Erst der Pensionsfonds, der jetzt eingerichtet wurde, hat – sehr spät – ein Stück weit Erleichterung gebracht. Durch die Einzahlung in den Pensionsfonds haben Sie keine volle Abdeckung der zukünftigen Pensionsausgaben für neu einzustellende Beamte erreicht. Sie zahlen zu wenig in den Pensionsfonds ein und nehmen damit in Kauf, dass die Pensionsverpflichtungen im nächsten Jahrzehnt weiter stark ansteigen.
Sie haben der Wahrheit bei diesem Haushalt lange Zeit nicht ins Auge schauen wollen. Sie haben seine Einbringung vertagt und verschleppt, und zwar mit der vorgeschobenen Begründung, man müsse erst abwarten, wie die Bundestagswahl ausgehe, was die November-Steuerschätzung ergebe, welche steuerpolitischen Beschlüsse eine neue Bundesregierung fassen werde,
obwohl bereits aus der vorherigen mittelfristigen Finanzplanung hervorging, dass Sie ein strukturelles Defizit von 1,5 Milliarden € mit sich herumschleppen. Sie hätten genügend Zeit gehabt, dies anzugehen – jenseits des Ausgangs der Bundestagswahl.
Nun wird es ganz lustig: Nachdem jetzt die Ergebnisse der Bundestagswahl vorliegen und die steuerpolitischen Beschlüsse von Schwarz-Gelb in Berlin getroffen worden sind, haben Sie sie dennoch nicht eingearbeitet. Sie haben die Beschlüsse vom Dezember, das sogenannte Wachstumsbeschleunigungsgesetz, das die Schuldenaufnahme von Bund und Ländern beschleunigt hat, nicht sauber in diesen Haushalt eingearbeitet.
(Abg. Klaus Dieter Reichardt CDU: Das haben wir doch genau ausgearbeitet! Umgekehrt ist es richtig! – Zurufe der Abg. Paul Nemeth CDU und Heiderose Berroth FDP/DVP)
Entgegen jeglichen Regeln haushalterischer Kunst haben Sie die Steuerausfälle, die durch dieses Gesetz in Baden-Würt temberg eintreten werden, nicht voll veranschlagt. Sie haben nur die Hälfte der von Bund und Ländern gemeinsam errechneten Steuerausfälle, die das Gesetz in den nächsten Jahren verursacht, in diesem Haushalt berücksichtigt, und Sie haben eine große Bandbreite der Auswirkungen dieser steuerpolitischen Beschlüsse auf das Land dargeboten.
Vertreter der CDU haben gesagt, man müsste eigentlich den ganzen Steuerausfall im Haushalt berücksichtigen. Andere haben gesagt, es gäbe Selbstfinanzierungseffekte aufgrund von Wachstum.
(Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU: Was sagen Sie denn dazu? – Gegenruf des Abg. Reinhold Gall SPD: Wir diskutieren über Ihren Haushalt! – Abg. Klaus Dieter Reichardt CDU: Gar nichts haben Sie gesagt! Schwei- gen mit 18 %!)
Ich sage Ihnen, Herr Reichardt und Herr Dr. Scheffold: Wer aufrichtige Haushaltspolitik machen will, der macht das, was wir in der Vergangenheit im Bund und in den Ländern gemacht haben, nämlich steuerpolitische Beschlüsse, und die Ausfälle werden komplett im Haushalt berücksichtigt. Sie müssen zugeben, dass Sie dann noch mehr Schulden machen müssen, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Es ist ein Märchen, dass Steuersenkungen automatisch und vor allem so schnell Wachstum bringen, dass die Ausfälle schon in den Jahren 2010 und 2011 gedämpft werden.
Ich zitiere nur eine: Die amerikanischen Steuersenkungen in den Achtzigerjahren wurden von Richard Kogan ausführlich untersucht. Er kommt zu dem Schluss – –
(Abg. Klaus Dieter Reichardt CDU: Das haben Sie auch im Ausschuss schon gesagt! Es war im Aus- schuss falsch, und es ist im Plenum falsch! – Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU: Wie heißt der?)
Die Idee, dass sich Steuersenkungen selbst finanzieren, klingt, lieber Herr Reichardt, zu gut, um wahr zu sein.
Nehmen Sie das zur Kenntnis, und hören Sie endlich auf, den Leuten vorzumachen, man könne durch Steuersenkungen, quasi mit dem Zauberstab, Wachstum generieren.
(Beifall bei der SPD und den Grünen – Abg. Klaus Dieter Reichardt CDU: Ich bedanke mich für die Be- lehrung!)
Vielmehr geht es darum, dass wir bestehende Steuergesetze durchsetzen und damit eine angemessene Ausstattung des Staates über Steuern gewährleisten.
Deshalb sagt die SPD, dass wir mehr Steuerbeamte brauchen, dass wir bessere Beförderungschancen für die Steuerbeamten brauchen, weil sie – –
(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Und dann jammern Sie über die Pensionslasten! Das ist die SPD!)
Wenn Sie sich in der Vergangenheit mit der Materie auseinandergesetzt hätten, dann wüssten Sie, dass jeder Steuerbeamte ein Vielfaches dessen einbringt, was er den Staat kos tet.
(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Das Ein- zige, was Sie hier nachweisen, ist Ihre eigene Ah- nungslosigkeit!)
Das ist nicht meine persönliche Meinung, sondern das ist fundiert. Herr Rülke, nehmen Sie zur Kenntnis, was der Rechnungshof dazu gesagt hat. Sie sollten endlich aufhören, zu meinen,
Sie könnten auf der einen Seite Steuersenkungen versprechen und könnten die Menschen auf der anderen Seite über erhöhte Gebühren für die Kindergärten und bei den Volkshochschulen wieder abkassieren. Das ist Ihre Politik, Herr Rülke.
Herr Kollege Dr. Schmid, ich wollte, nachdem Sie so viel „Wissenschaftlichkeit“ ausstrahlen, nur kurz fragen, ob Sie bei Ihrer Ausbildung auch das Prinzip vom abnehmenden Grenznutzen gelernt haben.
Frau Berroth, ich kann Ihnen versichern: Das habe ich auch gelernt. Der Zustand des abnehmenden Grenznutzens ist bei der Steuerverwaltung noch lange nicht erreicht, weil wir den Personalbestand in der Steuerverwaltung im Land so abgesenkt haben, dass wir Millionen und Milliarden in Deutschland verlieren, weil wir bei denen, die es haben, nicht genau hinschauen, Frau Berroth. Genau das ist das Problem. Es geht um die, die es haben.
(Beifall bei der SPD und des Abg. Winfried Kretsch- mann GRÜNE – Abg. Reinhold Gall SPD: Frau Ber- roth meint die Grenze zur Schweiz!)
Sie wissen ganz genau, liebe Vertreter von FDP/DVP und CDU, wer die Zeche für die Steuersenkungen zahlen muss. Das sind diejenigen, die über erhöhte Sozialabgaben für Gesundheits-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung die Defizite ausgleichen müssen. Das wird die Wahrheit sein.
Das wird die Wahrheit sein, die spätestens nach der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen auf den Tisch kommt: Steuersenkungen für die Reichen werden durch Gretchen Normalverdienerin und Otto Normalverdiener über die Sozialabgaben bezahlt, meine sehr verehrten Damen und Herren.