Diese Ammenmärchen von „Erblast“ und „Altschulden“, die Aussage, Sie müssten hier die Suppe auslöffeln, die wir Ihnen eingebrockt haben, greifen nicht mehr. Es ist wirklich allge
(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Lachen bei Abgeordneten der SPD – Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Sie machen wohl Witze!)
haben wir immer für den Hochschulbereich zur Verfügung ge stellt. Auch die Solidarpakte waren ein gutes Instrument. Sie kennen Ihre eigenen Äußerungen aus den entsprechenden Be ratungen des Jahres 2010, wonach das ein gutes Instrument war. Für diese Pakte wurde ganz bewusst eine begrenzte Lauf zeit festgelegt. Es handelte sich um ein atmendes System, das grundsätzlich auch Ihre Zustimmung gefunden hat. Sie kön nen sich nun nicht mehr hinter irgendetwas verstecken.
Ich muss Ihnen ehrlich sagen: Wenn Sie in Ihren Koalitions vertrag hineinschreiben, dass 50 % eines Jahrgangs eine aka demische Ausbildung genießen sollen,
(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Karl- Wilhelm Röhm CDU: Sehr gut! 70 % wollten sie frü her!)
Sie sind ganz erschrocken, dass plötzlich mehr Studierende in den Hörsälen sitzen. Aber das wollten Sie doch. Das ist doch Ihre Politik. Dafür haben Sie die Verantwortung; dafür müs sen Sie die Rahmenbedingungen schaffen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Abg. Dr. Kai Schmidt-Eisenlohr GRÜNE: Von wem wurde das früher immer wieder beantragt? Von den Grünen! – Zuruf der Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU)
Da können Sie sich nicht hinter früheren Landesregierungen verstecken. Das ist wirklich nicht verantwortungsbewusst.
Wenn jetzt junge Menschen demonstrieren und auf die Stra ße gehen, Seite an Seite mit den Rektoren, dann müssen Sie das doch ernst nehmen.
Diese jungen Leute wollen eine seriöse Ausbildung haben. Sie wollen einen Arbeitsplatz finden. Sie wollen Geld verdienen, Steuern zahlen und eine Familie ernähren.
Sie sind es dieser Generation schuldig, in diesem Hochschul system nicht nur Forschung und Wissenschaft, sondern auch die Lehre sauber zu finanzieren.
(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: So ist es! – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Sehr rich tig!)
Da kann ich Sie nur auffordern: Fangen Sie endlich an zu re gieren, und zwar so, wie es dieses Land verdient hat.
(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Jesses! – Zu rufe von den Grünen und der SPD)
(Abg. Johannes Stober SPD: Wer hat denn die Soli darpakte abgeschlossen, die jetzt so problematisch sind? – Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/ DVP)
Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren! Ich freue mich, dass wir dieses Thema heute auf der Agenda haben. Ich glaube, es ist sehr, sehr wichtig.
Vom Kollegen Bullinger wurde es schon angesprochen: Die Hochschullandschaft in Baden-Württemberg ist hervorragend,
und sie ist es wert, dass wir regelmäßig über sie sprechen und über ihre Situation diskutieren, um zu schauen, wie wir diese Hochschullandschaft erhalten und ausbauen können. Dies müssen wir tun; und deshalb finde ich es gut, dass wir heute die Möglichkeit haben, über dieses Thema zu sprechen.
Wissenschaft ist uns ein zentrales Anliegen, weil dies für un ser innovationsstarkes Bundesland wichtig ist. Deswegen freue ich mich, dass wir in der heutigen Aktuellen Debatte die Dinge einmal sorgfältig auseinandernehmen können. In den Beiträgen meiner Vorredner ist dabei doch einiges durchein andergeraten.
Schauen wir uns also einmal an, wie sich die Situation aktu ell tatsächlich darstellt. Es wird nicht erst seit gestern demons triert; tatsächlich nämlich wird schon seit einer ganzen Weile über die Probleme gesprochen und diskutiert. Es gibt Mah nungen von verschiedenen Seiten; es gibt Anregungen von verschiedenen Seiten. Sorgen werden geäußert, und es gibt Hinweise auf Missstände.
Diese Sorgen und die Hinweise auf Missstände finden ihren Ausdruck in Demonstrationen. Man demonstriert, wenn man die Sorge hat, dass man nicht ernst genommen und nicht rich tig behandelt wird. Dieses Gefühl entsteht genau dann, wenn man schlechte Erfahrungen gemacht hat.
Schlechte Erfahrungen haben die Hochschulen mit der Vor gängerregierung gemacht, und zwar bei den letzten Verhand lungen zum Solidarpakt.
Wenn man solche schlechten Erfahrungen gemacht hat, dann ist es meines Erachtens völlig klar und auch richtig, dass die Studierenden gestern auf dem Schlossplatz standen und sag ten: „So etwas wie bei den Verhandlungen unter der letzten Landesregierung darf uns nicht noch einmal passieren.“
Seien wir also ganz vorsichtig: Die Demonstration richtete sich gegen Ihren Solidarpakt. Die Situation, die wir heute ha ben, geht auf Ihr Verhandlungsergebnis zurück. Die Situati on, die die Studierenden heute an den Hochschulen vorfinden, geht auf Ihr Ergebnis, geht auf Sie zurück. Das ist kein Blick in den Rückspiegel, sondern das ist die Situation, die sich heu te darstellt.
Schauen wir uns also noch einmal an, wie die beiden bereits angesprochenen Solidarpakte ausgesehen haben. Der erste So lidarpakt der Jahre 1997 bis 2006 – ich nenne ihn immer „Sparpakt“ – war ein Pakt, dem die Annahme zugrunde lag: „Die Studierendenzahlen sind rückläufig. Deswegen können wir die Grundfinanzierung von vornherein absenken und in den Universitäten 1 500 Stellen abbauen.“ Das war das, was die damalige Regierung mit den Hochschulen ausgehandelt hatte.
Ich finde, das war ein harter Sparpakt für den Wissenschafts bereich. Was Sie gerade als Ihre Position dargestellt haben, deckt sich nicht mit Ihrem damaligen Handeln. Die Verhand lungen zu diesem Solidarpakt fielen in die Regierungszeit von Herrn Ministerpräsident Teufel. Um die Dinge besser ausein anderhalten zu können, nenne ich diesen Pakt jetzt einfach einmal „Pakt mit dem Teufel“.
Der Solidarpakt II mit der Laufzeit von 2007 bis 2014 hatte den Bereich der Hochschulmedizin sowie auch alle Hochschu len insgesamt mit eingebunden. Bei diesem Pakt wurde die Grundfinanzierung eingefroren. Wenn gestern bemängelt wur de, die Grundfinanzierung reichte nicht aus, so sage ich: Das haben Sie damals so in die Verhandlungen zum Solidarpakt eingebracht. Das ging auf Ihren Vorschlag zurück; das war Ihr Ergebnis.
Die Grundfinanzierung wurde also eingefroren. Was geschah danach? Wir verzeichnen steigende Energiekosten, weil die technologische Ausstattung umfangreicher wurde, weil ganz andere Dinge in die Forschung eingeflossen sind. Die Hoch schulen mussten dies nun aus anderen Töpfen finanzieren. Sie waren gebunden durch den von Ihnen ausgehandelten Soli darpakt. Die Energiekosten sind den Hochschulen landauf, landab um die Ohren geflogen. Genau darüber regt sich die Rektorenkonferenz nun auf.
Zweitens wurde in diesem zweiten Solidarpakt auf den Zu wachs bei den Studierendenzahlen – den wir hier im Saal si cherlich alle begrüßen – dadurch reagiert, dass man über Ex tratöpfe, über Zweitmittel finanziert hat. Man hat also nicht die Grundfinanzierung entsprechend angehoben, sondern man hat neue Töpfe geschaffen – die aber leider zu weiteren Pro
blemen führen. So ist über diese Mittel beispielsweise eine feste Anstellung nicht möglich, denn die Mittel sind zeitlich befristet. Eine solche Form der Finanzierung hat meines Er achtens im Hinblick auf die Qualität, im Hinblick auf die Fra ge, wie sich Hochschulpolitik strategisch entwickeln kann, ei ne ganz andere Wirkung als eine echte Grundfinanzierung.
Insofern war das ein wirklicher Stolperstein, der in diesen So lidarpakt eingebaut wurde. Hierunter leiden die Universitäten und die anderen Hochschulen bis heute massiv. Das Verhält nis zwischen den Mitteln aus der Grundfinanzierung und dem, was über die Zweitmittel kommt, zeigt nämlich eine komplet te Schieflage – mit allen damit verbundenen Konsequenzen. Das ist das Ergebnis Ihres zweiten Solidarpakts.
Ich kann Ihnen, wenn ich dieses Bild sehe, wenn ich die Fol gen betrachte, die sich aus dem zweiten Solidarpakt ergeben, sagen: Wenn ich Studierender wäre, wenn ich Professor oder Rektor wäre, hätte ich auch Angst. Ich würde ebenfalls auf die Straße gehen. Genau das habe ich bei der gestrigen Demons tration auch gesagt: Es ist wichtig, klarzustellen, dass so et was nicht noch einmal geschehen darf.
(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Die Begeis terung war begrenzt, Herr Kollege! – Vereinzelt Bei fall)