Protocol of the Session on July 28, 2010

Gerade in Krisenzeiten sind Investitionen in Bildung Investi tionen in die Zukunft. Dies zahlt sich in Baden-Württemberg schon jetzt aus. Im Bereich der beruflichen Bildung belegt Ba den-Württemberg im Bildungsmonitor Platz 1. Bei der ge meinsamen Beschulung von behinderten und nicht behinder ten Kindern ist das Land mit Bayern und Bremen Vorreiter. Das Bildungshaus für Drei- bis Zehnjährige ist bundesweit einmalig. Dies gilt auch für das Projekt „Singen – Bewegen – Sprechen“. Der Orientierungsplan findet bundesweit hohe Beachtung. Beim PISA-Länderranking belegen wir Spitzen plätze.

(Abg. Eugen Schlachter GRÜNE: Bei der Neuver schuldung auch! – Gegenruf der Abg. Heiderose Ber roth FDP/DVP)

Bei der Jugendarbeitslosigkeit hat Baden-Württemberg bun desweit den niedrigsten Wert. – Sie hören das sehr wohl, lie ber Kollege.

Wir sparen auch nicht an unseren Bürgern. Im Gegenteil: In der Ländervergleichsstudie „Wie sozial sind die Länder?“ wurden im Jahr 2006 anhand von 27 Indikatoren die Politik felder Wirtschaftsleistung, Armut, Arbeit, Bildung, Geschlech tergleichstellung und Generationenverhältnis untersucht, und Baden-Württemberg liegt – wen wundert es? – hier wieder an erster Stelle.

Einen Solitär unserer baden-württembergischen Hochschul politik stellt das Ausbauprogramm „Hochschule 2012“ dar. Mit diesem ambitionierten Programm stellt Baden-Württem berg als erstes Bundesland überhaupt sicher, dass für den dop pelten Abiturjahrgang 2012 und für eine steigende Zahl von Studienberechtigten in den kommenden Jahren eine ausrei chende Zahl von qualitativ hochwertigen Studienplätzen zur Verfügung steht. Bis zum Jahr 2012 werden über alle Hoch schularten hinweg 20 000 zusätzliche Studienanfängerplätze eingerichtet.

(Abg. Klaus Dieter Reichardt CDU: Sehr gut!)

Die baden-württembergischen Universitäten haben bei der Ex zellenzinitiative sensationell abgeschnitten. Nicht zuletzt dank vorausschauender Hochschulpolitik und bester Rahmenbedin gungen kommen vier von neun Exzellenzuniversitäten aus Ba den-Württemberg. Auch in den übrigen Förderlinien waren die Universitäten des Landes weit überproportional vertreten. Rund ein Drittel der Fördergelder gingen somit nach BadenWürttemberg. Mit der Exzellenzinitiative wurden weit über 1 000 hochwertige Arbeitsplätze in Baden-Württemberg ge schaffen.

Mit dem Solidarpakt haben alle Hochschulen einschließlich der Hochschulmedizin finanzielle Planungssicherheit für die Jahre 2007 bis 2014. Dies bedeutet: keine Einsparungen, und dazu Zuwächse bei den Personalkosten. Der Solidarpakt si chert die Leistungsfähigkeit unserer Hochschulen. Der Wert eines gesicherten Budgets wird derzeit deutlicher denn je.

Mit dem Nachtragshaushalt werden auch die Voraussetzun gen für die Dienstrechtsreform geschaffen, mit der das Land die durch die Föderalismusreform gewonnenen Gesetzge bungskompetenzen ausfüllen wird. Dieses Gesetz werden wir morgen noch behandeln.

Im Nachtragshaushalt setzen wir zudem die Senkung des Klassenteilers an Grundschulen um und schaffen Vorsorge für die Vorschläge der Enquetekommission „Fit fürs Leben in der Wissensgesellschaft – berufliche Schulen, Aus- und Weiter bildung“. Ebenfalls Gegenstand sind die haushaltsrechtlichen Voraussetzungen für die aufgrund der Empfehlungen des Son derausschusses „Konsequenzen aus dem Amoklauf in Win nenden und Wendlingen: Jugendgefährdung und Jugendge walt“ beschlossenen Maßnahmen.

Der Nachtragshaushalt sieht vor, dass die Nettoneuverschul dung im Jahr 2011 um 50 Millionen € gegenüber der bisheri gen Planung gesenkt wird. Dies ist ein sehr wichtiges Zeichen auf dem Weg, künftig keine neuen Schulden mehr aufnehmen zu müssen.

Die Absenkung der Neuverschuldung gewinnt mit einem Blick nach Nordrhein-Westfalen weitere Bedeutung. SPD und GRÜNE planen dort eine Rekordneuverschuldung von sage und schreibe 9 Milliarden €, um ihre künftigen, von einer Min derheitsregierung getragenen Koalitionskompromisse und die nachträglichen Wahlgeschenke überhaupt umsetzen zu kön nen.

Noch ein Wort zu unserem lieben Herrn Kretschmann und zu den lieben Kolleginnen und Kollegen der Grünen: Das vertei digen Sie auch noch. Wenn Sie weiterhin unseren baden-würt tembergischen Haushalt schlechtreden, zeugt das nicht gera de von Sachkompetenz, sondern vielmehr nur von purem Po pulismus.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Zuruf des Abg. Eugen Schlachter GRÜNE)

Natürlich tun Sie das, und zwar in hohem Maß.

Sobald nämlich die Grünen, meine Damen und Herren, Re gierungsverantwortung mittragen müssen, spielen zuvor ge äußerte hehre Grundsätze der Finanz- und Haushaltspolitik plötzlich keine Rolle mehr.

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Peinlich!)

Man könnte es auch etwas anders formulieren und sarkastisch sagen: Es ist gut, dass es wieder eine rot-grüne Regierung in einem Flächenland gibt. Diese wird uns nämlich aufzeigen, was viele bereits verdrängt haben: die Jahre 1998 bis 2005 un ter einer rot-grünen Bundesregierung.

(Heiterkeit der Abg. Beate Fauser FDP/DVP)

Ich komme zum Schluss. Der aktuelle Nachtrag kann nur die Ergebnisse der Mai-Steuerschätzung berücksichtigen und die wichtigsten aktuellen Änderungen für die aktuellen Haushalts jahre dementsprechend umsetzen. Daher haben wir die Regie rung mit einem Entschließungsantrag aufgefordert, den Land tag im November 2010 über die aktuellen Planungen zu in formieren und eine Fortschreibung der mittelfristigen Finanz planung vorzulegen.

Das sind unsere Ziele, meine Damen und Herren. Das sind die Ziele der CDU für Baden-Württemberg auf dem Weg aus der Krise. Lassen Sie uns gemeinsam alles dafür tun, dass wir auf diesem Weg gut und schnell vorankommen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Für die Fraktion der SPD erteile ich Herrn Abg. Rust das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! In der ersten Lesung haben wir verständlicherwei se relativ wenig über Finanzpolitik gehört. Das war vielmehr eine Generalerklärung der Regierung. Jetzt, in der zweiten Le sung, haben wir von Herrn Groh, den ich eigentlich sehr schät ze, wieder nur einen Ritt durch die baden-württembergischen Statistiken präsentiert bekommen. Er hat aufgezeigt, in wel chen Bereichen wir spitze sind und was alles prima ist.

Weniger angesprochen wurden allerdings die Bereiche, bei denen wir tatsächlich Probleme haben.

(Zuruf des Abg. Manfred Groh CDU)

Zu einer objektiven Betrachtung gehört jedoch beides, lieber Kollege, nämlich die positiven Aspekte und die Aspekte, bei denen es nicht so gut läuft. Im Parlament sollten wir uns aber vor allem mit den Bereichen beschäftigen, bei denen wir Nachholbedarf haben und noch etwas verbessern sollten.

(Abg. Manfred Groh CDU: Fangen Sie einmal an!)

Das ist nämlich unsere Aufgabe als Parlament, lieber Kolle ge.

(Beifall bei der SPD)

Zum Nachtragshaushalt an sich – wenn er schon auf der Ta gesordnung steht, sollte man auch ein paar Worte dazu verlie ren –: Wir werden dem Nachtragshaushalt in überwiegenden Teilen zustimmen, weil damit vieles, was wir schon lange ge fordert haben, endlich umgesetzt wird. Ich möchte einige Vor haben nennen, die wir begrüßen.

Dies sind zum einen die Stellenhebungen in der Steuerverwal tung. Die Steuerverwaltung ist schon lange die Verwaltung im

Land, die die schlechteste Gehaltsstruktur aufweist. Wir mah nen seit mindestens drei bis vier Jahren eine Verbesserung an. Die Steuerverwaltung hat immer wieder gefordert, etwas zu unternehmen. Jetzt endlich kommen Sie dieser Forderung nach. Wir begrüßen, dass Sie unserer langjährigen Forderung endlich nachkommen.

Wir begrüßen außerdem, dass Sie bei den Lehrerstellen mehr tun. Dies ist auch notwendig. Wir begrüßen ferner, dass Sie bei den Professorenstellen mehr tun. Auch das ist notwendig. Deshalb begrüßen wir den Nachtragshaushalt überwiegend.

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Also stimmt ihr zu?)

Wir stimmen auch zu, lieber Kollege Kluck.

Aber wir vermissen auch etwas darin; deswegen können wir nicht ungeteilt zustimmen. Wir hätten uns – dazu stellen wir auch einen Antrag – mehr Mittel für Lehrbeauftragte ge wünscht. In den Zeitungen der vergangenen Tage wurde da zu schon einiges geschrieben. Mir ist schleierhaft, wie das im kommenden Schuljahr geregelt werden soll. Denn wie ich heute in den Zeitungen lese, sollen angeblich von September bis Januar keine oder nur gekürzte Mittel für Lehrbeauftrag te zur Verfügung stehen. Wie die Schulen, die bei der Gestal tung ihrer Ganztagsschulprogramme auf Lehrbeauftragte ge setzt haben, dann dieses halbe Jahr überbrücken sollen, ist mir schleierhaft.

Sie sollten sich einmal die Schreiben, die die Schulämter mo mentan versenden, ganz genau anschauen und sich fragen, wie das Ganze funktionieren kann, wenn wir die Mittel für die Lehrbeauftragten kürzen, weil – das war die falsche Annah me, Frau Schick – diese Mittel angeblich gar nicht abgerufen werden. Tatsache ist, dass sie abgerufen werden: 2,9 Millio nen € der insgesamt 3 Millionen €, die in den Haushalt einge stellt sind, sind abgerufen worden. Deshalb müssen Sie schon die Frage beantworten, wie das Ganztagsschulkonzept an vie len Standorten bewältigt werden soll und woher die Mittel da für kommen sollen.

Wir halten die Schulsozialarbeit für einen essenziellen Be standteil der Bildungspolitik des Landes und der Bildungs konzeption von Schulen. Deshalb gehört die Schulsozialar beit zur Schule. Daher ist sie auch in ein Schulkonzept einzu arbeiten und vom Land zu finanzieren.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Eugen Schlachter GRÜNE)

Wir halten es für nicht gerechtfertigt, dass Schulsozialarbeit nur dort gemacht werden kann, wo die Kommunen die finan ziellen Möglichkeiten dazu haben. Schulsozialarbeit muss überall dort gemacht werden, wo sie inhaltlich, wo sie von den Schülern, der Schulstruktur und der Schülerstruktur her notwendig ist. Sie darf nicht nur dort möglich sein, wo die Kommunen sie finanzieren können. Deswegen sind wir dafür, dass Schulsozialarbeit flächendeckend vom Land finanziert wird.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Eugen Schlachter GRÜNE)

Einen dritten Antrag werden wir stellen. Wir haben ihn schon häufig gestellt, aber ich habe bis heute noch keine schlüssige

Begründung gefunden, warum Sie ihn immer wieder ableh nen. Es geht um die Rücknahme des Personalabbaus in der Steuerverwaltung. Ich fordere gar nicht mehr Personal für die Steuerverwaltung, sondern nur eine Rücknahme des Abbaus. Sie haben in der Steuerverwaltung nämlich über Jahre hinweg Personal abgebaut. Wir fordern jetzt, zumindest einen Teil die ses Personals wieder einzustellen, damit wir, liebe Kollegin nen und Kollegen, zwei Ziele erreichen:

Das erste Ziel ist Steuergerechtigkeit. Wenn ich sehe, unter welchen Bedingungen die Beamtinnen und Beamten in unse rer Steuerverwaltung Steuererklärungen bearbeiten und Be triebsprüfungen vornehmen, dann muss ich schon fragen, ob es noch gerecht ist, wenn Steuererklärungen nicht mit der hin reichenden Zeit und dem eigentlich erforderlichen Aufwand geprüft werden können, weil das Personal fehlt, wenn Betrie be nicht so geprüft werden können, wie wir das vorsehen. Dann ist ein großes Fragezeichen hinsichtlich der Steuerge rechtigkeit zu setzen. Wir halten eine gerechte Besteuerung der Bürgerinnen und Bürger für absolut notwendig, um eine Akzeptanz des Steuersystems herzustellen.

(Beifall bei der SPD – Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Deshalb müssen die Steuern runter!)

Herr Kollege Kluck, wir könnten die Steuern vermutlich so gar senken, wenn wir dafür sorgen würden, dass die Steuern, die dem Staat tatsächlich zustehen, auch eingetrieben werden. Aber das ist nicht der Fall. Das beweist uns der Rechnungs hof mit jeder Denkschrift. In den letzten drei Denkschriften waren jedes Mal Beiträge enthalten, in denen der Rechnungs hof nachweist, dass zu wenig Personal vorhanden ist

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Die FDP/DVP ignoriert den Rechnungshof permanent!)

und dem Staat Geld entgeht, das ihm eigentlich zusteht. Wir wollen kein Geld, das dem Staat nicht zusteht. Wir wollen aber, dass jeder gerecht besteuert wird und der Staat das Geld bekommt, das ihm zusteht. Dann, Herr Kluck, könnten wir vielleicht sogar Steuern senken, wenn wir das Geld auch ein treiben würden.

(Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg. Hagen Kluck FDP/DVP)