Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben schon von der Frau Ministerin, aber auch von meiner Vorrednerin und meinem Vorredner gehört, dass es darum geht, das Lan desheimgesetz an das bundesweit geltende Wohn- und Betreu ungsvertragsgesetz anzupassen. Ebenso ist schon deutlich ge worden, dass Baden-Württemberg zu einem Zeitpunkt vorge prescht ist, als noch kein anderes Bundesland die neu gewon nene Zuständigkeit aus der Föderalismusreform genutzt hat
und ein Landesheimgesetz auf den Weg gebracht hat. Das Land Baden-Württemberg wollte das erste sein. Sie haben überhaupt nicht bedacht, dass es überhaupt keinen Sinn macht, ein Gesetz auf den Weg zu bringen, solange man nicht genau weiß, was letztlich die Rechtsvoraussetzungen sind.
Es wäre in dem Fall wirklich besser gewesen, Gründlichkeit vor Schnelligkeit walten zu lassen. Das sieht man daran, dass dieses Gesetz jetzt, nicht einmal zwei Jahre später, überarbei
tet werden muss. Eine solche Überarbeitung böte eigentlich die Chance, zu sagen: Das Landesheimgesetz birgt in der Um setzung bestimmte Schwachstellen und möglicherweise auch Stärken. Die Schwachstellen sollten dann auch beseitigt wer den.
Frau Ministerin, Sie haben eben deutlich gesagt, dass das Lan desheimgesetz auch für psychisch Kranke und für Menschen mit Behinderungen gelte. Vor einem Jahr wurde die UN-Be hindertenrechtskonvention ratifiziert, die festlegt, dass wir das individuelle Recht des Einzelnen umsetzen müssen, indem z. B. der Wohnort von jedem selbst festgelegt wird. Das heißt, dass wir z. B. darauf achten müssen, dass wir gerade auch bei kleinen Einrichtungen Qualitätssicherung und Qualitätskont rolle festschreiben.
Vor zwei Jahren wollten wir Grünen ein Einrichtungs- und Dienstrecht – und kein Landesheimgesetz –, das ganz andere Kriterien anlegt und Qualitätskontrolle, Qualitätssicherung und damit Transparenz und Verbraucherschutz auch wirklich festschreibt. In unserem Sinn wäre das ein neuer Weg gewe sen und ein Weg, der den neuen Gesetzen entspricht.
Bayern und Nordrhein-Westfalen sind diesen Weg gegangen. Sie sind viel weiter gegangen und haben eine den aktuellen Gesetzmäßigkeiten entsprechende Verordnung geschaffen, die es Menschen möglich macht, nicht nur den ambulanten oder den stationären Weg, sondern tatsächlich auch Zwischenlö sungen zu wählen, und die dennoch eine klare Qualitätssiche rung und Qualitätskontrolle gewährleistet.
Für Baden-Württemberg böte sich eine sehr gute Möglichkeit, die Änderung des Landesheimgesetzes jetzt zu nutzen, um auch da deutliche Veränderungen vorzunehmen.
Auf zwei weitere Punkte möchte ich noch eingehen. Wenn Sie sagen, dass es bei den Qualitätsberichten darum gehe, die Ver öffentlichungspflicht ein wenig bis zum Jahr 2011 hinauszu zögern, dann glaube ich, dass das nicht der wesentliche Punkt ist. Der wesentliche Punkt bei den Qualitätsberichten ist doch, dass von den Heimen selbst und auch von den Verbrauchern immer wieder deutlich gemacht wird, dass die Kriterien nicht wirklich transparent sind. Demnach ist das, was letztlich in diesen Prüfberichten oder diesen Qualitätsberichten steht, für den Endverbraucher nicht wirklich nachvollziehbar.
Hinzu kommen noch die merkwürdigen Verfahrensweisen, dass man Kriterien gegeneinander abwägen und in der Bewer tung sozusagen ausgleichen kann. Das macht die ganze Sache nicht einfacher. Auch dabei wäre es wichtig gewesen, einen Schritt hin zu mehr Transparenz und zu mehr Verbraucher schutz zu gehen. Dieser ist leider nicht gegangen worden.
Außerdem halte ich den Ausdruck „angemessene Qualität des Wohnens“ für überaus flexibel. Dazu schreiben Sie im Geset zestext, dass es für eine Definition von angemessener Quali tät des Wohnens keine allgemeingültigen Kriterien gebe. Das halte ich für zu schwach, das halte ich für zu wenig. Entschei dend ist doch, dass man eine angemessene Qualität des Woh nens definiert und dass dann auch z. B. Qualitätssiegel bei der stationären Unterbringung vergeben werden können.
Insgesamt finde ich, dass der Gesetzentwurf, wie er nun vor liegt, eine vertane Chance ist. Er geht nicht wirklich so weit,
wie wir es uns gewünscht hätten. Er geht nicht wirklich einen neuen Weg. Er ist weder innovativ noch modern. Das ist scha de.
Herr Präsident, verehrte Kol leginnen und Kollegen! Es ist in der Tat so, dass wir im Über schwang des Ergebnisses der Föderalismusreform als erstes Bundesland ein eigenes Landesheimgesetz entwickelt hatten. Das war ein gutes und kein voreiliges Gesetz.
Allerdings – das muss man selbstkritisch sagen – hat sich da mals schon abgezeichnet, dass der Bund für die heimvertrag lichen Regelungen wahrscheinlich ein eigenes Gesetz machen würde. Das wurde dann – damals noch unter Ulla Schmidt – auch gemacht. Daher ist es richtig, dass wir die Teile zu den heimvertraglichen Regelungen aus unserem Landesheimge setz herausnehmen.
Es ist deutliche Kritik am Bundesgesetz geübt worden. Da können wir selbst auf entsprechende Verbesserungen hinwir ken. Allerdings sage ich: Ich finde es richtig, dass wir das Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz bundeseinheitlich re geln.
Denn es gibt sehr viele Träger, die länderübergreifend arbei ten und die dann in jedem Land andere Verträge anbieten müssten; das ist das eine. Aber noch wichtiger ist, dass der Betroffene, der in eine Pflegesituation kommt, und seine An gehörigen häufig nicht mehr im gleichen Bundesland wohnen,
beispielsweise lebt der Betroffene in Baden-Württemberg, und die Angehörigen leben in Berlin. Da wäre es doch blöd, wenn man – je nachdem, wo man lebt – nicht über ausreichende In formationen darüber verfügt, welches Vertragsrecht in dem anderen Bundesland gilt. Das wäre unsinnig. Wir können al so, glaube ich, damit leben, dass dies bundeseinheitlich gere gelt wird.
Im Übrigen haben wir jetzt die Gelegenheit genutzt, verschie dene Regelungen auf den Prüfstand zu stellen, und zwar im mer unter dem Aspekt, dass es sich um ein Verbraucherschutz gesetz handelt,
(Abg. Bärbl Mielich GRÜNE: Aber diesen Anspruch lösen Sie nicht ein! – Gegenruf der Abg. Ursula Haußmann SPD: Genau das ist das Problem!)
und zwar für alle, die wegen Krankheit, Pflegebedürftigkeit, Behinderung oder psychischer Krankheit der stationären Un terbringung in einem Heim bedürfen, und für deren Angehö rige, weil diese es sehr häufig regeln müssen.
Deswegen spielt dieses Thema eine Rolle, und zwar unabhän gig von der Lebenssituation, Frau Kollegin Altpeter; denn die se wird im Sozialrecht – Pflegeversicherung usw. – geregelt.
Daher müssen für alle – egal, wie es finanziert wird, ob von der Pflegekasse oder als Selbstzahler – bestimmte Qualitätsan forderungen durch das Heimgesetz aufgestellt werden.
Daher begrüßen wir es sehr, dass wir jetzt im Rahmen der ge setzlichen Ermächtigungsregelung eine einheitliche Rechts verordnung bekommen, die letztendlich alle Bereiche – den baulichen Teil, den personellen Teil, die Heimmitwirkung – regelt. Einen Teil haben wir schon verändert, und zwar im In teresse der Nutzerinnen und Nutzer dieser Einrichtungen, in dem wir jetzt grundsätzlich die Bereitstellung von Einzelzim mern bei neuen Heimen als angemessene Qualität verlangen. Es ist, Frau Kollegin Mielich, eigentlich durchaus angebracht,
dass man festlegt: Heutzutage ist es angemessen, dass ein Mensch, der sein Leben lang für sich gelebt hat, nicht im Al ter, wenn er pflegebedürftig ist, noch gezwungen wird, in ei nem Mehrbettzimmer untergebracht zu sein.
Auch was die Personalausstattung anbetrifft, ist – völlig un abhängig davon, ob jemand Selbstzahler ist oder es von der Pflegekasse finanziert wird – garantiert, dass ausreichendes sowie gut qualifiziertes, weiter- und fortgebildetes Personal da ist. Deswegen stehen wir bei aller Kritik, die in der Anhö rung teilweise geübt wurde, dazu, die Fortbildungspflicht auch auf die sonstigen Mitarbeiter – so steht es im Gesetzentwurf – auszudehnen, weil es durchaus sein könnte, dass ein Heim betreiber z. B. die Betreuung an einen ambulanten Pflege dienst weitergibt und dann sagt: „Aber da bin ich für die Qua lität nicht zuständig.“ Nein, das wollen wir so umfassend re geln, dass unsere Menschen in den Heimen wirklich geschützt sind.
Das nächste Thema ist: An dieser Stelle entschlacken und ver schlanken wir ein Stück weit die Heimmitwirkung. Da muss ich sagen: Es ist vielleicht für viele, die sich noch nie damit befasst haben, manchmal ein Buch mit sieben Siegeln. Aber jetzt haben wir ganz klare Regeln. Leider kann nicht mehr überall sofort ein Heimbeirat gebildet werden, weil da eigent lich zunächst einmal die Bewohnerinnen und Bewohner des Heims gefragt sind, aber natürlich auch Angehörige. Dort, wo dieser nicht gebildet werden kann, gibt es ein entsprechendes Gremium. Früher nannte man es „Ersatzgremium“. Da hat uns der Landesseniorenrat dankenswerterweise darauf hingewie sen, dass dies ein bisschen technokratisch klingt und wir es „Fürsprechergremium“ nennen sollten. Ein solches Gremium kann sehr schnell gebildet werden, wenn kein Heimbeirat ge bildet werden kann.
Lassen Sie mich auch einmal ein Dankeschön an all diejeni gen sagen, die ehrenamtlich als Heimfürsprecher oder in den
Fürsprechergremien engagiert sind. Es sind nämlich sehr häu fig Mitglieder von Kreis-, Stadt- und Ortsseniorenräten, die sich dort ehrenamtlich engagieren und sich um die Qualität und die gute Versorgung der Menschen in diesen Heimen kümmern.
Wenn wir die Qualität ein Stück weit messen wollen – dazu dienen die sogenannten Qualitätsberichte –, dann sehe ich dort schon auch das Problem, das Frau Altpeter angesprochen hat. Die Verbraucherinnen und Verbraucher haben in den letzten Wochen vielleicht mitbekommen, dass vom Medizinischen Dienst jetzt sogenannte Pflegenoten vergeben werden, dort aber große Verwirrung entstanden ist, weil manche sagen: „Fast alle bekommen die Note ,Eins‘ oder die Note ,Eins bis Zwei‘. Da kann doch etwas nicht stimmen. So gut können doch nicht alle sein.“ Der Medizinische Dienst – da ist man sich einig – muss das weiter differenzieren.
Ein kleines Beispiel: Es hat z. B. die Frage, ob die Speisekar te im Esssaal gut lesbar ist, fast die gleiche Gewichtung er halten wie die Frage, ob keine Dekubitusgeschwüre entste hen. Ich übertreibe jetzt ein bisschen.
Aber es war doch klar, dass man selbst bei schlechter Pflege eine gute Pflegenote bekommt, wenn man in ein paar Neben themen gut ist. Es ist zugesagt, dass man das überarbeitet.
Deswegen halte ich es für richtig, dass wir bei den Qualitäts berichten, die die Heimaufsicht erstellt, keinen Schnellschuss machen, sondern dort ganz klare Regeln aufstellen, damit es für den Verbraucher wirklich nützlich und lesbar ist. Mein Vorschlag wäre, dass man beide ein Stück weit zusammen führt, damit diejenigen, die z. B. für ihre Angehörigen ein Heim suchen, es wirklich leichter haben als bisher und eini germaßen nachvollziehbare Kriterien haben, anhand derer man z. B. entscheiden kann: Jawohl, das ist das Heim, in dem ich meinen Vater und meine Mutter künftig unterbringen will.