Bei einem Satz in Ihren Anträgen musste ich schmunzeln oder sogar laut lachen. Dort heißt es nämlich, dass der Zustand der Bundesfernstraßen „dank vernünftiger Mittelzuweisungen durch die SPD-Verkehrsminister in den letzten elf Jahren“ pas sabel sei. Wie „vernünftig“ diese Politik war, bekommen die ses Land und die Bürgerinnen und Bürger tagtäglich zu spü ren.
Tatsache ist, dass seit dem Jahr 2001 erst 30 % aller Maßnah men aus dem Bedarfsplan des Bundes realisiert wurden
zu Ihnen komme ich gleich, Herr Prewo –, dass für die ver bleibenden fünf Jahre bis 2015 von 7,5 Milliarden € noch 5 Milliarden € fehlen und wir jährlich 400 Millionen € für die dringendsten Maßnahmen brauchten. Tatsache ist, dass ein Großprojekt wie der Albaufstieg an der A 8 allein schon 500 Millionen € kostet, hier aber überhaupt noch nicht enthalten und einkalkuliert ist.
Jetzt zu Ihnen. Sie, lieber Herr Kollege Prewo, behaupteten heute Morgen doch allen Ernstes, die Länderquote des Bun des für Baden-Württemberg sei großzügig gewesen. Das ist nun wirklich grotesk.
Zurück zum Landesstraßenbau. Die Anträge, die Sie, lieber Herr Haller, und Ihre Fraktion gestellt haben, haben nicht wirklich zur Erleuchtung beigetragen. Wir wissen, dass viele unserer Landesstraßen dringend sanierungsbedürftig sind. Wir wissen auch, dass wir 80 bis 100 Millionen € pro Jahr bräuch ten, damit unsere Straßen nicht noch weiter an Substanz ver lieren.
In der Analyse sind wir uns eigentlich einig. Nur in unseren Schlussfolgerungen liegen wir meilenweit auseinander. Denn es reicht eben nicht aus, nach mehr Geld zu rufen, sondern dann müssen Sie um der Ehrlichkeit willen schon sagen, wo es herkommen soll. Ich habe Ihnen auch heute gut zugehört. Auch heute sind Sie jegliche guten Vorschläge schuldig ge blieben.
Ihr Vorschlag in einem der Anträge, zugunsten der Erhaltung auf den Neubau von Landesstraßen zu verzichten, ist nur we nig tauglich. Weil Sie vorhin von der Hauptschlagader gespro chen haben: Das wäre so, als ob Sie einem schwer Herzkran ken bei steigender Belastung den Bypass verweigern würden; der Infarkt wäre programmiert, und das wissen Sie auch. Wir
Wie wenig ernst es Ihnen mit dem Verzicht auf neue Straßen ist, zeigt übrigens Ihr Antrag zu den 21 Landesstraßenbaupro jekten. Konsequent wäre, wenn Sie die Streichung des kom pletten Programms gefordert hätten. Konsequent wäre, wenn Sie jedem Bürgermeister und – jetzt wird es interessant – je dem Bürger in Ihren Wahlkreisen sagen würden, dass Sie ge gen den Bau einer der so wichtigen Ortsumfahrungen in die sem Land seien. Doch stattdessen fordern Sie es zu Hause.
Konsequent wäre auch, wenn Sie jeden Spatenstich und jede Freigabe boykottieren würden. Aber auch das tun Sie nicht.
Ich habe Ihre Anträge, Herr Haller, gut gelesen. Sie haben wirklich keine Substanz, und sie sind völlig untauglich, was gute Vorschläge für die Finanzierung des Landesstraßenbaus angeht.
Klar ist, dass wir im Straßenbau strukturelle Defizite beseiti gen müssen und, wo auch immer möglich, die Effizienz stei gern müssen. Klar ist auch, dass wir für den Straßenbau ins gesamt mehr Geld brauchen.
Erstens: Wer will, dass in Baden-Württemberg Geld verdient wird und wir auch künftig in den Länderfinanzausgleich zah len, der muss endlich dafür sorgen, dass hier auch Straßen ge baut werden. Wir brauchen dafür dauerhaft deutlich mehr Geld vom Bund, und dieser Weg wird langfristig nur über ei ne Nutzerfinanzierung der Bundesfernstraßen und eine Bin dung der Einnahmen funktionieren.
Zweitens: Wir brauchen mehr Geld für den Landesstraßen bau. Aber wer dies nur gebetsmühlenartig fordert, der springt wirklich zu kurz. Ich habe den Eindruck, dass manche in die sem Haus noch nicht begriffen haben, wie groß das Haushalts loch wirklich ist, vor dem wir stehen. Mehr denn je müssen wir zwischen Wichtigem und Unwichtigem unterscheiden. Ich will keine Verantwortung für eine Politik tragen, die zulasten nachfolgender Generationen geht.
Mehr Geld für den Straßenbau im Land erfordert also drasti sche Kürzungen und Einschnitte an anderer Stelle. Für muti ge Vorschläge bietet der Nachtragshaushalt die beste Gelegen heit. Herr Haller, wir sind gespannt.
Frau Präsidentin, meine Da men und Herren! Der Zustand unserer Landesstraßen ist nicht gut. Der Zustand unserer Landesstraßen ist schlecht. Die An zahl der Schlaglöcher auf unseren Landesstraßen ist fast so groß wie die der Löcher hier im Plenarsaal hinsichtlich der
Anwesenheit bei der Behandlung dieses Themas. Aufgrund der flächendeckenden Abfrage durch die SPD wurde uns jetzt, sorgsam nach Landkreisen aufgelistet, sogar regierungsamt lich bestätigt: Im Jahr 2008 waren 44 % unserer Landesstra ßen in einem schlechten bis sehr schlechten Zustand. In der letzten Woche wurde sogar eine Landesstraße wegen man gelnder Verkehrssicherheit für Lkws über 3,5 t gesperrt. Das war die Landesstraße L 560 bei Friedrichstal. Das zuständige Regierungspräsidium hat da gesagt: „Wir können nicht sanie ren, weil uns die Finanzmittel fehlen.“ Dann hat man die Stra ße für Lkws schlichtweg zugemacht.
Zynisch könnte man sagen: Die Landesstraßen verkommen zu lassen ist die wirkungsvollste Luftreinhaltemaßnahme der Landesregierung. Bei dem jetzigen Zustand der Straßen kann auch nicht zu schnell gefahren werden, und so bedarf es kei ner Geschwindigkeitsbegrenzung. Aber ein solch energisches Eintreten für die Feinstaubreduzierung wollen wir der Lan desregierung gar nicht unterstellen.
Aber es fehlt nicht an Teer und auch nicht an Kies, sondern es fehlt an Millionen Euro, und es fehlt an Einsicht und Ehrlich keit.
Die Chancen, ein paar dieser Millionen, die uns fehlen, zu sammenzukratzen, wurden in den Haushaltsplanberatungen vor wenigen Wochen vertan. Erhalt vor Neubau ist angesagt. Wir wiederholen windmühlenartig seit Jahren dieses Prinzip Erhalt vor Neubau.
Wir hatten gefordert, 60 Millionen € in den Erhalt umzu schichten. Das wollten wir; die Regierungsfraktionen wollten gar nichts, und die SPD hat erst im Finanzausschuss gemerkt, dass das der richtige Ansatz ist.
Wer nicht begreift, dass zuerst in den Erhalt der Straßen in vestiert werden muss, bevor Ausbau oder gar Neubau geplant wird, dem fehlt nicht nur Geld, sondern dem fehlen auch Ein sicht und Ehrlichkeit.
Als neue Umwelt- und Verkehrsministerin, Frau Gönner, könnten Sie unbelastet und energisch aus der Wunschzettel politik Ihrer Vorgänger aussteigen.
Verbinden Sie die ökologischen Belange mit den finanziellen Möglichkeiten. Die Umwelt, der Finanzminister und zumin dest mittelfristig auch die Bevölkerung werden es Ihnen dan ken.
Ich darf Ihnen Mut und Courage wünschen, wenn Sie beim neuen Generalverkehrsplan die Wünsche draußen lassen. Es geht um die Konzentration auf Erhalt und das absolut Not wendige. Erstellen Sie diesen Plan nicht mehr nach dem Mot to „Ein jeder Regierungsbezirk, ein jeder Landkreis, ein jeder Wahlkreis bekommt nach Proporz gleich viel“.
An dieser Stelle darf ich noch einen Satz an die SPD richten: Entmutigen Sie die Ministerin nicht, wenn sie sich einmal ge traut, Ausbaupläne als nicht finanzierbar darzustellen, und Ih nen eine Absage erteilt. Wenn ich mir Ihre Anträge genau an schaue, stelle ich nämlich fest, dass Sie immer wieder zwi schen der Beschreibung des notwendigen Erhalts und des Neubaus schwanken, den Sie dann aber doch wieder klamm heimlich fordern. Beides geht angesichts der finanziellen Si tuation leider nicht.
Ihr Einsatz für den Erhalt wird besonders dann glaubwürdig, wenn Sie sich von Wunschprojekten verabschieden. Frau Ra zavi, so sieht Konsequenz aus.
Zum Thema Geld: Hier haben es beide Seiten noch nicht ge schafft. Sie haben es angesprochen. Mein Lieblingsprojekt heißt nach wie vor
das ist Ihr Lieblingsprojekt – „streckenabhängige Straßen nutzungsgebühr“. Da sind wir uns offensichtlich einig. Wenn wir auf diesem Weg weitermachen, dann bekommen wir zu mindest das Geld für unsere Landesstraßen.
(Beifall bei den Grünen – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Man braucht auch Straßen, damit man sie be nutzen kann!)
Verehrte Frau Präsi dentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Eine leistungsfähige Infrastruktur ist in einer global vernetzten Wirtschaft unab dingbare Voraussetzung für Wohlstand. Dies gilt in besonde rer Weise für die übergeordnete Infrastruktur. Ohne eine An bindung an das europäische Hochgeschwindigkeitsnetz bei spielsweise kann sich ein Standort in Zukunft nicht mehr ent wickeln. Deswegen danken wir heute einmal wieder dem Kol legen Drexler und seiner Fraktion dafür, dass sie sich mit sol chem Nachdruck gemeinsam mit uns für Baden-Württemberg 21 einsetzen.
Aber auch ohne ein leistungsfähiges Autobahn- und Bundes straßennetz hat ein Wirtschaftsstandort keine Zukunft. Frau Kollegin Razavi hat bereits darauf hingewiesen, dass es nicht nur um Landesstraßen geht, sondern auch um Bundesstraßen. Oftmals ist es geradezu so, dass wir als Land dort einspringen müssen, wo der Bund wegen Finanzengpässen nicht handeln kann.