Meine Damen und Herren, damit Sie mich richtig verstehen: Wir haben eine sehr starke Wirtschaft. Wir haben ganz starke Unternehmen. Ich sage: Wir haben die besten Unternehmen in Deutschland. Aber der Wirtschaftsstandort Baden-Würt temberg wird durch die Regierungspolitik nicht gepflegt. Das ist der entscheidende Punkt.
Wir haben die besten Voraussetzungen: durch unsere Lage in Europa, durch die traditionelle Wissenschaft, auch durch die Tüchtigkeit unserer Bürgerinnen und Bürger. Wir gehören ei gentlich an die Spitze in Deutschland, wo wir lange waren. Das haben wir auch bewiesen; das können wir ja auch. Wir müssen aber einmal die Regierungsleistungen in der Stand ortpolitik anschauen.
Kollege Rülke hat die Infrastruktur als einen Defizitbereich erwähnt. Ich will das noch ein bisschen genauer ausführen, Herr Kollege Rülke.
Ganz konkret: 13,1 % der Einwohner Deutschlands wohnen in Baden-Württemberg. 13,1 %! Wir haben aber nur 8,2 % der deutschen Autobahnkilometer.
Bayern z. B. hat 20 % mehr Einwohner als unser Land, hat aber über 100 % mehr Autobahnkilometer. Woher kommt das?
Wo ist da die Regierungsleistung der vergangenen 20 Jahre? Wir bekommen vom Bund die Mittel für den Straßenbau ent sprechend unserer Quote, und die ist großzügig bemessen.
Nein, das wollen Sie nicht wissen. In der Zeit der rot-grü nen Koalition beim Bund hat das Land mehr Straßenbaumit tel bekommen als in der Zeit der schwarz-gelben Regierun gen davor und auch danach.
Meine Damen und Herren, wo bleibt denn dieses Geld? Ges tern konnten wir lesen, dass wir noch nicht einmal in der La ge sind, die Mittel, die aus dem Konjunkturprogramm für die A 81 bereitgestellt wurden, abzurufen.
Der Punkt ist ganz einfach der: Im Straßenbau und im Infra strukturausbau allgemein – Herr Ministerpräsident, Sie lachen – bekommen wir es nicht gebacken. Wir bekommen es in die sem Land nicht gebacken.
Sie bekommen das mit der Infrastruktur nicht gebacken. Ma chen Sie eine Gegenprobe zu den Bundesstraßen: Schauen Sie sich die Landesstraßen an. Die sind, wenn man alle Straßen arten miteinander vergleicht, im schlechtesten Zustand. Was ist der Grund?
Der Grund ist ganz einfach: Die Regierung setzt seit Jahren keine Prioritäten. Die Regierung hat die Prioritätensetzung aufgegeben. Der Rechnungshof hat sie gefordert, der Land tag hat sie gefordert.
Aber Sie setzen keine Prioritäten, weil die Halde schon zu groß geworden ist. Jeder, der einmal etwas zum Thema Ma nagement gelernt hat – ob in einem Unternehmen oder einer Gebietskörperschaft –, weiß: Wenn man bei knappen Ressour
cen keine Prioritäten setzt, dann bekommt man nichts durch die Pipeline. Nur durch Prioritätensetzung wissen die Verwal tungen und wissen alle, was sie zu tun haben. Macht man das nicht, dann bleiben die Dinge liegen oder torkeln daher. Ge nau so ist es beim Infrastrukturbau bei uns.
Die Jahre unter Verkehrsminister Rech – das muss man sagen – waren verlorene Jahre. Er hat sich noch nicht einmal gegen die Wegnahme der Zuständigkeit für den Verkehrsbereich ge wehrt.
Das Gleiche gilt für die Schiene: Die Neubaustrecke Stutt gart–Mannheim war die erste Hochgeschwindigkeitsstrecke in Deutschland. Sie ging im Jahr 1991 ans Netz. Seit 19 Jah ren ist kein einziger Kilometer Neubaustrecke hinzugekom men.
Der Ausbau der Oberrheinstrecke liegt völlig im Nebel. Schauen Sie sich auch einmal die Gäubahn an: Die Gäubahn Stuttgart–Zürich, eine Magistrale, wurde im 19. Jahrhundert gebaut. Die Franzosen haben nach dem Krieg das zweite Gleis abgebaut. Wir haben es nicht geschafft, dieses Gleis wieder hinzubauen.
Wir haben in den Neunzigerjahren den Vertrag von Lugano mit der Schweiz geschlossen, um die Strecke zu beschleuni gen. Die Schweizer bauen und bauen; sie bauen den Gotthard tunnel als Alpentransversale nach Mailand, sie bauen die Stre cke Zürich–Schaffhausen. Auf unserer Seite wird überhaupt nichts gebaut, da passiert überhaupt nichts. So sieht es bei uns aus.
Genau so hat man nämlich in den letzten Jahren die Spitze vergeigt. Wenn wir diesen Rückstand aufholen wollen, brau chen wir dafür mindestens 30 Jahre.
Das ist der durchgehende Charakterzug, nämlich die Schwä che der Regierung. Das liegt alldem zugrunde. Wie sollte ei ne Regierung, die noch nicht einmal weiß, wie sie mit Steu erdaten umgehen soll,
Herr Präsident, meine Da men und Herren! Als wir das Thema der von der FDP/DVP beantragten Aktuellen Debatte „Wirtschaftsstandort BadenWürttemberg – den Spitzenplatz erhalten“ gelesen hatten, war schon klar, dass diese Debatte nicht viel Spannung verspricht,
und es war auch klar, dass es wahrscheinlich die übliche Lob hudelei wird. Ich kann sagen: Sowohl der Kollege Rülke als auch der Kollege Löffler haben unsere Erwartungen voll und ganz erfüllt.