Protocol of the Session on April 15, 2010

Um Antworten geben zu können, brauchen wir ganz sicher wissenschaftlichen Sachverstand, den besten Sachverstand, den wir aus dem Land und von außerhalb des Landes organi sieren können. Wir brauchen die Einbeziehung der Betroffe nen, und wir brauchen dann eine Weiterentwicklung in den Konzeptionen und in unseren Fördersystemen.

Zeitnah wird dies der Schwerpunkt sein, wenn wir dieses Ni veau des ländlichen Raums, diese Nähe zu den städtischen Räumen in der Qualität halten wollen.

Ich schaue einmal zum Präsidenten hoch, ob er schon unru hig wird, weil es zu lange dauert.

(Zuruf des Abg. Helmut Walter Rüeck CDU)

Ich weiß, dass jeder Abgeordnete dies auch selbst inhaltlich ausfüllen kann.

(Abg. Jörg Döpper CDU: Sehr gut! – Abg. Karl Zim mermann CDU: So ist es!)

Aber diese Gelegenheit muss man einmal wahrnehmen. Wir müssen sagen, wo wir momentan Schwerpunkte setzen – vor allem nicht querbeet durch die Landesregierung, sondern bei uns im Haus.

Ich nenne unser Lieblingsprogramm, das Thema „Entwick lungsprogramm Ländlichen Raum“, und zwar deshalb, weil

wir gerade wieder flächendeckend über das Land verteilt vie le gute Projekte mit dem Förderprogramm 2010 auf den Weg bringen können. Ich nenne es vor allem auch deshalb, weil wir mit dieser Verteilung bei der Bezuschussungssumme nach 15 Jahren die Grenze von 1 Milliarde € überschritten haben. Es enthält Investitionen in Höhe von 1 Milliarde € in eine bes sere Infrastruktur ländlicher Räume und bessere Lebensqua lität. Die 1 Milliarde € haben Investitionen in einer Gesamt summe von 8 Milliarden € ausgelöst.

(Zuruf des Abg. Reinhold Gall SPD)

Meine sehr verehrten Damen, meine Herren, ich will noch ei nen Punkt zur Landwirtschaft sagen, obwohl wir hier keine Landwirtschaftsdebatte haben und vorhin auch richtig gesagt geworden ist, dass das Thema „Ländlicher Raum“ nicht syn onym mit dem Thema Landwirtschaft ist.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Oho!)

Wir alle sind jedoch gut beraten, wenn wir dann, wenn wir über den ländlichen Raum reden, die Landwirtschaft in den Mittelpunkt unserer Überlegungen stellen.

(Abg. Albrecht Fischer CDU: Sehr gut!)

Ein Dorf, ein ländlicher Raum ohne funktionierende Land wirtschaft, ohne bäuerliche Betriebe, ohne Nahrungsmittel produktion aus der Nähe und für die Nähe, meine Damen und Herren, ist nicht mehr ein solcher ländlicher Raum, wie wir ihn uns vorstellen.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: So ist es!)

Es kann aber interessant und spannend sein, zu verfolgen, was zwar erst nach dem Jahr 2013 mit der Neuausrichtung der eu ropäischen Agrarpolitik wirken wird, was aber in den kom menden wenigen Monaten, was im Lauf dieses Jahres auf eu ropäischer Ebene, auf deutscher Ebene und auch auf Landes ebene initiiert, diskutiert und entschieden wird. Die Entschei dungen fallen heute. Die Auswirkungen für die Landwirtschaft werden dann für viele Jahre Bestand haben. Dabei müssen wir auch parteiübergreifend zusammenstehen und uns gut aufstel len, damit die Landwirtschaft auch in unserem Land eine Chance hat. Wenn sie eine Chance hat, meine Damen und Her ren, dann können wir auch für den ländlichen Raum optimis tisch in die Zukunft schauen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Sehr gut!)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Winkler.

(Zuruf von der CDU: Es gibt nichts mehr zu sagen! – Gegenruf des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Ja! – Zuruf des Abg. Helmut Walter Rüeck CDU)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich bin nicht sicher, ob ich die Zustandsbeschreibung

des ländlichen Raums, die ich gehört habe, als paradiesisch oder als parodistisch bezeichnen soll,

(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD – Abg. Karl- Wilhelm Röhm CDU: Wie heißt die Gemeinde?)

weil ich den Eindruck gewinnen konnte, dass zwar sehr viel Positives über den ländlichen Raum, aber nichts über seine Zukunft, seine Entwicklung und die damit verbundenen Ge fahren gesagt worden ist.

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Zuhören! – Abg. Hel mut Walter Rüeck CDU: Da muss man zuhören kön nen!)

Es ist kein physikalisches Gesetz, kein Naturgesetz, dass es in den ländlichen Räumen Tendenzen der Abwanderung in die Städte gibt. Eher ist es ein soziologisches Phänomen. Es ist aber nun einmal nachgewiesen.

Die vom Land in die Stadt erfolgende Wanderungsbewegung, die in den letzten Jahren zum ersten Mal seit 50 Jahren fest zustellen ist, hat Gründe, nämlich ungleiche Lebensbedingun gen, unterschiedliche Lebensverhältnisse und vor allem schlechter gewordene Zukunftschancen auf dem Land. Dazu brauche ich nur zu zitieren, was Sie kennen, etwa aus dem De mografiebericht von Frau Hübner, der ehemaligen Staatsrätin für demographischen Wandel und für Senioren.

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Haben wir schon gehört!)

Die höchste Bevölkerungsabnahme wurde mit 8,8 % für den Landkreis Heidenheim berechnet. Es folgen der Zollernalb kreis und der Landkreis Sigmaringen mit 7 %.

(Zuruf des Abg. Helmut Walter Rüeck CDU)

Ich zitiere Angaben des Statistischen Landesamts.

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Schwäbisch Hall, Hohenlohe, Main-Tauber!)

Moment, Herr Kollege. – Die Städte wachsen, die ländli chen Räume verlieren Einwohner. Wanderungsgewinne ver zeichnen die Stadtkreise Stuttgart, Karlsruhe und Mannheim.

Zum Thema „Ländliche Räume“ gibt es auch viele Broschü ren und Berichte von der EU, von der Bundesregierung und vom Land, etwa vom Amtsvorgänger des Landwirtschaftsmi nisters. In einer Publikation heißt es: „Ländliche Räume nicht vernachlässigen“. Die Stadt Ellwangen bittet Abgeordnete, die Richtlinien für das Entwicklungsprogramm Ländlicher Raum zu verbessern.

Jetzt berichte ich aus dem zuständigen Kreistagsausschuss meines Landkreises – ich zitiere –:

Die Aufrechterhaltung der wohnortnahen Grundversor gung wird im ländlichen Raum durch den demografischen Wandel zunehmend schwieriger. Der Ausschuss unter streicht die Gefahr, dass im Zuge des Bevölkerungsrück gangs Teile der ländlichen Infrastruktur nicht zu halten sind. In Sachen Schulpolitik werden vom Land langfris tig verlässliche Planungen und finanzielle Unterstützun gen erwartet.

Ich beende diese Beschreibungen mit einem Bericht aus dem „Kommunalforum Ländliche Räume“ – ich zitiere –:

Der Erhalt von ortsnahen Schulen und insbesondere der Grundschulen ist für Familien im ländlichen Raum ent scheidend.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Das sehen wir auch so!)

Die Schule muss wohnortnah bleiben!... Gehen die Kin der nicht vor Ort in die Schule, ziehen sie später weg.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Abg. Norbert Zeller SPD: So ist es! Genau! – Glocke des Präsiden ten)

Herr Abg. Winkler, gestatten Sie ei ne Zwischenfrage des Herrn Abg. Hauk?

Ja, selbstverständlich.

Bitte schön, Herr Abg. Hauk.

Herr Kollege Winkler, stimmen Sie mir zu, dass dieser Trend, den Sie zu Recht beschreiben, in Baden-Württemberg am geringsten ausgeprägt ist und es sich dabei um einen bundesweiten und europaweiten Trend han delt?

Zum Zweiten: Stimmen Sie mir zu, dass die Landesregierung der analysierten Entwicklung, die Sie auch zitatweise zu Recht vorgetragen haben, entsprechend kraftvolle Strategien entge gensetzt?

(Abg. Norbert Zeller SPD: Die falschen!)

Die „kraftvolle Strategie“, die die Landesregierung entgegensetzt, war die Bildung des Kabi nettsausschusses Ländlicher Raum, der das Problem sozusa gen tiefgekühlt hat.

(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Seit seiner Konstituierung hat man nichts mehr von diesem Gremium gehört.