Protocol of the Session on July 27, 2006

(Abg. Winfried Scheuermann CDU: Von etwas sprechen und etwas machen ist ein Unterschied!)

Eine weitere Aussage war, die EU-Umgebungslärmrichtlinie sehe gar keine Fristen vor. Fristen sieht sie schon vor. Sie sieht vor, dass an Hauptverkehrsstraßen, an Haupteisenbahnstrecken usw. bis 2008 Aktionspläne vorliegen müssen und in Ballungsgebieten bis 2013. Das Einzige, was sie nicht vorschreibt, ist, dass es Auslösewerte gibt, unterhalb derer man gar nichts tut. Insofern ist der Verordnungsantrag eben kein Fortschritt, sondern ein klarer Rückschritt.

(Beifall bei den Grünen)

Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

Soll der Antrag an einen Ausschuss überwiesen werden, oder soll hier darüber abgestimmt werden?

(Abg. Dr. Gisela Splett GRÜNE: Abstimmen!)

Dann stimmen wir ab.

Wer dem Antrag Drucksache 14/29, der die Rücknahme des Entwurfs einer Verordnung zur Änderung der Verordnung über die Lärmkartierung begehrt, zustimmen möchte, der möge bitte die Hand erheben. – Wer ist dagegen? – Das ist die Mehrheit. Damit ist der Antrag abgelehnt.

Punkt 6 der Tagesordnung ist erledigt.

Ich rufe Punkt 7 der Tagesordnung auf:

Antrag der Fraktion der SPD und Stellungnahme des Ministeriums für Arbeit und Soziales – Vorhaben der Landesregierung zum Ausbau des Kleinkindbetreuungsangebots – Drucksache 14/30

Das Präsidium hat folgende Redezeiten festgelegt: für die Begründung fünf Minuten,

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

für die Aussprache fünf Minuten je Fraktion.

Das Wort erhält Frau Abg. Wonnay für die SPD-Fraktion.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Wir sprechen über eine der wichtigsten Gegenwarts- und Zukunftsaufgaben unseres Landes. Allerspätestens seit der Beschäftigung mit dem demografischen Wandel und den Ergebnissen der Enquetekommission, die uns immerhin eineinhalb Jahre beschäftigt hat, ist ganz klar, dass eine qualitätsorientierte, gut ausgebaute Infrastruktur in der Kinderbetreuung und eine sehr frühe Förderung unserer Kinder und damit auch ein Beitrag zur Chancengerechtigkeit entscheidend für die Zukunftsfestigkeit unseres Landes sein wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, mit dem Tagesbetreuungsausbaugesetz wurde durch die rot-grüne Bundesregierung – diesem Gesetz ist auch die jetzige Regierung treu geblieben; Gott sei Dank hat sich die SPD da durchgesetzt – dem Vorhaben der Kleinkindbetreuung hohe Priorität eingeräumt.

Wenn Sie die Pressemitteilungen der Landesregierung anschauen, dann lesen Sie von sehr erfreulichen Fortschritten – Verdoppelung des Angebots – und könnten meinen, wir hätten auch in diesem Bereich Kinderland pur. Deshalb ist es notwendig, meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie zunächst einmal auf den Boden der Tatsachen in BadenWürttemberg zurückzubringen. Denn die Situation in der Kleinkindbetreuung wird dem Anspruch eines Kinderlandes – den wir wirklich teilen; es ist auch das Ziel der SPDLandtagsfraktion, dass Baden-Württemberg zum kinderfreundlichsten Bundesland wird – nicht gerecht.

Wenn Sie sich die Zahlen anschauen, dann, muss man sagen, ist es mit dem Kinderland leider noch nicht sehr weit her.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Ha no! – Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU: Die Zahlen interessie- ren mich!)

Dann lassen wir doch einfach einmal die Zahlen sprechen. Sie reagieren ja Gott sei Dank immer so schön berechenbar.

Wir hatten im Jahr 2003 ein Angebot für 4,5 % der Kinder im entsprechenden Alter, im Jahr 2004 dann eine Steigerung auf sage und schreibe 5,8 %, und jetzt, zwei Jahre später, sind wir bei 7,8 % – ich nehme jetzt einmal die letzte Zahl, Frau Sozialministerin, die Sie vorgelegt haben; sie weicht ein bisschen von der Zahl in der Stellungnahme zu unserem Antrag ab, aber sei’s drum: 7,8 %.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben in diesem wichtigen Bereich der Zukunftsvorsorge Jahr für Jahr eine Steigerung von gerade einmal 1 %. Damit kann wirklich niemand, aber auch gar niemand zufrieden sein.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grü- nen)

Das hat natürlich Ursachen. Sie haben sich zwar nach jahrelangem Zögern in den Regierungsfraktionen entschlossen, nun auch in die Krippenförderung einzusteigen. Sie tun dies mit dem Programm „Kinderfreundliches Baden-Württemberg“ sowohl in der Krippenförderung als auch in der Förderung der Tagespflege. Aber Sie haben den geringst mög

lichen Ansatz der Förderung, nämlich 10 %, gewählt. Meine sehr geehrten Damen und Herren, das reicht schlichtweg nicht aus, um dazu beizutragen, dass die Kommunen in diesem Bereich wirklich einen Schub ansetzen. Diesen Schub aber brauchen wir.

(Beifall bei der SPD und der Abg. Theresia Bauer GRÜNE)

Sie haben leider Jahr für Jahr unsere Anträge, diesen Beitrag des Landes auf das Niveau der Kindergartenförderung anzuheben, bei den Haushaltsberatungen jedes Mal abschlägig beschieden. Ich sage es Ihnen noch einmal: Es ist für uns überhaupt nicht einsichtig, dass die Kleinkindförderung dem Land weniger wert sein soll als die Förderung von Kindergartenkindern.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Boris Palmer GRÜNE)

Nun sind Sie dabei, die Verwaltungsvorschriften sowohl für die Krippenförderung als auch für die Förderung der Tagespflege zu überarbeiten. Dazu ist es wichtig, erst einmal zu wissen, dass von den etwas über 8 300 Plätzen, die in der Krippenförderung entstanden sind, knapp 25 % im Bereich der betreuten Spielgruppen entstanden sind. Diese Förderung wollten Sie einstellen, meine sehr geehrten Damen und Herren; so war Ihr erster Vorschlag.

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Skandal!)

Es gibt jetzt einen zweiten Vorschlag, nämlich die Förderung übergangsweise noch für ein Jahr fortzuführen. Ihr Vorhaben trifft die Förderung genau im Bereich des ländlichen Raumes, wo diese Angebote überwiegend entstanden sind. Und Sie wollen die Beträge zurückfahren. Mit einer verlässlichen Förderung hat das nichts, aber auch überhaupt nichts zu tun.

Wenn Sie Ihr selbst gesetztes Ziel „Kinderland BadenWürttemberg“ ernst nehmen, wenn Sie wissen, dass Sie bis zum Jahr 2010 – so sind die Vorgaben des Tagesbetreuungsausbaugesetzes, das auch für Baden-Württemberg gilt – ein bedarfsgerechtes Angebot nach den Bedarfskriterien – und darüber lässt sich nicht verhandeln – des Tagesbetreuungsausbaugesetzes vorlegen müssen, und Sie weiter mit diesem Tempo von 1 % Zuwachs jährlich fortfahren, dann wird Baden-Württemberg die Zielvorgaben des Tagesbetreuungsausbaugesetzes um Längen verfehlen.

Daher sage ich Ihnen nur: Wenn Sie das Ziel „Kinderland Baden-Württemberg“ ernst nehmen, dann müssen Sie das Schneckentempo bei der Kleinkindförderung verlassen und endlich einmal den Turbo einschalten.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Für die CDU-Fraktion erhält Herr Abg. Klenk das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Eines dürfte klar sein, Frau Wonnay: Ob ein Land kinderfreundlich ist, hängt nicht al

lein davon ab, wie viele Betreuungsplätze zur Verfügung stehen.

(Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU: So ist es! – Zuru- fe von der SPD: Aber auch!)

Auch, ja, aber nicht nur. Deshalb nehmen wir schon für uns in Anspruch, zu sagen: Baden-Württemberg ist ein kinderfreundliches Land. Wir wollen das nicht immer nur an Prozenten festmachen. Ich könnte genauso sagen: Machen wir es einfach an der Zahl der Geburten fest.

(Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU: Sehr gut!)

Da können Sie in einem Ländervergleich sehen, wo wir in Baden-Württemberg stehen.

(Abg. Marianne Wonnay SPD: Aber das ist doch jetzt ein schlichtes Ablenkungsmanöver!)

Nein, das ist kein Ablenken, liebe Kollegin Wonnay.

(Abg. Marianne Wonnay SPD: Doch!)

Die Frage ist immer nur: Wie definieren wir Betreuung überhaupt? Wir sagen, wir wollen eine bedarfsgerechte Betreuung dort, wo es notwendig ist. Wo der Bedarf ist, wollen wir sie anbieten, aber nicht flächendeckend pauschal zu 20 % oder wie Sie es sich gelegentlich vorstellen.

(Abg. Marianne Wonnay SPD: Aber Sie haben eine gesetzliche Vorgabe, Herr Kollege! Das ist nicht mehr beliebig!)

Wir sind im Jahr 2006, liebe Kollegin.

(Abg. Marianne Wonnay SPD: Ja, genau!)

Ich sage Ihnen aber auch etwas anderes: Längst hat die Mehrzahl unserer Kommunen im Land erkannt, dass auch die Kinderbetreuung einen Standortfaktor darstellt. Unabhängig von der Finanzierung ist längst ein faktischer Druck vor Ort auf die Kommunen entstanden, und sie haben sich trotz angespannter Haushaltslage – das gilt auch für das Land Baden-Württemberg – dem steigenden Druck ausgesetzt. Erst in dieser Woche hat das Kabinett beschlossen, die in Baden-Württemberg vorgesehenen Mittel von 9,65 Millionen € um weitere 1,7 Millionen € aufzustocken.