Protocol of the Session on December 9, 2009

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Aha! – Zuruf des Abg. Reinhold Gall SPD – Abg. Claus Schmiedel SPD: Was haben Sie denn auf der Homepage von Rheinland-Pfalz zu suchen? – Abg. Ursula Hauß- mann SPD: Wir leben aber in Baden-Württemberg! – Zuruf des Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE)

Ich rate dazu, dass Länder, die im Bereich der Demografie noch nichts machen, vielleicht, wie es in Nordrhein-Westfalen der Fall ist, zumindest mit einem Sozialministerium beginnen, das im Titel auch die Begriffe „Demografie“ und „Generationen“ enthält.

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Richtig!)

Jetzt zu dieser Klagearie, Frau Altpeter, die wir von Ihnen schon kennen.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Es ändert sich ja nichts bei Ihnen!)

Wenn Sie es konkret haben wollen: Erstens: Die Bundesratsinitiative für das Pflege-Weiterentwicklungsgesetz ging vom Land Baden-Württemberg aus. Weil Sie das Thema Demenz erwähnt haben: Die Aufnahme der Demenzerkrankungen in den Leistungskatalog ist von uns ausgegangen.

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Das hat sie nur vergessen!)

Zweitens: Herr Noll, ich bin Ihnen dankbar dafür, dass Sie gesagt haben: Wir wollen uns auf das beschränken, wofür hier in Baden-Württemberg Kommunen und Land die Verantwortung tragen.

Um die kommunale Selbstverwaltung zu stärken, habe ich diesen Demografie-Spiegel entwickelt.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Sehr gut!)

Liebe Frau Altpeter, als wir das letzte Mal in diesem Haus darüber diskutiert haben, haben Sie dazu gesagt: „Das interessiert doch kein Schwein.“ Dieser Demografie-Spiegel wird alle drei Minuten angeklickt. Er ist eine Erfolgsgeschichte und bundesweit einmalig.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Alle drei Minuten! Soll das viel sein? – Zuruf der Abg. Ursula Haußmann SPD)

Konkret möchte ich Ihnen mitteilen: Ich möchte einmal wissen, warum es rote und rot-rote Landesregierungen gibt, die unter der Hand bei uns anrufen, um zu fragen: Wie geht ihr mit Demografie um?

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Das liegt an der Staats- rätin! – Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Hier hat die Demografie eine Telefonnummer!)

Es hängt natürlich damit zusammen, dass wir das Thema sehr früh erkannt haben und angegangen sind.

Konkret stellt sich die Frage: Wie weit müssen wir unseren Vorsprung vor den roten Landesregierungen noch ausbauen, damit sie verstehen, worum es geht?

Danke schön.

(Beifall bei der CDU – Abg. Ursula Haußmann SPD: Oje!)

Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Die Aktuelle Debatte unter Tagesordnungspunkt 1 ist damit erledigt.

Meine Damen und Herren, unter den Zuhörern auf der Tribüne gilt mein besonderer Gruß einer Delegation aus dem Kanton Schaffhausen. Ich begrüße die Mitglieder des Ratsbüros des Kantonsrats Schaffhausen mit seinem Kantonsratspräsidenten Markus Müller an der Spitze. Die Damen und Herren werden heute und morgen Gäste des Landtags von BadenWürttemberg sein. Seien Sie uns herzlich willkommen!

(Beifall bei allen Fraktionen)

Die Delegation wird begleitet vom amtierenden Generalkonsul, Herrn Jost, vom Schweizerischen Generalkonsulat, den ich ebenfalls herzlich willkommen heiße.

(Vereinzelt Beifall)

Zwischen dem Kanton Schaffhausen und dem Land BadenWürttemberg bestehen seit vielen Jahren freundschaftliche und enge Beziehungen. Darüber hinaus findet eine Zusammenarbeit im Rahmen der „Parlamentarierkonferenz Bodensee“ statt, in der alle Anrainerstaaten vertreten sind.

Lieber Kantonsratspräsident Müller, werte Gäste, ich wünsche Ihnen einen angenehmen Aufenthalt bei uns im Landtag und interessante Eindrücke während Ihres Besuchs in unserem Land.

(Beifall bei Abgeordneten aller Fraktionen)

Ich rufe Punkt 2 der Tagesordnung auf:

a) Aktuelle Debatte – Kulturelle Vielfalt – universelle Werte. Wege einer rationalen Integrationspolitik – beantragt von der Fraktion der FDP/DVP

b) Antrag der Fraktion der SPD und Stellungnahme des Justizministeriums – Die Integrationspolitik der Landesregierung – Drucksache 14/5443

Es gelten die üblichen Redezeiten: fünf Minuten für die einleitenden Erklärungen der Fraktionen und fünf Minuten für die Redner in der zweiten Runde.

Das Wort erteilte ich Herrn Abg. Kluck.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ein Blick in Landesverfassung und Grundgesetz empfiehlt sich immer.

(Abg. Peter Hofelich SPD: Ja!)

Sie kennen Artikel 4 der Landesverfassung, in dem es heißt:

Die Kirchen und die anerkannten Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften entfalten sich in der Erfüllung ihrer religiösen Aufgaben frei von staatlichen Eingriffen.

Sie kennen auch Artikel 4 des Grundgesetzes, in dem es heißt:

Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.

Bei uns wäre also ein grundsätzliches Minarettverbot nicht möglich. Also könnten wir uns eigentlich bequem zurücklehnen. Das sollten wir aber wegen des Echos, das auf die Volksabstimmung in unserem südwestlichen Nachbarland erfolgt ist, nicht tun.

(Beifall des Abg. Dieter Kleinmann FDP/DVP – Abg. Dieter Kleinmann FDP/DVP: Sehr richtig!)

Deswegen ist es wichtig, dass nicht nur hier und da, sondern vor allem auch im Parlament darüber diskutiert wird. Deshalb haben wir diese Aktuelle Debatte beantragt. Wir wollten damit nicht dem SPD-Antrag zur Integration die Show stehlen oder ihm zuvorkommen, denn wir begrüßen auch diesen Antrag. Es ist immer wichtig, wenn sich das Parlament mit der wichtigen Querschnittsaufgabe Integration befasst.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und der CDU sowie des Abg. Rainer Stickelberger SPD)

Sie, meine Damen und Herren, wissen, dass liberale Integrationspolitik bedeutet, den Zuwanderern gleiche Bildungs- und Berufschancen zu geben und sie möglichst umfassend am gesellschaftlichen Leben zu beteiligen. Voraussetzung für ein

gutes Zusammenleben ist die gegenseitige Anerkennung der kulturellen und religiösen Identität und die uneingeschränkte Akzeptanz unserer Rechts- und Werteordnung. Insofern ist Integration keine Einbahnstraße, sondern sie muss von beiden Seiten intensiv betrieben werden.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und der CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die bei uns lebenden Muslime haben sich mittlerweile viele Gotteshäuser und Gebetsräume geschaffen, und zwar solche mit und ohne Minarett. In Deutschland gibt es rund 200 Moscheen mit Minaretten, und ungefähr weitere 100 sind in der Planung oder im Bau. Ob die Moschee mit einem solchen Symbol versehen wird oder nicht, ist oft auch eine Frage der Einfügung in die Umgebung oder des Baurechts.

Minarette sind religiöse Symbole. Ich möchte hier klarstellen: Sie sind keine Raketen, die gegen unsere von der jüdischchristlichen Tradition geprägte Gesellschaft gerichtet sind. Das müssen wir immer wieder klarmachen. Denn wir dürfen den Bau von Minaretten nicht dramatisieren. Ich möchte Ihnen zurufen: Lassen wir doch bitte die Moschee im Dorf.

(Beifall des Abg. Dieter Kleinmann FDP/DVP – Abg. Reinhold Gall SPD: Die steht aber meist in einem In- dustriegebiet!)

Der Islam ist mittlerweile die drittgrößte Religion in Deutschland. In Baden-Württemberg leben etwa 600 000 Muslime. Nur ein ganz kleiner Teil von ihnen missbraucht die Religion für extremistische Zwecke. Aber wir wissen: Auch in christlichen Glaubensgemeinschaften gibt es Piusbrüder und andere, die vielleicht noch von Kreuzzügen träumen.

(Beifall bei Abgeordneten aller Fraktionen)

Die meisten Muslime fühlen sich in unserer kulturell, ethnisch und religiös vielfältigen Gesellschaft sehr wohl. Das teilen sie mit den Christen, den Buddhisten, den Hinduisten und den Atheisten. Die Prophezeiung einer baldigen Islamisierung Deutschlands können wir getrost ins Reich der Fantasie verweisen.

Dennoch müssen wir zugeben, dass Ängste vorhanden sind. Diese lassen sich nicht durch staatliche Dekrete, sondern nur durch Dialog und gegenseitiges Verständnis beseitigen.