Das alles aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, kann nichts daran ändern, dass ich mich mit meiner Fraktion erneut ohne Wenn und Aber zur Unabweisbarkeit der Konsolidierung des Landeshaushalts bekenne.
(Beifall des Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP – Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Da klatscht gerade einer!)
Diese kann nur gelingen, wenn nicht bestimmte Ressorts und bestimmte Bereiche von vornherein hiervon ausgenommen sind. So schwierig und im Einzelnen schmerzlich es ist: Auch der Bildungsbereich muss hierzu einen Beitrag erbringen. Das gilt gleichermaßen hinsichtlich der Haushaltssperre wie hinsichtlich der Gestaltung der künftigen Landeshaushalte.
Mein letzter Satz lautet wie bei der letzten Debatte über dasselbe Thema vor der parlamentarischen Sommerpause: Ich lade Sie alle herzlich dazu ein, sich an der Lösung dieser gleichermaßen schwierigen wie unumgänglichen finanziellen Aufgabe konstruktiv zu beteiligen.
(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Norbert Zeller SPD: Bist du jetzt für die Kürzungen oder nicht? – Zuruf der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE)
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Verschiedene Redner haben auf die Landtagsdebatte am 27. Juli dieses Jahres Bezug genommen, bei der wir über die Wichtigkeit und den Stellenwert der Weiterbildung in unserer Gesellschaft diskutiert haben. Dem kann ich mich anschließen.
Es ist auch meine Aufgabe als Weiterbildungsbeauftragter der Landesregierung, zunächst den Trägern der Weiterbildung sowohl im Bereich der Volkshochschulen als auch im kirchlichen Bereich für die Arbeit zu danken, die sie in den letzten Jahrzehnten geleistet haben und auch in diesen Jahren leisten. Es ist ein Beitrag für jeden Einzelnen, aber auch für die Gesellschaft insgesamt.
Ich darf in diesem Zusammenhang auch in aller Deutlichkeit sagen, meine Damen und Herren, dass die Kürzung der Personalkostenzuschüsse im Haushaltsvollzug des Jahres 2006 um 1,14 Millionen € die Träger in vielen Bereichen schmerzlich trifft. Es ist keine Frage: Es gibt Träger,
die das ohne größere Probleme geschultert haben. Es gibt aber auch zahlreiche Träger, die durchaus große Probleme hatten, im Zuge der Planung im Jahr 2006 dieses Problem der Mindereinnahmen in den Griff zu bekommen. Daraus mache ich überhaupt keinen Hehl, meine Damen und Herren. Auf die finanzpolitische Relevanz dieses Problems komme ich am Ende meiner Ausführungen noch einmal zu sprechen.
Dennoch möchte ich heute für eine differenzierte Sichtweise der Auswirkungen plädieren. Zunächst einmal haben wir – das ist auch vom Kollegen Kleinmann eben gesagt worden – eine Studie von TNS Infratest Sozialforschung, die belegt, dass wir im Bundesvergleich eine hohe Weiterbildungsbeteiligung unserer Bevölkerung haben. 33 % sind es in Baden-Württemberg, 26 % deutschlandweit. Das betrifft nicht nur Angebote, über die wir heute diskutieren, sondern auch Angebote, die privat zur Entfaltung gekommen sind
und die auch aufgrund von freien und privaten Initiativen zustande gekommen sind. Diese leisten im Übrigen auch einen wichtigen gesellschaftspolitischen Beitrag. Diese Zahl, meine Damen und Herren, belegt, dass es bei der Weiterbildungsförderung nicht nur auf die Landesförderung ankommt. Deswegen darf ich Ihnen einige weitere Zahlen nennen.
Zunächst komme ich zur Landesförderung im Jahr 1994. Ich gehe jetzt bewusst einige Jahre zurück, und zwar auch in die Jahre der damaligen Großen Koalition in BadenWürttemberg. Damals wurde die Unterrichtseinheit pro Stunde mit einem Förderbetrag von 11,50 DM bezuschusst. Zugegeben: Es gab verschiedene Sparrunden, die zu Recht zitiert wurden. Heute sind es nach den Kürzungen 3,32 € pro Unterrichtseinheit. Diese Zahl belegt, dass der Löwenanteil sowohl damals als auch heute von den Kommunen, von den Trägern und von den Teilnehmern getragen und geleistet wurde.
Jetzt darf ich Ihnen eine andere Zahl nennen, nämlich die Zahl, dass wir im Jahr 1993 im Bereich der Volkshochschulen einen Teilnehmeranteil von 49,1 % hatten. Dieser Anteil an der Finanzierung wurde damals von den Teilnehmern erbracht. Heute sind das 56,3 %. Die Zahl ist gestiegen. Damit mache ich nur deutlich: Den Löwenanteil an der Finanzierung der Weiterbildungslandschaft leisten die Träger und die Teilnehmer.
Deswegen, meine Damen und Herren, erlaube ich mir die These, dass diese Kürzung, die wir jetzt vollzogen haben, gegenüber dem Haushaltsansatz des Jahres 2006 pro Unterrichtseinheit, pro Stunde, 35 Cent weniger bedeutet. Bei allen Schwierigkeiten und bei allem Respekt, den ich hier gegenüber den Trägern zolle, unterstelle ich, dass dieser schmerzliche Eingriff insgesamt dennoch verkraftbar ist.
Meine Damen und Herren, dazu gehört auch, dass man die Leistungen des Landes für die Weiterbildung insgesamt hier zum Ausdruck bringt. Vorhin ist auch die OECD-Studie zitiert worden, und verschiedene Reden sind heute hier auch schon zitiert worden. Bei der OECD-Studie muss man ja auch einige Dinge zurechtrücken, wobei ich da als Beispiel nur sagen möchte – was immer wieder auch ein bisschen verschwiegen wird oder nicht richtig zur Geltung kommt –, dass wir im OECD-Bereich in Bezug auf den Sekundar-II-Abschluss bzw. den Abschluss einer Berufsausbildung an der Spitze liegen.
Ja, gut. Aber das ist ein wichtiger Bildungsbereich, der überhaupt die Grundlage ist, um qualifizierte Weiterbildungsmaßnahmen belegen zu können.
Noch eines gehört zur Wahrheit: Ich denke, wenn wir fair über die Auswirkungen der Kürzungen diskutieren wollen, müssen wir das Gesamtpaket beleuchten. Wir haben durch die Gründung der Landesstiftung – auch dabei handelt es sich ja um Landesmittel – bewusst Schwerpunkte in der Förderung der Weiterbildungslandschaft gesehen. Wir haben mit dem Programm „start und click!“, das von 2001 bis 2005 lief, allein für den Weiterbildungsbereich 15 Millionen € durch Mittel der Landesstiftung in die Fläche BadenWürttembergs investiert. Dadurch konnten 280 000 Teilnehmer begünstigt Kurse besuchen, und 33 000 Kurse sind allein für EDV-Schulungen und als Einsteigerkurse durch dieses Programm finanziert worden.
Es gibt ein Folgeprogramm, bei dem es um die Behandlung spezieller Probleme geht, vor allem auch für Menschen, die
auf Arbeitssuche sind, die Qualifikationen brauchen und die EDV nutzen, um sich auch besser bewerben zu können. Auch hier werden 3 000 Kurse mit 30 000 Teilnehmern ermöglicht.
Darüber hinaus gibt es andere innovative Projekte in einem Umfang von 2,5 Millionen € sowie ein Kooperationsprojekt zwischen Weiterbildung und allgemeinbildenden Schulen in Bezug auf die Anschlussfähigkeit der schulischen Allgemeinbildung, für das noch einmal 1,5 Millionen € aufgelegt werden.
Wenn man die Landesförderung sieht, die rückläufig war, muss man im Sinne eines vollständigen Bildes auch die ca. 20 Millionen € vonseiten der Landesstiftung, die in den letzten vier bis fünf Jahren investiert wurden, in das Gesamtbild einbeziehen.
Meine Damen und Herren, wenn wir über den Stellenwert der Bildung und der Weiterbildung im Besonderen diskutieren, müssen wir auch davon sprechen, dass wir einen verantwortungsvollen Umgang mit den finanziellen Ressourcen in die Wege leiten müssen. So sprechen wir über zwei Seiten derselben Medaille. Klar ist, dass die Haushaltssperre im Umfang von 70 Millionen € erforderlich, zwingend und notwendig war. Davon war unser Ressort, das Kultusressort, mit 7,8 Millionen € betroffen. Wir haben alle denkbaren Bereiche durchforstet. Der Weiterbildungsbereich war nicht der einzige, der bluten musste. Dieser Schritt ist aufgrund der nicht ausreichend erfolgten Erlöse im Bereich der Holzwirtschaft und der Justizgebühren erforderlich geworden.
Ich glaube, meine Damen und Herren, dass es darum geht, all jenen Respekt zu zollen, die in der Vergangenheit und in der Zukunft die Finanzierungslast unserer Weiterbildungslandschaft getragen haben und tragen werden.
Im Übrigen, Herr Kollege Bayer: Sie haben aus meiner Rede vor dem Volkshochschulverband in Ulm zitiert. Damit wollte ich im Grunde genommen auf genau diese Problematik hinweisen. Als Weiterbildungsbeauftragter ist es meine Aufgabe, dies auch hier in diesem Hohen Haus zu tun, aber auch gegenüber den Kolleginnen und Kollegen der eigenen Regierungsfraktionen. Es geht darum, dass wir mittlerweile ein Niveau erreicht haben, bei dem man sich grundsätzlich die Frage stellen muss, was Weiterbildungsförderung in unserem Land wert ist. Dies war meine Aussage.
Es gibt keinerlei Absicht, die Landesförderung in diesem Bereich einzustellen. Dies ist schon im Hinblick auf die Verfassungslage überhaupt nicht möglich. Im Übrigen bin ich der Auffassung – da können wir nur um Verständnis bitten –, dass es jetzt darum geht, die schmerzlichen Einschnitte zu verkraften. Ich glaube, da kann man insgesamt zuversichtlich sein.
Frau Kurtz, eine Anmerkung muss ich natürlich machen. Wenn ich den heutigen Tag und seine Debatten Revue passieren lasse, fällt mir eines auf – das ist mir übrigens auch schon vor der Sommerpause aufgefallen –: Wenn die Argumente ausgehen, dann wird auf 2011 verwiesen. Ich glaube, diese Zahl werden wir in den nächsten Wochen und Monaten zu jedem beliebigen Thema hören.
(Widerspruch bei der CDU, u. a. des Abg. Dr. Klaus Schüle – Zuruf der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP)
Aber die Bürger erwarten von uns, dass wir Haushaltskonsolidierung auch mit Blick darauf vornehmen, was an Strukturen in der Gesellschaft vorhanden ist, und dass wir nicht Werte vor uns hertragen, die irgendwann zur leeren Hülse werden. Das erwarten die Bürger von uns.
Frau Kurtz, Sie sind mit keinem Wort darauf eingegangen, dass es im Prinzip die gesamte Volkshochschullandschaft in Baden-Württemberg war, die aufgeschrieen hat und dann auch diese Unterschriftensammlung durchgeführt hat. Eine regionale Volkshochschule wurde auf Intervention des Landrats zurückgepfiffen, aber ansonsten haben alle gesagt: Es geht nicht mehr; wir sind an der Grenze.
Die Menschen, die diese Aufgabe wahrnehmen – und die sind an diesem Problem vielleicht näher dran als wir alle hier –, wissen genau, was da passiert. Es ist eben nicht so, dass es um Fußpflege geht – das kann man sehr leicht lächerlich machen. Schauen Sie einmal in die Statistik, was da getan wird. Zwei Drittel der angebotenen Kurse liegen im Bereich Sprachen, Arbeit, Beruf oder Grundqualifikationen bzw. Ausbildung, um den Bildungsstand zu verbessern. Allein zwei Drittel der Angebote fallen in diesen Bereich.
Wenn Sie das mithilfe des Vergleichs mit der Fußpflege abtun, würde ich Ihnen dann beipflichten, wenn es darum ginge, die Fußpflege aus Landesmitteln zu fördern. Das ist sicher nicht unsere Aufgabe.
Wir haben jedoch aufgrund der Situation, die hier im Land besteht, die verdammte Pflicht und Aufgabe, die Fort- und Weiterbildung zu fördern.