(Beifall bei der CDU und des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP – Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Richtig! – Abg. Dieter Hillebrand CDU: Sehr gut!)
Setzt man die Neuverschuldung in Bezug zu der Zahl der Einwohner, so schneidet Baden-Württemberg im Jahr 2010 unter den alten Flächenländern nach Bayern am zweitbesten ab.
Ungeachtet dessen steigen auch bei uns die Schulden, nämlich von rund 43 Milliarden € um 4,55 Milliarden € auf 47,5 Milliarden €. Die Zinszahlungen lagen bei 1,67 Milliarden € für das Jahr 2009 und werden auf 1,76 Milliarden € für das Jahr 2010 und auf 1,92 Milliarden € für das Jahr 2011 steigen. Dabei gilt es zu bedenken, dass ein Anstieg des Zinssatzes um nur einen Prozentpunkt bereits eine unmittelbar finanzwirksame Mehrausgabe von über 400 Millionen € mit sich bringen würde. Wie Sie sehen, beobachten wir die Entwicklung in diesem Bereich sehr kritisch.
Zu dem in Kapitel 1205 etatisierten kommunalen Finanzausgleich möchte ich besonders herausstellen, dass mit Finanzzuweisungen von rund 5,3 Milliarden € im Jahr 2010 und rund 5,18 Milliarden € im Jahr 2011 das Niveau der Vorjahre trotz Finanzkrise und Steuermindereinnahmen gehalten werden kann. Grund dafür sind die Wenigerzahlungen im Länderfinanzausgleich. Aber trotz dieser Wenigerzahlungen bleibt festzustellen, dass der Länderfinanzausgleich zugunsten der Geberländer, zugunsten des Landes Baden-Württemberg korrigiert werden muss, damit die Handlungsspielräume auch für unsere Kommunen erhalten bleiben und die Verschuldung nicht ausufert.
Herr Kollege, ist Ihnen klar, dass der Länderfinanzausgleich nur geändert werden kann, wenn es dafür sowohl im Bundestag als auch im Bundesrat Mehrheiten gibt? Schon die Föderalismuskommissionen I und II mussten dieses Thema ausklammern, weil es sonst von vornherein gar keine Ergebnisse gegeben hätte. Das heißt, es ist doch wohlfeil von Ihnen, hier einfach zu erklären, der Länderfinanzausgleich müsse geändert werden, ohne zu sagen – Ihre Fraktion ist schließlich in der Regierung –, mit welchem Konzept Sie diese ändern wollen.
Eine Änderung des Länderfinanzausgleichs wollen wir alle natürlich gern. Aber realistischerweise muss man doch sagen, dass diese bis 2019 überhaupt nicht erfolgen kann. Das ist doch nur eine ganz billige, populistische Nummer, die Sie hier machen.
Herr Kollege Kretschmann, diesen Vorwurf lasse ich so nicht stehen. Es ist keine Erklärung von mir, sondern eine Forderung, und zwar eine glasklare Forderung, dass der Länderfinanzausgleich geändert werden muss.
Ich sage Ihnen schon jetzt, dass sich diese Forderung nicht nur auf einen einnahmebezogenen Finanzausgleich richtet, sondern wir wollen, dass auch die Leistungen eines Bundeslands als Ausgabeleistungen mit im Länderfinanzausgleich Berücksichtigung finden.
Es kann nicht sein, dass wir gutes Geld hergeben müssen, uns selbst verschulden müssen und dann in den Leistungen im Ländervergleich hintenanstehen. Das kann nicht sein. Sie können sich darauf verlassen, dass wir diese Forderung demnächst formulieren werden.
(Beifall bei der CDU und der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Sehr gut! Bravo! – Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE: Seit ich hier hocke, höre ich diese Reden!)
Diese Änderung wird kommen. Darauf können Sie sich verlassen. Wir können darüber ja im Finanzausschuss weiterdiskutieren.
Ich möchte Ihnen zum kommunalen Finanzausgleich noch den Hinweis geben, dass die Kraftfahrzeugsteuer nunmehr als Zuweisung in Kapitel 1212 Titel 211 02 veranschlagt ist. Eine dem Land in der bisherigen Form zustehende Kraftfahrzeugsteuer gibt es nicht mehr. Das Land erhält als Ausgleich eine Zuweisung des Bundes. Gleichwohl halten wir gegenüber unseren Kommunen an der Kraftfahrzeugsteuerverbundmasse fest.
Zum Schluss lassen Sie mich noch kurz die finanziellen Auswirkungen des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes nennen. Den Schätzungen nach müssen wir mit Steuerausfällen von zusammen 450 Millionen € rechnen. Die Hälfte davon, also 225 Millionen €, wollen wir über eine Erhöhung der Kredit ermächtigung decken. Die andere Hälfte soll aus Steuereinnahmen gedeckt werden, weil erwartet werden kann, dass Baden-Württemberg nach der Wirtschaftskrise – von der es, wie Sie wissen, im Maschinenbau und im Fahrzeugbau überdurchschnittlich betroffen ist – wieder überdurchschnittlich hohe Wachstumsraten aufweisen wird.
Die CDU-Fraktion stimmt den Entwürfen der Einzelpläne 06 und 12 auf der Grundlage der Beschlussempfehlungen des Finanzausschusses zu.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Vielen Dank für die Gelegenheit, hier nach relativ langer Auszeit sprechen zu können.
Im Einzelplan 12 finden sich wesentliche Informationen zum Staatshaushaltsgesetz 2010/11 sowie zum Haushaltsbegleitgesetz 2010 und zum Gesetz über das Landesschuldbuch. Darüber hinaus sind die Beschlussempfehlung und der Bericht des Finanzausschusses zum Mittelfristigen Finanzplan zu beachten. Im Einzelplan 12 sind die entscheidenden Fakten zu diesen Themen enthalten. Ich habe noch wenige Minuten Redezeit und will deshalb ein paar Aspekte exemplarisch herausgreifen.
Herr Kollege Kretschmann, Sie haben angesprochen, der Länderfinanzausgleich gehöre zur Architektur dieser Republik. Damit haben Sie mich inspiriert, über die Frage nachzudenken: Wie kann ich dieses Instrument einem Menschen, der kein Deutscher ist, überhaupt verständlich machen? Ich habe mir jetzt einmal überlegt, wie das auf Englisch heißen würde.
Ich sage es auch noch auf Französisch. – „Giver states“ haben wir zum Jahresende noch zwei oder drei, „taker states“ noch 13 oder 14. Auf Französisch hieße es „l’état de donner“ und „l’état de prendre“. Das sind die, die geben, und die, die
nehmen. Für Amerikaner, Engländer und Franzosen ergibt die se Maßnahme wenig Sinn. Ich war auch deswegen inspiriert, hierüber nachzudenken, weil der Ministerpräsident, der nach Brüssel wechselt, wissen muss, wie er denen, die in der EU mitwirken, dieses System erklären soll.
(Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE: Als Christde- mokrat sollten Sie sagen: Geben ist seliger denn neh- men! – Heiterkeit – Beifall bei Abgeordneten der SPD)
(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Selbst der heilige Martin hat nur einen halben Mantel gegeben! – Wei- tere Zurufe)
Herr Kretschmann, wie Sie wissen, bin ich Lutheraner. In der Bibel steht etwas vom Zehnten. Sie werden sie als Katholik genauso lesen. Aber es steht dort nichts vom Geben über den Mantel hinaus, dass man praktisch mit dem Mantel anfängt und letztlich im Unterhemd hinausgeht.
(Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU: Man braucht auch nicht nackt hinauszugehen! – Gegenruf des Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE: Das Land Baden- Württemberg ist nicht nackt, Herr Kollege! – Gegen- ruf des Abg. Jörg Döpper CDU: Aber fast!)
(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU zu Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE: Aber wenn die zweite Hälfte des Mantels hergegeben wird, dann ist es so! – Un- ruhe – Glocke des Präsidenten)
Bei der Neuverschuldung pro Einwohner weist Baden-Würt temberg nach Bayern den zweitbesten Wert aller Flächenländer in Deutschland im Jahr 2010 auf. Die Zinsen sind vorsichtig kalkuliert, auch in der Mifrifi sind sie sehr gut kalkuliert. Eine Anhebung des Zinssatzes um einen Prozentpunkt würde allein für Baden-Württemberg 400 Millionen € an Mehrausgaben pro Jahr bedeuten. Nachdem wir seit 1952 Jahr für Jahr in den Länderfinanzausgleich einbezahlen, mussten wir natürlich Verbindlichkeiten auftürmen. Aber das ist im Etatentwurf des Ministeriums sehr ordentlich dargestellt. Ich habe mir diesen sehr detailliert angeschaut.
Bayern erreicht als einziges Bundesland die Nullnettoneuverschuldung, aber nur, weil dort im Jahr 2010 Rücklagen von knapp 3 Milliarden € aufgelöst werden. Wir haben das im Jahr 2008 wie im Jahr 2009 ohne Auflösung von Rücklagen erreicht. Das sehe ich auch daran, dass z. B. der Grundstock als Vermögensbilanz des Landes überhaupt nicht Gegenstand oppositioneller Stellungnahmen oder Anträge im Ausschuss und im Plenum ist. Das heißt, dass wir die Vermögenssituation Baden-Württembergs ordentlich darstellen.
Ich will mit Blick auf die Prognose, was wir künftig werden tun müssen, um die Wirtschaft zu beleben, ein paar Vorschläge machen. Wir werden meines Erachtens in den nächsten Monaten stark unter internationalem Druck stehen – das ist keine nationale Entscheidung –, durch Deficit-spending Obama wieder zu pushen, weil die Wirtschaft in Amerika sehr viel tiefer hängt als in der EU und in Deutschland. Das ist einfach ein Faktum.
Ob der Schuldendeckel bei der Baufinanz, den wir bei 400 Millionen € limitiert haben, ausreicht oder nicht, Herr Minis ter, wage ich nicht zu prognostizieren. Es könnte sein, dass wir noch einmal darangehen müssen. Wenn der investive Trend wieder dahin geht, mehr zu realisieren, reicht der Schuldendeckel von 400 Millionen € unter Umständen nicht aus.
Herr Kollege Groh hat die PPP-Projekte auf den Seiten 130 ff. des Entwurfs des Einzelplans 12 – ich habe es mir aufgeschrieben, weiß es aber auch auswendig – angesprochen. Lieber Herr Kollege Groh, es war richtig, dass man versucht hat, diese sieben Schlüsselprojekte, diese sehr stark wahrgenommenen Projekte, als PPP zu realisieren. Es ist ebenso festzustellen, dass momentan bei den Banken, auch infolge deren Gewinnkalkulation, kein überbordendes Interesse für PPPProjekte besteht, sondern das Interesse sehr geschrumpft ist.
Das heißt, es geht darum, dass wir in den nächsten Monaten mithilfe des Fachressorts eine Entscheidung herbeiführen in der Frage: Bekommen wir die Projekte, die ja landesweit in allen Regionen laufen sollen, an Kernpunkten der politischen Wahrnehmung als PPP-Projekte geregelt, oder müssen wir sie konventionell etatisieren? Ich bin Ihnen sehr dankbar, dass Sie die Diastase sehr präzise beschrieben haben. Man kann nicht zweimal etatisieren. Wir haben die Projekte jetzt als PPP-Projekte im Haushalt stehen, und wir müssen bei den Nachtragsberatungen darüber nachdenken, wie wir das Ding – ich darf es so nennen – so schaukeln, dass es sitzt.
Es wäre richtig, die sieben PPP-Maßnahmen konventionell zu finanzieren, wenn PPP nicht im Sommer 2010 wieder mit Wucht anlaufen sollte.