Sehr geehrter Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren! Dies ist einer der Momente, in denen ich mich besonders freue, diesem Hohen Haus anzugehören.
Verehrter Kollege Walter, dass Sie sich freuen, wenn ich diesem Haus nicht mehr angehöre, fasse ich als Kompliment auf.
Zurück zum Thema. Ich freue mich deshalb, weil in anderen politischen Gremien auf die verschlechterte Einnahmesituation der öffentlichen Hand oft geradezu reflexhaft mit Kürzungen des Kunstetats oder zumindest mit entsprechenden Vorschlägen reagiert wird.
Dies ist im Landtag von Baden-Württemberg durch die Bank nicht der Fall. Der in einem unserer Vorgängerparlamente gefallene Satz „Mir brauchet koi Kunscht, mir brauchet Grombiera!“ ist ein Satz aus den Geschichtsbüchern für die Geschichtsbücher.
Wir wissen, dass gerade die Kunst in der Lage ist, Brücken zu bauen, Wege durch unbekanntes Gelände aufzuzeigen und die passenden Fragen zur Zeit zu stellen. Diese grundsätzliche Übereinstimmung im Bereich der Kunstförderung ist in erster Linie eine Wechselwirkung mit der hervorragenden Arbeit der Kunstschaffenden im Land, wofür ich mich im Namen meiner Fraktion herzlich bedanke.
Sie ist ebenso Folge einer beispielhaften Kunstpolitik, die ganz im brechtschen Sinn speziell in den vergangenen drei Jahrzehnten auch im Landtag den Kreis der Kenner stetig erweitert hat.
Meine Damen und Herren, auch die Kunst spürt jedoch die Krise. Rückgänge bei den Einnahmen aus Eintrittsgeldern und Drittmitteln sind bei vielen Einrichtungen zu verzeichnen und zu verkraften. Da ist es gut, wenn wir unseren Zuschussempfängern heute das Signal senden können, das die Koalitionsfraktionen bereits angekündigt haben.
Meine Damen und Herren, wir vermitteln und ermöglichen Stabilität und Planungssicherheit. Kunst hat bei uns immer Konjunktur, Kunst muss gerade in Zeiten der Krise Konjunktur haben.
Was wir allerdings nicht können, will ich auch erwähnen: Wir können Kürzungen anderer im Kunstbereich nicht ausgleichen. Wir wollen das auch nicht, denn das wäre für private und für andere öffentliche Kunstförderer das falsche Signal. Kunstförderung ist eine Aufgabe vieler, und das muss sie auch bleiben. Denn die Kunst ist eine Tochter der Freiheit, wie es Friedrich Schiller ausgedrückt hat.
Kunst ist eine Tochter der Freiheit, und Freiheit erhält sich die Kunst nur – und erhalten wir der Kunst nur –, wenn die Kunst nicht von einem Geldgeber in besonderem Maß abhängt.
Was wir aber neben Stabilität in Zeiten der Krise außerdem leisten können, ist, mit verhältnismäßig geringen Mitteln große Wirkung zu erzielen, damit Künstler durch uns und mit uns besser durch die Krise kommen. Im letzten Haushalt haben CDU und FDP/DVP mit ihren Initiativen einen Schwerpunkt bei der Förderung der darstellenden Kunst gesetzt. Die freien Theater und die soziokulturellen Zentren haben davon besonders profitiert.
In diesem Doppelhaushalt legen wir den Schwerpunkt unserer gemeinsamen Fraktionsinitiativen auf die Förderung der bildenden Kunst. Die drei Projekte, die ich Ihnen skizzieren möchte, tragen im Übrigen auch die Handschrift des designierten Ministerpräsidenten Stefan Mappus, dem die Kunstförderung ein persönliches Anliegen ist.
(Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Warum bist du denn heute so aggressiv? – Heiterkeit – Gegenruf des Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Er sagt doch nur die Wahr- heit!)
Eine gute Ausbildung ist ein Punkt; Stipendienförderung, Unterstützung beim Einstieg in den Beruf und Ankäufe sind weitere sinnvolle Maßnahmen. Nachdem die Ausbildungssituation bei uns im Land sehr gut ist und auch die Stipendien nach einem guten System vergeben werden, wollen wir uns beim Einstieg in den Beruf und bei Ankäufen von Kunstwerken mit unseren Initiativen besonders engagieren.
Das Kunstbüro, das im Übrigen erst im letzten Jahr auf unsere Initiative hin als erste Einrichtung seiner Art eingerichtet wurde und das bereits heute in der Kunstszene ein Markenzeichen ist, soll mit einem Betrag gefördert werden, der speziell Künstlerinnen und Künstlern weiterhin durch die Krise helfen soll, und zwar durch praktische Hilfestellung. Alle Workshops des Kunstbüros sind überbucht, und dem wollen wir in den nächsten zwei Jahren Rechnung tragen.
Außerdem planen wir ein Ankaufsprojekt mit einem Volumen von 1,5 Millionen €. 60 Werke junger Künstlerinnen und Künstler mit Bezug zum Land Baden-Württemberg sollen angekauft werden, damit diese Künstlerinnen und Künstler ohne den Umweg über eine Institution Unterstützung erhalten. Bundesweit haben bildende Künstler ein durchschnittliches Jahreseinkommen von ungefähr 12 000 €; da kann der Ankauf eines Kunstwerks in der heutigen Zeit existenzrettend sein.
Ich freue mich auch, meine Damen und Herren, dass wir ein großes Projekt unter der Federführung des Landesarchivs mit dem Namen LEO unterstützen. Mit einem Betrag von 1,85 Millionen € soll ein landeskundliches Onlineinformationssys tem entstehen. Damit können dann alle Informationen, die momentan zusammengetragen werden müssen – geologisch, geo grafisch, historisch usw. – in einem Portal abgerufen werden. Das ist eine tolle Sache.
Ich möchte noch den Dank an die Künstlerinnen und Künstler für das Betreten gedanklichen Neulands zum Ausdruck bringen. Ich danke dem Finanzausschuss für die einstimmige Beschlussfassung über unsere Anträge. Ich danke dem Minis terium, in erster Linie dem Staatssekretär, für die hervorragende Arbeit. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kunstabteilung leisten und erbringen weit Überobligatorisches. Ich danke auch meiner Fraktion dafür, dass wir die Fortschreibung der Landeskunstkonzeption so stringent begleiten wollen, als Nächstes mit einem Symposium im März.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren! Während zurückliegende Haushaltsberatungen immer wieder Befürchtungen aufkommen ließen, dass Kultureinrichtungen in Einsparrunden gezwängt würden, scheinen sich in diesem Haushalt – besonders auch vor dem Hintergrund der finanziellen Situation – Einsicht und Anerkennung des Wertes von Kunst und Kultur in unserem Land durchzusetzen –
Vielleicht mögen aber auch manche peinliche kulturpolitische Panne in dieser Legislaturperiode und die Angst vor einem weiteren Imageverlust auf diesem Feld dazu beigetragen haben, dass die Entscheidungsträger dem Thema Kultur in Baden-Württemberg insgesamt eine eher besänftigende und entgegenkommende Note beimaßen.