Protocol of the Session on January 19, 2010

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Ha- gen Kluck FDP/DVP: Sauerei!)

Dieses System bestraft Sparsamkeit und Erfolg. Es schwächt die Starken, bis sie am Ende selbst schwach sind, und vor allem prämiert es defizitäre Strukturen. Ich glaube, gerade unter dem Druck dieser Krise sollten wir gemeinsam mit Bayern am Ende der Krise nicht zur Tagesordnung übergehen, sondern dieses System noch einmal – wenn nötig, auch juristisch – hinterfragen. Ich gebe mich nicht damit zufrieden, dass der Länderfinanzausgleich im Jahr 2018 ausläuft, und zwar aus einem ganz einfachen Grund: Wir haben schon jetzt nur drei Zahlerländer bei 13 Nehmerländern. Das wird im Jahr 2018 nicht viel anders sein. Ich wage einmal die Prognose, dass es auch dann von den Mehrheiten her nicht ganz einfach werden wird, ein System zu finden, das uns weniger abverlangt und das weniger Geld aus Baden-Württemberg abzieht.

(Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE: Wie wollen Sie das bis dahin ändern? – Gegenruf des Abg. Claus Schmiedel SPD: Gute Frage! – Zuruf des Abg. Dr. Nils Schmid SPD)

Ein weiterer Punkt ist: Ich war, bin und bleibe der Überzeugung, dass die Steuerpolitik ein wichtiges Instrument des Krisenmanagements ist. Meine Damen und Herren, das Wachstumsbeschleunigungsgesetz hat die Unternehmensbesteuerung und die Erbschaftsteuer richtigerweise um ihre krisenverschärfenden Elemente bereinigt.

(Abg. Andreas Stoch SPD: Steuer- und Spendenpo- litik! – Gegenruf des Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Na, na!)

Dass dieses Gesetz unter dem Strich gelungen ist, dafür gab es in der letzten Woche einen absolut unverdächtigen Zeugen. Sogar der energiepolitische Sprecher der SPD-Fraktion – wohlgemerkt: in Baden-Württemberg – hat anhand seines eigenen Unternehmens – nachzulesen in der „Stuttgarter Zei

tung“ vom 15. Januar dieses Jahres – begeistert bescheinigt, dass das Wachstumsbeschleunigungsgesetz endlich Dinge auf den Weg gebracht hat, die in der Großen Koalition mit der SPD so nicht möglich waren.

(Beifall des Abg. Hagen Kluck FDP/DVP – Abg. Hel- mut Walter Rüeck CDU: Hoppla! – Abg. Ingo Rust SPD: Nein! Das ist falsch!)

Meine Damen und Herren, gerade Baden-Württemberg lebt von seinen vielen Tausend mittelständischen Unternehmen. Deshalb will ich ein Beispiel dafür nennen, warum es richtig war, das Wachstumsbeschleunigungsgesetz auf den Weg zu bringen.

(Abg. Ingo Rust SPD: Lesen!)

Wir können es uns nicht länger leisten, dass wir die Unternehmen in der Krise durch eine Substanzbesteuerung zusätzlich belasten. Genauso wenig können wir es uns leisten, dass ein Firmenerbe demnächst Erbschaftsteuer nachzahlen muss, wenn er gleichzeitig kurzarbeiten lässt, um die Arbeitsplätze im Unternehmen zu sichern. Genau das hätte die alte Rechtslage nämlich bewirkt.

Deshalb hat das Wachstumsbeschleunigungsgesetz nichts mit Steuergeschenken zu tun.

(Abg. Ingo Rust SPD: Mit Spenden!)

Übrigens, meine Damen und Herren, finde ich den Begriff „Steuergeschenk“ schon relativ merkwürdig.

(Beifall des Abg. Dieter Kleinmann FDP/DVP)

Ich habe unter einem Geschenk immer verstanden – aber vielleicht ist das bei der SPD in der Zwischenzeit anders geworden –, dass man etwas, was einem bisher nicht gehörte, praktisch übereignet bekommt. Nur: Dem Steuerzahler gehört das Geld, das er an Steuern zahlt.

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Sehr richtig! – Abg. Reinhold Gall SPD: Lassen Sie diese Argumente doch der FDP! Da wirkt es besser!)

Wirklich allen Ernstes zu sagen, es sei ein Geschenk, wenn man etwas, was einem gehört, nicht hergeben muss, ist schon eine bemerkenswerte Philosophie, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Ha- gen Kluck FDP/DVP: Der Mann hat recht! – Zurufe der Abg. Fritz Buschle und Reinhold Gall SPD)

Es ist das, was Praktiker und Experten uns unisono immer geraten haben, damit der keimende Aufschwung nicht vom Steuerparagrafendschungel überwuchert wird, damit neue Spielräume für Investitionen entstehen, damit Planungssicherheit für unternehmerische Entscheidungen herrscht.

Meine Damen und Herren, damit auch Sozialdemokraten in diesem Haus verstehen können, was ich meine,

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Oje! – Zuruf: Das wird aber schwierig sein!)

zitiere ich einmal einen großen SPD-Wirtschaftspolitiker.

(Zuruf von der CDU: Gibt es die? – Abg. Reinhold Gall SPD: Sie sind wieder meilenweit neben dem Haushalt von Baden-Württemberg!)

Nein, den gibt es nicht mehr. Aber es gab ihn immerhin.

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Das muss aber lange her sein! – Abg. Reinhold Gall SPD: Wieder nichts zum Haushalt! Das ist ja unglaublich!)

Ich zitiere:

... unser Heil liegt darin, über Steuersenkung, Investitionserleichterung und Kostensenkung den Umstellungsprozess in unserer Wirtschaft zu fördern und die Unternehmer in eine Situation hineinzubringen, bei der sie wieder Mut fassen.

Dann sollten sie wieder erfolgreich arbeiten können. Meine Damen und Herren, besser kann man es eigentlich nicht ausdrücken. Das Bemerkenswerte ist: Dieses Zitat kommt von einem der – zugegebenermaßen – besten Wirtschaftsminister, die die Bundesrepublik Deutschland hatte,

(Zuruf)

nämlich von dem – das gab es damals in der SPD – noch mit Sachverstand ausgestatteten großen Karl Schiller, meine Damen und Herren.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Guter Mann! – Abg. Al- fred Winkler SPD: Das war aber nicht auf die Hote- liers gemünzt! – Weitere Zurufe von der SPD)

Das war SPD-Philosophie.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Zuruf von der CDU: Der ist irgendwann aus der SPD ausgetreten! – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Komisch, die ganzen Wirtschaftsminister treten aus der SPD aus! – Weitere Zurufe)

So ist es, Kollege Rülke. Er war damals schon so verzweifelt, dass er auch aus der SPD ausgetreten ist. Auch da war er seiner Zeit offensichtlich voraus, meine Damen und Herren.

Diese Einsicht ist, wie ich finde, aktueller denn je. Ich kann den Kolleginnen und Kollegen von der SPD deshalb nur empfehlen: Lesen Sie öfter einmal nach, was kluge Leute in Ihrer Partei einstmals gedacht haben. Es lohnt sich.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Sie reden ziemlich viel über die SPD! Sie sollten über den Haushalt reden! Da kommt wenig! Sie sollten Haushaltsberatung ma- chen, keine Zitatevorlesung! – Gegenruf des Abg. Hagen Kluck FDP/DVP – Unruhe)

Ja, dazu komme ich jetzt. Keine Sorge, ich komme jetzt zu dem Teil des Haushalts, der Ihnen, Herr Gall, noch mehr wehtut, als es bisher der Fall war.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Ich glaube, das tut Ihrer Truppe mehr weh als mir! – Anhaltende Unruhe)

Meine Damen und Herren, einer der Punkte, die wir in der Großen Koalition beschlossen haben, die die Menschen in diesem Land entlasten und die im Jahr 2010 vom Volumen her am stärksten wirken, ist die Abschaffung der kalten Progression bzw. der Einstieg in die Abschaffung der kalten Progression.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Können Sie auch et- was anderes als nur Sprechblasen?)

Herr Kollege Schmiedel, dies haben wir gemeinsam beschlossen.

Anfang des letzten Jahres haben Sie bei diesem Thema noch die großen sozialdemokratischen Tugenden gepriesen, dass die weniger Wohlhabenden endlich wieder mehr Geld im Geldbeutel haben.

(Abg. Nikolaos Sakellariou SPD: Studiengebühren!)

Nun, nachdem Sie in Berlin abgewählt wurden, ist das alles für Sie plötzlich Teufelszeug. Jetzt ist die kalte Progression ein Instrument, das die Länderhaushalte marode macht, das den Reichen mit Steuergeschenken – das ist Blödsinn, wenn man Steuerpolitik kennt – das Geld vor die Füße wirft. Von alldem wollen Sie jetzt nichts mehr wissen.

Ich kann nur sagen: Dieses Wachstumsbeschleunigungsgesetz und die Regelungen, die zuvor verabschiedet worden sind, die die Wirtschaftsakteure in diesem Land entlasten, damit sie wieder stärker konsumieren und investieren können, damit sie die Konjunktur wieder in Schwung bringen –

(Zuruf der Abg. Bärbl Mielich GRÜNE)

was jetzt auch greift –, sind richtig. Hören Sie endlich auf, alles schlechtzureden,

(Abg. Peter Hofelich SPD: Machen wir doch gar nicht!)

vor allem das, was Sie selbst vor Kurzem noch mit beschlossen haben, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Zuruf des Abg. Dr. Nils Schmid SPD)