Protocol of the Session on December 10, 2009

Es ist völlig klar, dass wir auf die Kosten achten müssen. Sie beziffern die Zusatzkosten für das Land auf 400 000 €. Diesen Beitrag erbringt nicht jedes Land. Hier bitten wir auch um eine klare Begründung.

Wir werden ferner darüber nachdenken müssen, was es für den Bereich der Beschaffung bedeutet – hier ist Artikel 91 c Abs. 3 bedeutsam –, dass Inhouse-Vergaben stattfinden kön

nen. Sosehr wir im Bereich der Wasserwirtschaft daran interessiert waren, dass dies möglich ist, muss auch klar sein, dass der private Wettbewerb hier nicht ausgeschlossen wird. Das wird ein wichtiges Thema sein. Ferner wollen wir eine wirklich substanzielle Beteiligung der Kommunen haben, sodass die Kommunen nicht nur am Katzentisch sitzen.

Meine Damen und Herren auf der Regierungsseite, man sollte Subsidiarität nicht nur am Sonntag predigen, sondern man muss sie auch an Werktagen leben.

(Beifall bei der SPD)

Ich will jetzt ein paar Sätze dazu sagen, wo das politische Schwergewicht liegen muss. Das politische Schwergewicht muss darin liegen, dass das Land Baden-Württemberg selbst fit ist, sich im Bund-Länder-Konzert einzubringen. Ich behaupte: Wir sind es nicht. Bei uns steht die informationstechnische Politik, für die das Innenministerium die Hauptverantwortung trägt, im Schatten. Sie steht nicht im politischen Rampenlicht. Wir wissen nicht genau, was passiert. Wir haben im Grunde genommen Irrungen und Wirrungen bei Projekten, die wir gar nicht genau sehen, bei denen es in BadenWürttemberg aber um sehr viel Geld geht. Wenn sie sich auch der politischen Kontrolle nicht entziehen, so werden sie jedenfalls von der Politik nicht wirklich beobachtet.

Ich will ein paar weitere Punkte ansprechen. Der Justizminis ter, der gerade in seinen Unterlagen blättert, hat gestern das elektronische Grundbuch gelobt. Er weiß ganz genau, dass beim Projekt „Elektronisches Grundbuch“ jede Menge Geld versenkt worden ist. Der Justizminister weiß, dass er das Projekt zur Verfahrensautomation in der Gerichtsbarkeit hat, bei dem er über lange Zeit versucht hat, selbst etwas hinzubekommen, bis er zum Schluss eingestehen musste, dass es doch nicht klappt, und jetzt eine bayerische Lösung übernehmen muss. Welch eine Demütigung! Wir haben eine Situation, bei der das Innenministerium von Baden-Württemberg – –

(Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Herr Stickelberger ist anderer Meinung! – Gegenruf der Abg. Ursula Hauß- mann SPD: Er hat das Gleiche gesagt! Du hast nicht zugehört!)

Dann werden wir noch einmal darüber reden. Herr Schüle, es ist überhaupt kein Problem, dass wir uns zu diesem Thema einmal austauschen. Ich sage Ihnen, dass dies meine Sicht ist.

(Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Darum machen wir es ja! – Weitere Zurufe von der CDU)

Das machen wir innerhalb des Parlaments, weil hier das Parlament ist. Ich sage Ihnen: Auch Sie sind Mitglied im Ausschuss. Sie müssen sich schon anhören, wenn es nicht richtig klappt, und sich damit selbst auseinandersetzen, Herr Kollege.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Im Bereich der Bürokommunikation haben wir eine Situation, bei der das Innenministerium eine Vergabe getätigt hat, bei der man sich fragen kann, ob es wirklich eine zukunftsgerechte Vergabe ist.

Wir haben im Bereich der Finanzverwaltung die Situation, dass die Steuerverwaltung unter der Überschrift FISCUS in Deutschland sozusagen reformiert worden ist. Bei dieser Reform hat das Land Baden-Württemberg seine eigentlich starke Stellung, die es gemeinsam mit Nordrhein-Westfalen und mit Hessen hatte, aufgegeben und jetzt wiederum eine bayerische Lösung akzeptiert, bei der wir auf einer veralteten Rechnerarchitektur arbeiten. Herr Wolf, man nennt das übrigens „KONSENS-Projekt“, was eine gewisse Ironie bedeutet, weil es eigentlich auch etwas ist, was nicht in die Zukunft gewandt ist. Wir haben eine Situation – ich habe NSI noch gar nicht erwähnt; bei diesem Thema halte ich mich zurück – von Projekten im Land, bei denen man zumindest einmal hinterfragen darf, wo eigentlich die politische Steuerung für diese Projekte ist, wo die politische Aufsicht für diese Projekte ist.

(Zuruf des Abg. Dr. Klaus Schüle CDU)

Herr Staatssekretär – der Minister ist heute nicht da –, ich vermisse eigentlich die wirkliche politische Transparenz bei der Steuerung der Informationstechnik in diesem Land. Diese würde unserem Land guttun, weil es um sehr viel Geld geht, meine Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Deswegen meine ich, dass wir das, was der Rechnungshof Ihnen gesagt hat – Herr Präsident, ich komme zum Ende –, nämlich dass Sie eine sehr – –

(Abg. Jörg Döpper CDU: Hol einmal Luft!)

Herr Kollege, ich bin eigentlich ganz gut dabei; vielleicht liegt die Unsicherheit bei jemand anderem.

In Baden-Württemberg haben wir einen Rechnungshofbericht, der Ihnen sagt, dass man etwas ändern muss. Wir haben einen Landessystembeauftragten, bei dem man nicht genau weiß, wer das wirklich ist, und bei dem man eigentlich der Meinung sein sollte, dass er aufgewertet werden sollte, aber dann bitte schön hier fürs Parlament. Und wir haben eine Situation, bei der wir mehr Interesse und mehr Aufmerksamkeit für die Informationstechnik vom Land Baden-Württemberg und im Landtag von Baden-Württemberg brauchen.

Das, meine Damen und Herren, ist die Situation. Ich entnehme das auch Anträgen der Regierungsfraktionen. Deswegen ist es z. B. ein wichtiger Schritt, dass wir im Land einen CIO einführen, einen Chief Information Officer, bei dem klar ist, dass er Staatssekretärsrang hat und bei ihm die politische Verantwortung gebündelt ist. Dieses Parlament muss wissen, was in der Informationstechnikpolitik des Landes vor sich geht und wie sie am besten auf das ausgerichtet wird, was wir beim Bund erreichen können.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD – Abg. Ursula Haußmann SPD: Bravo! – Abg. Jörg Döpper CDU: Schneller klat- schen! – Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Der nimmt kei- ne Rücksicht auf die Mitarbeiter!)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Walter.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Herr Präsident hat mich gerade darauf aufmerksam gemacht, dass Kollege Hofelich seine Redezeit um einiges überschritten hat. Sein Grundsatzreferat möchte ich jetzt auch gar nicht wiederholen.

(Abg. Jörg Döpper CDU: Es reicht, was er gesagt hat!)

Ich will mich hier auf zwei Punkte beschränken, Herr Kollege Döpper.

(Abg. Jörg Döpper CDU: Er hat dreimal so lange ge- redet! – Gegenruf der Abg. Ursula Haußmann SPD: Aber was er gesagt hat, hatte Hand und Fuß!)

Sie freuen sich schon auf die Mittagspause; ich sehe es Ihnen an.

(Heiterkeit des Abg. Jörg Döpper CDU)

Zunächst möchte ich darauf eingehen,

(Zuruf des Abg. Jörg Döpper CDU)

dass die Bedenken der Kommunen sowie des Landkreistags – Herr Kollege Wolf, Sie haben darauf hingewiesen – in einem gewissen Umfang Eingang gefunden haben und respektiert wurden. Ich frage mich aber schon, weshalb wir hier – Herr Kollege Hofelich hat darauf hingewiesen – zwar immer von Subsidiarität reden, es aber immer dann, wenn es darum geht, Subsidiarität auch zu leben und die unterhalb der Ebene von Landtag und Landesregierung angesiedelten Bereiche einzubinden, immer schwieriger wird.

Ich würde mir wünschen, dass wir hier eine Planungssicherheit haben, dass die Landkreise, der Gemeindetag, der Städtetag mitreden können, dass sie in diesen Kommissionen einen Sitz bekommen – vielleicht können wir uns im Ausschuss darauf verständigen, Herr Kollege Wolf – und nicht nur zuvor informiert werden. Das halte ich für einen ganz wichtigen Schritt.

Dasselbe gilt für den Datenschutz. Sie haben ausgeführt, dass der Landesdatenschutzbeauftragte vorher informiert wird. Aber wir fragen uns: Warum sitzt er nicht mit am Tisch und kann dort seine Argumente einbringen?

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen – Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Sehr gut!)

Auch das wollen wir im Ausschuss mit Ihnen beraten. Wir können uns auch gern vorher zusammensetzen, Kollege Wolf. Vielleicht treffen wir uns einmal und machen das interfraktionell. Ich bin sicher, Kollege Hofelich hat auch nichts dagegen, wenn wir in dieser Weise vorgehen.

(Abg. Peter Hofelich SPD: Natürlich! Wir helfen der Regierung gern!)

Wenn wir schon Föderalismus haben, dann buchstabieren wir ihn richtig durch, und zwar von oben bis nach ganz unten. Dann bekommen wir sicherlich etwas, mit dem wir einverstanden sind.

Kollege Hofelich hat darauf hingewiesen: Die IT-Industrie wird eine der Schlüsselindustrien der Zukunft sein. Deshalb ist der Verfassungsrang wichtig. Die Frage ist nur – darauf hat Kollege Hofelich ebenfalls hingewiesen –: Sind wir in BadenWürttemberg richtig aufgestellt? Nach meinem Eindruck gehen einige Kommunen in Baden-Württemberg, die das erkannt haben, voran – als Beispiel wird immer wieder einmal Sternenfels genannt –, aber es gibt keine Vorgaben und kein Vordenken der Landesregierung bezüglich der Frage, worum es beim E-Government, wie man es auf Neuhochdeutsch nennt, eigentlich gehen soll. Wir wünschen uns, dass die Landesregierung dieses Thema mehr ins Bewusstsein rückt und dass man den Kommunen klarmacht, welche Vorteile darin liegen.

Der Herr Minister – er ist noch da – hat heute Morgen betont, wir lägen in puncto IT weit vorn. Herr Minister, Sie haben zu Recht darauf hingewiesen, dass das Arbeitsplätze sind, die man nicht exportieren kann. Sie sind hier und bleiben auch hier – zumindest zum Teil. Beispiele dafür, dass manches elektronisch in Indien oder anderswo gemacht wird, etwa Abrechnungen, kennen wir alle.

Aber ich frage Sie: Wenn Sie das erkannt haben, warum ist dann Baden-Württemberg – das gilt auch für diesen Landtag – in der Frage der Open-Source-Software noch immer hintendran? Ich habe Ihnen schon in der Vergangenheit immer wieder gesagt: Sindelfingen – sprich IBM –, das Hauptquartier für Open-Source-Software, für Linux in ganz Europa, muss uns näher liegen als Seattle – sprich Windows.

(Abg. Paul Nemeth CDU: Die sind aber nicht in Sin- delfingen! Da ist Daimler! IBM ist in Böblingen! – Gegenruf des Abg. Dr. Reinhard Löffler CDU: Aber der Rest stimmt!)

Ich weiß, Herr Kollege Nemeth. Sie wissen, was ich meine. Wenn Sie es nicht verstehen, Herr Kollege Nemeth, erkläre ich es Ihnen einmal. Auf jeden Fall geht es darum – dazu habe ich leider von Ihnen, Herr Kollege Nemeth, bisher keine Initiative gesehen –,

(Abg. Paul Nemeth CDU: Haben wir aber gemacht!)

dass wir in diesem Land mehr für Linux und für andere OpenSource-Software tun müssen, weil wir hier Arbeitsplätze schaffen müssen und nicht in Seattle. Darum geht es, Herr Kollege. Ob es nun Sindelfingen oder Böblingen ist – das ist wahrscheinlich sowieso bald eine Stadt –, ist hier überhaupt nicht die Frage. Beide Städtenamen fangen mit „S“ an, deswegen diese Begriffe.

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Sindelfingen und Böblingen?)

Die FDP/DVP versteht, glaube ich, ohnehin nichts davon.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen)

Deshalb habe ich mich an sie gar nicht gewandt. Es geht darum, dass wir in diesem Bereich einen erheblichen Nachholbedarf haben. Das fängt bei den Ministerien an und geht beim Landtag weiter. Das ist eine Aufgabe, der wir uns in den nächs ten Jahren ebenfalls stellen müssen.