen haben Sie in den letzten drei Jahren im Forstbereich geleistet? Das können Sie jetzt wahrscheinlich nicht sofort beantworten. Sie können die Ant wort dem Parlament aber auch schriftlich zur Verfügung stel len.

Vielen Dank.

Das kann ich Ihnen sagen. Wir haben für die neuen Aufgabenbereiche – FSC-Zertifizierung, Umset zung der Windkraft im Wald – eine einstellige Summe an neu en Stellen geschaffen. Es ist schlimm genug, dass wir damit schon eine wesentlich bessere Bilanz haben, als dies SchwarzGelb hatte, Kollege Rapp.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Mir liegen keine wei teren Wortmeldungen vor.

Wir kommen zur geschäftsordnungsmäßigen Behandlung des Antrags Drucksache 15/4698 (Geänderte Fassung). Der An trag ist ein reiner Berichtsantrag und kann für erledigt erklärt werden. – Sie stimmen zu.

Damit ist Tagesordnungspunkt 6 erledigt.

Ich rufe Punkt 7 der Tagesordnung auf:

Beschlussempfehlung und Bericht des Ständigen Aus schusses zu der Mitteilung des Landesbeauftragten für den Datenschutz vom 17. Januar 2014 – 31. Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für den Datenschutz BadenWürttemberg 2012/2013 – Drucksachen 15/4600, 15/5302

Berichterstatter: Abg. Sascha Binder

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Präsidium hat für die Aussprache eine Redezeit von fünf Minuten je Fraktion fest gelegt.

Das Wort erteile ich zunächst dem Landesbeauftragten für den Datenschutz Baden-Württemberg, Herrn Jörg Klingbeil. – Bit te.

Landesbeauftragter für den Datenschutz Jörg Klingbeil: Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren Ab geordneten! Ich freue mich, dass Sie sich den wichtigsten Punkt der heutigen Tagesordnung für den Schluss aufgespart haben und heute auch nichts anderes mehr vorhaben.

(Heiterkeit)

Spaß beiseite. Ich bedanke mich natürlich sehr für die Gele genheit, hier zum Tätigkeitsbericht sprechen zu dürfen.

Wie Sie vielleicht wissen, handelt es sich um eine Premiere, die durch die letzte Änderung der Geschäftsordnung des Land tags erst möglich wurde. Meines Erachtens ist diese neue Transparenz – so möchte ich es nennen – durchaus ausbaufä hig. Ich würde es z. B. begrüßen, wenn auch der Ständige Aus schuss über diesen Tätigkeitsbericht in öffentlicher Sitzung beraten würde. Warum nur im Plenum?

Unabhängig davon gilt natürlich mein Dank gerade den Mit gliedern dieses Ausschusses für die konstruktive Beratung am 5. Juni und die – so denke ich – fraktionsübergreifend positi ve Resonanz. Danken darf ich auch der Landtagsverwaltung für die stete Unterstützung in Verwaltungsdingen. Bedanken darf ich mich auch dafür, dass dieser Tätigkeitsbericht in die sem Jahr neu gestaltet werden konnte und dass wir auch wei terhin die Landtagsdrucksache selbst in gleicher Weise gestal ten konnten. Der Bericht sieht diesmal anders aus als in der Vergangenheit. Er sollte noch lesefreundlicher und attraktiver für die Bürgerinnen und Bürger werden. Ich denke, das ist auch ein Anliegen, das wir alle teilen können.

Denn trotz des sperrigen Begriffs „Datenschutz“ geht es uns allen, denke ich, bei diesem Thema vor allem um die Men schen und deren Grundrechte, die im Mittelpunkt stehen. Das 1983 vom Bundesverfassungsgericht formulierte Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ist jedoch in einer Zeit allgegenwärtiger Datenverarbeitung stark gefährdet. Wie es der Herr Bundespräsident am 3. Oktober in der Stuttgarter Liederhalle sinngemäß sagte, befinden wir uns mitten in ei nem Epochenwechsel. Die digitale Revolution führt zu tief greifenden Veränderungen unserer gesamten Lebens- und Ar beitswelt, die wir noch kaum überblicken können. Ich möch te hinzufügen: Es schwindet jene Privatsphäre, die vor einer Generation mühsam vor den Gerichten erstritten wurde.

Wir sind gut beraten, die Ängste und Sorgen der Bevölkerung vor dem teilweise selbst verschuldeten Verlust der Privatsphä

re ernst zu nehmen und den Wandel verantwortungsvoll zu gestalten. Dazu gehört, die Errungenschaft moderner Technik – auch des Internets – nicht zu verteufeln, sondern für einen fairen Interessenausgleich zu sorgen, und vor allem die Men schen zu befähigen, ihre eigenen Interessen wirksam wahrzu nehmen. Dafür braucht es Mut und politische Gestaltungs kraft.

Deswegen möchte ich heute an Sie appellieren, diesen Mut überall dort aufzubringen, wo Sie selbst politisch etwas ge stalten können. Manche werden mir jetzt vorhalten, dass der Landtag von Baden-Württemberg keinerlei Einfluss auf die weltweite Überwachung durch die NSA habe oder dass die europäische Datenschutzreform jetzt ein Handeln des natio nalen Gesetzgebers verhindere, aber ich denke, bei genauer Betrachtung haben sowohl der Landtag als auch die Landes regierung immer noch genügend eigene Handlungsmöglich keiten. Es gibt genügend eigene politische Handlungsfelder.

Einige möchte ich heute ansprechen. Generell steht für mich dabei vor der Klammer: Wehren Sie sich gegen alle Bestre bungen, die den Menschen zum Objekt staatlicher Überwa chung oder kommerzieller Ausbeutung machen.

(Beifall bei Abgeordneten aller Fraktionen)

Verhindern Sie, dass von Landesseite zentrale Datenbanken angelegt werden mit Individualdaten, wenn dies nicht wirk lich zwingend erforderlich ist. Sorgen Sie für umfassende ITSicherheit mit wirksamen Verschlüsselungstechniken dort, wo das Land darauf Einfluss hat – in Verbindung der Landesbe hörden untereinander, in Verbindung zu den Kommunen, na türlich nicht zuletzt in Verbindung zu den Bürgern, wenn die se Kontakte mit dem Land suchen.

(Abg. Peter Hauk CDU: Es wäre ganz interessant, wo der Landtag seine Server sitzen hat!)

Die Landesregierung und ihre Repräsentanten müssen auch nicht die Taschen von Facebook füllen, wenn sich die Bürger mit ihren Sorgen und Nöten an sie wenden wollen. Schalten Sie diesen Kommunikationskanal am besten ab, auch wenn es um den Verbraucherschutz oder das Kindermedienland Ba den-Württemberg geht –

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Das ist gut!)

selbst dann, wenn dahinter die Absicht steht, ausgerechnet dort vor diesem sozialen Netzwerk zu warnen. Das kommt mir vor, als wolle man den Teufel mit dem Beelzebub austreiben. Be fähigen Sie vor allem die Menschen, sich selbst zu schützen und die Grundrechte auf informationelle Selbstbestimmung wahrzunehmen.

Es wird oft gesagt: Daten sind der Rohstoff des 21. Jahrhun derts. Da ist sicher etwas dran, wenn ein Unternehmen wie WhatsApp mit 50 Mitarbeitern mehr wert ist als der größte deutsche Stahlkonzern ThyssenKrupp mit 180 000 Mitarbei tern –

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

und das, obwohl WhatsApp zuerst einmal von seinen Nutzern alle Kontakte verlangt, bevor man diesen Dienst nutzen kann.

Wir brauchen also vor allem mehr Problembewusstsein und mehr Kenntnisse aufseiten der Nutzer.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP)

Damit komme ich zu meinen konkreten Vorschlägen.

Erstes Stichwort: Medienkompetenz und Bildungsplanreform. Das bedeutendste inhaltliche Handlungsfeld dieses Landtags ist, denke ich, die Bildungspolitik. Hier können Sie auch für den Datenschutz etwas tun. Datenschutzkompetenz ist Teil der Medienkompetenz. Nach der geplanten Bildungsplanre form soll das zu den sogenannten Leitperspektiven gehören. Aber der Schwerpunkt soll erst ab der fünften Jahrgangsstu fe gesetzt werden. Das ist jedoch reichlich spät, denn bereits in den Jahrgangsstufen 3 und 4 tummeln sich rund die Hälfte der Kinder im Internet.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP)

Bei einer Sitzung des Landesbildungsplanbeirats im Mai er klärte die Vertreterin des Landesschülerbeirats, ihre Medien bildung habe sie jedenfalls nicht in der Schule erhalten und nach ihrem Eindruck seien die Lehrer in diesem Bereich auch weniger kompetent und schienen sogar manchmal eher tech nikfeindlich zu sein.

Wir müssen daher den Schülern Medienkompetenz wesent lich früher beibringen und dies bereits im Bildungsplan der Grundschulen verankern. Es sollte ein prüfungsrelevantes Thema auch in den höheren Jahrgangsstufen werden, und es sollte vor allem Stoff in der Lehreraus- und -fortbildung wer den.

Wichtig wäre, denke ich, auch wirtschaftspolitisch, dass das Thema Informatik in den Schulen einen viel höheren Stellen wert erhält, denn eigentlich sollte jeder wissen, wie ein Com puter und wie das Internet funktionieren. Das sind Basiskennt nisse, die man auch zum Schutz der eigenen Privatsphäre ge brauchen kann.

Zweiter Punkt: landeseinheitliche Bildungsnummern. Sie ha ben es selbst in der Hand, ob jeder Schüler des Landes seine einheitliche Bildungsnummer in einem zentralen Rechner der Landesverwaltung haben soll. Manche Länder haben so et was, andere nicht. Das Kultusministerium möchte so etwas. Ich sehe die Notwendigkeit noch nicht ein. Zentrale Daten sammlungen reizen zur Zweckänderung und Profilbildung. Man will Bildungskarrieren erkennen, vielleicht sogar bis hi nein in die Hochschulausbildung oder in den Beruf. Begeben Sie sich nicht auf diese schiefe Ebene. Es gibt sicher genü gend Interessenten aus der Wirtschaft, die an diesen Daten in teressiert sind. Big Data kann auch leicht nur den Zwecken von Big Business dienen.

Dritter Punkt: Ich vermisse manchmal eine fortschrittliche Handschrift bei den Sicherheitsgesetzen.

(Beifall des Abg. Alexander Salomon GRÜNE)

Das Bundesverfassungsgericht ist ja oft genug vor allem dem Bundesgesetzgeber in die Parade gefahren und hat sich als Re paraturbetrieb deutscher Sicherheitspolitik erwiesen. Auf Bun

desebene habe ich im Laufe der Jahre häufig gar keinen gro ßen Unterschied zwischen den Bundesinnenministern erkannt, aber ich denke, auch auf Landesebene kann man dieses Phä nomen beobachten. Auch hier habe ich keinen großen Unter schied festgestellt und finde das bedauerlich. Ich würde mir manchmal eine fortschrittliche Politik wünschen. Denken Sie z. B. an das Landesverfassungsschutzgesetz, wo wir seit vie len Jahren eine verfassungswidrige Regelung haben. Denken Sie an manche Regelungen im Polizeigesetz, die man auch et was mutiger und datenschutzfreundlicher gestalten könnte. Ich verweise auf den Tätigkeitsbericht und die Beratung im Ausschuss.

Schließlich wäre ich Ihnen dankbar für konkrete Aussagen, was das Informationsfreiheitsgesetz angeht. Da würde mich insbesondere interessieren, ob da für mich irgendwelche Auf gaben vorgesehen sind. Da bitte ich um Verständnis.

(Heiterkeit bei der SPD)