Protocol of the Session on April 15, 2010

Städte- und Gemeindetag richteten den herzlichen Appell an die Landespolitik, die gesetzliche Verankerung von Ganztagsschulen einzuleiten. Diese Forderung sei in zehn von zwölf Flächenbundesländern bereits vollzogen und stelle gewiss kein ungehöriges Verlangen dar.

Meine Damen und Herren, so ist es. Warum wollen Sie keine gesetzliche Regelung? Sie haben Angst davor, dass daraus ein Rechtsanspruch abgeleitet werden könnte.

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Man muss es bezah len können!)

Genau darum geht es. Wir als SPD-Fraktion wollen die ge setzliche Verankerung von Ganztagsschulen im Schulgesetz, so, wie sie in den meisten Bundesländern bereits besteht, da mit Planungssicherheit für die Kommunen und auch Planungs sicherheit hinsichtlich des Personals gegeben ist und nicht ständig damit gerechnet werden muss, dass je nach Gusto ei ne Kürzung bei den Personalkosten erfolgt. Das haben Sie in der letzten Zeit immer wieder gemacht.

Deswegen ist es richtig, wenn wir sagen: Wir brauchen echte Ganztagsschulen in unserem Land. Wir brauchen die gesetz liche Verankerung dieser Schulen.

In der Stellungnahme zu dem vorliegenden Antrag der Frak tion GRÜNE heißt es auf Seite 7:

Zusätzliche Lehrerwochenstunden für eine erhöhte Zu weisung an Ganztagsschulen sind nicht in den Bedarfs berechnungen des Kultusministeriums berücksichtigt und stehen nach derzeitiger Beschlusslage nicht zur Verfü gung.

Genau das ist das Problem. Sie sind nicht bereit, die nötigen Ressourcen für echte Ganztagsschulen zur Verfügung zu stel len.

(Abg. Beate Fauser FDP/DVP: Wir haben keine!)

Deswegen eiern Sie so herum.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Renate Rastät ter und Franz Untersteller GRÜNE)

Für die FDP/DVP-Frak tion erteile ich Frau Abg. Dr. Arnold das Wort.

Herr Präsident, liebe Kol leginnen und Kollegen, meine sehr verehrten Damen und Her ren! Herr Zeller, eigentlich wollte ich mir den Hinweis ver kneifen, aber jetzt haben Sie wieder etwas Schärfe in die gan ze Debatte gebracht: Ich möchte nur noch einmal daran erin nern, dass Sie hier in Baden-Württemberg von 1992 bis 1996 in der Regierungsverantwortung waren. Als Sie angefangen haben, zu regieren, gab es in diesem Land 79 Ganztagsschu len. Als Sie aufgehört haben, waren es noch immer 79.

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP zur SPD: Hört, hört! Euer Versagen!)

Wir haben in den letzten Jahren einiges auf den Weg gebracht.

(Zuruf: Er hat nur gesagt, was wahr ist! Er hat die Wahrheit ausgesprochen! Sie tut euch weh!)

Frau Kurtz hat es eben schon gesagt: Mittlerweile gibt es in diesem Land über 1 000 Ganztagsschulen. Wir haben unsere Hausaufgaben wirklich erfüllt,

(Beifall des Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP – Abg. Norbert Zeller SPD: Das sind doch keine ech ten Ganztagsschulen! Das sind Halbtagsschulen mit Mittagessen und Betreuung!)

im Gegensatz zu Ihnen damals. An dieser Stelle möchte ich auch unserem ehemaligen Ministerpräsidenten Oettinger herz lich danken,

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und der CDU – Zuruf: Herr Oettinger ist doch gar nicht da!)

denn er hat hier wirklich die Tür ein Stück weit aufgemacht, sodass wir in diesen verstärkten Ganztagsausbau gehen konn ten. Das ist wirklich einer der großen Verdienste, die wir ihm zuschreiben und die wir ihm auch gern zuschreiben.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und der CDU – Abg. Sabine Kurtz CDU: So ist es!)

Wir vonseiten der FDP/DVP-Fraktion haben schon intensiv mit dem Gedanken gespielt, die Ganztagsbetreuung tatsäch lich ins Schulgesetz aufzunehmen. Aber Sie haben die ande ren Bundesländer erwähnt, in denen das schon erfolgt ist. Wenn Sie sich deren Schulgesetze etwas näher anschauen, stellen Sie fest, dass das Ganze in vielen Bundesländern un ter den Haushaltsvorbehalt gestellt ist. Der Anspruch ist zwar da; er kann theoretisch auch eingelöst werden, doch nur un ter dem Haushaltsvorbehalt. Aber das ist doch der Dreh- und Angelpunkt.

(Zuruf des Abg. Norbert Zeller SPD)

Es geht um die Ressourcen. Ob ich die Ganztagsbetreuung im Schulgesetz stehen habe oder nicht – es geht letztendlich um die Ressourcen. Wir haben es vorhin schon gehört, und an die ser Stelle möchte ich es noch einmal betonen: Falls wir uns in der Frage der Ressourcen entscheiden müssen, dann sage ich: Lieber investieren wir zunächst in den frühkindlichen Bereich; denn da macht es wirklich massiv Sinn. Mit dem, was wir dann noch an Ressourcen übrig haben, wollen wir die Ganz tagsbetreuung Stück für Stück weiter ausbauen. Das sehen wir auch als sinnvoll an. Diesen Weg wollen wir auch gern mit Ihnen gemeinsam weitergehen.

Noch ein Wort zum Thema Jugendbegleiter: Auch aus unse rer Sicht sind die Jugendbegleiter ein sehr erfolgreicher Be standteil der Ganztagsbetreuung. Ich sage hier bewusst „Be treuung“. Denn Jugendbegleiter ersetzen kein Lehrpersonal, sondern sie sind ergänzendes Personal. Sie tragen einen gro ßen Teil dazu bei, dass Ganztagsschulen auch zu einem Le bensraum werden,

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Jawohl!)

dass Gruppierungen aus der Gesellschaft in den Lebensraum Schule mit hineingenommen werden können. Gerade auch mit

Blick auf Berufsorientierung ist die Hineinnahme von Jugend begleitern ein sinnvoller Vorgang, den wir nach wie vor mit Nachdruck unterstützen. Auch diesen Weg wollen wir gern mit Ihnen gemeinsam weitergehen.

So viel von unserer Seite. Ich fasse mich dieses Mal etwas kürzer, denn es ist ja schon viel Richtiges gesagt worden.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Für die Landesregie rung erteile ich Frau Kultusministerin Professorin Dr. Schick das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Her ren! Es ist wahrlich schon viel zu diesem Thema gesprochen worden. Jetzt sage ich nicht: „nur noch nicht von jedem“. Aber ich glaube, es ist schon sehr wichtig, hier auch aus Sicht der Landesregierung noch einmal sehr deutlich zu diesem Thema Stellung zu nehmen und – gestatten Sie mir dies – das Thema vom Kopf auf die Füße zu stellen.

Wir starten hier doch eigentlich aus der gemeinschaftlichen Beobachtung heraus – das war der Beginn der Diskussion über mehr Ganztagsschulen, über mehr Ganztagsbetreuung in Deutschland insgesamt, nicht nur in Baden-Württemberg –, dass ein starres Konzept einer zeitlich sehr eingeschränkten Beschäftigung mit den jugendlichen Menschen in den Schu len nicht mehr zielführend ist. Das ist die gemeinschaftliche Beobachtung, die wir alle über Parteigrenzen hinweg gemacht haben.

Jetzt kommt die Stelle, an der ich sagen möchte: Bitte vom Kopf auf die Füße stellen. Wir ziehen natürlich unterschied liche Schlüsse daraus. Aus der Beobachtung, dass sich die Si tuation geändert hat und dies in manchen Fällen zu neuen Konzepten führen muss, leiten Sie die Forderung ab, die ge samte Menschheit müsse jetzt flächendeckend in einem Zug mit Ganztagsschulen beglückt werden.

(Abg. Renate Rastätter GRÜNE: Wer hat das gesagt? – Zuruf der Abg. Theresia Bauer GRÜNE)

Das ist nicht unsere Haltung; denn es entspricht nicht dem Wunsch der Bevölkerung.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Die Zwangsbeglückung steht nicht auf unserer Agenda. Ich darf hier ganz deutlich sagen: Eine Schule, die heute in Ba den-Württemberg zur Ganztagsschule werden möchte, kann dies tun. Unser Kontingent wurde durch die eingegangenen Anträge nicht ausgeschöpft.

(Beifall des Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP – Zuruf des Abg. Norbert Zeller SPD)

Meine Damen und Herren, wer will, der stelle bitte den An trag.

Wir haben klar und deutlich gesagt: Die 40 % sind nicht ein politisches Ziel, das es zu erreichen gilt. Vielmehr ist dies ei ne Wegmarke, für die wir die Ressourcen zur Verfügung stel len. Wir haben gesagt: Jedes Gymnasium, das dies will, jede zweizügige Werkrealschule, die dies will, kann Ganztagsschu le werden. Aber, meine Damen und Herren, der Bedarf ist nicht vorhanden.

(Zuruf der Abg. Theresia Bauer GRÜNE)

Das beantragte Volumen schöpft die vorhandenen Ressourcen nicht aus.

Geben Sie doch bitte irgendwann einmal den Irrglauben auf, dass, nur weil Sie der Ansicht sind, Ganztagsschulen müssten zu 100 % eingeführt sein, auch die Eltern dieser Ansicht sein müssten. Sie sind es nicht in der Fläche im Land. Wir treten hier nicht an, die Eltern vom Gegenteil zu überzeugen.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Ha gen Kluck FDP/DVP: So ist es! – Abg. Renate Rastät ter GRÜNE meldet sich. – Glocke des Präsidenten)

Frau Kultusministerin, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Frau – –

Nein, im Moment nicht, Herr Präsident. Vielen Dank.

(Abg. Renate Rastätter GRÜNE: Kurzintervention!)