Protocol of the Session on June 9, 2010

oder es war nicht verfassungswidrig – dann ist es aber auch das neue nicht. Das ist der entscheidende Punkt.

(Zurufe der Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP und Claus Schmiedel SPD)

Wenn das neue Gesetz verfassungswidrig wäre, dann müsste auch schon das alte Gesetz verfassungswidrig gewesen sein. Die Logik also, die Herr Beck und Sie haben,

(Zuruf der Abg. Dr. Gisela Splett GRÜNE)

erschließt sich mir nicht.

Warum die Landesregierung in diesem konkreten Fall mit Un terstützung der Regierungsfraktionen nicht für eine Beteili gung des Bundesrats ist, erschließt sich ganz klar. Wir wol len, dass unsere Konzeption, dass das, was wir unter Energie konzeption verstehen, auch umgesetzt wird und dies nicht von Rot-Grün oder einer rot-grünen Mehrheit im Bundesrat ge blockt wird. Das ist der entscheidende Punkt.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Glocke des Präsidenten)

Herr Abgeordneter, ge statten Sie nun eine Kurzintervention des Herrn Abg. Unter steller?

Eine Kurzintervention? Hat er aus nahmsweise keine Frage? – Herr Untersteller, bitte.

Bitte, Herr Abg. Unter steller.

Herr Kollege Hauk, zu nächst einmal zu dem, was Sie zum Schluss gesagt haben. Ist Ihnen denn bekannt, dass es mittlerweile mehrere Rechtsgut achten gibt? Eines wurde beispielsweise vom Bundesumwelt ministerium bei Herrn Professor Wieland, einem Verfassungs rechtler aus Speyer, in Auftrag gegeben. Er stellt ausdrücklich fest, dass man die Geschichte damals im Jahr 2000 nicht mit der heutigen Situation vergleichen kann. Warum? Damals ha ben wir die Laufzeiten verkürzt. Das heißt, wir haben die Län der damit entlastet. Die Länder mussten nicht mehr so lange Atomaufsicht führen wie ursprünglich vorgesehen. Dadurch gibt es eine finanzielle Entlastung der Länder. Durch eine Laufzeitverlängerung würden die Länder zusätzlich belastet. Das heißt, sie müssten länger Aufsicht führen.

(Zuruf des Abg. Jörg Döpper CDU)

Ich muss nicht fragen.

Ich darf noch einmal darauf hinweisen, liebe Kollegen: Es geht um eine Kurzinter vention. Diese muss keine Frage beinhalten. Vielmehr darf der Abgeordnete in drei Minuten eine Stellungnahme abge ben, wenn der Redner zustimmt. Das hat Herr Abg. Hauk ge macht.

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Aber keine Minu te länger!)

Bitte.

Durch eine Laufzeitver längerung würden die Länder zusätzlich belastet, weil sie län ger Aufsicht führen müssten.

Im Übrigen, Herr Kollege Hauk, nenne ich Ihnen ein anderes Beispiel.

(Zuruf des Abg. Hagen Kluck FDP/DVP)

Wenn die vorhandenen Zwischenlager dann in einigen Jahren voll werden würden, müssten Sie neue Atommülltransporte organisieren. Auch durch polizeiliche Sicherungsmaßnahmen hätten Sie also zusätzliche Kosten des Landes. Das heißt un ter dem Strich:

(Zuruf des Abg. Hagen Kluck FDP/DVP)

Es geht einfach an der Sache völlig vorbei und hat wirklich nichts miteinander zu tun, wenn man jetzt eine Laufzeitver längerung mit der damaligen Geschichte vergleicht. Ich emp fehle Ihnen da wirklich, einmal das Rechtsgutachten von Herrn Professor Wieland nachzulesen, wo Sie das im Verhält nis 1 : 1 finden.

Zweitens zu dem, was Sie vorhin gesagt haben: Der Strom müsse da erzeugt werden, wo er verbraucht werde. Das ist ein fach Nonsens.

(Zuruf des Abg. Hagen Kluck FDP/DVP)

Die Faktenlage ist die: Wir werden in den kommenden Jah ren verstärkt in Norddeutschland ausbauen, sei es Windener

gie onshore, sei es offshore. Offshore werden wir bis zum Jahr 2030 bis zu 25 000 MW dazubekommen.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Ja, wieso brauchen wir dann unbedingt die Windräder?)

Die große Aufgabe, vor der Sie und ich stehen, ist die Beant wortung der Frage:

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Also brauchen wir gar keine Windkraft!)

Wie bekommen wir den Netzausbau von Nord nach Süd, näm lich zu den Verbrauchszentren im Süden, organisiert?

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Also brauchen wir keine Windkraft!)

Aber dann hören Sie endlich einmal auf, zu behaupten, der Strom, der in Baden-Württemberg verbraucht wird, müsse hier erzeugt werden. Das ist schlichtweg Unsinn.

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Dann brauchen wir also keine Windräder hier!)

Herr Ministerpräsident, Sie ziehen die Augenbrauen hoch. – Im Übrigen: Baden-Württemberg importiert bereits heute ei nen Teil seines Stroms. Es wird in Zukunft noch mehr impor tieren. Insbesondere aus Norddeutschland werden wir ver stärkt Strom beziehen müssen. Noch einmal: Die große Auf gabe ist dann der Netzausbau.

Noch ein Letztes, Herr Kollege Hauk – von wegen, man müs se jetzt alle Kernkraftwerke abschalten –: Wir haben in unse rer Regierungszeit im Jahr 2000 einen Vertrag mit den großen Energieversorgungsunternehmen in Deutschland geschlossen.

Das macht es nicht besser.

In diesem Vertrag haben die Unternehmen damals mit ihrer Unterschrift zugestimmt, dass die Anlagen Stück um Stück abgeschaltet werden.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Mit der Pis tole an der Schläfe!)

Herr Kollege, drei Mi nuten!

Wer sich nicht daran hält, sind die Bosse der Energieversorgungsunternehmen. Das ist einfach der Fakt.

(Beifall bei den Grünen)

Bitte, Herr Kollege Hauk.

Lieber Herr Kollege Untersteller, zum Letzten: Wer mit wem Verträge geschlossen hat, ist mir heute relativ wurscht. Es geht um die Frage der zukünftigen Energiekonzeption und darum, dass wir für einen Zeitraum X, der 10, 15 oder 20 Jahre sein kann, noch grundlastfähige Kern kraftwerke brauchen.

(Abg. Franz Untersteller GRÜNE: Das ist einfach Unsinn!)

Das ist der einzige Punkt.

Wenn wir in den Fragen des Klimaschutzes entscheidend vo rankommen wollen – das muss ich dazusagen, das ist immer die Conditio sine qua non –, dann bedeutet das, dass wir fos sile Energieträger vom Netz nehmen. Ein Zuwachs findet im Bereich Kernkraft nicht mehr statt. Im Bereich der fossilen Energieträger muss der Zuwachs schrumpfen, wenn wir un sere Klimaschutzziele erreichen wollen. Also findet der Zu wachs beim Ausbau regenerativer Energieträger statt.

(Abg. Rainer Stickelberger SPD: Si tacuisses!)

Im Übrigen: Dass der Kollege Kretschmann neuerdings das Hohelied des europäischen Verbundnetzes singt, ist natürlich Sankt Florian pur. Er tut das nämlich in der Hoffnung: Jetzt schalten wir bei uns die Kernkraftwerke ab, aber an der Ver sorgung wird sich schon nichts ändern, weil in Frankreich, weil neuerdings in Italien, weil auch wieder in Schweden, weil in Tschechien und anderswo genügend Kernkraftwerke zur Verfügung stehen; dann können wir den Strom schon impor tieren.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Ach was! – Abg. Win fried Kretschmann GRÜNE: Ich empfehle einmal ei nen Besuch bei EU-Kommissar Oettinger!)

Ich bin sehr dafür, dass die europäischen Verbundnetze aus gebaut werden – damit wir uns nicht falsch verstehen. Aber wenn jemand das Lied gerade in diesem Zusammenhang be sonders laut singt, dann wird man den Verdacht nicht los, dass er letztendlich damit die Probleme lösen will.

Im Übrigen, Herr Kollege Untersteller: Ich glaube, uns allen in der Politik würde es guttun, wenn wir mehr mit gesundem Menschenverstand und weniger mit juristischen Gutachten ar gumentieren würden.