Protocol of the Session on February 4, 2010

Schwarz-Gelb im Bund plus Schwarz-Gelb im Land bedeutet gleich weniger Netto vom Brutto.

(Zuruf der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP)

Das ist die bittere finanzielle Realität vieler Familien in Baden-Württemberg.

Mit der Kopfpauschale in der gesetzlichen Krankenversicherung geht dann die Umverteilung von unten nach oben noch weiter.

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Sprechen Sie zum Haushalt des Landes Baden-Württemberg! – Zuruf der Abg. Beate Fauser FDP/DVP)

Hinzu kommt die Tatenlosigkeit bei Verwerfungen, die nun auch den Arbeitsmarkt in Baden-Württemberg erreicht haben. Frau Ministerin Stolz, sprechen Sie doch einmal mit den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern bei Schlecker, bei Mr. Wash – wir haben heute Morgen davon gesprochen – oder bei

den Friseurdiscountern. Wenn Sie in der Stellungnahme zu unserem Antrag schreiben, dass Sie gesetzliche Mindestlohnregelungen ablehnen und Lohnfindung grundsätzlich nicht Sache des Staates sei, auch wenn es in diesen Fällen ein Schutz vor Ausbeutung wäre, und wenn Sie am liebsten noch die Kündigungsschutzregelungen aufweichen würden, dann arbeiten Sie gegen die Interessen der Beschäftigten in diesem Land.

(Beifall bei der SPD – Abg. Dieter Hillebrand CDU: Wer sagt das? Niemand sagt das!)

Wer Vollzeit arbeitet, sollte von seinem Einkommen auch leben können. Das fordern nicht nur Gewerkschaften, Wohlfahrtsverbände und die SPD, sondern auch – man höre und staune – die Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen.

(Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Was schau- en Sie uns an?)

Sie schaue ich gar nicht an, denn das ist mir einfach zu blöd.

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Ignorieren! – Zurufe der Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP und Die- ter Hillebrand CDU)

Wie Sie merken, bin ich noch immer bei den schlechten, bei den ganz schlechten Botschaften. Dazu gehören auch die angekündigte Unterstützung der weiteren Steuersenkungsorgien im Bund

(Abg. Dieter Hillebrand CDU: Orgien?)

und die nicht zu umgehende Tatsache, dass infolgedessen auch in Baden-Württemberg gespart werden muss – natürlich erst nach den Landtagswahlen.

Den designierten Ministerpräsident, Herrn Mappus, der heute nicht hier sein kann,

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Wo ist er?)

darf ich wie folgt zitieren:

Wenn wir aus den Sozialhaushalten nicht in erheblichem Umfang einen Beitrag zur Haushaltskonsolidierung bringen können, dann werden wir es nicht schaffen.

Warten wir einmal ab, Herr Mappus, was das Bundesverfassungsgericht nächste Woche zum Thema Hartz IV sagen wird. Kürzungen bei Hartz IV zu fordern, ohne zu sagen, wo, ist Stammtischniveau.

(Abg. Walter Heiler SPD: Nichts gegen Stamm- tische!)

Anders kann ich das nicht bezeichnen.

Der andere ganz konkrete Kürzungsvorschlag, der schon heute schriftlich fixiert von der Haushaltsstrukturkommission vorliegt, der der Herr Mappus angehört, betrifft die Abschaffung der unentgeltlichen Beförderung schwerbehinderter Menschen im öffentlichen Personennahverkehr.

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Ein Prüfauf- trag!)

Langzeitarbeitslose mit insgesamt zwei Millionen Kindern im Hartz-IV-Bezug sowie schwerbehinderte Menschen sollen also als Erste leiden.

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Ein Prüfauf- trag!)

Dabei gibt es ein weiteres Zitat von Herrn Mappus, unserem designierten Ministerpräsidenten:

Keine Kürzungen bei den Schwächsten.

Merken Sie da nicht einen gewissen Widerspruch, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen?

Ich fasse unsere grundsätzlichen Aussagen zum Sozialetat zusammen. Wer die Politik der Landesregierung unterstützt, der stimmt für Stillstand bis zu den Landtagswahlen,

(Abg. Dieter Hillebrand CDU: Oh!)

lässt die Kommunen in Baden-Württemberg gerade bei den sozialen Aufgaben finanziell im Regen stehen und leitet bereits jetzt Kürzungen ein, die ab dem Jahr 2011 unweigerlich anstehen werden.

Zum Schluss, Frau Ministerin Dr. Stolz, komme ich nicht daran vorbei, noch einmal das Thema SGB-II-Reform anzusprechen. Wer mit Plänen aus seinem Haus die Bundestagsfraktion der CDU/CSU infiltriert und somit einen von Olaf Scholz ausgearbeiteten Kompromiss zu Fall bringt, dem alle Bundesländer zugestimmt hätten, der sollte sich schon sicher sein, dass er wenigstens seine eigenen Parteifreunde für sich erwärmen kann. Das Tohuwabohu nach dem Schreiben von Roland Koch, mit dem sich Frau von der Leyen auseinandersetzen muss, ist wirklich hausgemacht. Wir werden am Sonntag erleben, was passiert, wenn sich Frau von der Leyen mit allen Ministerpräsidenten der Bundesrepublik trifft.

Eine getrennte Trägerschaft bei den bisherigen Jobcentern ist eine Katastrophe für die Verwaltungen und deren Angestellte, eine Katastrophe für die Arbeitsmarktpolitik und vor allem eine Katastrophe für fünf Millionen Menschen mit schwerwiegenden Problemen auf dem Arbeitsmarkt sowie für zwei Millionen arme Kinder.

(Beifall bei der SPD)

Für die SPD-Fraktion erhält weiter Frau Abg. Wonnay das Wort.

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Ich dachte, es gibt ei- ne zweite Runde!)

Die SPD hat ihre Redezeit aufgeteilt. Frau Kollegin Wonnay, Sie haben noch drei Minuten.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich in der verbleibenden Redezeit für meine Fraktion auf zwei wesentliche Punkte eingehen, bei denen ich erwartet hätte, dass sie hier im Haus durch eine große Einigkeit geprägt wären.

Das eine ist der Anspruch, den insbesondere CDU und FDP/ DVP verkünden, nämlich nicht nur ein „Kinderland“, sondern ein „Kinderland plus“ zu sein.

Bevor man sich anschaut, was bei einem der wesentlichen Vorhaben, nämlich beim Ausbau der Kleinkindbetreuung, konkret im Haushalt steht,

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Zu Hause betreut man die Kleinkinder!)

muss man zunächst feststellen, dass Sie da überhaupt erst einmal die Nachhilfe aus Berlin von Rot und von Rot-Grün gebraucht haben, um zu erkennen, dass das eine der wesentlichen Zukunftsaufgaben ist.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wenn wir uns dann anschauen, was im Haushalt für diese wichtigen Aufgaben, frühkindliche Bildung voranzutreiben, Eltern zu unterstützen, bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu ermöglichen, steht, dann muss man sagen: Sie tun zu wenig. Sie lassen die Kinder, die Eltern, aber auch die Kommunen bei dieser Aufgabe im Stich.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Abg. Karl Zim- mermann CDU: Wer will denn das Landeserziehungs- geld streichen? Ihr! – Gegenruf der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Die Grünen!)

Deshalb geben wir Ihnen die Chance, dass Sie an dieser Stelle zumindest einmal – „Kinderland plus“ ist ja schon übertrieben – den Anspruch, „Kinderland“ zu sein, erfüllen, indem Sie unserem Antrag auf Erhöhung der Mittel zustimmen.

(Beifall bei der SPD – Glocke des Präsidenten)

Frau Abg. Wonnay, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Dr. Wetzel?

Wenn ich fertig bin, können Sie gern fragen, Herr Kollege.

Ich komme zum zweiten Punkt. Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, wir wissen aus dem Gender-Atlas,