(Abg. Thomas Blenke CDU: Damit müssen wir le ben! – Heiterkeit des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU – Unruhe)
Er sprach zum einen von einer Anhörung, die angeblich statt finden werde. Um eine Anhörung zu einem Gesetzentwurf durchzuführen, müsste das Kabinett zunächst einen Gesetz entwurf beschließen. Sie wissen aber sehr gut, dass das nicht erfolgt ist. Die Anhörung und damit einen Gesetzentwurf im Range eines Anhörungsentwurfs, von dem Sie sprechen, gibt es nicht. Daher waren Ihre Angaben dazu nicht richtig.
Zum anderen fand ich den Mangel an Kontinuität in den Aus sagen des Kollegen verwirrend. Er sagte, alles solle bleiben, wie es sei, niemals müssten wir in der Gemeindeordnung et was ändern. Ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten gern die Aussage des Kollegen Karl Klein in der Debatte am 7. No vember letzten Jahres zum Antrag meiner Fraktion, Drucksa che 15/3255, rund um das Thema „Kommunen und Energie versorgung“. Der Kollege sagte damals:
Die CDU-Landtagsfraktion ist grundsätzlich bereit, be stehende Regelungen in der Gemeindeordnung und in dem Gesetz über kommunale Zusammenarbeit an geän derte Aufgabenstellungen... anzupassen.
(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Abg. Claus Schmiedel SPD zur CDU: Was gilt denn jetzt? – Zuruf des Abg. Peter Hauk CDU – Unruhe)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, auf die CDU ist in Sachen Verlässlichkeit und Kontinuität nicht zu setzen. Beim Hand werk und bei den Kommunen in Baden-Württemberg ist das ganz anders. Sie arbeiten gut zusammen, und das ist gut für unseren Wirtschaftsstandort und auch für die Daseinsvorsor ge, die die Bürgerinnen und Bürger benötigen.
Das gilt besonders für den Energiebereich. Natürlich gibt es in diesem Bereich auch Konkurrenz, aber das beschränkt sich nicht auf die Frage: Was machen die Stadtwerke, was macht das Handwerk? Hierbei geht es auch um freie Dienstleistun gen. Hier geht es natürlich auch um die ganz großen Energie versorger, auch die internationalen Energieversorger.
Viele Energieanbieter wollen mit Energiedienstleistungen Geld verdienen. Das ist zunächst einmal auch in Ordnung; denn für eine nachhaltige Energieversorgung, für die Energie wende brauchen wir neue Energiedienstleistungen. Bei uns geht es da voran.
Wir haben in Baden-Württemberg eine besondere Situation; denn Handwerk und Kommunen beschäftigen sich damit, wie sie miteinander ins Verhältnis kommen, wie sie vor dem Hin tergrund der Konkurrenzsituation gemeinsam einen Mehrwert erreichen. Deshalb ist es sehr gut, dass der Verband kommu naler Unternehmen e. V. und der Baden-Württembergische Handwerkstag e. V. im Juli 2012 einen Rahmenvertrag über ihre Zusammenarbeit im Energiebereich geschlossen haben. Auch hieraus möchte ich kurz zitieren:
Im Zeitalter der globalisierten Wirtschaft erkennen sich Handwerk und Kommunalwirtschaft als genuine Partner bei den Kunden vor Ort.
... Durch Bündelung der Kenntnisse und Erfahrungen las sen sich die Wünsche des Endkunden besser erfüllen.
Kommunen und Handwerk in Baden-Württemberg arbeiten also auf dem Gebiet der Energieversorgung zusammen und
entwickeln neue Dienstleistungen, die sie zusammen als Pa ket anbieten. Das ist der Geist, mit dem wir in Baden-Würt temberg vorankommen. Die angebliche Feindschaft, die bei spielsweise Sie, Kollege Grimm, hier beschworen haben, die gibt es nicht.
Auch darauf, dass wir jetzt im Gemeindewirtschaftsrecht zu Modernisierungen, zu Anpassungen kommen müssen, haben die Kollegen vorhin in der Debatte schon hingewiesen.
Auf unseren Antrag dazu hat die FDP/DVP in einer Presse mitteilung die Frage aufgeworfen, warum die Grünen über haupt etwas ändern wollten; denn die überörtliche Betätigung im Bereich Energie sei doch schon möglich.
Das ist einerseits richtig, aber andererseits wird das immer wieder verschieden ausgelegt. Kollege Grimm hat das Bei spiel geliefert, weshalb wir sicherstellen müssen – das wollen wir –, dass die überörtliche Betätigung und die interkommu nale Zusammenarbeit im Bereich Energie notwendig, rechts sicher und wichtig ist. Denn Herr Kollege Grimm hat hier vor hin die Frage aufgeworfen, warum sich ein Stadtwerk auch an einem Gaskraftwerk beteiligt. Wir sind der Überzeugung, dass unsere Stadtwerke recht daran tun, ihren Eigenstromanteil zu erhöhen, Strom selbst zu produzieren und ihre Abhängigkeit von der Strombörse zu verringern. Deswegen müssen wir die überörtliche Betätigung unserer Stadtwerke absichern, was Herr Kollege Grimm vorhin bestritten hat.
Herr Kollege Klein wiederum hat vorhin eigentlich ein Posi tivbeispiel gebracht. Er hat darauf verwiesen, dass die Breit bandversorgung ein wichtiges Thema sei. Und das ist sie. Aber wo ist die Breitbandversorgung als neues Thema der Daseins vorsorge schon rechtlich abgesichert? Die Kommunen in Ba den-Württemberg, gerade die Kommunen im ländlichen Raum, müssen vorangehen. Es ist notwendig, dass sie zusam menarbeiten und sich gegenseitig unterstützen. Deswegen wollen wir das Gemeindewirtschaftsrecht so weiterentwi ckeln, dass die Breitbandversorgung als modernes Thema der Daseinsvorsorge abgesichert ist.
Dazu muss man nicht die gesamte Gemeindeordnung auf den Kopf stellen, sondern muss man sich fragen: Wo sind die neu en Herausforderungen? Wo entwickeln sich die Welt und die Daseinsvorsorge schneller als der Rechtsrahmen? Welche Hin weise können wir, die Legislative, der Kommunalaufsicht ge ben, an welchen Stellen die Kommunen tätig werden können?
Das habe ich hier bereits gesagt: Wir brauchen die Absiche rung der überörtlichen Betätigung im Bereich der Energie stär ker als bisher. Die Breitbandversorgung ist ein wichtiges The ma, das wir in die Daseinsvorsorge aufnehmen müssen. Auch beim Thema Wasser muss klar sein, dass die Betätigung der Kommunen nicht durch Klagen oder Ähnliches eingeschränkt werden darf.
Wir wollen es also den Kommunen leichter machen, mitein ander zu kooperieren. Das geht, ohne dass das Handwerk da durch etwas verliert. Deswegen halten wir es für richtig, die drittschützende Wirkung der Subsidiaritätsklausel beizubehal ten; hier soll das Klagerecht von unserer Seite aus bestehen bleiben.
Eine solche Klarstellung in der Gemeindeordnung nimmt dem Mittelstand und dem Handwerk keine Aufträge, sondern trägt – gerade bei den Themen Breitband- und Energieversorgung – dazu bei, den ländlichen Raum zu stärken, und das wollen wir.
Das ist jedoch nicht das Einzige, was wir für das Handwerk tun. Ich darf noch einmal daran erinnern: An den beruflichen Schulen haben wir das Unterrichtsdefizit binnen zwei Jahren halbiert. Wir tragen dazu bei, dass die Ausbildung bei den Handwerksberufen verbessert werden kann. Wir stärken das Handwerk, indem wir die beruflichen Schulen deutlich ge stärkt haben. Das haben Sie nicht hinbekommen.
Insgesamt möchte ich daran erinnern, wie stark das Handwerk von einer guten Bildungspolitik abhängig ist: Im Jahr 2002 gab es den Beschluss des Baden-Württembergischen Hand werkstags für eine Basisschule, die wir heute Gemeinschafts schule nennen – als Konsequenz aus PISA und als ein ganz wichtiger Weg des Handwerks dafür, dass individuelle Förde rung an guten Schulen den Zugang zu dem Nachwuchs schafft, den das Handwerk braucht.
2002 bis 2011 ist ein langer Zeitraum; da waren Sie noch an der Regierung. Jetzt kann man sich fragen: Warum ist da in der ganzen Zeit nichts passiert? Warum haben Sie das Hand werk da nicht unterstützt? Dazu zitiere ich gern eine Aussage des Präsidenten des Baden-Württembergischen Handwerks tags, Herrn Möhrle. Er sagte im Interview mit der „taz“ am 4. Mai 2011:
(Abg. Thomas Blenke CDU: Fragen Sie einmal die Kreishandwerksmeister, was die davon halten! Wir reden mit den Kreishandwerksmeistern!)
Herr Präsident, liebe Kollegin nen und Kollegen, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir alle wissen: Städte und Gemeinden investieren Jahr für Jahr viel Geld in unsere öffentliche Infrastruktur. Die Aufträ ge kommen nicht nur von den Kommunen selbst, sondern auch von ihren Tochtergesellschaften. Die Kommunen sind so für das Handwerk vor Ort wichtige Auftraggeber. Wir wis sen auch: Leistungsfähige Handwerksbetriebe sorgen dafür, dass die öffentlichen Aufträge pünktlich und wirtschaftlich ausgeführt werden; und das ist gut so.
Kommunen und Handwerk sind also seit Jahrzehnten aufein ander angewiesen. Sie brauchen einander. Das wissen die Handwerksbetriebe, das wissen die Kammern, und diejenigen unter uns, die kommunalpolitische Verantwortung tragen, wis sen das auch.
Meine Damen und Herren, mit der heutigen Debatte schießt sich die FDP/DVP auf die geplanten Änderungen in § 102 der Gemeindeordnung ein und baut ein Schreckgespenst vom Un tergang des Handwerks auf.
Dabei ist das neue Gesetz noch gar nicht formuliert. Deshalb ist die von der FDP/DVP beantragte heutige Debatte eher spe kulativ und, ehrlich gesagt, wenig substanziell.
Wir von der SPD stellen uns diesem Thema aber gern, und zwar aus dem Grundsatz heraus, dass es zwischen Handwerk und Stadtwerken keine Über- und Unterordnung gibt, sondern eine Partnerschaft und ein gutes Miteinander.
Schauen wir uns § 102 der Gemeindeordnung einmal an. Er regelt, wann Kommunen Unternehmen gründen, erweitern oder übernehmen dürfen. Dabei zählt vor allem eines: Ein kommunales Unternehmen muss einem öffentlichen Zweck dienen. Diese Regelung ist vernünftig. Darüber besteht, den ke ich, bei allen hier in diesem Saal Konsens.
Wir streben jetzt eine kleine Änderung der Subsidiaritätsklau sel an. Dabei geht es um Betriebe, die außerhalb der öffentli chen Daseinsvorsorge tätig werden. Deren Geschäfte sollen auch dann zulässig sein, wenn sie den Zweck ebenso gut wie ein privater Anbieter erfüllen.