Wir von der FDP/DVP sind mit der Landesregierung der Auffassung, dass es sinnvoll ist, zunächst die Lärmschwerpunkte anzugehen. Deshalb ist es richtig, dass die Landesregierung zunächst die besonders belasteten Gebiete erfasst und dort auch entsprechende Maßnahmen ergreift. Für diese zielgerichtete Intention sind die vom Umweltministerium vorgeschlagenen Lärmwerte auch angemessen. Wir werden – das ist sicher, Frau Dr. Splett – auch schon mit diesen Werten vor großen Herausforderungen stehen. Die Zahl 600 000 ist bereits genannt worden.
Eine Senkung der Lärmwerte, wie sie von Ihnen und von der SPD gefordert wird, würde uns sicherlich nicht so schnell voranbringen. Das ist ganz klar. Ich denke, sie würde uns eher hemmen, da dadurch ein unüberschaubarer und ineffektiver Wust von Lärmaktionsplänen entstehen würde.
Ich bin davon überzeugt, dass durch die Vielzahl der Lärmaktionspläne eine vernünftige Priorisierung nicht mehr möglich wäre. Außerdem würde mit Sicherheit eine Prozesslawine auf uns zurollen.
Fakt ist, dass andere Bundesländer bisher offensichtlich darauf warten, bis der Bund hier entsprechende Vorgaben macht. Wir von der FDP/DVP-Fraktion unterstützen es, dass das Land Baden-Württemberg wieder einmal eine Vorreiterrolle übernimmt und sich vor vielen anderen Bundesländern der Problematik des Lärms konkret annimmt. Bereits ab dem nächsten Jahr werden wir erste konkrete Daten zur Verfügung haben und diese dann auch sehr schnell veröffentlichen.
Meine Damen und Herren, bisher war die Lärmvorsorge nur dann ein Thema, wenn es um den Neu- und Ausbau von Straßen ging, also bei Veränderungen. Manchmal war es auch ein Thema – nebenbei gesagt – bei zweiten Startbahnen. Aber, meine Damen und Herren, bestehende Straßen und vor allem Schienen – das ist auch gestern diskutiert worden – blieben bisher unberücksichtigt, auch wenn in vielen Fällen – da verweise ich auf die Rheintalbahn – dramatische Steigerungen der Verkehrsbelastungen und damit auch der Lärmwerte zu verzeichnen waren und sind.
Wir wollen dies ändern. Deshalb ist mein Appell an Sie, die Grünen und die SPD: Gehen Sie mit uns, mit der Landesregierung die großen Brocken an, und zwar zeitnah, und verlieren Sie sich nicht im Klein-Klein. Wir erreichen dadurch für die Bevölkerung mehr. Wir sollten das wenige vorhandene Geld nicht in möglichst viele Lärmaktionspläne und damit in Bürokratie investieren, sondern für konkrete Maßnahmen einsetzen, und zwar dort, wo wir der Ansicht sind, dass den Menschen und der Natur am besten geholfen ist.
Ich gebe Ihnen zwei Beispiele: Wir haben längst gefordert, dass der Schienenbonus für die Bahn zu streichen ist. Das gilt für die Rheintalbahn, aber das gilt für andere Strecken genauso. Wir wollen deutliche Verbesserungen am rollenden Material. Dazu brauchen wir im Grunde genommen gar keine Lärmaktionspläne. Das wissen wir schon jetzt. Hier schnell zu reagieren, das würde für Neubauprojekte und für den Bestand Vorteile bringen. Damit wäre allen geholfen.
Wir sagen: Wenn dann all diese konkreten Maßnahmen – die großen Brocken – zur Zufriedenheit gelöst sind, können oder sollten wir uns wieder über die Verminderung der Auslösewerte unterhalten. Ich denke, wir gehen in die gleiche Zielrichtung. Aber offensichtlich sind sehr unterschiedliche Vorstellungen über die Umsetzung vorhanden. Wir sind für konkrete, zielgerichtete Maßnahmen. Ich denke, wir sollten der Bevölkerung nicht vormachen, dass durch eine Absenkung der Werte hier eine Beruhigung entsteht und dass man denkt, Wunder wie geschützt man ist, aber im Grunde genommen keine konkreten Maßnahmen erreicht werden.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich vorab den, wie ich glaube, im ganzen Haus bestehenden Konsens feststellen, dass Lärm in der Wahrnehmung der Bevölkerung ein zentrales Umweltproblem ist. Wir selbst wissen nach den jüngsten Lärmbefragungen des Landes, dass sich mehr als ein Viertel der Bevölkerung in Baden-Württemberg durch Lärm belästigt fühlt.
Aber im Gegensatz zu dem, was die Opposition heute sagt, ist die Lärmbekämpfung bereits jetzt ein Schwerpunkt der Umweltpolitik der Landesregierung, wie Sie im Übrigen an dem bundesweit beachteten Lärmminderungsplan Filder ersehen können. Wir sollten also immer auch die Kirche im Dorf lassen. Dieser Plan wird auch in den nächsten Jahren beachtenswert sein.
Mit der Umsetzung der schon oft genannten Umgebungslärmrichtlinie kommt dabei im Übrigen eine Mammutaufgabe auf das Land und die Kommunen zu, weil zunächst im Jahr 2007 Lärmkarten für die Hauptlärmquellen aufzustellen sind. Dies wiederum bedeutet, dass in den Ballungsräumen Stuttgart, Mannheim und Karlsruhe, an über 2 000 Kilometern Hauptverkehrsstraßen, am Flughafen Stuttgart und an den Haupteisenbahnen die Lärmquellen zu ermitteln sind.
Ab dem Jahr 2008 sind dann für die lärmbelasteten Bereiche Lärmaktionspläne aufzustellen, die besser auch als Lärmminderungspläne bekannt sind. Liebe Frau Dr. Splett, es gibt eben keine Vorgaben vonseiten der Europäischen Union, ab wann dies zu erstellen ist, sondern ganz im Gegenteil: Dadurch, dass wir Werte festlegen, gehen wir diesen Weg überhaupt erst. Die europäische Richtlinie sieht genau dies nicht vor.
Ich möchte zwei Beispiele nennen, die zeigen, dass wir diese Aufgabe ernst nehmen. Das eine Beispiel haben Sie bereits genannt. Wir haben als Land einen Lärmkongress durchgeführt, in dem insbesondere die Vorbereitung auf die Umsetzung der Umgebungslärmrichtlinie im Mittelpunkt stand, weil das eine große Herausforderung für unsere Kommunen sein wird.
Aber – und das ist in der Praxis noch viel wichtiger – das Land wird seinen eigenen Beitrag in der Umsetzung der Umgebungslärmrichtlinie leisten. Wir könnten auch sagen: „Wir überlassen das den Kommunen.“ Doch ganz im Gegenteil: Wir werden dazu die Kartierung entlang der Hauptverkehrsstraßen außerhalb der Großstädte zentral über unsere Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz durchführen lassen. Die LUBW wird auch alle Lärmkarten im Land in einer Datenbank zusammenfassen.
Aber gerade weil wir diese Aufgabe ernst nehmen, hat die Landesregierung diese Bundesratsinitiative zu Auslösewerten von 70 dB(A) tagsüber und 60 dB(A) nachts für die Lärmaktionspläne eingebracht.
Liebe Frau Grünstein, ich würde mir wünschen, dass man sich schon auch noch einmal kundig macht, was denn in Berlin gemacht wurde. In Berlin wurde die Umgebungs
lärmrichtlinie über § 47 a BImSchG umgesetzt. Dann wurde eine Lärmkartierungsverordnung aufgestellt, die die Regeln zur Erstellung der Lärmkartierung beinhaltet. In dieser Verordnung ist aber nicht eine einzige Regelung zu der Frage enthalten, ab wann Aktionspläne zu erbringen sind.
Deswegen würde ich mich freuen, wenn in Berlin die von Ihnen genannten Fachleute tatsächlich schon tätig wären. Ich kann Ihnen sagen: Die Bundesregierung ist noch nicht einmal in der Ressortabstimmung zur Vorlage einer entsprechenden Durchführungsverordnung, wie wir es jetzt über den Bundesrat getan haben. Insofern hilft es schon, sich mit dem Thema dann auch intensiv auseinander zu setzen.
Das zeigt im Übrigen eines: Die Bundesregierung ging davon aus, dass sie nichts weiter machen muss, als was sie bisher getan hat. Das zeigt leider, dass dort auch eine gewisse Entfernung zur Umsetzung in der Praxis vorhanden ist. Wir müssen den Kommunen etwas an die Hand geben, mit dem sie arbeiten können. Genau das macht die Landesregierung. Deswegen sind wir aktiv geworden.
Im Übrigen kann ich nur darauf hinweisen, dass wir hier ganz bewusst – gemeinsam mit Nordrhein-Westfalen – eine Vorreiterrolle übernehmen, um unseren Kommunen Planungssicherheit zu geben.
Ein weiterer Punkt, der für uns wichtig ist: Es hilft uns wenig – auch das ist angesprochen worden –, wenn wir viele Kartierungen und Aktionspläne schaffen, nachher aber keine Finanzmittel zur Umsetzung mehr haben. Wir helfen den Menschen nicht durch die Erstellung von Kartierungen; wir helfen den Menschen durch Maßnahmen.
Genau dafür sollte dann zum Schluss auch noch Geld vorhanden sein. Deswegen gehen wir die Fragen tatsächlich in der notwendigen Sachlichkeit an und nicht im Aktionismus.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, auch hier muss man wiederum aufpassen bei der Frage, wie viele Personen eigentlich betroffen sind. Es sind unter diesen Bedingungen eben gerade nicht nur 2 % der Bevölkerung, wie uns die Grünen glauben machen wollen. Dies wäre nur dann der Fall, wenn man bei der Lärmbetroffenheit alle Fassaden eines Gebäudes, also auch diejenigen, die der Seite, an der der Lärm entsteht, abgewandt sind, einbeziehen würde. Genau an diesem Punkt sind die Grünen – man könnte sagen: wieder einmal – einer Fehleinschätzung des Bundesumweltministeriums aufgesessen,
das sich bei der Umsetzung der Umgebungslärmrichtlinie, wie ich dargestellt habe, bisher nicht mit Ruhm bekleckert hat. Diese Vorgaben entsprechen nämlich genau nicht der Umgebungslärmrichtlinie der Europäischen Union, wonach auf die am stärksten lärmbelasteten Fassaden abzustellen ist. Berechnet man diese Zahl, kommt man zu dem Ergebnis, das ich Ihnen zuvor genannt habe. Allein hier in Stuttgart würde dies 15 000 Gebäude betreffen.
Uns ist es wichtig, dass wir den Kommunen Hilfestellung sowohl in der Lärmkartierung in den nächsten zwei Jahren
Ich kann Ihnen sagen: Ein Blick in die Koalitionsvereinbarung der Landesregierung hilft Ihnen weiter. Dann sehen Sie, dass wir dort bereits Vorsorge getroffen haben, indem wir zur Diskussion gestellt haben, innerhalb des Kommunalen Investitionsfonds Mittel entsprechend umschichten zu können, um Maßnahmen anzugehen.
Ich würde mich freuen, wenn Sie gemeinsam mit uns darüber diskutierten, wie wir Maßnahmen dann tatsächlich umsetzen können, anstatt jetzt zu fragen, wie wir möglichst viele Karten erstellen können. Denn damit helfen wir den Menschen nicht, und damit verbessern wir auch nicht die Lärmbekämpfung.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Auf ein paar Punkte in dieser Debatte möchte ich jetzt noch einmal eingehen.
Zum einen wurde gesagt, Herr Abg. Lusche, dass man natürlich am Umweltplan festhalte. Der Umweltplan hat aber als generellen Zielhorizont das Jahr 2010. Jetzt verschieben Sie allein die Überlegungen zur Absenkung der Schwellenwerte auf das Jahr 2018. Wann die Maßnahmen, die sich daraus ableiten sollen, umgesetzt werden sollen, steht in den Sternen.
Frühestens im Hinblick auf das Jahr 2018, zumindest aber mittel- oder langfristig sind dann die Werte ausschlaggebend, deren Einhaltung auch nach den Vorstellungen der Weltgesundheitsorganisation WHO und des Bundesumweltamtes langfristig sinnvoll wären.
Zweitens wurde das Thema Kosten genannt. Wenn Sie sagen, die Aktionspläne seien zu teuer, dann frage ich Sie: Warum machen wir diese Lärmkartierungen ab 55 dB(A), wenn wir sie anschließend gar nicht verwenden wollen, um zu überlegen, was wir da tun können? Andersherum wird doch ein Schuh daraus: Wenn wir Lärmkartierungen für Bereiche, die stark unter Lärm leiden, haben, dann sollten wir anschließend diese Karten nutzen, um über Maßnahmen nachzudenken.
Zum Thema Kosten gab es auf dem Lärmkongress auch eine Vorstellung der Lärmminderungsplanung aus Norderstedt. Die haben Kosten-Nutzen-Analysen gemacht und dargelegt, dass sich sehr viele Maßnahmen sehr schnell für die Kommunen rechnen. Es ist also gar nicht so, dass das ein Fass ohne Boden ist oder sein muss, wenn man es richtig anpackt.
Dann war die Rede von einem Wust an Plänen, den man bekäme, wenn man die Schwellenwerte absenkt, und dass das nicht zielorientiert sei.
Wenn man die Schwellenwerte so setzt, wie wir das vorgeschlagen haben, dann macht man keinen Wust von Plänen, sondern dann macht man die Pläne genau da, wo sie nötig sind, um Gesundheitsschäden abzuwenden. Wenn man dann noch die Kosten-Nutzen-Analyse einsetzt, dann bekommen wir eine sinnvolle Priorisierung. Dann ist das genau zielgerichtet.
Es war auch die Rede davon, dass Baden-Württemberg eine Vorreiterrolle habe. Ich habe vorhin ausgeführt, dass die jetzt vorgeschlagenen Werte 1981 schon einmal im Gespräch waren. Also von Vorreiterrolle kann meines Erachtens nicht die Rede sein.