Dass Sie, meine Damen und Herren von der SPD, Ihre Liebe zum Straßenbau und zur Verkehrsinfrastruktur in BadenWürttemberg entdeckt haben, freut uns wirklich sehr. Wir gehen davon aus, dass Sie diese Begeisterung auch bei dem einen oder anderen SPD-Minister, der in Berlin dafür zuständig ist, wecken. Die SPD fordert Verantwortung; wir tragen sie, und dies wird der Verkehrspolitik im Land auch in Zukunft guttun.
(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Zurufe von der CDU: Sehr gut! – Abg. Al- fred Winkler SPD: Wacker geschlagen!)
(Abg. Stefan Mappus CDU: Wo ist denn der Herr Palmer heute? Seit Neuestem mit Anzug und Kra- watte in Tübingen unterwegs! – Heiterkeit bei Ab- geordneten der CDU)
Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich werde jetzt nicht beurteilen, ob die Landesstraßen besser oder schlechter sind als die Bundesstraßen,
sondern ich befasse mich jetzt tatsächlich nur mit den Landesstraßen; diese stehen heute ja auf der Tagesordnung.
Der Generalverkehrsplan von 1995 umfasst 1 380 Straßenbauprojekte. Man fragt sich schon, wozu wir diesen Plan haben und wozu er gut ist, wenn die Planumsetzung offensichtlich nicht verfolgt und nicht gesteuert wird. Denn eine Übersicht, wie weit die Projekte gediehen sind, wie es weitergeht, war ja nicht möglich.
Es gibt einen planungskritischen Satz, der lautet: „Planung ersetzt Zufall durch Irrtum.“ Ich würde sagen, der Generalverkehrsplan hat noch nicht einmal das geschafft.
Denn es bleibt beim Zufall. Es bleibt dem Zufall überlassen, was umgesetzt wird, wo etwas umgesetzt wird und ob es die wichtigen Projekte sind, die umgesetzt werden, oder nicht.
Das führt zu vielen Enttäuschungen im Land. Es ist nicht sichergestellt, dass Projekte, die tatsächlich wichtig wären, entsprechend der Reihenfolge, die sie aufgrund ihrer Bedeutung eigentlich haben müssten, umgesetzt werden. Ein Stichwort ist der Branichtunnel, der wahrscheinlich hoch oben in der Reihenfolge anzusiedeln wäre.
(Abg. Winfried Scheuermann CDU: Seit Sie einen Bürgermeister in Schriesheim haben! Das ist ganz neu! – Heiterkeit bei der CDU und der FDP/DVP – Beifall bei Abgeordneten der CDU)
Das weiß ich auch. Aber die Planung für den Tunnel ist schon etwas älter, und der Bau war auch schon vorher wichtig.
(Abg. Klaus Herrmann CDU: Bloß für die Grünen nicht! – Abg. Stefan Mappus CDU: Halten Sie ihn jetzt auch für wichtig?)
Jetzt komme ich zum zweiten wichtigen Punkt. Wir haben schon darüber gesprochen: Die Hälfte der Straßen sind in schlechtem oder sehr schlechtem Zustand. Vor diesem Hintergrund ist für uns ganz klar: Wir müssen uns gar nicht so sehr den Kopf darüber zerbrechen, wo wir möglichst schnell neue Straßen bauen, sondern wir müssen Erhalt vor Neubau setzen,
zumal – da gibt es auch klare Differenzen zur SPD – wir immer im Hinterkopf haben, dass jede neue Straße anschließend auch Unterhaltungskosten und Erhaltungskosten nach sich ziehen wird und wir ja schon mit dem Bestehenden nicht hinkommen.
Wenn Sie etwas Neues bauen, dann darf der Tunnel dabei sein, aber insgesamt wollen wir weniger Neubau.
Nicht nur, dass wir mit dem Erhalt nicht hinkommen; noch schlimmer ist: Wir haben schon auf Pump gebaut. Wenn ich mir die Stellungnahme der Landesregierung ansehe, wird mir ganz klar: Im Jahr 2009 werden wir einen Schuldendienst von 84 Millionen € haben. Unsere Forderung ist ein sofortiger Stopp der kreditfinanzierten Programme. Wir fordern eine ehrliche Haushaltspolitik.
Damit ist für uns klar: Wir brauchen eine Fortschreibung des Plans. Das ist schon lange überfällig, zumal überhaupt nicht verfolgt wurde, wie weit wir bislang gekommen sind. Sobald der neue Plan vorliegt, muss aber auch klar sein, dass er überwacht und gesteuert werden muss. Es muss ein Ranking, eine klare Reihenfolge geben, und wir brauchen, wie gesagt, eine ehrliche solide Finanzierung aller Projekte – und keine Versprechungen für 1 380 Projekte.
Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Pläne eines Betriebes, Verkehrs- oder Personalpläne machen nur Sinn, wenn sie fortlaufend kontrolliert, von Zeit zu Zeit evaluiert und vor allem fortgeschrieben werden. Dies gilt im Privaten, dies gilt in der Geschäftswelt, dies gilt aber auch in der Verwaltung und in der Verkehrspolitik.
Deshalb hält die FDP/DVP-Fraktion eine Fortschreibung des Generalverkehrsplans für wichtig, da sich die Rahmenbedingungen bei der Weiterentwicklung der Verkehrsinfrastruktur in unserem Land fortlaufend ändern, dieser Prozess dynamisch ist und immer einer Fortschreibung bedarf. Dieses Fortschreibungsvorhaben ist deshalb in die Koalitionsvereinbarung aufgenommen und wird bereits umgesetzt. Es wurde bei den zuständigen Behörden und dem Verkehrsministerium damit begonnen.
Den Teil Landesstraßen, wie Sie, meine Damen und Herren von der SPD, es für sinnvoll halten, heraus- oder gar aufs Korn zu nehmen, ist falsch und verwundert schon. Herr Haller, man fordert sehr schnell. Ich bin gespannt, wo Sie bei den Haushaltsberatungen Ihre Deckungsvorschläge dafür hernehmen.
Meine Damen und Herren von der SPD, lieber Herr Kollege Haller, es wäre vielleicht besser gewesen – die Kollegin hat es gerade auch schon angesprochen –, wenn Sie schon etwas herauspflücken, die Bundesfernstraßen zu nehmen. Wenn dies Gegenstand Ihres Antrags gewesen wäre, hätte das erneut gezeigt, dass das Land in der Zeit der rot-grünen Regierung in Berlin, also in den letzten sieben Jahren – überhaupt für Deutschland eine verlorene Zeit –,
bei der Vergabe von Mitteln erheblich benachteiligt wurde. Aktuell geht es um die Kürzung im öffentlichen Personennahverkehr.
(Abg. Ursula Haußmann SPD: Und warum? Weil FDP und CDU die Staatsfinanzen ruiniert haben! Das ist doch klar!)
Es macht wirklich keinen Sinn, meine Damen und Herren von der SPD, den Teil Landesstraßen vorab separat zu behandeln, da das Straßennetz mit den klassifizierten Straßen eine in sich verknüpfte Systemeinheit darstellt und immer im Gesamtzusammenhang aller – ich betone: aller – Verkehrsträger zu sehen ist.
Die FDP/DVP-Fraktion begrüßt es, dass mit den Arbeiten zur Fortschreibung des Generalverkehrsplans begonnen wurde. Der von der Landesregierung in der Stellungnahme genannte Zeitraum bis zur Vorlage eines Entwurfs in etwa drei Jahren, sehr geehrter Herr Staatssekretär, ist mir persönlich etwas zu lang. Unterschätzen Sie bitte nicht die Leistungsfähigkeit Ihrer Mitarbeiter und derer, die dort zuarbeiten.
Denn die Verkehrsinfrastruktur ist für unseren Wirtschaftsstandort Baden-Württemberg elementar wichtig, und wir wollen weiterhin die Nummer 1 sein.
Der Antrag der SPD ist im Grundsatz richtig, aber einen Teil herauszunehmen ist falsch. Deshalb treffen wir die Entscheidung, diesen Antrag abzulehnen.